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Inhaltsangabe Reportage Herbst 2000 - Tischri 5761

Editorial - Herbst 2000
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Rosch Haschanah 5761
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Vor den Toren Libanons

Von Roland S. Süssmann
Die Stimmung ist spannungsgeladen, die Unsicherheit ist fast mit Händen zu greifen. Seit dem überstürzten Rückzug der israelischen Armee aus dem Südlibanon lebt die jüdische Bevölkerung der Städte, Dörfer und Kibbuzim im Norden Israels in der Furcht vor der Zukunft. So war es für die Bewohner von Metulah, der nördlichsten Ortschaft Israels, ein Schock, als die Libanesen sie mit Steinen zu bewerfen begannen. Sie hatten in der Überzeugung gelebt, ihre Präsenz in Galiläa würde nach dem Rückzug des Tsahal aus dem Südlibanon von den arabischen Nachbarn akzeptiert: die Realität trifft sie besonders hart.
Vor Ort ist die Präsenz der israelischen Armee sehr viel offensichtlicher als vor dem Rückzug, sogar innerhalb der verschiedenen Kibbuzim, die sich an der Grenze zum Libanon befinden. Wie in bestimmten Regionen von Judäa-Samaria werden die Kinder in gepanzerten Bussen, die vom Regionalrat der Region Benjamin im Norden von Jerusalem zur Verfügung gestellt werden, zur Schule gefahren.
Die Entscheidung Ehud Baraks, die Truppen aus dem Libanon abzuziehen, sowie die Tatsache, dass der Tsahal die Region ohne Blutvergiessen verlassen konnte und nur veraltetes Material zurückliess, stiess auf ein sehr positives Echo. Viele Fragen bleiben jedoch ungeklärt, wie beispielsweise die Tatsache, dass dieser hastige, klammheimliche und nächtliche Rückzug von der arabischen Welt als Eingeständnis von Schwäche gedeutet wird: «die mächtigste Armee des Mittleren Ostens wurde von einer kleinen Meute von Gesindel der schlimmsten Art vertrieben! Es steht fest, dass der Tsahal gedemütigt wurde und dass Israel seine Alliierten, die Söldner der südlibanesischen Armee, verraten hat.» Im Mittleren Osten gilt diese Handlungsweise als Zeichen der Schwäche , die nicht ohne Folgen bleiben wird, und es weist alles darauf hin, dass die arabische Welt, bestärkt durch ihren «Sieg», in den sogenannten Friedensverhandlungen immer höhere Ansprüche stellen und immer unnachgiebiger sein wird, unabhängig von den einseitigen Zugeständnissen Israels.
Heute können von den Raketenabschussrampen Katyuschas direkt auf die Städte Naharia und Haifa (den Hafen, die Ölraffinerien usw.) geschossen werden, was zur Zeit der israelischen Präsenz in der Sicherheitszone noch nicht der Fall war. Das Kriegsbanner des Hisbollah und seine schwere, moderne Kampfausrüstung, die vom Iran und durch direkte Vermittlung Syriens geliefert werden, stehen unmittelbar hinter dem Stacheldraht, der die territoriale Begrenzung der Kibbuzim im Norden Israels und die internationale Grenzlinie zwischen Israel und dem Libanon markiert.
Seien wir realistisch. Sollte der Hisbollah Israel angreifen, erscheint es wenig wahrscheinlich, dass eine israelische Regierung, egal welcher Ausrichtung, eine umfassende militärische Abschreckungsoperation durchführt, da sie sowohl die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft als auch weitere Folgen befürchtet. Vergessen wir nicht, dass eine bewährte Taktik des Hisbollah, wie auch der PLO, darin besteht, die Guerilleros in den städtischen Zentren mitten in der Zivilbevölkerung zu verstecken, weil sie genau wissen, dass Israel in einem derartigen Fall immer davor zurückscheut, auf diese Terrorangriffe zu reagieren.
Es existiert allerdings die Hoffnung, dass an der Nordgrenze Israels Ruhe einkehrt, denn der Hisbollah, der im Libanon als politische Gruppierung respektiert werden möchte, versucht sich von seinem Image von Terror und Mord zu distanzieren. Darüber hinaus besitzt Syrien aufgrund der Übergangssituation und der innenpolitischen Schwierigkeiten, die sich auf unangenehme Weise entwickeln könnten, kein Interesse daran, dass sich im Libanon eine explosive Situation aufbaut. Zum besseren Verständnis der Gründe und Ursachen dieser neuen Seite in der Geschichte der israelischen Grenzentwicklungen, haben wir den Norden des Landes und sogar die letzten Exklaven Israels im Libanon vor ihrer Evakuierung aufgesucht. Wir haben feststellen können, dass die jüdische Bevölkerung dieser Region in einer widersprüchlichen Situation lebt. Einerseits sind die Gewehre des Hisbollah auf die jüdischen Häuser dieser Gegend gerichtet, und doch entsteht andererseits eine gewisse Hoffnung aus dem Rückzug der Armee, der letztendlich zu einem endgültigen Friedensabkommen führen könnte. In der Zwischenzeit möchte die Bevölkerung daran glauben, dass Israel im Falle eines Angriffs mit aller Macht zurückschlagen würde, weil sich der hebräische Staat im Recht befindet: er hat den Libanon schliesslich verlassen und ist in sein Hoheitsgebiet zurückgekehrt. Jeder Angriff aus dem Südlibanon stellt demnach eine Form der Provokation dar, die eine kompromisslose Antwort verdient. Die Bewohner, mit denen wir gesprochen haben, sind der Ansicht, dass der Rückzug an und für sich positiv zu bewerten ist. Die israelische Präsenz verfolgte eigentlich zwei Ziele: die Bevölkerung im Norden Israels sollte geschützt und in der Region in Grenznähe wenigstens eine scheinbare Ruhe gewahrt werden. Keines dieser beiden Ziele ist erreicht worden. Die Katyuschas fielen weiterhin auf Kiriath Schemona und die restliche Region, als ob der Tsahal im Südlibanon nicht stationiert wäre, und es wurden regelmässig israelische Soldaten getötet oder verletzt. Und was den Bruderkrieg betrifft, der seit zahlreichen Jahren im Libanon wütet, so konnte die israelische Präsenz und die Zusammenarbeit mit den Christen im Südlibanon, welche die Armee des Südlibanons (ALS) bildeten, nichts dagegen ausrichten.
Ein Besuch im Kibbuz Manara erweist sich als äusserst aufschlussreich, und wir können unseren Lesern nur empfehlen, es uns nachzutun. Der Kibbuz liegt einerseits auf einem Hügel, nur 10 Meter von den Kanonen des Hisbollah entfernt, und andererseits hoch über dem Tal der Chula, das auch den Namen «Finger Galiläas» trägt. Dem Kibbuz genau gegenüber befinden sich die Golanhöhen, die über die Ostflanke des Tales ragen, wo sich noch einige Kibbuzim und landwirtschaftliche Dörfer befinden. Unter diesen Bedingungen kann man sich die Situation leicht vorstellen, die entstehen würde, wenn die syrischen Truppen wieder auf dem Golan stationiert werden sollten. Die jüdischen Städte und Dörfer dieser Gegend von Galiläa wären vollkommen eingekreist und zu guter Letzt gezwungen, diese Region zu verlassen. Dies ist noch nicht der Fall, obwohl einigen unbestätigten Gerüchten zufolge fast 30% der Bevölkerung von Kiriath Schemona aus der Stadt wegziehen möchten…
Um die Situation so genau wie möglich zu erfassen, sind wir AHARON VALENCY begegnet, dem Präsidenten des Regionalrates von Nordgaliläa, der die 29 jüdischen Kibbuzim und Siedlungen einer trotz 45 Industrieunternehmen von Landwirtschaft geprägten Region vertritt.

Können Sie uns in wenigen Worten Ihre Meinung zur Situation nach dem Rückzug der israelischen Armee aus dem Libanon darlegen ?

Ich bin sehr froh, dass dieser Abzug endlich stattgefunden hat, denn ich hatte mich seit vielen Jahren dafür eingesetzt und ihn gutgeheissen, auch wenn ich mir durchaus der Gefahren bewusst bin, welche diese Entscheidung mit sich bringt. Ich wohne schon lange hier, zusammen mit meinen fünf Kindern und sechs Enkelkindern, und für uns, d.h. die Bevölkerung, für die ich verantwortlich bin, und meine Familie, handelt es sich nicht um eine vage Utopie, sondern um Alltag und Realität. Wir stehen heute einer neuen Situation gegenüber, und obwohl alle von unserem Regionalrat vertretenen Kibbuzim in direkter Nachbarschaft zur libanesischen Grenzlinie liegen, gehört bei einigen der Stacheldraht, der ihr Gebiet abgrenzt, gleichzeitig auch zur Landesgrenze. Man muss sich klar darüber werden, dass die Grenze während den achtzehn vergangenen Jahren in einiger Entfernung lag und sich nun plötzlich direkt vor unserer Tür befindet! Dadurch werden viele Fragen aufgeworfen, denn wir leben in einem Kontext, in dem das Pendel entweder auf die Seite der Ruhe, des normalen Lebens und vielleicht gar des Friedens ausschlagen kann, oder aber auch auf diejenige des Konflikts. Dies alles hängt natürlich davon ab, wie sich die Situation mit Syrien entwickelt, da alles untrennbar miteinander verknüpft ist. Am Schabbat vom 3. Juni 2000 haben wir mit 5000 Personen einen Marsch unternommen, der uns vom Kibbuz Manara der neuen Grenzlinie entlang bis zum Kibbuz Misgaw Am führte, um unseren Nachbarn ein Zeichen zu geben, dass wir Seite an Seite, ohne Panzer und ohne Kampfhelikopter, mit ihnen leben möchten.

Glauben Sie, dass die lokale Bevölkerung aufgrund der von Ihnen angeschnittenen Unsicherheit irgendwann fortziehen wird ?

In den letzten Jahren sind wir sehr oft von Katyuscharaketen angegriffen worden. Die Bevölkerung im Norden Galiläas hat sich dadurch nicht beeindrucken lassen, und sobald die Attacken vorbei waren, kamen die Männer, Frauen und Kinder aus den Schutzräumen heraus und arbeiteten weiter. Es war unserem Regionalrat immer ein wichtiges Anliegen, nicht zu jammern und zu klagen, sondern alles daran zu setzen, um ein möglichst normales Leben zu garantieren.

Was haben Sie konkret unternommen ?

Wir legten den Schwerpunkt auf interessante kulturelle und sportliche Ereignisse. Wir haben musikalische und jüdische Festwochen geschaffen, an denen Tausende von Menschen aus dem ganzen Land teilnahmen. Auf sportlicher Ebene organisieren wir Rad- und Schwimmwettkämpfe. Wir gehören zur europäischen Liga im Basketball und sind auf landesweiter Ebene die einzigen, denen es in fünfundzwanzig Jahren gelungen ist, den Maccabi von Tel-Aviv einmal den Titel streitig zu machen!

Werden Sie jetzt, da Sie sich wieder in Konfliktnähe befinden, finanzielle Hilfe von der Regierung erhalten, um die Bevölkerung zum Bleiben und bestimmte Investoren zur Schaffung von Arbeitsplätzen in dieser Region zu bewegen ?

Ein Teil der Einwohner von Kiriath Schemona, ca. 28%, möchten die Stadt verlassen und sich weiter im Süden Galiläas niederlassen. Ich kann diese Familien verstehen, sie sind es müde, in dieser feindseligen Atmosphäre zu leben, wie sie dies mit grossem Mut schon seit zahlreichen Jahren tun. Die Bewohner der Kibbuzim, die wegziehen wollen, tun dies aus anderen Gründen hauptsächlicher ideologischer oder wirtschaftlicher Art. Die Regierung hat einen ersten Plan über vierhundert Millionen Dollar akzeptiert, um die Region und ihre Infrastruktur in bezug auf Schulwesen, Strassennetz und Industrie zu unterstützen. Wir haben ein zusätzliches Projekt unterbreitet, das 1,5 Milliarden Dollar über mehrere Jahre umfasst, um den Lebensstandard in Galiläa sowohl in unserer Gegend als auch in den Küstenregionen zu verbessern. Wir verhandeln gegenwärtig mit der Regierung, damit sie einen Beitrag zu den Aktionen zur Investitionsförderung leistet, indem sie sich zu 38% an Investitionen in unserer Region beteiligt sowie bedeutende Steuererleichterungen gewährt. Dazu muss ich jedoch sagen, dass kein Geld direkt an die Bevölkerung ausbezahlt wird, um sie am Wegziehen zu hindern.
Im Rahmen des Unterstützungsprogramms der Regierung möchten wir ausserdem neue Infrastrukturen schaffen, wie z.B. zwei Industrieparks, den einen in Kiriath Schemona im Bereich der Biotechnologie, und den anderen an der Grenze in Malkia, der sich an die jungen Leute unserer Region mit einem Studium in Hochtechnologie wendet und ihnen die Möglichkeit bieten soll, eine eigene Gesellschaft zu gründen. Wir werden diese Projekte in direkter Zusammenarbeit mit Stef Wertheimer (siehe Shalom Nr. X) verwirklichen, dem Gründer der Gesellschaft «Iscar», der schon zahlreiche Industrieparks in dieser Art hat entstehen lassen; an einem von ihnen in unserer Region war auch ich unmittelbar beteiligt.
Wir sind eine kleine Gemeinde mit ihren Stärken und Schwächen, die jedoch eine grosse Zahl von Neueinwanderern aufgenommen hat. Leider konnten wir die Arbeitslosigkeit nicht verhindern. Sollte der Friedensprozess erfolgreich sein, werden sich die Grenzen zu unseren syrischen und libanesischen Nachbarn öffnen, was der Entwicklung unserer Region zugute kommen wird. In dieser Hinsicht haben wir im Rahmen des College Tel Chaï, das wir hier gegründet haben und das gegenwärtig 5’000 Studenten zählt, bereits eine Reihe von Durchführbarkeitsstudien erarbeiten lassen. Ich hoffe, dass diese recht realistische Option in den zwei oder drei kommenden Jahren Wirklichkeit werden wird, denn die Alternative ist alles andere als rosig. Wenn wir mit Syrien kein Friedensabkommen abschliessen können, wird sich dieses Land mit dem Iran zusammentun und uns den totalen Krieg erklären, in den auch mehrere andere arabische Staaten eingebunden werden könnten. Viele von uns sind überzeugt, dass der Frieden mit unseren arabischen Nachbarn unserer Region den wirtschaftlichen Aufschwung bescheren wird, dank dem sich das private Unternehmertum so entwickelt, dass es allmählich auf jede Form von Regierungshilfe verzichten kann.

Denken Sie, dass es eine Zukunft für Ihre Region gibt ?

Israel ist zu einer zynischen Gesellschaft geworden, in der ideologische Werte durch die Verlockungen des Geldes und die Gewinnsucht verdrängt wurden. In Judäa-Samaria glauben die Einwohner noch an bestimmte Werte, sie bauen und entwickeln ihre Städte und Dörfer trotz der Tatsache, dass alle anderen sich gegen sie wenden. Sie sind der Ansicht, dass sie das Richtige tun, und kümmern sich nicht um die Meinung der anderen. Sie sind überdies bereit, täglich den Preis dafür zu bezahlen und die Folgen ihrer Entscheidungen zu tragen. In unserer Region beschränkt sich die Ideologie auf einige Kibbuzim und Moschawim, in den Städten wie Kiriath Schemona und Metulah sind diese geistigen Motive schon schwächer. Dazu muss auch gesagt werden, dass wir in keiner Weise ermutigt oder anerkannt werden, weder seitens der Regierung, noch seitens der anderen israelischen Bürger, für die das Geld leider wichtiger als alles andere ist. Die ideologischen Werte und die Einsatzbereitschaft sind im Verschwinden begriffen und wir sind heute eine geteilte Gesellschaft. Daher ist es verständlich, dass es einige Bewohner unserer Regionen vorziehen, sich den aktuellen Strömungen anzuschliessen. Man muss viel innere Stärke besitzen und von seinen Ideen überzeugt sein, um gegen den Strom zu schwimmen.
All diesen Schwierigkeiten zum Trotz bleibe ich optimistisch was meine Region und ihre Bevölkerung betrifft, insbesondere diejenige der Kibbuzim, die mein Vertrauen teilen und vor allem deshalb motiviert sind, weil sie wie ich daran glauben, dass unser Endziel die Erschaffung einer moralischen Gesellschaft ist, basierend auf den Grundsätzen der Propheten Israels. Nach der Schoah haben wir nicht einen jüdischen Staat gegründet, damit er zu einem Abbild Amerikas oder Europas im Mittleren Osten verkommt.


DIE ARMEE IM SÜDLIBANON
Mit Hilfe von Ferngläsern der israelischen Armee können wir von einem strategischen Standpunkt aus die Bewegungen des Hisbollah in einem Dorf im Südlibanon beobachten. Die Soldaten erklären mir, dass die Einwohner regelmässig auf der Strasse zusammengeschlagen werden. Der Besitzer einer Tankstelle wurde aus seinem Heim vertrieben, und schon am nächsten Tag wurde das Benzin gratis an die Mitglieder des Hisbollah verteilt. Dieser scheinbar harmlose Übergriff veranschaulicht, was sich in der ehemaligen Sicherheitszone abspielt, der Rest bleibt der Vorstellungskraft eines jeden einzelnen überlassen. Die Soldaten sind abgezogen, übriggeblieben sind vor allem alte Leute, deren Leben in Gefahr ist.
In Kiriath Schemona, in einer ultramodernen Jugendherberge, die zu diesem Zweck in eine Armeeunterkunft verwandelt wurde, sind wir JEAN begegnet, einem ehemaligen Kommandanten der südlibanesischen Armee (ALS). Dieser völlig hilflose Mann steht noch unter dem Schock der Niederlage, er spricht langsam, mit trauriger Stimme und voll innerer Wut. Man muss wissen, dass die Mitglieder der ALS, die sich zur Zeit in Israel befinden, sich nicht wie Flüchtlinge fühlen, die bereit sind, sich unter schwierigen Bedingungen vorübergehend in einem anderen Land niederzulassen, um später endgültig hier ihr Leben aufzubauen. Weit gefehlt. Es handelt sich um die Familien von Armeeangehörigen, in denen die Männer nur das Kriegshandwerk gelernt haben und nun rasch eine andere Beschäftigung suchen müssen. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sie in die israelische Armee integriert werden. Ihre Rückkehr in den Libanon, wo sich ihre Wurzeln, ihre Kultur und ihre Häuser befinden, erscheint aus heutiger Sicht äusserst problematisch.
Jean spricht perfekt Hebräisch und sein Hass wendet sich auf den ersten Blick nicht gegen Israel, sondern gegen die christliche Welt. Er ist nämlich davon überzeugt, dass die Christen für ihre maronitischen Glaubensbrüder im Libanon verantwortlich sind, auch wenn ganz offensichtlich niemand diese Verantwortung übernehmen möchte. «Wir haben unsere Olivenhaine mit Blut gedüngt. Viele von uns sind gefallen und es sieht so aus, als ob unser Kampf zwecklos gewesen wäre. Auf dem Kirchturm unseres Dorfes, in dem nur Christen wohnen, weht die iranische und nicht die libanesische Flagge. Wem lag etwas daran, uns unserem Schicksal zu überlassen ? Wessen Opfer sind wir und warum ?». Auch Israel und der Kommandant Antoine Lahad, der sich am Tag der Niederlage nicht bei seinen Truppen befand, werden mit bitteren Worten bedacht. Diese Männer sind zu Recht der Ansicht, in einer Einheit des Tsahal gekämpft zu haben, die zwar den Namen «Tsadal» (südlibanesische Armee) trug; mit Israel waren sie durch ihr Blut verbunden… doch Israel hat sie fallen lassen, oder gar verraten. «Wir waren ein einziger Leib, eine einzige Seele, ein einziger Geist… und was ist heute aus uns geworden ? Ist die Armee uns gegenüber verpflichtet ? Wer erwartet von uns, dass wir um das betteln, was uns rechtmässig zusteht ?»
Diese Worte sind nicht sehr ermutigend und lassen auch nichts Gutes erahnen.
Es besteht kein Zweifel daran, dass das Problem dieser Söldner und ihrer Familien sehr rasch gelöst werden muss, damit in Israel nicht bald eine Gruppe Männer, Frauen und Kinder leben, die sich aus lauter Verbitterung gegen ihr Gastland wenden und dabei von arabischen Elementen unterstützt werden, die dem jüdischen Staat feindlich gegenüberstehen.


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