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Inhaltsangabe Interview Frühling 2002 - Pessach 5762

Editorial - Frühling 2002
    • Editorial

Pessach 5762
    • Optimismus ist unerlässlich

Politik
    • Zu besserem Bewusstsein

Interview
    • Der Schlüssel zum Sieg
    • Tourismus und Terrorismus

Strategie
    • Die dritte Streitkraft

Terrorismus
    • Die neue Logik Des Terrorismus

Reportage
    • Notfallstation
    • Die Moral stärken

Judäa – Samaria – Gaza
    • Das Leben geht weiter

Judäa - Samaria - Gaza
    • Stop in Rechelim

Medizin
    • Das Labor der Hoffnung

Wirtschaft
    • Solidarität - Wo bist Du ?

Kroatien
    • Stjepan Mesic – Präsident der Republik Kroatien
    • Jerusalem und Zagreb – Ljubljana – Bratislava
    • Jude in Hrvatska
    • Glavni Rabinat u Hrvatskoj
    • Eine ungewöhnliche Bibliothek
    • Die Schoah in Kroatien
    • Die Ustascha
    • Singen zum Überleben
    • Eine entscheidende Wende

Ethik und Judentum
    • Ins Privatleben Eingreifen ?

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Der Schlüssel zum Sieg

Von Roland S. Süssmann
Eine der markantesten Persönlichkeiten in der Regierung von Ariel Sharon ist LIMOR LIVNAT, seine vor Energie sprühende Erziehungsministerin. Sie ist Mutter von zwei Schulkindern und weiss daher sehr gut über die Mängel des israelischen Schulsystems Bescheid, daneben kämpft sie mit Hilfe des Erziehungswesens für die Stärkung der jüdischen und israelischen Identität, was ihr nicht nur Freunde verschafft. Weil sie einer grösseren Zahl von Studenten mehr Chancen einräumen wollte, brach sie vor kurzem das Monopol des Obersten Erziehungsrates, der sozusagen seit der Staatsgründung die alleinige Kontrolle über die Universitäten ausübte. Damit hat sie einen sehr bedeutenden politischen Sieg errungen. Limor Livnat blickt bereits auf eine sehr erfolgreiche politische Karriere zurück, doch ihre Fähigkeiten und ihre Beliebtheit weisen darauf hin, dass sie sehr gute Chancen hat, in mehr oder weniger naher Zukunft das hohe Amt des Premierministers anzutreten. Die jüngsten Umfragen haben gezeigt, dass sie im Rahmen der Likudpartei an dritter Stelle steht, direkt nach Ariel Sharon und Benjamin Netanyahu.

Seit etwas mehr als einem Jahr sind Sie nun Erziehungsministerin und besitzen dadurch einen grossen Einfluss auf das Bildungswesen auf allen Niveaus, aber auch auf die Vorbereitung der Zukunft. Können Sie uns in wenigen Worten von Ihrer Tätigkeit berichten und eine erste Zwischenbilanz Ihrer politischen Aktion ziehen?

Unmittelbar nach dem Wahlsieg von Ariel Sharon haben wir eine Reihe von Besprechungen abgehalten, um das Portefeuille zu bestimmen, das ich übernehmen sollte. Der Premierminister hatte die Qual der Wahl zwischen zwei Posten: demjenigen der Ministerin für Innere Sicherheit und demjenigen, den ich heute bekleide. Der erste Vorschlag bedeutete einen riesigen Karrieresprung für mich, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass es recht schmeichelhaft für eine Frau ist, dass man ihr die mit einem solchen Amt verbundene Verantwortung zutraut. Dennoch habe ich Ariel Sharon gebeten, mir das Ministerium für Erziehung anzuvertrauen.

Weshalb?

Ich gehe davon aus, dass die Erziehung und Ausbildung in Wirklichkeit die innere Sicherheit des jüdischen Volkes darstellen. Andere Anwärter waren für diese Aufgabe ebenso qualifiziert wie ich, doch mir lagen zwei Elemente ganz besonders am Herzen: die Vertiefung des jüdischen und des zionistischen Wissens. Ich denke, dass ich besser als jeder andere in der Lage bin, diese beiden Elemente unseres religiösen und nationalen Erbes zu fördern, und in diesem Sinne hat mir der Premierminister mein gegenwärtiges Amt übertragen. Er ist sich, wie ich, der Tatsache bewusst, dass der Schwerpunkt im öffentlichen Bildungswesen in Israel immer weniger auf die jüdische Erziehung, auf die Lehre unserer Geschichte und unseres gesamten Erbes und unserer Kultur gelegt wird. Dies gilt auch für die Vermittlung der wesentlichen Grundlagen des Zionismus, wie z.B. die Liebe zu seinem Land und der Respekt vor unserer Flagge. Wir erleben heute eine echte «Krise der Werte» und alle von mir genannten grundlegenden Elemente wurden im Bildungswesen allmählich vernachlässigt, so dass sie, als ich mein Amt antrat, praktisch nicht mehr auf dem Lehrplan standen. Ich bin die Mutter von zwei Teenagern, die in die öffentliche Schule gehen, und ich sehe, was sie dort lernen… und vor allem, was sie nicht lernen. Zur Veranschaulichung meiner Worte möchte ich Ihnen erzählen, was mir persönlich widerfahren ist. Vor zwei Jahren feierte mein Sohn seine Bar-Mitzwah. Er war sich dabei aller Hintergründe bewusst. Er wurde zur Torah gerufen, hat die Haftarah gelesen, kurz, neben dem eigentlichen Fest hat er auch einen Moment der intensiven Beziehung zum Judentum erlebt. Er war einer der wenigen aus seiner Klasse, für den die Bar-Mitzwah etwas anderes bedeutete als die Gelegenheit, Geschenke zu bekommen und eine Party zu feiern. Ich persönlich war, obwohl ich keine fromme Jüdin bin, von der Zeremonie und dem Empfang in der Synagoge zutiefst berührt. Sehen Sie, in Israel ist es zu einer inakzeptablen Tatsache geworden, dass jeder junge Mensch, der nicht an einer religiösen Schule eingeschrieben ist - und dies betrifft doch den grössten Teil der Bevölkerung - nichts über unser religiöses und nationales Kulturgut erfährt. Dies ist zutiefst falsch und nicht annehmbar. Ich habe daher beschlossen, das, was ich selbst als Kind an der öffentlichen Schule gelernt hatte, wieder in den Lehrplan zu integrieren. Mir fällt dies um so leichter, als ich selbst, wie ich bereits erwähnte, nicht praktizierend bin; ich wohne im Norden von Tel Aviv (Hochburg der antireligiösen israelischen Linken) und meine Kinder besuchen staatliche Schulen. Es kann mir also niemand vorwerfen, ich wolle «missionieren» oder das Land in einen theokratischen Staat verwandeln, in dem jeder bereuend, fromm oder gar bigott werden sollte. Das will ich nicht, ich möchte nur allen Kindern die Gelegenheit geben, sich frei für einen bestimmten Lebensstil zu entscheiden. Dazu müssen sie aber alle Hintergründe kennen. Wir haben kein Recht, unseren Kindern das Grundwissen darüber vorzuenthalten, was ich als die «Infrastruktur unserer Identität» bezeichnen würde, und ihnen eine Lebensform mit einem einheitlichen Denken aufzuzwingen, dem unsere nationalen und religiösen Werte fremd sind. Wie sollen unsere Jugendlichen sonst wissen, was es bedeutet, ein Sohn oder eine Tochter des jüdischen Volkes zu sein?

Welche konkreten Schritte haben Sie unternommen?

Zuallererst haben wir für alle Klassen mit Schülern im Alter zwischen 12 und 15 Jahren eine Wochenlektion hinzugefügt, die sich «Erbe und Kultur Israels» nennt. In diesen Unterricht haben wir zahlreiche grundlegende Themen integriert, wie beispielsweise die jüdische und neuere Geschichte Israels, die Schoah, die Bedeutung der Festtage und der Bar- und Bat Mitzwoth. Es geht nicht darum, eine vertiefte Ausbildung zu kondensieren, sondern diesen Jugendlichen den Zugang zur Grundlage unserer Identität zu erleichtern, was ihnen bisher vorenthalten wurde. Ich stelle mit Freuden fest, dass dieses Programm, das zunächst auf einigen Widerstand stiess, nun immer beliebter wird. Ich habe ebenfalls allen Schulen empfohlen, einmal pro Woche alle Schülerinnen und Schüler, den Lehrkörper und die Direktion zu versammeln, um eine kleine Zeremonie abzuhalten, die israelische Flagge zu hissen und die Hatikwah zu singen, unsere Nationalhymne. Auch dieser Ratschlag wird zu meinem Entzücken im ganzen Land immer öfter befolgt. Ich habe eine Serie von zwölf Postern drucken lassen, die zugleich künstlerisch, bunt und modern sind und sich auf die jüdischen Feste beziehen, einschliesslich Schabbat und Nationalfeiertag. Mein Ministerium hat sie in allen Schulen verteilen lassen, um das Umfeld etwas auf die jüdische Kultur und Religion auszurichten.

1996 haben sie in der Knesset ein Gesetz verabschieden lassen, das verlangt, dass alle staatlichen Schulen in Israel mit der Nationalfahne beflaggt werden. Wissen Sie, ob diese Vorschrift tatsächlich eingehalten wird?

Im Grossen und Ganzen ja. Ich kann Ihnen sogar sagen, dass es in einigen arabischen Dörfern Schulen gibt, die diese Fahne auch auf dem Gebäude haben, dies gilt auch für einige ultraorthodoxe Schulen. Meine Worte richten sich aber vor allem an die grosse Masse der Schüler, welche eine öffentliche Schule besuchen. Ich möchte, dass jedes jüdische Kind die Hatikwah in würdiger Weise beherrscht und stolz auf die blaue und weisse Flagge ist. Neulich habe ich eine Schule besucht, wo mir der Präsident des Schülerrats stolz berichtete: «Wir haben gemeinsam mit der Schuldirektion beschlossen, jedes Schulzimmer mit einer Flagge auszustatten.» So sieht es natürlich nicht überall im Land aus, aber dieser Trend ist dabei sich zu entwickeln. Sehen Sie, bei diesen Entscheidungen ist eines wichtig, nämlich die Tatsache, dass die ganze Jugend nur auf ein Signal der Behörden wartete, nämlich auf die Botschaft: «Ja, es ist gut, ein Nationalgefühl zu haben und es auszudrücken, es ist legitim, stolz auf seine Flagge sein, ihr habt das Recht, die Hatikwa zu singen, und dabei etwas Besonderes zu empfinden und Tränen in den Augen zu haben!» Ich habe ebenfalls die Anzahl der Schüler erhöht, die jedes Jahr an den Reisen nach Polen teilnehmen, um die Konzentrationslager zu besichtigen. Vor der Abreise durchlaufen sie ein besonderes Vorbereitungsprogramm mit zahlreichen Kursen, Besuchen im Gedenkmuseum Yad Vaschem usw. Ich denke, es handelt sich hierbei um ein extrem wichtiges Element, das die nationale Identität der Israelis und die jüdische Identität der jungen Juden in der ganzen Diaspora stärkt. Kein Buch, kein Film, kein Vortrag eines Überlebenden können die Erfahrung ersetzen, die ein Besuch in Auschwitz auslöst. Unsere jungen Israelis, die frei und ohne Einschränkungen aufwachsen, wissen nicht, was Antisemitismus ist, und können nicht verstehen, was die Schoah war. In ihren Augen ist es ein historisches Ereignis, das schon lange zurückliegt. Deshalb will ich, dass möglichst viele junge Israelis an diesen Reisen teilnehmen, und ich konnte die Zahl der vom Ministerium finanzierten Reisen von 1000 auf 1500 erhöhen.

Israel wird bald sein 54. Jubiläum feiern. Doch Sie müssen eine umfassende Erziehungskampagne starten, um die nationale Identität zu stärken. Weshalb ist das so und mit welcher Absicht haben Sie dieses Programm lanciert?

Leider gilt es seit einigen Jahren, wie ich bereits sagte, bei uns nicht mehr als «politisch korrekt», nationale Gefühle zu empfinden und diese auch zu zeigen. Wie Sie wissen, ist das Bildungswesen in Israel vom Postzionismus heimgesucht worden. Diese Ideologie stellt das Recht der Juden auf das Land Israel in Frage, lehnt die jüdischen Werte ab und belächelt die historische Gerechtigkeit, die zur Wiederauferstehung von Israel führte. In dieser Einstellung sind alle Gedanken und Handlungen angeblich auf die Zukunft ausgerichtet. Dies alles entpuppt sich aber als Illusion, denn dort, wo es keine legitime Vergangenheit gibt, kann es auch keine Zukunft geben. Es geht nicht darum, sich über die Fehler und Irrtümer der Vergangenheit zu beklagen, sondern die Möglichkeiten und Hoffnungen zu erkennen, die uns die Zukunft bringt. Wir können aber nur wissen, in welche Richtung wir uns wenden sollen, wenn wir auch wissen, woher wir kommen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass es heute von höchster Bedeutung ist, unsere Identität durch die Vermittlung unseres jüdischen Kulturgutes zu stärken, und die individuelle Verantwortung ist einer unserer wichtigsten Werte. Es geht um eine Erziehung, welche das Streben nach sofortiger Befriedigung und das Fehlen jeder Vision für die fernere Zukunft zu bekämpfen sucht. Was auf persönlicher Ebene zutrifft, gilt auch für das Leben einer Nation. Im Postzionismus gibt es den Begriff von Gut und Böse für das eigene Lager nicht mehr, nur der Feind hat ein Recht auf Gerechtigkeit. In diesem Sinne haben übrigens meine Vorgänger der Linken versucht, die Reisen der israelischen Jugendlichen nach Polen und in die KZ zu streichen. Ein weiterer Grund dafür, weshalb ich die Stärkung der jüdischen und israelischen Identität so in den Vordergrund stelle, besteht aus der Tatsache, dass ein Volk, dem man seine Daseinsberechtigung und folglich seine moralische Kraft abspricht, nicht in der Lage ist, die existentiellen Herausforderungen seines Überlebens mit Erfolg zu meistern. Wir dürfen uns aber keine Niederlage erlauben.

Wir erleben in der Diaspora im Allgemeinen und in Europa im Besonderen eine erneute Welle von antisemitischen Taten und Worten. Verfügen Sie im Rahmen Ihres Ministeriums über ein Programm für die jüdischen Schulen in aller Welt, das auch dort die jüdische und zionistische Identität stärken und dadurch die Auswanderung nach Israel fördern soll?

Die Frage der jüdischen Erziehung in der Diaspora ist direkt einer Sektion der Jewish Agency unterstellt. Ich habe jedoch tatsächlich eine Reihe von Programmen entwickelt, die in erster Linie für die osteuropäischen Länder bestimmt sind. Wir haben vor kurzem 90 Lehrer aus verschiedenen jüdischen Schulen in Russland hier empfangen, die in Israel ein Weiterbildungsseminar besuchten. Wir haben uns auch finanziell an einem Programm der Jewish Agency zu Gunsten der Erziehung in der Diaspora beteiligt. Dieses Budget belief sich auf hundert Millionen Dollar, von denen unser Ministerium 25 Millionen übernommen hat. Trotz unserer budgetären Restriktionen möchte ich, dass wir immer intensiver in diese Programme eingebunden werden, denn wir haben in diesem Bereich eine wichtige Rolle zu spielen. Der Kampf für unser Überleben erfolgt durch die Stärkung der jüdischen Identität. Der Kampf gegen den Antisemitismus geht über die Verstärkung der jüdischen Identität und der Beziehungen zu Israel, denn es gibt keinen Unterschied zwischen Antisemitismus und Antiisraelismus.

Seit September 2000 wütet die arabische Gewalt in Israel und alle 48 Stunden, wenn nicht gar täglich, werden Juden umgebracht, ganz zu schweigen von denen, die verletzt oder lebenslänglich verstümmelt werden. Ihre Regierung, insbesondere der Premierminister, sind gewählt worden, um dieser Situation ein Ende zu setzen. Ein Jahr nach Ihrem Amtsantritt dauert die Gewalt jedoch ungebrochen fort. Was tun Sie dagegen und wie wird sich die Lage Ihrer Ansicht nach entwickeln?

Unser Volk ist viel stärker als alle Prüfungen, die ihm auferlegt werden. Ich bin beeindruckt zu sehen, mit welcher Unerschütterlichkeit es sein Leben auf fast normale Art weiterführt, auch wenn ihm die Angst im Nacken sitzt. Man darf nicht vergessen, dass es in der Politik, die uns an den Punkt gebracht hat, wo wir heute stehen, von Fehlern, falschen Einschätzungen, mangelnden Visionen und von Naivität, der es an jedem Sinn von Nationalismus gebricht, nur so wimmelte. So haben die Befürworter dieser Politik beispielsweise ganz bewusst die hasserfüllte Propaganda der Araber, die Verbreitung negationistischer Theorien der Schoah in Schulbüchern, in den Moscheen und sogar in Arafats Reden ignoriert. Sie haben ständig ihr «Verständnis» für das unentschuldbare Verhalten der Gegenpartei an den Tag gelegt usw.
Ich bin mir der schwierigen Situation durchaus bewusst und weiss, wie hart die gegenwärtige Phase ist. Es gibt aber nicht nur schlechte Neuigkeiten. Die amerikanische Regierung reagiert sehr verständnisvoll auf unsere Lage. Zahlreiche Attentate werden tagtäglich vereitelt und der Feind beginnt ernsthaft an Boden zu verlieren. Man muss sich klar machen, dass die Armee und vor allem unser Nachrichtendienst eine phantastische Arbeit leisten. Ich denke, es ist von wesentlicher Bedeutung die Regierung der nationalen Einheit beizubehalten, was aufgrund von ideologischen Meinungsverschiedenheiten nicht einfach ist. Dies aber zeigt der Welt im Allgemeinen und den Arabern im Besonderen, dass wir im Leid und im Kampf zusammenstehen. Ich muss sagen, dass ich nicht zufrieden bin mit der Art und Weise, wie der Terrorismus gegenwärtig bekämpft wird, und unsere politische Vorgehensweise ist in meinen Augen nicht entschlossen genug. Ich habe dies auch Ariel Sharon gesagt. Man muss verstehen, dass wir jedes Mal, wenn wir mit unserem Gegner Verhandeln und gleichzeitig sagen, er sei kein «Partner» für uns, oder wenn wir Erklärungen abgeben, in denen die Schaffung eines Palästinenserstaates erwähnt wird, ein Zeichen von Schwäche aussenden. Die israelische Bevölkerung lehnt überdies einen verallgemeinerten Regionalkonflikt ab und unsere Regierung unternimmt alles, um ihn zu vermeiden. Wir führen einen täglichen Krieg gegen den Terror und haben keine andere Wahl als ihn trotz aller Hindernisse zu gewinnen.

Wie sehen Sie die Zukunft?

Es gibt keine wundersame oder sofortige Lösung und alle rosaroten Versprechungen, die uns von den Befürwortern von Oslo präsentiert wurden, haben sich als falsch und verlogen erwiesen. Sogar die extremen, um nicht zu sagen selbstmörderischen Vorschläge von Ehud Barak wurden von Arafat abgelehnt. Die israelische Bevölkerung will in Frieden leben und ist dazu auch zu Kompromissen bereit. Doch ich denke, dass es auf lange Sicht keine Lösung geben wird, solange unsere Nachbarn sich nicht zum demokratischen System bekennen. Leider sind wir noch sehr weit davon entfernt. Ich glaube, dass der Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn auf Abschreckung und nicht auf Entspannung aufgebaut werden muss. Diese Feststellung ist ganz einfach realistisch und frei von jedem Idealismus. Es stimmt, dass wir letzteren für unseren Aufschwung unbedingt brauchen, doch für eine Nation ist Idealismus ohne Realismus sozusagen Selbstmord. Deswegen müssen wir kurz- und mittelfristig versuchen, eine Form von funktionellem Frieden als Übergangslösung herzustellen. Ganz konkret bedeutet dies, dass wir die Golanhöhen und Judäa-Samaria kontrollieren müssen. Ist dies nicht der Fall, setzen wir uns der Bedrohung durch einen Angriff aus, der die Existenz Israels selbst gefährden würde. Es bedeutet auch, dass wir ein vereinigtes Jerusalem unter israelischer Herrschaft beibehalten müssen, um damit die Freiheit und Rechtsgleichheit von allen zu gewährleisten. Eine erneute Teilung der Stadt würde jeder Art von Aggression Tür und Tor öffnen und zu einem neuen Belfast führen. Es kommt überhaupt nicht in Frage, die Gründung eines Palästinenserstaates mit einer territorialen Kontinuität zu akzeptieren. Dieser Staat würde nicht nur eine Gefahr für Israel, sondern eine Quelle der Destabilisierung für Jordanien und die gesamte Region darstellen.
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch sagen, dass auch ich keine Ahnung habe, wie die Zukunft aussehen wird. Ich weiss jedoch, dass eine Reihe von grundlegenden Prinzipien unser Vorgehen diktieren muss, was zum Teil schon heute der Fall ist. Sobald nämlich Arafat begriffen hatte, dass Israel die Grenzen, die vor 1967 bestanden, nicht mehr akzeptiert und dass die «Flüchtlinge» von 1948 auf kein «Rückkehrrecht» pochen dürfen, löste er seine Terrorkampagne aus. Damit der Frieden in greifbare Nähe rückt, muss Israel diese neue Form des Totalitarismus besiegen, und es kann nur dann erfolgreich sein, wenn es wieder Zuversicht und Selbstvertrauen besitzt. Dies kann nur auf Grund einer Stärkung unserer jüdischen Identität geschehen, denn beide Elemente, der Sieg auf dem Terrain und die moralische Entschlossenheit, sind eng miteinander verbunden. Wenn Israel den Kampf gegen den Terror gewinnt, profitiert auch der Rest der Welt davon. Amerika hat dies verstanden – Europa noch nicht. Langfristig bleibe ich aber optimistisch, es ist jedoch unerlässlich, dass die Regierung, der ich angehöre, noch entschiedener vorgeht… Ich bemühe mich, sie davon zu überzeugen!


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