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Inhaltsangabe Junge Spitzenpolitiker Frühling 2001 - Pessach 5761

Editorial - Frühling 2001
    • Editorial

Pessach 5761
    • Gehorsam und Gewissen

Politik
    • Die Einheit - Wozu?

Interview
    • Merkwürdiger Krieg

Judäa – Samaria – Gaza
    • Das Leben geht weiter…

Bulgarien
    • Jerusalem und Sofia
    • Frischer Wind für die Juden in Bulgarien
    • Tiefe Wurzeln
    • Jude – Bulgare - Abgeordneter
    • Das Kulturelle Leben

Junge Spitzenpolitiker
    • Begegnung mit Effi Eytam

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Shalom Tsedaka
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    • Das Ende einer Ära

Ethik und Judentum
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Begegnung mit Effi Eytam

Von Roland S. Süssmann
In unserer Serie über junge Führungskräfte in Israel haben wir Ihnen in den vergangenen Jahren Persönlichkeiten vorgestellt, die alle eine bedeutende Karriere im politischen Leben Israels verzeichnen können: Benjamin Netanyahu, Ehud Olmert, Benny Begin, Dan Meridor usw. Heute sind wir mit EPHRAIM FEIN zusammengetroffen, der sich für die hebräische Form EFFI EYTAM seines Namens entschieden hat. Dieser Mann übt gegenwärtig noch keinen verantwortungsvollen politischen Posten aus, scheint aber über die besten Voraussetzungen zu verfügen, um der nächste Chef der religiösen Nationalpartei zu werden.

Wer ist Effi Eytam ?

Ich wurde 1947 im Kibbuz Ein Gev am Ufer des Tiberias-Sees am Fuss der Golanhöhen geboren. Damals wurde diese kleine Gruppe von Behausungen regelmässig, wenn nicht gar täglich, vom syrischen Militär und von einzelnen syrischen Scharfschützen beschossen, die sich auf dem Golan befanden. Ich wuchs also in einem Umfeld auf, in dem man für die Kibbuz-Bewohner und den jüdischen Staat alles zu geben bereit war. Niemand hatte Geld und das tägliche Leben war hart, doch wir sind in dem Wissen gross geworden, dass wir an der Front für den jüdischen und zionistischen Kampf standen und dass wir in gewissem Sinne «die Zukunft unseres Landes auf den Schultern trugen». So übernahm ich ganz natürlich schon früh Verantwortung sowohl innerhalb des Kibbuz – im landwirtschaftlichen Bereich – als auch im Rahmen der Armee, wo ich alles unternahm, um in die besten Kampfeinheiten aufgenommen zu werden. In jener Zeit galten wir als die Elite im Dienste des Vaterlandes. Dazu muss gesagt werden, dass die Generation meiner Eltern aus Menschen bestand, die etwas gelernt hatten und über eine sehr gute Bildung verfügten; sie kannten noch den Begriff der herausragenden Leistung, der heute in der israelischen Gesellschaft leider im Verschwinden begriffen ist. Mein Vater war Sardinenfischer im Tiberias-See, besass aber einen Doktortitel in Mathematik und Astronomie der University of Columbia. Meine Mutter war die Krankenschwester des Kibbuz, obwohl sie an der Universität Riga in Lettland Medizin studiert hatte. Bei den Zeitschriften, die auf unserem Wohnzimmertisch herum lagen, handelte es sich um «American Scientific», «National Geographic» usw. und sie sollten unseren Horizont erweitern. Natürlich konnte diese intellektuelle Atmosphäre verwirrend wirken in einer Umgebung, die aus Bauern, Fischern und Arbeitern bestand und in Ein Gev lag, am Ende der Welt. Eine einzige Strasse führte zu unserem Kibbuz, eine andere endete in einer Sackgasse, an deren Ende ein grosses gelbes Schild stand, auf dem die ersten englischen Worte standen, die ich gelernt habe: «Danger – Frontier ahead». Wir wussten, dass auf der anderen Seite dieses Schildes Syrien lag mit seinem Hass und seinen Geschützen. Mit dieser Beschreibung möchte ich einfach ausdrücken, dass ich zwar aus einem verlorenen Dorf stamme, mein geistiger Horizont jedoch keinesfalls beschränkt ist.

Sie haben die Begriffe «herausragende Leistung und Aufopferung für das Land» verwendet. Wenn man die heutige israelische Gesellschaft beobachtet, erhält man allerdings den Eindruck, dass diese Werte im Grunde dem Materialismus gewichen sind, und dass die Ideologie, welche die Staatsgründer beseelte, sich letztendlich auf einen winzigen Teil der Bevölkerung beschränkt. Wie erklären Sie sich dies ?

Zunächst muss ich mich mit Ihrer Analyse einverstanden erklären. Es ist jedoch sehr schwer zu verstehen und zu erklären, weshalb Israel, das in jeder Hinsicht ein wahres Wachstumswunder darstellt – vergessen wir nicht, was in 52 Jahren erreicht wurde –, heute seine Lebenskraft verliert. In absoluten Zahlen ausgedrückt geht es natürlich aufwärts. Nehmen wir zum Beispiel eine Stadt wie Nathanya, die vor dreissig Jahren ca. 40'000 Einwohner zählte. Heute sind es 160'000 und es weist alles darauf hin, dass es bald 200'000 sein werden. Doch dies ist kein Kriterium für Qualität. Im Grossen und Ganzen haben die Israelis den Mut verloren. Dies ist meiner Ansicht nach auf die Motive zurückzuführen, welche die politische Führung Israels und die Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg erfüllten und die sich in zwei Punkten zusammenfassen lassen: eine jüdische Einheit schaffen, in der die Juden aus der ganzen Welt eine nationale Heimat finden, in der sie in Sicherheit leben können ohne Pogrome oder eine neue Schoah befürchten zu müssen, und den Antisemitismus bekämpfen, indem man den «neuen Juden» (den berühmten Homo israelianus) entstehen lässt, der mit seinen verfolgten und in Ghettos eingepferchten Vorfahren nichts mehr gemein hat. Zur Verwirklichung dieser beiden Ziele gab es nur ein Schlagwort: überleben – von Tag zu Tag, von Monat zu Monat. Heute sind diese Konzepte natürlich immer noch gültig, obwohl die Idee vom neuen Juden sowohl in Israel selbst als auch auf internationaler Ebene als total gescheitert angesehen werden muss. Was die Sicherheit der Juden betrifft, muss man zugeben, dass Tausende von jungen Juden gefallen sind, damit dieser Staat existieren darf. Die israelische Bevölkerung stellt Fragen und versucht sich mit neuen Werten, mit neuen Motiven zu identifizieren, um zu hoffen, zu handeln und weiterzumachen. Die israelische Gesellschaft steckt in einer Krise.

Wir gedenken Sie diese Situation zu ändern ?

Ich denke, wir leben in einer äusserst vielversprechenden Zeit, denn die Israelis verfügen über eine wunderbare Waffe: die jüdische Seele. In zahlreichen Fällen wartet sie nur darauf, dass man ihr neues Leben einhaucht, und zwar nicht nur mit Hilfe des Glaubens, sondern durch die konkrete Umsetzung der moralischen und menschlichen Werte unseres religiösen Erbes. Jüdische Gedanken und ein zutiefst jüdisches Verhalten sind in jedem von uns verankert und warten nur darauf, wieder geweckt zu werden.
Was wir heute in Israel erleben, entspricht dieser Erweckung der jüdischen Seele. Die Ideologie der Linken ist zusammengebrochen, sie wird ihre Kraft und Energie verlieren, weil landesweit die jüdische Seele aufwacht. Zum Beweis dafür dient mir die Tatsache, dass der grösste Teil der Nation seit Rosch Haschanah um einen kleinen Hügel im Zentrum von Jerusalem kämpft, der keinerlei strategischen Wert, kein Wasser und nicht einmal eine Synagoge besitzt und überdies von einer riesigen Moschee überragt wird. Für dieses kleine Stück Land, das jedem Israeli heilig und teuer ist, auch wenn er überhaupt nicht fromm ist, würden wir sämtliche unterzeichneten Verträge und die Träume von Frieden aufgeben, wären wir bereit zu sterben und zu töten, was aus moralischer Sicht für einen Juden sehr hart ist. Wirkt es nicht merkwürdig, dass eine weltliche Gesellschaft um etwas kämpft, was letztendlich nur ein Symbol darstellt ? In Wirklichkeit kämpft sie, wahrscheinlich unbewusst, um ihre jüdische Identität und um die Bewahrung ihrer jüdischen Seele.
In dieser Entwicklung haben alle begriffen, dass die Frage der jüdischen Städte und Dörfer in Judäa-Samaria-Gaza, deren Aufrechterhaltung noch vor wenigen Monaten in Israel ein zentrales Anliegen war, kein wesentliches Problem darstellt, denn unsere Feinde, welche den jüdischen Staat zerstören und bei derselben Gelegenheit die jüdische Seele vernichten wollen, keinen Unterschied machen zwischen Tel Aviv und Hebron. Seit September des vergangenen Jahres hat die Bevölkerung Israels gezeigt, dass sie sich nicht einschüchtern lässt und ihren Kampf um die Erweckung ihrer Seele fortsetzt. Sie hungert nach einer Identität und wartet nur darauf, dass dieser Hunger gestillt wird.

Stellt diese Schlussfolgerung die Triebkraft für Ihre neue Tätigkeit dar, die man schon jetzt als politisch bezeichnen kann ?

Ich war Brigadegeneral in der Verteidigungsarmee Israels und habe zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Ich habe am Kippurkrieg teilgenommen und befehligte unzählige Spezialeinheiten, darunter auch eine der Truppen, die am Sturm auf Entebbe beteiligt war. An meinem letzten Posten stand ich an der Spitze der israelischen Streitkräfte im Libanon, bevor die Armee mitten in der Nacht zum einseitigen Rückzug gezwungen war, weil eine verwirrte und ängstliche Regierung es so beschlossen hatte. Es war sehr frustrierend, denn ich wusste, wie gut unsere Leute arbeiteten und in welcher bemerkenswerten Weise die Operationen durchgeführt wurden. Ich würde auch behaupten, dass das Verhalten unserer Armee angesichts einer der hinterhältigsten und aggressivsten Guerillatruppen der Welt vorbildlich war, verglichen mit demjenigen der russischen Armee in Tschetschenien, mit demjenigen der Franzosen in Indochina oder der Amerikaner in Vietnam. Ich habe verstanden, dass die Regierung Barak der Tsahal nicht mehr vertraute, und schloss daraus, dass mein Platz nun woanders lag. Da habe ich meinen Rücktritt erklärt. Mich erfüllte aber immer noch das Gefühl der Pflicht, «meinem Land so gut wie möglich zu dienen», und ich beschloss daher, am Aufbau einer neuen Führung für das Land mitzuwirken. Ich empfinde es als meine Aufgabe meinen in einer Krise steckenden Mitbürgern auf der Grundlage unserer Werte neue Impulse zu geben, neuen Mut zu verleihen und neue Hoffnung auf unsere Zukunft entstehen zu lassen. Ich habe jedoch die Uniform an den Nagel gehängt, denn ich wollte nicht zu einem General werden, der «auf dem sinkenden Schiff die Kanonen putzen lässt». Ja, ich bin in der Politik tätig. Ja, ich bereite mich darauf vor, in den kommenden Wahlen eine Rolle zu spielen, denn es ist die einzige Möglichkeit für mich, meinem Land und dem jüdischen Volk insgesamt zu dienen. Ich bin gegenwärtig jedoch nicht bereit, mich an die eine oder andere der existierenden Parteien zu binden.
Abschliessend möchte ich sagen, dass ich dabei bin, eine aus jungen Spitzenleuten bestehende Gruppe von Vorreitern zu schaffen, die aus Israel nicht einen blassen Abklatsch Amerikas und seiner Konsumgesellschaft machen wollen, sondern ein Land, in dem die jüdischen Werte der Moral und Menschlichkeit die Grundlage für alle Tätigkeiten bilden. Ich verfüge über ein Programm, eine Plattform, und vor allem die Unterstützung in der Öffentlichkeit, die mich daran glauben lassen, dass die Zeit für Israel gekommen ist zu einem echten jüdischen Staat zu werden, ich betone, jüdisch und nicht halachisch. In meiner Tätigkeit werde ich durch die Ergebnisse der letzten Wahlen bestärkt, an denen die Israelis unter anderem die von Ehud Barak vorgeschlagene weltliche Revolution massiv abgelehnt haben. Hier kam die jüdische Seele des Volkes zum Ausdruck!


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