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Inhaltsangabe Editorial Herbst 2006 - Tischri 5767

Editorial
    • Editorial - September 2006 [pdf]

Rosch Haschanah 5767
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Politik
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Reportage
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Editorial - September 2006

Von Roland S. Süssmann, Chefredakteur
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

34 Minuten! So kurz brauchte die israelische Luftwaffe, um 95% der Abschussrampen und der Langstreckenraketen der Hisbollah im Libanon zu zerstören. Dank der bemerkenswerten Arbeit des Mossad kannte Israel ihren genauen Standort. Tel Aviv und Jerusalem wurden somit verschont. Durch meine diversen Kontakte innerhalb der Armee habe ich erfahren, dass die Nachrichtendienste im Gegensatz zu gewissen, hie und da geäusserten falschen Ansichten auch perfekt über die Tragweite, den Typ und die Position der 13'000 kleinen Raketen der Hisbollah im Bild waren. Um aber die libanesischen Zivilpersonen zu schützen, haben die Israelis die oft mitten in der Bevölkerung stationierten Kommando- und Kontrollzentren der Hisbollah nicht umfassend bombardiert.

Wir wollen jetzt nicht zum x-ten Mal über die Dysfunktionen und Organisationsmängel in diesem Krieg schwadronieren, wie beispielsweise das Zögern beim postwendenden Auslösen einer Bodenoffensive, um das Herabprasseln unzähliger Katjuschas auf den Norden Israels zu unterbinden, sondern wenden uns sofort den für Israel gewinnbringenden Aspekten dieses Konflikts zu. Erstens hat Israel das in der arabischen Welt weit verbreitete Vorurteil aus der Welt geräumt, dass der jüdische Staat wegen eines geringfügigen Übergriffs - schliesslich wurden am 12. Juli 2006 ja «nur zwei Soldaten entführt und acht weitere getötet» oder am 13. Juli «einige wenige» Raketen auf Nahariya abgeschossen - keine breit angelegte militärische Operation starten würde. Zweitens wurde die Hisbollah weit von der Grenze zurückgedrängt; drittens hat an der inneren Front vor allem die stark in Mitleidenschaft gezogene Bevölkerung im Norden des Landes unerschütterlich Widerstand geleistet, die nationale Solidarität erwies sich als exemplarisch; und schliesslich hat Tsahal auf militärischer Ebene einen beachtlichen Sieg errungen. Israel hat keine einzige Schlacht verloren, und die Terroristen der Hisbollah sind geflohen, wurden getötet oder gefangen genommen. Es stimmt zwar, dass in den Augen der Hisbollah die Tatsache, nicht vollständig vernichtet worden zu sein, schon eine Art «Sieg» darstellt und die Illusion verbreitet, man könne Israel militärisch besiegen. Im Grunde hat aber die Hisbollah eine andere, eine strategische Niederlage erlitten, und zwar in höchstem Ausmass: die Annullierung ihres auch von Iran verfolgten obersten Ziels, den Libanon in eine iranische Front gegen Israel zu verwandeln. Die Stationierung eines ganzen Arsenals von Mittel- und Langstreckenraketen an der Grenze Israels hätte die USA und Israel eigentlich davon abhalten sollen, die iranischen Atomwerke zu zerstören. Ein Angriff auf die USA aus dieser Entfernung scheint schwierig, er muss auf amerikanischem Boden von Terroristen durchgeführt werden. Ein Angriff auf das Zentrum Israels ist mit Hilfe von Zelza-2-Missiles mit einer Tragweite von 250 km hingegen möglich. Dieser Plan wurde übrigens im Laufe einer am 11. Mai 2006 in London hinter verschlossenen Türen abgehaltenen Sitzung, zu der eine kleine Gruppe von westlichen Diplomaten geladen wurde, eindeutig bestätigt. Ein hochrangiger Vertreter der iranischen Regierung liess sehr deutlich verlauten: «Die Hisbollah ist ein wesentlicher Pfeiler unserer Sicherheitsstrategie, sie verkörpert die vorderste Verteidigungslinie Irans gegen Israel. Ihre Entwaffnung ist für uns absolut inakzeptabel». Mit Hilfe iranischer Experten, wurde übrigens im Südlibanon ein wahres unterirdisches Netz von verminten Tunnels errichtet worden ist, ähnlich der berühmt-berüchtigten Kanalisation in Paris, was die Aufgabe der israelischen Infanterie extrem erschwert. Trotz der zögerlichen Entscheidungen und der Fehler der politischen und wahrscheinlich auch der militärischen Führung Israels, 50 Jahre nach dem Sinai-Krieg und 30 Jahre nach Entebbe, wurde der jüdische Heldenmut wieder einer harten Prüfung unterzogen und hat sich bewährt. Die Tsahal-Soldaten haben nie nachgegeben, ihre Moral und ihr Kampfgeist erwiesen sich als eisern.

Heute stellt sich nun die grundlegende Frage, was man aus diesem Krieg lernen kann. Auf militärischer Ebene ist die Armee daran, die sich aufdrängenden Schlussfolgerungen zu ziehen und bereitet sich auf den nächsten Konflikt vor. Auf innenpolitischer Ebene hat sogar der Premierminister zugegeben, dass das Prinzip der Einseitigkeit gestorben ist. Die Schaffung eines Staates aus Hisbollah-Hamas-PLO-Al-Kaida vor den Toren Israels wird bestimmt nicht für Ruhe garantieren. Die Osloer Abkommen und die Aufhebung der jüdischen Siedlungen von Gusch Katif haben sich als schwerwiegender Irrtum entpuppt, denn die Nachrichtendienste, die Prävention und die Abschreckung können nur da wirksam werden, wo die israelische Armee und die israelische Bevölkerung auch präsent sind. Israel hat sich im Jahr 2000 aus dem Libanon und 2005 aus Gaza zurückgezogen. Diese Gebiete sind nun nicht mehr «besetzt», sie sind zu Abschussrampen (Kassam und Katjuscha) für Angriffe auf israelische Zivilisten geworden! Dies beweist, dass Terror nicht durch die israelische Präsenz entsteht, sondern dass sehr wohl der Terrorismus Grund für das ist, was einige zu Unrecht «Besatzung» nennen. Der jüngste Krieg hat gezeigt, dass Israel im Notfall nicht zögert, sich erneut in den evakuierten Zonen niederzulassen, unabhängig von der jeweiligen Regierung.

Vor diesem Hintergrund stellt der jüngste arabische Angriff auf Israel eine Gelegenheit dar, den Wohnungsbau in Judäa und Samaria zu fördern, was die Regierung Olmert auch verstanden hat, indem sie neue Genehmigungen zur Erweiterung von Siedlungen im Westjordanland ausstellt. Die Bewohner der jüdischen Gebiete von Judäa und Samaria sind nicht mehr die Parias der israelischen Gesellschaft; ihr politischer Kampf um eine fest verwurzelte jüdische Präsenz auf möglichst grossen Flächen hat sich als richtig erwiesen und bei den Soldaten aus ihren Reihen sind im Verhältnis zahlreiche Opfer zu beklagen (11 von 115 bei einer Bevölkerung von 200'000 Personen).

Viele Fragen bleiben ungeklärt: Wie sinnvoll wird die UNIFIL sein? Wie stark ist der Hamas angesichts einer vorübergehend geschwächten Hisbollah? Kommt es zwischen Fatah und Hamas zum Bürgerkrieg? Ist das Europa, das in den 1930er Jahren seine Juden opferte, weil es glaubte, Hitler würde auf die Weltherrschaft verzichten, heute bereit zuzugeben, dass Iran sich nicht mit der Zerstörung Israels und des Libanons begnügen wird, sondern den gesamten Westen islamisieren möchte, und zwar um jeden Preis? Dazu ist ein Auszug aus den Grundsätzen Khomeinis, die heute in den iranischen Schulen den 11-Jährigen beigebracht werden, äusserst aufschlussreich: «Ich verkünde der ganzen Welt, dass wir jeden bekämpfen werden, der sich unserer Religion widersetzt, und zwar bis zu seiner vollständigen Vernichtung. Entweder sind wir dann die Ungläubigen los, oder wir bewegen uns auf eine noch grössere Freiheit zu: das Märtyrertum. In beiden Fällen werden wir siegen». Angesichts dieser Akzeptanz der gegenseitigen Zerstörung gibt es nur eine Reaktion: Entschlossenheit. Doch bisher zeigten sich weder Europa noch die UNO sehr entschlossen.

Ein schwieriges Jahr geht zu Ende. Nehmen wir das neue Jahr mit einem Gefühl der Dankbarkeit für die Soldaten von Tsahal in Angriff, die einmal mehr für uns, die Juden der Diaspora, gekämpft haben, indem sie an vorderster Front gegen den internationalen Terror und den islamischen Faschismus angetreten sind, diese Bedrohungen aller Länder, in denen die Gewährleistung der individuellen und kollektiven Freiheiten den höchsten Wert darstellen.

Unsere Gedanken gelten ganz besonders den entführten israelischen Soldaten und ihren Familien, und in diesem Sinne wünscht Ihnen das gesamte Team von SHALOM ein wunderbares Jahr.

Roland S. Süssmann, Chefredakteur
September 2006

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