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Inhaltsangabe Spanien Frühling 2006 - Pessach 5766

Editorial
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Pessach 5766
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Politik
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Judäa-Samaria
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Analyse
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Reportage
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Wissenschaft und Forschung
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Kunst und Kultur
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Spanien
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Ethik und Judentum
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Das Gute Gedächtnis
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Museo Sefardi

Von Roland S. Süssmann

In Spanien gibt es kein jüdisches Museum. Allerdings existiert in Toledo ein kleines mit jüdischer Ausrichtung, das den pompösen Namen Museo Sefardi trägt; es befindet sich in einem Gebäude, das aus dem 14. Jh. stammt und früher die Synagoge von Samuel Ha-Levi war, auch bekannt unter dem Namen Sinagoga del Tránsito. Samuel Ha-Levi Abulafia war nacheinander Richter am Obersten Gerichtshof, Diplomat und Schatzmeister des Königs am Hof von Peter I. von Kastilien. Interessanterweise überliessen die katholischen Monarchen zu dem Zeitpunkt, da die Juden 1492 aus Spanien vertrieben wurden, die Synagoge der Juden von Toledo dem Orden von Calatrava als Gegenleistung für den Alcazar, den Palast von Galiana und die Kirche von Santa Fé.
Ab 1494 verlor das Gebäude seinen Status als Synagoge und wurde zum Priorat der Benediktiner. Der Teil, der als Rabbinerschule und als Frauengalerie gedient hatte, wurde in ein Spital für die Ritter des Ordens von Calatrava umgewandelt. Im Verlauf der Jahrhunderte wurde das Krankenhaus aber sukzessive aufgelöst und es entstand eine katholische Kirche, in der in einer bestimmten Epoche adlige Herren des Ordens beerdigt wurden. Während der napoleonischen Kriege funktionierte man das Gebäude in Militärbaracken um, auch wenn eine Kapelle beibehalten wurde. Mit der Zeit zerfiel das Ganze immer mehr. 1910 übergab man die ehemalige Synagoge offiziell dem Besitz des Museums El Greco und unterstellte sie dem Schutz der Stiftung Vega-Inclan. Ab 1960 wurden Renovierungsarbeiten durchgeführt, bei denen man alle Spuren einer Kirche sowie die Grabsteine der Ritter des Ordens von Calatrava entfernte. 1964 kam es zur offiziellen Gründung des Museo Sefardi, das zu den Nationalmuseen von Spanien gehört, die ehemalige Synagoge wurde ihm etwas später, im Jahr 1969, zugesprochen.
Der Besuch des Museums als solches braucht nicht viel Zeit und erinnert mit seinen Ausstellungsobjekten nur an bekannte Elemente über das Judentum. Der didaktische Teil ist daher vor allem für Jugendliche oder für Personen interessant, die im weitesten Sinne über keinerlei Vorwissen vom Judentum verfügen. Der Rundgang beginnt im ehemaligen grossen Gebetsaal, der mit hebräischen Inschriften aus den Psalmen und einigen arabischen Schriftzügen verziert ist, das Ganze ist im Mudéjarstyl gebaut. Da, wo sich früher wahrscheinlich die heilige Lade befand, hat man in der jüngeren Vergangenheit einen Vorhang hingehängt. Besonders eindrücklich in dieser Abteilung des Museums ist das hölzerne Gewölbe, das in aussergewöhnlicher Weise restauriert wurde. Anschliessend gelangt der Besucher in drei kleine Säle, wo ihm in Schaukästen ein Überblick über die jüdische Geschichte präsentiert wird, von der Epoche der Patriarchen bis zu den Kriegen von Rom und dem Fall Jerusalems. Das eigentliche Museum ist nach Themen und nach Zeitabschnitten gegliedert. Im rein historischen Teil ist ein Bereich dem jüdischen Leben unter den Römern und den Westgoten gewidmet, eine andere, bedeutende Abteilung erinnert an die Beziehungen zu den Muslimen, die nach 711 Spanien eroberten, und an die Entwicklung der jüdischen Gemeinden, insbesondere in Cordoba und unter der Herrschaft der verschiedenen Kalifen. Es sind ebenfalls einige jüdische Grabsteine aus verschiedenen Regionen Spaniens zu sehen, die zumeist aus dem 13. und 14. Jh. stammen. Der letzte der drei kleineren Säle befasst sich mit dem jüdischen Leben im Spanien des 13. und 14. Jahrhunderts.
Im ersten Stock setzt sich eine Ausstellung mit dem jüdischen Lebenszyklus von der Geburt bis zum Tod auseinander und erwähnt auch die Schabbatfeier, die jüdischen Feiertage usw. Das Ganze präsentiert sich recht ansprechend, die Bedeutung der Feste und Traditionen wird klar und knapp erläutert, so dass der Besucher einige Grundbegriffe des Judentums kennen lernt.
Beim Besuch eines Museums stellt sich immer wieder die Frage, welche Botschaft es vermitteln möchte. Im Falle des Museo Sefardi fällt diese Botschaft so simpel wie eindeutig aus: es geht darum, die Vielfalt der jüdisch-spanischen Kultur in Erinnerung zu rufen sowie den Reichtum dieser versunkenen Welt und den eindrücklichen Beitrag der Juden zur Entwicklung Spaniens in den Bereichen Kunst, Kultur, Hochschule, Wissenschaft, Handel usw. aufzuzeigen.
Im Verlauf eines kurzen Gesprächs, das wir mit Anna María López Álvarez, der Kuratorin, geführt haben, erklärte sie insbesondere: «Das Museum wird jährlich von mehreren zehntausend Menschen besucht. Ich bedaure aber, dass das Museo Sefardi bis heute nicht zum obligatorischen Lehrplan der Schulen gehört. Dennoch führen viele Lehrer ihre Schüler hierher, um ihnen das Judentum näher zu bringen, so wie sie ja auch den Islam oder andere Religionen kennen lernen.»
Ich persönlich finde es als Jude bedauerlich, dass dieses Museum, das sich selbst zu den grossen jüdischen Museen Europas zählt, die Schoah in keiner Weise erwähnt, mit Ausnahme eines winzigen Führers, in dem die Ermordung von 6 Millionen europäischen Juden auf vier Zeilen angetönt wird: «Die geringe Reaktion der spanischen Regierung angesichts der Deportation der Juden während des Zweiten Weltkriegs (ein Euphemismus, wenn man weiss, wie eng Spanien mit Nazideutschland zusammengearbeitet hat) stand in einem Widerspruch zu den bewunderungswürdigen Bemühungen einiger Diplomaten, die vielen Sephardim Dokumente besorgten und ihnen dadurch das Leben retteten». Es erübrigt sich der Hinweis, dass Israel und auch nur der Begriff des jüdischen Staates im Museum völlig abwesend sind.
Eine weitere historische Tatsache von Bedeutung, die aber allein mit Spanien zu tun hat, wird im Museo Sefardi vollständig unter den Teppich gekehrt. Es handelt sich um Tausende von Juden, die ab 1936 aus 53 Ländern als Soldaten, Ärzte, Krankenschwestern usw. einreisten, um am Bürgerkrieg teilzunehmen und damit den Faschismus zu bekämpfen und der Freiheit in Spanien zum Sieg zu verhelfen. Zugunsten dieses Ideals opferten sie einen Teil ihrer Existenzgrundlage und verloren in vielen Fällen gar ihr Leben. Das Museum widmet ihnen nicht einmal eine winzige Gedenktafel.
Nein, das Museo Sefardi ist eindeutig keine Reise wert, es sei denn, man möchte bewusst der blühenden jüdischen Gemeinden gedenken, die vor über 500 Jahren zerstört wurden. Und doch besitzt diese Institution ihre Existenzberechtigung. Indem sie einige Grundbegriffe des Judentums und der jüdischen Geschichte erklärt, trägt sie hoffentlich zum Kampf gegen den Antisemitismus bei; vergessen wir nicht, dass die Wurzeln der Judenfeindlichkeit oft in der Unwissenheit liegen.


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