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Die Achse Syrien-iran


Von Dr. Dany Shoham *
In der arabischen Welt kam es in den vergangenen Jahrzehnten zu mehreren Allianzen, die ganz offen im Namen militärischer und strategischer Interessen eingegangen wurden. Dies traf auf die syrisch-ägyptische Allianz zu, die zu Beginn der 1970er Jahre zustande kam und 1973 zum Kippurkrieg führte, einer schweren Erschütterung für den israelischen Staat. Zu den damals zwischen den Präsidenten Sadat und Assad vereinbarten Abkommen gehörte auch der Transfer von chemischen Waffen aus Ägypten nach Syrien - vor dem gemeinsamen Angriff auf Israel.
Die in den 1980er Jahren entstandene Verbindung zwischen Ägypten und Irak schloss eine ähnliche Vereinbarung ein, bei der es darum ging, den Irak mit Boden-Boden-Raketen und entsprechenden chemischen, biologischen und atomaren Sprengköpfen auszurüsten. Die brutale Invasion von Kuwait durch den Irak beendete diese intensive Zusammenarbeit. Sie hatte es dem Irak immerhin ermöglicht, sich mit reichlich Militärmaterial und -technologie auszurüsten, was er in seinem Krieg gegen den Iran weidlich nutzte, einschliesslich der chemischen Waffen, die in den 80er Jahren gang und gäbe waren.
Eine der Folgen des Kriegs zwischen Iran und Irak war die unerwartete Entstehung einer neuen Allianz im Mittleren Osten, die diesmal ein arabisches Land, Syrien, sowie ein nicht arabisches Land umfasste, nämlich Iran. Der Iran war nicht in der Lage gewesen, auf die unaufhörlichen Angriffe mit irakischen C-Waffen entsprechend zu reagieren, wusste aber, dass Syrien über ein solches chemisches Arsenal verfügte (es handelte sich um eine für damalige Begriffe recht fortschrittliche Ausrüstung, die von den Syrern selbst hergestellt worden war), und war zudem über die tiefe Rivalität zwischen Saddam und Assad informiert. Folglich bat der Iran Assad darum, ihm einen Teil dieser Waffen zur Verfügung zu stellen, um sie gegen die Iraker einzusetzen. Assad lehnte ab, doch der Grundstein für die neue Allianz war gelegt worden.
Leider wurde diese anfängliche vorsichtige Annäherung immer tragfähiger und entwickelte sich systematisch so weit, dass sie zu einer soliden und bedeutenden strategischen Achse wurde, die nun seit 25 Jahren existiert. Während dieser Zeitspanne gab es kein anderes dermassen enges Bündnis zwischen zwei islamischen Staaten wie jenes zwischen Syrien und Iran. Der Iran wurde mit der Zeit (wen wundert's) zu einer regionalen Macht im Bereich der ballistischen Missiles und der Massenvernichtungswaffen, beherrscht, wie Syrien, sämtliche Technologien im Zusammenhang mit C-Waffen und besitzt ein funktionstüchtiges Arsenal, darunter auch chemische Sprengköpfe für Langstreckenraketen. In einem Bereich hat der Iran Syrien gar überholt: er verfügt über die Technologie der biologischen Waffen und ist Syrien auch in Bezug auf Nuklearwaffen und ballistische Missiles weit voraus.
Aus diesem Grund ist der Iran in der Lage, Syrien in diesen Bereichen nachhaltig zu unterstützen. Doch der Iran würde aus Prinzip nie einem anderen Land ohne entsprechende Gegenleistung tatkräftig zur Seite stehen. Er kommt also durchaus auf seine Kosten, einmal ganz direkt, indem er Syrien diese Waffen liefert, und ausserdem indirekt, indem er sich so die Dankbarkeit Syriens und seine Bereitschaft sichert, in anderen Bereichen zusammenzuarbeiten. Selbst wenn künftige Versuche, die militärisch ausgerichteten nuklearen Infrastrukturen Syriens zu erneuern, erneut unterbunden würden, könnte der Iran sein eigenes Atomprogramm verwirklichen und anschliessend Syrien einen nuklearen Schutzschild zusichern. Ein derartiges Szenario droht eine extrem komplizierte Situation herbeizuführen.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die beiden Präsidenten diese Fragen diskutiert haben. Die Tagesordnung und die am Treffen zwischen Mahmud Ahmadinedschad und Baschir Assad angeschnittenen Themen - die nur ansatzweise nach aussen drangen - geben recht deutlich darüber Aufschluss, welcher Art das Bündnis zwischen Syrien und Iran ist, welche Tragweite es besitzt und welche Ziele es aufweist. Die Besuche des iranischen Staatschefs in Damaskus waren in dieser Hinsicht sehr aussagekräftig. Der Termin der Reise von Ahmadinedschad nach Syrien im Juli 2007, z. B., war kein Zufall. Sie fand zu einem Zeitpunkt statt, als eine gewisse Annäherung in Bezug auf Friedensgespräche zwischen Syrien und Israel stattfand und im Iran einige Besorgnis auslöste, da man hier einen amerikanischen oder israelischen Angriff befürchtete. Ahmadinedschad erklärte daher im Verlauf seines Besuchs in Damaskus, der Iran würde Syrien bei der Entwicklung von C-Waffen und in der Atomforschung technisch unterstützen und ihm bei der Errichtung einer Fabrik für die Herstellung von Mittelstreckenraketen helfen. Zum ersten Mal überhaupt wurde die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern in Bezug auf C-Waffen offiziell erwähnt, obwohl die militärische Kooperation, vor allem im Bereich von hochmodernen Raketen, bereits seit über 10 Jahren bestand.
Ahmadinedschad und Assad haben erst kürzlich, im Mai dieses Jahres, das enge Bündnis zwischen ihren beiden Staaten bestätigt, und zwar anlässlich eines erneuten Besuchs des iranischen Präsidenten in Damaskus. Einmal mehr fand dieses Gespräch kurz vor der Rückkehr der zwei hohen amerikanischen Funktionäre Jeffrey Feltman und Daniel Shapiro nach Damaskus statt, die sich dort im Namen der USA unermüdlich für einen Dialog mit Syrien einsetzen. Doch der Ton der Erklärungen von Ahmadinedschad und Assad liess eigentlich nicht darauf schliessen, dass diese Annäherung auch stattfinden wird.
Während der gemeinsamen Pressekonferenz nach dem Gespräch beschrieb Assad den syrisch-iranischen Pakt sehr treffend als Allianz, die sowohl von Prinzipien als auch von Interessen zusammen gehalten werde. Ahmadinedschad und Assad versuchten in ihren Erklärungen nach dem Treffen vor allem jeden Versuch im Keim zu ersticken, ihr Bündnis zu schwächen, und betonten die Bedeutung und die Tragfähigkeit ihres Abkommens. Ahmadinedschad wies darauf hin, dass Harmonie und Entschlossenheit das Geheimnis des Sieges seien. Der syrische Präsident wollte ihm nicht nachstehen und erklärte, der Besuch seines iranischen Amtskollegen bekräftige einmal mehr die strategische Beziehung zwischen den beiden Ländern. Er erwähnte auch die Unterstützung Syriens und Irans zugunsten des palästinensischen Widerstands. Beide Staatschefs spielten auf die Früchte ihrer langjährigen Verbindung an. Doch aus der Sicht Irans sind diese Früchte noch nicht wirklich reif; dies wird wahrscheinlich erst dann der Fall sein, wenn beide Staaten die Möglichkeit erlangt haben, Israel zu vernichten.
Syrien und Iran unterscheiden sich in mancherlei Hinsicht, doch die gemeinsamen Grundlagen dieser Allianz machen diese Differenzen mehr als wett. Baschir Assad hat jedenfalls die Haltung seines Vaters Hafez Assad angenommen, der bei dieser aussergewöhnlichen Zusammenarbeit wegweisend war. Doch er besitzt weder die Gewitztheit noch die Unabhängigkeit seines Vaters und kann deshalb ohne weiteres von Teheran aus im Sinne ihrer eigenen Ziele und Pläne manipuliert werden, ohne dass er sich dessen immer bewusst ist.
Geografisch gesehen entspricht der Libanon dem Punkt, an dem die syrischen und iranischen Grundsätze und Interessen zusammenlaufen. Dieses Land war - aufgrund seiner besonderen Situation an der Nordgrenze Israels - lange Zeit der ideale Schauplatz und die perfekte Werkstatt für ihre gemeinsamen Interessen. Bereits 1982 drangen dank der Nachsicht Syriens 1'500 revolutionäre Garden aus dem Iran in das libanesische Bekaa-Tal ein und wurden so zur neuen Keimzelle der Hisbollah. Seither profitieren Syrien und der Iran ganz offensichtlich von diesem Kontext.
Am 14. November 2005 wurde ein bedeutendes Abkommen zwischen beiden Staaten unterzeichnet, nachdem angesichts möglicher Sanktionen gegen eines der beiden Länder bereits 2004 Verhandlungen aufgenommen worden waren. Dieser strategische Vertrag soll beide Parteien vor dem Druck durch die internationale Gemeinschaft schützen. Der Iran beispielsweise verpflichtet sich, jedem syrischen Nachrichtenoffizier Asyl zu gewähren, dem von der UNO oder dem Libanon Mitwisserschaft bei der Ermordung von Rafiq Hariri vorgeworfen wird. Syrien wiederum erklärt sich bereit, die Hisbollah, diese vom Iran finanzierte Terroristengruppe, weiterhin mit Waffen, Munition und Information zu versorgen.
Das Bündnis zwischen Syrien und Iran hat sich aber neben der wichtigen Rolle des Libanons, vor allem im Bereich der ballistischen Missiles und der Massenvernichtungswaffen, wunderbar bewährt. Im Jahr 2005 wurde anscheinend ein Höhepunkt erreicht, als Syrien zustimmte, das nukleare Material von Iran zu lagern, falls Teheran von der UNO zu Sanktionen verurteilt würde. Es wurde vereinbart, dass Syrien bei Bedarf den Iran ermächtigen würde, Waffen, heikle Ausrüstungen oder gar gefährliches Material auf syrischem Territorium unbehelligt zwischenzulagern.
Zwei Jahre später kam ein Aspekt der syrisch-iranischen Zusammenarbeit im nuklearen Bereich ans Tageslicht. Es ist äusserst wahrscheinlich, dass der Iran beim Bau eines Atomreaktors in Syrien finanziell und technisch stark involviert war; dieses Projekt im Hinblick auf die Herstellung von Atomwaffen wurde auch von Nordkorea unterstützt. Die Zerstörung dieser Infrastruktur im Jahr 2007 war für die drei Länder ein harter Schlag, trug aber in gewisser Weise zur Stärkung der Verbindung zwischen Syrien und Iran bei. Die betroffene Fabrik wurde wahrscheinlich mit iranischer Unterstützung neu errichtet und soll hoch moderne Installationen für C- und B-Waffen enthalten.
Einer der wichtigsten iranischen Beiträge zum Raketenentwicklungsprogramm Syriens bestand aus dem Technologietransfer für eine Variante nicht konventioneller Sprengköpfe. Darüber hinaus plante der Iran, Syrien die Industrieausrüstung für die Produktion von Substanzen für C-Waffen zu liefern. Man kann davon ausgehen, dass dieses Projekt verwirklicht wurde. Der Unfall, der sich 2007 in einer syrischen Einrichtung für die Herstellung von ballistischen Missiles mit chemischen Sprengköpfen ereignete, lenkte die Aufmerksamkeit auf eine der fünf syrischen Fabriken, die verdächtigt werden, mit Hilfe von iranischer Technologie Substanzen für C-Waffen zu produzieren.
Man kann sich fragen, was die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu den Vorkehrungen Irans, im Falle eines Angriffs effizient zurückzuschlagen, und zur Wirksamkeit und zum Umfang des zweiten Schlags beiträgt. Wie wird sich Syrien verhalten, falls der Iran, sein wichtigster Verbündeter, angegriffen wird? Teheran würde sich im Moment seines zweiten Vergeltungsschlags wahrscheinlich ein aktives militärisches Engagement seitens von Syrien wünschen, um dessen Wirkung zu verstärken und gleichzeitig das Ausmass eines dritten Schlags gegen den Iran zu verringern. Unter diesen Umständen würde der Iran wohl versuchen, Syrien dazu zu bringen, sich seinen militärischen Vergeltungsmassnahmen anzuschliessen. Vielleicht haben beide Länder bereits entsprechende Vereinbarungen getroffen?
Auf geopolitischer Ebene ist Syrien der letzte arabische Nachbarstaat Israels, der zugleich als erklärter Feind und als potenzieller Kandidat für ein Friedensabkommen gilt. Während die Funktion als Feind dem Iran sehr lieb ist, lehnt dieser die zweite Möglichkeit vehement ab. Die politischen und diplomatischen Stellungnahmen des syrischen Regimes zeugen von seiner Konstanz und der Entschlossenheit bei seinen strategischen Entscheidungen: Es richtet sich ganz auf die regionale Allianz unter iranischer Führung aus. Das Vorgehen Syriens muss daher von all jenen beobachtet werden, die sich gegenwärtig für die Machbarkeit eines "viel versprechenden Handels" zwischen Israel und der arabischen Welt aussprechen. Das Verhalten Syriens zeugt davon, dass es im Nahen Osten tatsächlich einen Kalten Krieg gibt, dessen Umrisse immer klarer zutage treten. Mit Hilfe von Syrien versucht der Iran diesen Kalten Krieg elegant zu manipulieren und schliesslich den Ausbruch eines tatsächlichen Kriegs zu provozieren, dessen Ausgang wegweisend sein wird. Zum heutigen Zeitpunkt scheint die Achse Syrien-Iran unerschütterlich und solide zu sein. Dies könnte folglich zu einem neuen Krieg im Nahen Osten oder gar zu noch Schlimmerem führen.

*Dr. Dany Shoham ist Forschungsleiter am Zentrum Begin-Sadat (BESA) für strategische Studien der Universität von Bar Ilan. Sein Fachgebiet ist die Untersuchung des chemischen und biologischen Kriegs in den arabischen Ländern und im Iran. Dr. Shoham, ehemaliger Oberstleutnant des militärischen Nachrichtendienstes, besitzt einen Doktortitel in medizinischer Mikrobiologie der Universität Tel Aviv. Er hat zahlreiche Artikel über Virologie und chemische und biologische Waffen veröffentlicht, darunter auch ein Buch: "Chemical and Biological Weapons in the Arab Countries and Iran - An Existential Threat to Israel?".

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