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Inhaltsangabe Schweden Herbst 2000 - Tischri 5761

Editorial - Herbst 2000
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Rosch Haschanah 5761
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«Judiska Museet i Stockholm»

Von Roland S. Süssmann
Im Laufe meiner Reisen durch die jüdische Welt kommt es vor, dass ich auf einem kurzen Zwischenstop ein kleines, besonders interessantes und sympathisches Juwel entdecke. Dies war beim Jüdischen Museum von Stockholm der Fall, dem «Judiska Museet», das zwar schlicht und zurückhaltend ist, aber auch reichhaltig und sehr informativ. Ein Museum versucht immer eine Botschaft zu vermitteln, und ich hatte den Eindruck, dass das Museum von Stockholm den Besuchern sagen will: «Das schwedische Judentum blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück, die in weitem Ausmass zum Kulturgut unseres Volkes und zur Entwicklung Schwedens beigetragen hat..., und diese Gegenstände zeugen davon.»
Das Museum wurde 1987 von seinem gegenwärtigen Direktor Aron Neuman und seiner Frau Viola gegründet und finanziert, es ist einzig in seiner Art in den skandinavischen Ländern und gehört dem Verband schwedischer Museen als Mitglied an. Es befasst sich mit drei Themenkreisen, nämlich der Geschichte der Juden in Schweden, der Anpassung der Juden an die schwedische Gesellschaft und ihrem Beitrag zu Kultur; mit Kunst, Literatur, Handel und Industrie; sowie mit Religion, Traditionen, Gebräuchen, der Synagoge und der Familie der Juden.
Obwohl das Museum nur sehr klein ist, bietet es den zehntausend Besuchern, die sich jährlich hier einfinden, eine Fülle an interessanten Informationen. In einem der Säle befindet sich eine ständige Ausstellung, ein anderer ist wechselnden Veranstaltungen gewidmet, ein dritter dient als grosser Lesesaal und Bibliothek, in dem Freiwillige, vor allem Überlebende der Schoah, zur Verfügung stehen, um zusätzliche Auskünfte zu geben und ihre Geschichte zu erzählen.
Die ständige Ausstellung öffnet sich auf ein Mahnmal der Schoah, das dem Besucher klar macht, dass das jüdische Volk trotz aller schrecklichen Verbrechen, die gegen uns verübt wurden, sein Leben auch heute auf traditionelle und dynamische Art weiterführt, dass es aber nie vergessen wird. Unmittelbar dahinter steht eine Replik der Statue, die Raoul Wallenberg gewidmet ist und in Budapest steht. Hinter der Skulptur liegen in einem Rahmen einige Exemplare der «Schutzpässe», die von dem schwedischen, für immer von den Sowjets gekidnappten Diplomaten ausgestellt worden waren. Der Besucher durchquert danach allmählich die verschiedenen Etappen des jüdischen Lebens, von der Geburt (Beschneidung) über die Feier des Schabbat und anderer Feste bis zum Tod (Chewra Kadischa). Alle diese Elemente werden mit Hilfe von wunderschönen antiken und modernen Gegenständen veranschaulicht, die einen Bezug zu jedem Anlass aufweisen und in bemerkenswert arrangierten und beleuchteten Schaukästen gezeigt werden, wobei kleine Tafeln knappe, jedoch aussagekräftige Informationen liefern.
Anschliessend gelangt man in die Welt der Gemeinde und der Synagoge, hier werden hinter Glas oder ganz ungeschützt Kultgegenstände ausgestellt. In diesem Bereich erhält der Besucher auch einen kurzen geschichtlichen Abriss, der daran erinnert, dass die ersten Kontakte zwischen Juden und Schweden in der Zeit stattfanden, als die Wikinger Handel mit den Chasaren betrieben, deren grösster Teil der Bevölkerung jüdisch war. Es wird ebenfalls betont, dass in den Jahren 1000 bis 1500 keine Juden in Schweden lebten. Der historische Überblick endet 1972 mit dem Eintreffen von 3’500 Juden aus Ungarn, der Tschechoslowakei und Polen.
Der Saal, der für zeitlich befristete Ausstellungen gedacht ist, befasst sich immer mit besonderen Themen. Die erste Retrospektive, die 1988 stattfand, behandelte das jüdische Leben in Schweden im Verlauf der 200 vergangenen Jahre und wurde durch Zeichnungen und Fotos illustriert. 1994 zeigte das Museum Textilien und Stickereien, die von Juden in Schweden ausgeführt worden waren. Im Jahr 1995 folgte dann eine Ausstellung mit dem Titel «50 Jahre nach dem Holocaust»; sie war einigen Überlebenden gewidmet, die erzählten, wie sie sich hatten retten können und wie sich diese Ereignisse auf ihr heutiges Leben auswirkten. Grossen Erfolg hatte die Rückblende, die 1996 das Leben der jüdischen Hausierer von 1780 bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs in Schweden zeigte.
Dieses Jahr beherbergt das Museum eine kleine, sehr gut gemachte Schau; sie trägt den Titel «In the Shadow of the War: Sweden’s Jews 1933-1945» (Im Schatten des Krieges: die Juden in Schweden 1933-1945). Der Besucher erlebt Schritt für Schritt das Herannahen des Krieges, wobei er geschützt hinter einem Fenster steht, von wo aus er die Greuel und Verbrechen sieht und beobachtet, die von den Deutschen und ihren Komplizen begangen werden. Ein schmaler, gut präsentierter Katalog erinnert an die wichtigsten Etappen der Schoah, von der Machtergreifung Hitlers bis zur Befreiung aus Auschwitz. Diese von Amy Simon entworfene Ausstellung soll die Ereignisse in Schweden während des Zweiten Weltkriegs besser verständlich machen und die Geschichte der schwedischen Juden in dieser Zeit darlegen. Es ist eine mutige Ausstellung, die ein Thema beleuchtet, das meist oder immer verschwiegen und selten diskutiert wird, die an einige unangenehme Tatsachen erinnert, die von den Juden in Schweden zwischen 1939 und 1945 erlebt wurden. Amy Simon beschliesst die Einführung des Ausstellungskatalogs mit folgenden Worten: «Diese Ausstellung möchte versuchen, eine unverständliche Epoche unserer Geschichte zu erklären…. Die Geschichte der jüdischen Gemeinden Schwedens während dieser Zeitspanne wurde bis heute nie erzählt… es geht darum, eine andere Form des Überlebens in der Unsicherheit, der Ungewissheit und am Rande der Verzweiflung darzustellen. Es sollen keinesfalls Schlussfolgerungen gezogen, Urteile ausgesprochen oder Antworten gegeben werden. Diese Ausstellung möchte, dass mehr Fragen zu einem Thema gestellt werden, das unabsehbar ist, ganz offensichtlich noch nicht gelöst wurde und sich auf die Geschichte der Juden in Schweden bezieht.» Parallel zur Ausstellung wird in einem Mehrzweck- und Vorführraum ein kurzer Film gezeigt mit den Berichten von Überlebenden, die darüber sprechen, was sie während des Kriegs als Juden in Schweden erlebt und erlitten haben.
Abschliessend möchten wir Herrn und Frau Neuman sowie dem gesamten Team des Museums ein grosses Lob und Mazal Tow zum Ausdruck bringen und ihnen dafür danken, dass sie einer breiten Öffentlichkeit die Gelegenheit geben, unbekannte Aspekte der schwedischen Realität zu entdecken. Wir wünschen ihnen viel Glück für die weitere Entwicklung des «Judiska Museet».


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