Auf unserer Reise durch die jüdischen Gemeinschaften in aller Welt haben wir dieses Mal Aserbaidschan besucht, wo wir mit dem israelischen Botschafter, S.E. ARTHUR LENK, zusammentrafen, der uns in seiner Residenz einen herzlichen Empfang bereitete. Seit der Entstehung von SHALOM haben wir zahlreiche israelische Botschafter interviewt, sei dies nun in Moskau, in Beijing oder in Südafrika. Doch das Gespräch in Baku stellte etwas Besonderes dar. Es handelt sich nämlich um die einzige Botschaft Israels in einem laizistischen muslimisch-schiitischen Land.
Dieser kleine Staat am Fusse des Kaukasus und an den Ufern des kaspischen Meeres besitzt durch seine Lage eine ganz besondere strategische und politische Bedeutung. Aufschlussreich ist ein Blick auf die Geografie bzw. die Nachbarländer: im Süden existiert eine gemeinsame Grenze zu Iran, im Norden grenzt das Land an die zu Russland gehörende Republik Dagestan und im Westen schliesslich stösst es an drei verschiedene Länder - die Türkei, Armenien und Georgien. Diese Konzentration politischer Kräfte um diesen an Bodenschätzen reichen Staat (Erdöl und vor allem Naturgas) herum ist Erklärung genug für die Bedeutung, die der Präsenz Israels in diesem Teil der Welt zukommt.
Können Sie uns, bevor wir uns den Beziehungen zwischen beiden Staaten zuwenden, kurz darlegen, inwiefern Ihre Aufgabe in Aserbaidschan so speziell ist?
Erlauben Sie mir, nicht sofort direkt auf Ihre Frage zu antworten, sondern vielmehr einige Punkte aufzuzählen, die mir wesentlich erscheinen. Bis zum heutigen Tag gibt es weltweit nur drei muslimisch-schiitische Staaten: Iran, Irak und Aserbaidschan. Die traurige Lage in Irak und die iranische Realität sorgen täglich für Schlagzeilen. Aserbaidschan hingegen ist ein laizistisches Land im eigentlichen Sinne des Wortes, und die herkömmliche Trennung zwischen "Kirche und Staat" findet hier im Alltag viel deutlicher und nachdrücklicher statt als in Israel, in diversen anderen Ländern und vor allem in den USA oder in Frankreich. Gleichzeitig handelt es sich um einen jungen Staat, der erst seit 15 Jahren besteht und aus dem sowjetischen Reich hervorgegangen ist, nachdem er von den Sowjets in jeder Hinsicht geplündert wurde. Das von den Russen völlig zerstörte Land musste sich folglich zunächst eine nationale Identität zulegen. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass es in Aserbaidschan trotz des im sowjetischen Regime geltenden Verbots, die jüdische Religion auszuüben, ein paar Synagogen und sogar eine Form von jüdischem Leben gab. Der Islam hingegen war streng untersagt. Dies führte dazu, dass das fundamentalistische Element in der Religion der muslimischen Aseris fehlt. Obwohl für uns Juden das vollständige Fehlen der Glaubensfreiheit inakzeptabel ist, kommen wir zwangsläufig zum Schluss, dass unter dem sowjetischen Einfluss eine durch und durch weltliche muslimische Gesellschaft entstanden ist, die in dieser Form weltweit einzigartig ist. Die Familie von Präsident Heydar Aliyev, der das Land seit 1993 regiert, wollte zwar ein religiöses Land, das aber in erster Linie nationalistisch, tolerant und weltoffen sein sollte. Dies möchte ich durch einige handfeste Beispiele veranschaulichen. Am Vorabend von Rosch Haschanah 2005 lud Präsident Aliyev die Würdenträger der hiesigen jüdischen Gemeinde ein, um ihnen ein gutes neues Jahr zu wünschen. Anfang November 2006 reiste Präsident Aliyev nach Brüssel, um mit Europa ein Kooperationsabkommen im Bereich der Energieversorgung zu unterschreiben. Bei dieser Gelegenheit bat er um ein Treffen mit den Vertretern der dortigen jüdischen Gemeinschaft und dem Rabbiner. Und als ich schliesslich an Rosch Haschanah 2006 die zwei grössten Synagogen von Baku aufsuchte, las jeweils in beiden Gotteshäusern ein Vertreter des Präsidenten seine Neujahrswünsche vor, während ich diejenigen des Präsidenten von Israel überbrachte. Die Botschaft des aserbaidschanischen Präsidenten könnte eindeutiger nicht sein: er möchte seinem Wunsch Ausdruck verleihen, dass sich die Juden in diesem Land "zu Hause" fühlen.
Um aber auf Ihre Frage zurückzukommen - man muss sich bewusst sein, dass bei der Beurteilung unseres Verhältnisses zu einem Land mehrere Kriterien ins Gewicht fallen: die Qualität der diplomatischen Beziehungen, die Handelsbilanz, die Art und Weise, wie dieses Land in der UNO abstimmt usw. Besonders wichtig ist es in meinen Augen, die Situation der Juden im betreffenden Land anzuschauen. Werden sie wirklich geschützt? Fühlen sie sich sicher? Dies muss sich Israel als Erstes fragen, bevor alle anderen Themen und bilateralen Fragen ins Blickfeld rücken. Wie bereits erwähnt, werden die Juden in Aserbaidschan nicht nur gut behandelt, sondern sind auch Teil der Gesellschaft. Heute leben hier noch rund 10'000 Juden, die grosse Mehrheit von ihnen in Baku. Fast 50'000 Personen sind sofort nach der Unabhängigkeit 1991 nach Israel ausgewandert. Hier in Baku gibt es einen jüdischen Parlamentarier, Yevda Abramov. Und in Israel stammt ein Mitglied der Knesset aus Aserbaidschan, es handelt sich um den Abgeordneten Joseph Shagal, der im Alter von 41 Jahren seine Alijah durchführte. Dazu möchte ich eine interessante Anekdote erzählen. Zu den Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit Israels organisierten wir ein grosses Konzert. Shagal war in Baku auf der Durchreise. Am Abend des Festaktes kam er Hand in Hand mit Yevda Abramov, dem jüdischen Abgeordneten Aserbaidschans, auf die Bühne. Ich kann Ihnen sagen, es war ein sehr bewegender Moment.
Sie leiten die israelische Botschaft, die am nächsten bei Teheran liegt. Wie kommt dies in ihrer täglichen Arbeit zum Ausdruck?
Eigentlich sollte mich diese Tatsache etwas beunruhigen, aber in Wirklichkeit fühle ich mich hier ziemlich sicher. Ich glaube behaupten zu können, dass meine Amtskollegen in Kairo und Jordanien sich weniger wohl in ihrer Haut fühlen dürften als ich in Baku. Die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Iran sind recht interessant. Dieses kleine Land, dessen Fläche ca. vier Mal grösser ist als Israel, ist im Grunde kaum besiedelt (8,2 Millionen Einwohner). Iran hingegen umfasst zahlreiche ethnische Minderheiten, deren grösste aserbaidschanisch ist und fast einen Viertel der Bevölkerung ausmacht. Diese Menschen - je nach Schätzungen sind es zwischen 20 und 30 Millionen - leben verstreut überall im Norden Irans, so dass einige Aseris diese Region "Südaserbaidschan" nennen. Eine politische Wiedervereinigung ist, auch langfristig, natürlich undenkbar. Doch es gibt durchaus Familien, die grenzüberschreitend sind. Diese Situation lässt sich ein wenig mit derjenigen Israels zum Zeitpunkt der Wiedergeburt des Staates vergleichen, als rund eine Million Juden im Land wohnten, mehrere Millionen aber im Ausland. Durch diese Realität werden die Beziehungen zwischen den beiden Ländern erschwert, die, wie bereits erwähnt, eine lange gemeinsame Grenze aufweisen. Aserbaidschan hat demnach keine andere Wahl, als gute Beziehungen zu Teheran zu pflegen. Als das Land die Unabhängigkeit erlangte, wurde ihm natürlich sein unermesslicher Reichtum an Erdöl bewusst, das zum grössten Teil aus dem kaspischen Meer gewonnen werden kann. Vergessen wir nicht, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast 50% des weltweit geförderten Erdöls aus Aserbaidschan kamen. Alle imposanten Gebäude, die heute in der Altstadt von Baku zu bestaunen sind, stammen aus dieser glorreichen Zeit und wurden z. T. von den Familien Nobel und Rothschild (französischer Zweig) errichtet. 1991 musste die Regierung angesichts dieses Segens eine wichtige Entscheidung treffen: Wie sollte das Erdöl aus dem kaspischen Meer verkauft und transportiert werden? Drei Lösungen standen zur Auswahl: Erstens der Bau einer Pipeline, die mit der grossen russischen Pipeline verbunden würde, wodurch die rasche Kommerzialisierung des Erdöls und das Auffüllen der gähnend leeren Staatskasse möglich geworden wäre. Doch das Land war soeben vom sowjetischen Joch befreit worden und hegte keinesfalls die Absicht, seine Unabhängigkeit in Energiefragen durch Moskau gefährden zu lassen. Zweitens bot es sich als weitere logische Option an, sich nach Süden zu orientieren. Iran ist einer der bedeutendsten Erdölexporteure der Welt und verfügt somit über die gesamte Infrastruktur, um das aserbaidschanische Öl entgegenzunehmen und weiterzuleiten, wobei sich sogar eine Öffnung zum persischen Golf auftat. Doch dies bedeutete auch eine Hypothek für die Zukunft, weil man sich damit ganz den Mullahs auslieferte. 1994 hatte der Staatspräsident Heydar Aliyev, der heute als Vater der Nation gilt, so wie Atatürk dies für die Türkei ist, die geniale Idee, das abzuschliessen, was heute als "Vertrag des Jahrhunderts" bezeichnet wird. Es handelt sich um ein Abkommen, das mit den international bedeutendsten Erdölgesellschaften unterzeichnet wurde, darunter BP und einige amerikanische Unternehmen, die diesen das Recht verleiht, das aserbaidschanische Öl zu nutzen, falls sie sich als Gegenleistung an der Finanzierung einer neuen Pipeline beteiligen, die weder dem Norden noch dem Süden verpflichtet, sondern unabhängig ist und der westlichen Route Baku-Tiflis-Ceyhan folgt. Der Endpunkt der Pipeline befindet sich im Hafen von Ceyhan an der türkischen Mittelmeerküste. Die Kosten für den Bau dieser 1500 km langen Leitung wurden auf 3 Milliarden Dollar geschätzt, was dem Bruttoinlandsprodukt des Staates entspricht. Ab 2008 soll diese Pipeline eine Million Barrel pro Tag nach Europa und andere, über den Seeweg erreichbare Länder befördern. Man muss sich das Ausmass der Vision vor Augen führen, die der Vater der Nation hatte. Aserbaidschan war nicht nur völlig mittellos, besass nicht einmal eine grundlegende Infrastruktur; es fehlte an allem, an Strassen, Spitälern, am entsprechenden Schulwesen usw., ausserdem war das Land gerade um 16% seines Territoriums amputiert worden, die im Verlauf eines Kriegs mit Armenien an Bergkarabach verloren gingen. Nichtsdestotrotz beschloss Präsident Ilham Aliyev, dieses Projekt zu wagen, weil er überzeugt war, es wäre mittel- bis langfristig erfolgreich und würde es Aserbaidschan ermöglichen, ein durch seine Bodenschätze finanziertes Fundament für einen modernen Staat zu legen. Sie sehen, die Aussenpolitik Aserbaidschans stellt eine wahnwitzige Equilibristennummer dar, denn die nachbarschaftlichen Verhältnisse sind hart und kompliziert und man muss mit allen Regimes der angrenzenden Staaten gute Beziehungen pflegen. Dazu muss man sagen, dass das Verhältnis zur Türkei derart phantastisch ist, dass die Türkei für Aserbaidschan eigentlich dieselbe Funktion erfüllt wie die USA für Israel.
Es stellt sich nun also die Frage, welche Position Israel in diesem so subtilen, labilen und komplexen Machtspiel genau einnimmt?
Vielen ist nicht bekannt, dass heute zwischen 12% und 15% des nach Israel verkauften Rohöls aus Aserbaidschan stammen. Der Erdöl-Terminal von Ceyhan befindet sich schliesslich nur ung. 500 km von der israelischen Küste entfernt. Israel versucht, wie alle europäischen Länder, Alternativen für den Bezug seines Rohöls zu finden, um dadurch weniger von den arabischen Staaten abhängig zu sein. Das aserbaidschanische Öl bietet eine derartige Lösung und bringt eine grosse Menge an neuem Erdöl auf den europäischen Markt im Mittelmeerraum. Dies wird weder Preissenkungen noch grundsätzliche Veränderungen des Erdölmarktes bewirken, bietet aber eine Energiequelle aus einem Land, das mit Europa und Israel alliiert ist und nicht der OPEC angehört. Man muss sich klar machen, dass die Verbindung Aserbaidschans mit dem Westen sehr eng ist. Aserbaidschan entsandte Truppen, die an der Seite der Amerikaner in Irak, Afghanistan und Kosovo kämpfen. Der Luftraum über Aserbaidschan wurde überdies den amerikanischen Streitkräften für Flüge nach Afghanistan zur Verfügung gestellt, so dass es in den USA den Handelsstatus einer "bevorzugten Nation" erhielt. Dies ist umso wichtiger, seit sich Usbekistan von den westlichen Staaten distanziert hat. Darüber hinaus leuchtet es ein, dass alle Vorgänge in dieser Region für Iran überaus wichtig sind. Im Osten Irans befindet sich Afghanistan, das heute als amerikanisches Territorium angesehen werden kann; im Süden liegen Saudi-Arabien und die Golfstaaten, die den USA ebenfalls sehr nahe stehen; und auch in Irak und der Türkei ist Amerika sehr präsent. Die iranische Regierung ist sich deshalb bewusst, dass die Verwestlichung Aserbaidschans für sie eigentlich bedeutet, dass sich der Kreis der Isolation schliesst. Umso mehr, als die aserbaidschanischen Machthaber lautstark verkünden, die Zukunft ihres Landes sei eng mit den Allianzen zum Westen verknüpft. In diesem Sinne wird alles unternommen, um die Beziehungen zu Israel zu vertiefen.
Glauben Sie, dass Iran in Aserbaidschan eine militärische Aktion starten oder einen islamistischen Staatsputsch durchführen könnte?
Ich denke nicht, dass dies den Interessen Irans dienlich wäre, auch wenn dieses Land aus den oben dargelegten Gründen die Allianzen des Westens mit Baku nicht so gerne sieht. Gegenwärtig deutet aber nichts darauf hin, dass eine Aktion zur Einführung einer islamischen Republik in Vorbereitung ist, doch man weiss ja nie.
Existieren zurzeit besonders spannende gemeinsame Projekte zwischen Israel und Aserbaidschan?
Es gibt eine Vielfalt von Kooperationsverträgen, die oft in den erstaunlichsten Bereichen abgeschlossen werden. So schuf im November 2006 ein israelisches Unternehmen eine Reihe von Treibhäusern im Norden von Baku, um dort Erdbeeren anzubauen: israelische Technologie (für den Anbau, die Verpackung, die Lagerung usw.) in Verbindung mit lokalen Arbeitskräften. Ziel ist der Export dieser Erdbeeren nach Moskau, das wesentlich näher an Baku liegt als Israel. Ich habe den israelischen Geschäftsmann zum aserbaidschanischen Landwirtschaftsminister begleitet, der vom Projekt nicht nur begeistert war, sondern auch vorschlug, die Finanzierung zur Verdoppelung der Kapazität aufzutreiben. Des Weiteren sind die Strassen des Landes, wie Sie feststellen konnten, in einem recht schlechten Zustand. Es wird eine neue Autobahn gebaut, welche die Hauptstadt mit dem Norden des Landes verbinden soll, und gleichzeitig hat ein grosses israelisches Unternehmen eine Vereinbarung unterzeichnet, um eine ähnliche Autobahn im Westen Aserbaidschans zu errichten. Wir haben viel vom Erdöl gesprochen. Es waren zwar keine israelischen Gesellschaften beim Bau der berühmten Pipeline dabei, doch heute beteiligen sie sich immer mehr an ihrer Betreibung und an der Gewährleistung ihrer Sicherheit. Ein weiteres interessantes Beispiel betrifft Aserbaidschan Airlines. Diese kleine Fluggesellschaft besitzt u.a. drei Boeings, deren technische Wartung Israel Aircraft Industries übernommen hat. Die Zusammenarbeit deckt noch viele weitere Bereiche ab?
Halten Sie ein wachsames Auge auf die jüdische Gemeinschaft in Iran?
Eigentlich nicht, einerseits weil die Juden nicht an der iranischen Grenze leben, und andererseits weil diejenigen, die das Land verlassen wollen, andere Strecken wählen und nicht durch Aserbaidschan reisen.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten?
Das Potenzial ist viel versprechend, auch wenn Aserbaidschan gegenwärtig noch keine Botschaft in Israel etabliert hat und nicht einmal über einen Botschafter ohne Residenz verfügt. Dies ist übrigens recht erstaunlich, da wir im Jahr 2007 den 15. Jahrestag unserer diplomatischen Beziehungen begehen. Es handelt sich um «diplomatische Beziehungen», bei denen nur eines der beiden Länder einen Botschafter ernannt hat, die jedoch durchaus lebendig, solide und dynamisch sind. Ich möchte mich ja nicht selbst loben, doch ich muss sagen, dass unsere Botschaft in Baku präsent und aktiv ist und auch geschätzt wird. Wir werden auf allen Ebenen der Regierungshierarchie mit offenen Armen empfangen, und die israelischen Unternehmen finden hier äusserst wichtige Gesprächspartner für den Handel. Ich hoffe, dass die Aseris rasch begreifen werden, dass es auch für sie von Interesse wäre, in Israel tatsächlich präsent zu sein. Doch diese Entscheidung können wir nicht an ihrer Stelle treffen. Wir haben vollstes Verständnis für ihre Bedenken und sind uns durchaus der Tatsache bewusst, dass es sich letztlich um einen muslimisch-schiitischen Staat an der Grenze zu Iran und in einem sehr komplexen geopolitischen Kontext handelt. Die Aseris betonen aber immer wieder, dass sie in allen Bereichen mit Israel und mit den Juden zusammenarbeiten möchten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.
Wie steht es um die Auswanderung nach Israel?
Die grosse Auswanderungswelle ist vorbei. Es reisen auch heute noch Juden aus, alle aserbaidschanischen Juden sprechen voller Stolz von ihren verwandtschaftlichen Beziehungen in Israel. Die wöchentlich stattfindenden Flüge sind in der Regel ziemlich ausgebucht. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation und des ausgetrockneten Arbeitsmarktes hier ziehen ausserdem zahlreiche junge Juden nach Moskau.
Was ist zum Antisemitismus und zur Israelfeindlichkeit in Aserbaidschan zu sagen?
Ich kann leider nicht behaupten, dass es so etwas nicht gibt. Gegen Ende des Libanonkriegs 2006 kam es zu einigen antisemitischen Wandschmierereien mit einem Magen David und einem Hakenkreuz, die innerhalb von wenigen Stunden und ohne unser Zutun wieder entfernt wurden. Vor zweieinhalb Jahren wollte ein Verleger «Mein Kampf» herausgeben. Mein Vorgänger schritt ein und das Buch wurde nie veröffentlicht. Ich denke, die Bekämpfung des Antisemitismus auf staatlicher Ebene kann nur bei einem konkreten Vorfall beurteilt werden. Ich kann also bestätigen, dass Aserbaidschan jeweils gut und vernünftig reagiert. In Bezug auf die Presse stelle ich mit Genugtuung fest, dass sie bei unseren Gegnern als "israelfreundlich" gilt. Man kann nicht erwarten, dass sie sich für den Zionismus ausspricht, doch ich wurde auch nie daran gehindert, mich in der Presse auszudrücken und unseren Standpunkt zu erläutern. Während des Libanonkriegs war ich sehr oft im Fernsehen. Mein Aserbaidschanisch ist für Auftritte in der Öffentlichkeit nicht gut genug, doch ich hatte ausgezeichnete Dolmetscher.
Auf akademischem Niveau hat sich eine gewisse Form der Zusammenarbeit etabliert, und jeden Mittwochmorgen hält mein direkter Stellvertreter eine Vorlesung über Israel an der Hauptuniversität von Baku, an der Studierende im Fach Internationale Beziehungen und Wissenschaft des Nahen Ostens teilnehmen. Ich persönlich werde regelmässig eingeladen, an der Universität von Baku Vorträge zu halten.
Doch auch die kulturellen Beziehungen nehmen zu: es gab ein israelisches Filmfestival, wobei einige Vorführungen in einer kleinen Stadt 20 km von der iranischen Grenze entfernt stattfanden. Ich war natürlich auch anwesend.
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