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Inhaltsangabe Politik Herbst 2009 - Tischri 5770

Editorial
    • Editorial - September 2009 [pdf]

Shalom Exklusiv
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Rosch Haschanah 5770
    • Rechte und Pflichten [pdf]

Politik
    • Isolation und Solidarität [pdf]

Interview
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Analyse
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Wirtschaft
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Jordanien
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Judäa - Samaria
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Justiz und Verbrechen
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Kunst und Kultur
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Erinnerung
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Isolation und Solidarität


Von Emmanuel Halperin
Korrespondenten in Jerusalem
Israel ist nicht allein. Seine Beziehungen zu den USA sind gemäss den Worten von Obama "unzerstörbar". Europa steht im Grossen und Ganzen hinter der amerikanischen Nahost-Politik. Die sunnitischen, so genannten "gemässigten" arabischen Länder haben schreckliche Angst davor, dass die schiitischen Islamisten Bomben bauen könnten und vertreten daher dieselbe Linie wie Israel, was die Einschätzung der nuklearen Gefahr aus Iran angeht. Auf den ersten Blick sieht also alles perfekt aus.
Weit gefehlt! Die Rede, die der US-Präsident im vergangenen April in Kairo gehalten hat, weckte grosse Ängste, weniger durch seine unmittelbaren politischen Forderungen an Israel - Baustopp für die Siedlungen -, als vielmehr durch ein Geschichtsbild, das erstmals mehr oder weniger mit demjenigen der arabischen Welt übereinstimmte. Die Gründung Israels wurde in seiner Rede wie eine Folge der Schoah dargestellt, und die Leiden der Palästinenser seien die Entsprechung zur Schoah. Im Diskurs der Araber wird ja seit jeher behauptet, dass die Juden zwar unter den Verfolgungen in Europa gelitten hätten, dass die Völker des Nahen Ostens, insbesondere die palästinensischen Araber, nun aber nicht zu den Leidtragenden für ein Verbrechen gemacht werden dürfen, das sie nicht begangen haben. Was ist für Barack Obama aus der Jahrhunderte alten Hoffnung auf eine Rückkehr nach Zion und aus dem politischen Zionismus geworden, der schon ab 1922 zur Schaffung einer nationalen Heimat für das jüdische Volk führte? Die implizite Gutheissung der arabischen Position im Nahostkonflikt heisst, dass die These der "Erbsünde" wieder Gültigkeit erlangt und dadurch Israel unabhängig von seinen Handlungen und seiner Politik, nur aufgrund der Existenz des Staates, verantwortlich, ja gar schuldig für das Unglück seiner Nachbarn macht. Aus dieser Perspektive verlieren die Absagen der Araber, die zahlreichen Angriffe, der stetig wiederholte Zerstörungswillen an Bedeutung, da sie zur logischen Folge aus einer offensichtlichen Ungerechtigkeit werden. Auf diese Weise öffnet man der berüchtigten Ideologie der Verzweiflung Tür und Tor. Noch nie hatten sich die amerikanischen Spitzenpolitiker in diesem Sinne geäussert. Was ist in ihren Augen aus dem "natürlichen und historischen Recht des jüdischen Volkes" geworden, hat es sich in Luft aufgelöst? Es handelt sich allem Anschein nach nicht um eine Unterlassungssünde eines unerfahrenen Amtneulings, sondern um eine Überzeugung, die von Beamten des Weissen Hauses und des Aussenministeriums in eine sorgfältig ausformulierte Rede verpackt wurde und die auch zwischen den Zeilen zum Ausdruck kam.
Es ist begreiflich und sogar vertretbar, dass Washington versucht, seine Politik neu auszutarieren, um sich wieder die Unterstützung durch einen Teil der arabisch-muslimischen Welt zu sichern. Wer weiss, ob sich dieser neue Ansatz, den einige für realistischer halten als jenen der vorhergehenden Regierung, nicht auszahlen und den Amerikanern ermöglichen wird, endlich als effiziente Mediatoren aufzutreten? Doch leider ist dies nicht sehr wahrscheinlich, wenn man bedenkt, wie wenig diese Politik in den Monaten nach der Rede von Kairo gefruchtet hat. Alle Bemühungen von Washington, seitens der arabischen Welt ein Zeichen des guten Willens zu erhalten, eine winzige Garantie für die Absicht, die Situation mit Israel zu normalisieren, scheiterten bisher an einer klaren und massiven Ablehnung.
In den Vereinigten Staaten hingegen waren erste beunruhigende Anzeichen auszumachen. Zunächst hat der Kongress, der bei den israelischen Diplomaten als bedeutender und zuverlässiger Allianzpartner gilt und in der Vergangenheit zahlreiche israel-freundliche Beschlüsse verabschiedete (wie z.B. die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt und die Einrichtung einer US-Botschaft in dieser Stadt, wobei diese Beschlüsse folgenlos blieben), auf die neue Zurückhaltung der Regierung Obama gegenüber Israel kaum reagiert. Die Senatoren und Abgeordneten trugen eine abwartende Haltung zur Schau, mit Ausnahme einiger jüdischer Politiker, die sehr vorsichtige Vorbehalte anzumelden wagten. Man greift einen so beliebten Präsidenten nicht an, auch wenn seine Popularität langsam schwindet. Ist das nicht ein Hinweis darauf, dass die viel gelobte Unterstützung der amerikanischen Kongressabgeordneten nicht so unerschütterlich und so zuverlässig ist, wie man gerne glauben wollte? Noch haben sie uns nicht im Stich gelassen, noch ist nichts Gravierendes passiert und wurde nichts Endgültiges beschlossen, doch wo sind die lautstarken Beteuerungen der unverbrüchlichen Freundschaft?
Man kann davon ausgehen, dass die Zurückhaltung der US-Politiker zum Teil das Ergebnis des unheilvollen Einflusses ist, den die grosse Verbreitung des Werks "Die pro-israelische Lobby und die US-amerikanische Aussenpolitik" der zwei amerikanischen Akademiker John Mearsheimer und Stephen Walt auf die Medien hatte. Diese vor zwei Jahren veröffentlichte tendenziöse Studie zeigt sich Israel gegenüber offen feindselig und behauptet, Israel sei keinesfalls ein strategischer Vorteil für Washington, sondern manipuliere das Weisse Haus de facto so stark, dass die USA sich in den Irak-Krieg drängen liessen (was natürlich Unfug ist). Für die Verantwortlichen der Lobby AIPAC war es ein Leichtes, die in diesem Buch vorgestellte These zu widerlegen, doch es scheint doch einiges Unheil für die nächsten Jahre angerichtet zu haben. Daher zeigten sich die Verantwortlichen des amerikanischen Judentums anlässlich ihrer Begegnung mit Obama erstaunlich vorsichtig, sie lauschten höflich den Worten des Präsidenten, ohne irgendwie ernsthaft Einspruch zu erheben. Sollte die mächtige Gemeinde, die so viel zum Wahlerfolg Obamas beigetragen hat, plötzlich gelähmt sein, ähnlich wie die amerikanischen Juden vor und während des Zweiten Weltkriegs? Es ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, dass die Solidarität mit Israel nicht mehr dieselbe ist wie früher.
Die gegenwärtige Isolation Israels wird auch durch den Umstand bestätigt, dass keinerlei negative Reaktionen eintrafen, als die Mitte August in Bethlehem abgehaltene Konferenz der Fatah ihre Resolutionen verabschiedete. In diesem Text wird die strategische Notwendigkeit des "bewaffneten Kampfes"- dessen Natur allgemein bekannt ist - betont und hervorgehoben, wie wichtig es sei, den jüngeren Generationen die Ethik des Kampfes und der Aufopferung nahe zu bringen. Auch die Fatah fordert die Möglichkeit ein, dass alle Flüchtlinge zurückkehren können und dass ihnen ausserdem eine Entschädigung auszuzahlen ist. Sie verkündet, dass Jerusalem die "ewige Hauptstadt" Palästinas sei und bekräftigt "die entschiedene und definitive Ablehnung, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen". Anstatt in diesen Beschlüssen seitens der palästinensischen Führung in Cisjordanien eine Verhärtung wahrzunehmen, ja gar eine endgültige Verweigerung, beglückwünschen sich die westlichen Staaten sogar zu einer angeblichen "Ablösung durch gemässigte Politiker". Der Druck auf Israel hingegen, seinen guten Willen durch einen Baustopp für die Siedlungen zu zeigen, hat nicht nachgelassen.
Die Isolation Israels ist gewiss nichts Neues, einige bezeichnen sie als Jahrtausende alten Fluch, andere als Schicksal, mit dem man leben muss. Der politische Zionismus ist aus dieser Feststellung heraus entstanden, aber auch die Hoffnung, zusammen mit der neuen nationalen Souveränität eine gewisse Normalität zu erlangen und sich harmonisch in die internationale Staatengemeinschaft einzufügen. Dafür kämpft Israel seit über 60 Jahren oft erfolgreich, zum Teil dank der Solidarität von Männern und Frauen guten Willens in der jüdischen Welt und bei den Nichtjuden. Doch das Böse steigt manchmal vorübergehend wieder an die Oberfläche. Dann müssen wir sofort handeln und dafür sorgen, dass dies nur von kurzer Dauer ist.


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