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Inhaltsangabe Analyse Frühling 2007 - Pessach 5767

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Pessach 5767
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Quo Vadis Israel
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Analyse
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Bazar des "Friedens"

Von Professor Moshe Sharon *
Am 25. Dezember 1977, ganz zu Beginn der Verhandlungen zwischen Israel und Ägypten in Ismailia, führte ich ein kurzes Gespräch mit Muhammad Anwar Sadat, dem ägyptischen Präsidenten. "Erzählen Sie Ihrem Premierminister", sagte er, "dass dies ein Basar ist; die Ware ist teuer." Ich berichtete dies meinem Premierminister, doch er hielt die im orientalischen Basar geltenden Regeln nicht ein. Damit steht er nicht allein da. Sämtliche israelische Regierungen und die Medien haben dabei ebenfalls kläglich versagt.
Unter dem Titel "Novices in Negotiations" veröffentlichte ich am 4. März 1994 einen Artikel in der Jerusalem Post. Anlass dazu war der Abschluss des Abkommens von Kairo. Wenig später bewies Yasser Arafat erneut, dass seine Unterschrift nicht einmal die Tinte und noch weniger das Papier wert war, auf dem diese stand, ganz zu schweigen von seinem Wort. Anschliessend war Israel, wie bei jeder nachfolgenden Vereinbarung, völlig überrascht, als seine Zugeständnisse als Grundlage für neuerliche Forderungen der Araber herhalten mussten.
In der Basar-Diplomatie des Nahen Ostens werden Vereinbarungen nicht eingehalten, weil man sie unterzeichnet hat, sondern weil sie einem aufgezwungen werden. Ausserdem sprechen im arabisch-israelischen Konflikt beide Seiten nicht vom selben Thema. Die Israelis möchten einen Frieden erlangen, der auf der Anerkennung von Israel als jüdischem Staat durch die muslimischen Araber beruht. Ziel der Araber hingegen ist die Vernichtung des jüdischen Staates; sie wollen ihn durch eine arabische Nation ersetzen und die Juden loswerden.
Dieses Ziel versuchten die Araber über das Schlachtfeld und die Basar-Diplomatie zu erreichen. Die wichtigste Regel auf dem Markt ist ganz einfach: wenn der Verkäufer weiss, dass man eine bestimmte Ware erwerben möchte, wird er den Preis erhöhen. Die Ware, um die es hier geht, ist "Frieden", und die Araber vermitteln den Eindruck, die Ware tatsächlich zu besitzen, und treiben den Preis in die Höhe, obwohl dies in Wirklichkeit gar nicht stimmt.
Das ist die Philosophie des orientalischen Basars: Wenn man schlau genug ist, kann man auch ein Nichts zu einem hohen Preis verkaufen. Die Araber verkaufen Wörter, sie unterschreiben Vereinbarungen und handeln mit schwammigen Versprechungen, denn sie sind sicher, von begierigen Interessenten grosszügig bezahlt zu werden. Im Basar zückt nur ein törichter Käufer die Geldbörse für etwas, was er noch nie gesehen hat.
Es gibt noch eine weitere Regel, die auf dem Markt, aber auch am Verhandlungstisch gilt: die Partei, die als erste ihre Bedingungen darlegt, wird wahrscheinlich den Kürzeren ziehen; die Gegenpartei stützt sich nämlich bei ihrem nächsten Spielzug auf die offen ausgebreiteten Karten ihres Gegners.
Bei allen Verhandlungen mit den palästinensischen Arabern hat Israel seine Pläne immer vorschnell dargelegt und war erstaunt, als diese nach "Abschluss" einer Vereinbarung zur Grundlage für weiter reichende Forderungen wurden.
Die Reaktion auf derartige Situationen fiel jeweils verblüffend aus. Israelische Politiker, "Experten" und Medien liefern eilfertig "Erklärungen" für das Verhalten der Araber. Einer der beliebtesten Erklärungsversuche besteht darin, von den Äusserungen der Araber zu behaupten, sie seien nur für die "interne Verwendung" bestimmt, als ob die "interne Verwendung" bedeutungslos wäre. Andere Erklärungen erwähnen die "Sensibilität der Araber gegenüber Symbolen", "Ehre", "emotionale Angelegenheiten" und andere herablassende Bezeichnungen dieser Art. Besitzt denn Israel keine "Sensibilität" oder gar Ehre? Was hat dies alles mit politischen Auseinandersetzungen zu tun?
Wie der verstorbene Präsident Sadat schon riet, ist es daher extrem wichtig, sich mit den Regeln des orientalischen Basars vertraut zu machen, bevor man die Arena der Basar-Diplomatie betritt. Die wichtigste dieser Regeln ist das römische Sprichwort "Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor." Man darf sich nie in einer Position der Schwäche an den Verhandlungstisch setzen. Der Gegner sollte immer wissen, dass man Stärke besitzt und auf den Krieg besser vorbereitet ist als auf den Frieden.
Angesichts der Situation im Nahen Osten heute und in vorhersehbarer Zukunft ist der Begriff "Frieden" nur ein leeres Wort. Israel sollte nicht mehr von "Frieden" sprechen und diese Vokabel aus seinem Wortschatz streichen, zusammen mit Wendungen wie "der Preis für den Frieden" oder "Land gegen Frieden". Hundert Jahre lang haben die Juden die Araber angefleht, ihnen Frieden zu verkaufen, und hätten jeden Preis dafür bezahlt. Sie haben jedoch nichts erhalten, weil die Araber keinen Frieden anzubieten haben, bezahlten aber immer einen hohen Preis. Dazu muss einmal der Fairness halber gesagt werden, dass die Araber nie ein Geheimnis aus der Tatsache machten, dass sie unter dem Begriff "Frieden" nicht mehr als einen beschränkten Waffenstillstand für eine kurze Zeitspanne verstanden.
Angesichts dieser Lage sollte Israel offen erklären, dass Frieden im Konflikt zwischen Arabern und Israelis keine Option darstellt und dass es beschlossen hat, im Nahen Osten eine neue Ausgangslage zu schaffen; dadurch sollen die Araber gezwungen werden, um den Frieden zu bitten und auch dafür zu bezahlen. Im Gegensatz zu den Arabern verfügt nämlich Israel über die angebotene Ware. Daher muss Israel jedes Mal, wenn auf der arabischen Seite von Frieden gesprochen wird, nach dem Preis fragen.
Wenn Syrien den Frieden will, wie es nun behauptet, besitzt dieser Frieden seinen Preis, und Israel sollte diesen Preis auch verlangen, anstatt ihn törichterweise selbst zu zahlen. Sobald die Gleichung auf diese Weise präsentiert wird, liegt es sofort auf der Hand, dass Syrien nicht den Frieden anbietet, sondern seine strategische Position als Vorbereitung auf den nächsten Krieg verbessern möchte.
Israel sollte ab sofort diejenige Partei sein, die sich den Frieden bezahlen lässt. Wenn die Araber Frieden wollen, muss Israel seinen Preis ganz konkret festlegen. Die Araber werden ihn entrichten, wenn sie zum Schluss kommen, dass Israel so stark ist, dass sie es nicht vernichten können. Aus genau diesem Grund ist das Abschreckungspotenzial von Israel ausschlaggebend.
Daher sollte die Antwort auf die Erkundigung nach Israels Plänen immer lauten: keine "Pläne", keine "Vorschläge", keine "konstruktiven Ideen", im Grunde überhaupt keine Verhandlungen. Sollte die arabische Seite verhandeln wollen, soll sie ihre Pläne und ihre "Ideen" vorlegen. Sobald dies eintrifft, muss die erste Reaktion Israels immer lauten: "Inakzeptabel! Schlagt etwas Besseres vor". Und wenn die Zeit reif ist für ernsthafte Gespräche, wenn die Araber jede Hoffnung auf die Zerstörung des jüdischen Staates aufgegeben haben, dann sollten für das Feilschen im nahöstlichen Basar folgende zehn Regeln gelten:
Nie als Erster der gegnerischen Seite irgendwelche Vorschläge machen. Nie darauf erpicht erscheinen, "einen Deal abzuschliessen". Soll zunächst die Gegenpartei ihre Vorschläge vorlegen.
Immer ablehnen, verneinen. Den Satz verwenden "Entspricht nicht den Mindestanforderungen" und weggehen, auch hundert Mal. Ein anspruchsvoller Kunde bekommt einen guten Preis.
Keine voreiligen Gegenvorschläge anbieten. Dazu ist später immer noch Zeit. Soll doch die Gegenpartei unter dem Druck ihrer völligen "Enttäuschung" Änderungen anbringen. Geduld ist der Schlüssel zum Erfolg: "Hast ist des Teufels!".
Der eigene Plan sollte in ausgearbeiteter, möglichst detaillierter Form vorliegen, mit klar umrissenen Grundbedingungen. Diesen oder einen anderen Plan aber nie einem Dritten zeigen, denn sie gelangen schneller zum Gegner, als man meint. Die Vorschläge der gegnerischen Seite gegen diesen Plan abwägen.
Den ausgefeilten eigenen Plan nie abändern, um der Gegenpartei "auf halbem Weg" entgegenzukommen. Es gibt keinen "halben Weg". Auch die Gegenpartei besitzt einen Gesamtplan. Sobald die andere Partei auf stur schaltet, die Verhandlungen sofort einstellen.
Alle Unklarheiten ausmerzen. "Kreative Wendungen" und "kreative Ideen" vermeiden, denn genau darauf warten die arabischen Verhandlungspartner. Nie vergessen, dass die Araber Sprachakrobaten sind. Das Spielen mit Wörtern ist ihr Nationalsport. Und wie auf dem Markt müssen auch am Verhandlungstisch Dollar- und Cent-Beträge deutlich genannt werden.
Immer daran denken, dass die Gegenpartei einen auszutricksen versucht, indem sie wichtige Punkte als belanglos darstellt. Jedes Detail ist von ausschlaggebender Bedeutung. Ein Problem nie "auf später" verschieben. In diesem Fall zieht man jeweils den Kürzeren; die Gegenpartei sucht nämlich immer nach einem Grund, ihre Verpflichtungen nicht einzuhalten.
Gefühle haben weder auf dem Markt noch am Verhandlungstisch etwas verloren. Freundliche Worte, aber auch Wutausbrüche, Händchenhalten, Küssen, Wangenstreicheln und Umarmungen sollten nicht als Politik interpretiert werden.
Man hüte sich vor allgemein verbreiteten Annahmen betreffend die Araber und den Nahen Osten - z.B. die "arabische Ehre". Man besitzt selbst auch Ehre, doch dies hat mit den Verhandlungsgegenständen nichts zu tun. Nie etwas tun oder sagen, nur weil es angeblich "so Sitte ist". Wenn die arabische Seite merkt, dass man den Anthropologen spielt, wird sie dies ausnützen.
Nie aus den Augen verlieren, dass jede Verhandlung einen Gewinn einbringen muss. Man sollte immer den höchsten, ganz konkret fassbaren Gewinn anstreben und nicht vergessen, dass jeder Gewinn ein Pluspunkt für die Zukunft ist. Denn es wird immer noch eine "weitere Runde" geben.
Zu diesen zehn Regeln kommt noch eine elfte:
Man sollte sich nie bereit erklären, mit mehr als einer Partei gleichzeitig zu verhandeln. Die Araber werden versuchen, so viele Teilnehmer wie möglich an den Verhandlungstisch zu bringen, um so eine stärkere Position zu erhalten. So genannte "wohlgesinnte Beobachter" immer ablehnen. Das gibt es einfach nicht. Jeder Teilnehmer hat seinen eigenen Plan dabei, der völlig vom eigenen abweicht. Aus diesem Grund sollte man nie an eigens zu Verhandlungen mit einem einberufenen "Konferenzen" teilnehmen, bei denen man immer den Kürzeren ziehen wird.
Die Araber feilen seit über 2000 Jahren an ihrer Verhandlungstaktik. Sie sind Wortakrobaten und mit endloser Geduld gesegnet. Im Gegensatz dazu will Israel (und der Westen im Allgemeinen) schnelle "Ergebnisse". Doch in diesem Teil der Welt gibt es keine raschen Resultate, der Eilige ist am Schluss immer der Verlierer.

* Professor Moshe Sharon, weltweite Koryphäe für die arabische Sprache und Kultur und Professor für islamische Geschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem.

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