Eines der grossen Anliegen der regierenden Politiker und der Ordnungskräfte in den westlichen Ländern ist der Kampf gegen den Terrorismus, aber auch und vor allem die Prävention von Terroranschlägen. Die Erwähnung dieser Bemühungen weckt sofort Assoziationen zu den Geheimdiensten, lässt an Sonderkommandos, vermummte und bis zu den Zähnen bewaffnete Männer usw. denken. Mit einem Aspekt dieser Prävention werden wir beim Reisen direkt konfrontiert, und zwar mit den Sicherheitskontrollen in den Flughäfen. Das Langwierige dieses Verfahrens und die endlosen Warteschlangen verzögern die Dauer einer Flugreise dermassen, dass es viele Reisende vorziehen, sich innerhalb von Europa im Zug oder im Auto fortzubewegen. Dies erklärt unter anderem, dass immer mehr Fluggesellschaften Konkurs machen.
Wenn der Terror in den Strassen Israels wütete, ging alle Welt jeweils davon aus, es handle sich um ein auf den Nahen Osten beschränktes Problem und sei das direkte und oft «gerechtfertigte» Resultat einer israelischen Politik der Unnachgiebigkeit gegenüber den Arabern. Die dramatischen Ereignisse vom 11. September in New York haben die Welt leider unsanft aus ihrem Schlaf der Gerechten geweckt und liessen ein Bewusstsein für Sicherheitsfragen in öffentlichen Transportmitteln entstehen, wie es zuvor noch nie vorhanden war. Die nicht abreissende Flut von Terroranschlägen, von denen die Welt seit vier Jahren heimgesucht wird, hat dieses Bewusstsein noch verstärkt, vor allem weil alle öffentlichen Orte eine potentielle Zielscheibe darstellen, wobei die Transportmittel in der Luft und auf der Erde besonders exponiert sind. Die Hauptwaffe der Terroristen ist Sprengstoff, da eine winzig kleine Menge ausreicht, um enormen Schaden anzurichten. Die Bomben beispielsweise, die im Juli 2005 in der Londoner U-Bahn so viel Zerstörung bewirkt haben, waren in Handarbeit hergestellt worden und wogen nicht einmal 10 Kilo.
In Israel gibt es eine Hightech-Firma namens TraceGuard Technologies Inc., die eine neue Technik zur Erkennung von gefährlichem oder verbotenem Material entwickelt hat. Wir wollten uns erklären lassen, wie dieses neue, ganz besondere Verfahren funktioniert, und haben zu diesem Zweck Dr. EHUD GANANI getroffen, den Präsidenten dieser Gesellschaft, ehemals CEO der israelischen Militärindustrie, der 28 Jahre lang bei Rafael gearbeitet hat, der Forschungsgesellschaft der israelischen Militärverteidigung, wo er sich auf Sprengstoffe spezialisiert hatte.
Können Sie uns kurz erklären, in welchem Zusammenhang TraceGuard ihre Technologien entwickelt hat?
Der Terrorismus gilt heute leider, wie Ihnen bekannt ist, als eine Geissel der Menschheit, und wir erleben ihn an so friedlichen und idyllischen Orten wie Bali, aber auch in Moskau, Delhi, Amman, London, ganz zu schweigen von den Selbstmordattentaten, die innerhalb der amerikanischen Armee im Irak zahlreiche Tote und Verletzte fordern: die US Army hat in den vergangenen zwei Jahren mehr Angriffe durch explodierende, mit Sprengstoff gefüllte Autos erfahren als wir in den vier Jahren der Intifada. Heute kommen viele Sicherheitsverantwortliche aus aller Welt nach Israel, um einerseits unsere präventive Vorgehensweise am Flughafen zu beobachten und daraus zu lernen, andererseits aber auch, um unsere Präventionstechnologien zu entdecken. In Bezug auf unsere konkrete Verfahrens- und Arbeitsweise kann ich ihnen Beispiele für die Fragen geben, die wir jedem Reisenden beim Passieren der Sicherheitskontrolle stellen. Noch vor 10 Jahren waren wir weltweit die Einzigen, die auf diese Weise vorgingen. Heute ist dieses Verfahren auf der ganzen Welt verbreitet. Unsere tägliche und langjährige Konfrontation mit dem Terrorismus hat dazu geführt, neue Technologien zu unserem Schutz auszuarbeiten. Heute zählt man in Israel ca. 150 Gesellschaften, die sich mit der Entwicklung von Instrumenten befassen, die einen besseren Schutz von Menschen und Sachen ermöglichen. Israel ist auf diesem Gebiet wie auch auf zahlreichen anderen sehr innovativ, man braucht nur einen Blick auf die Nasdaq zu werfen, um zum Schluss zu gelangen, dass dicht nach den amerikanischen und kanadischen Gesellschaften die israelischen Unternehmen an dieser Börse am besten vertreten sind. Auch TraceGuard Technologies Inc. wird unter dem Kürzel TCGD.OB an der Nasdaq gehandelt.
Es heisst oft, die israelischen Unternehmen seien zwar sehr erfinderisch, seien aber nicht fähig, ihre Produkte sinnvoll zu vermarkten. Wie denken Sie darüber?
Da ist durchaus etwas Wahres dran, doch es gibt heute in der israelischen Wirtschaft immerhin eine Gruppe von Männern, die, ähnlich wie ich, auf eine langjährige Erfahrung im technologischen Bereich zurückblicken und viel Erfahrung mit dem internationalen Handel aufweisen. Wir wissen, dass es für den Verkauf eines Produkts erforderlich ist, dass die Bedürfnisse des Käufers abgedeckt werden, d.h. dass die lokalen Industriezweige des betreffenden Landes dadurch Aufträge erhalten und Gewinne erwirtschaften. Darüber hinaus sind sich alle Regierungen der Tatsache bewusst, dass sie zur Erhöhung ihrer Wiederwahlchancen möglichst viele Arbeitsplätze schaffen, diese beibehalten und die lokale Industrie stärken müssen. Wir bemühen uns folglich nach Kräften, auf den Märkten weltweit Fuss zu fassen, indem wir direkt mit den lokalen Industriebetrieben zusammenarbeiten.
Wenden wir uns nun TraceGuard zu. Woraus besteht denn nun die Technologie Ihres Unternehmens genau?
Bevor ich Ihre Frage beantworte, muss ich einiges erklären, um das Verständnis für den Nutzen unseres Produkts zu erleichtern. Auch wenn Flugreisen im Allgemeinen gut verlaufen und praktisch keine Flugzeuge während des Flugs explodieren, ist dies keineswegs das Resultat der Präventionsmassnahmen in den Flughäfen, sondern hat mit der bewussten Entscheidung der Terroristenorganisationen zu tun, zumindest jetzt die zivile Luftfahrt nicht anzugreifen. Anfang November 2005 fand in Genf eine internationale Konferenz über die Sicherheit in der zivilen Luftfahrt statt, an der bekannt gegeben wurde, Al Kaida habe kurz vor dem 11. September beabsichtigt, zum selben Zeitpunkt acht Flugzeuge über dem Atlantik mit Hilfe von Sprengstoff explodieren zu lassen. Man muss sich klar machen, dass sich in jeder Minute rund ein Dutzend Flugzeuge über dem Atlantik aufhalten. Der einzige Grund, weshalb dieser teuflische Plan nicht durchgeführt wurde, lag darin, dass es den Organisatoren nicht gelungen war, acht Selbstmordteams aufzutreiben. Sie konnten nur vier Teams zusammenstellen - diejenigen, welche die Attentate vom 11. September ausführten.
Ein weiteres Element muss berücksichtigt werden, nämlich die Bedeutung der kommerziellen Luftfahrt in der heutigen Welt. Noch vor 50 Jahren zählte man im Schnitt 9 Millionen Passagiere pro Jahr. 2005 waren es fast 2 Milliarden! Und diese Zahl erfasst nur die Reisenden. Was die Warentransporte angeht, werden 35% der Güter auf dem Luftweg transportiert, wobei ein wenig mehr als ein Drittel nicht mit Warenflugzeugen befördert werden, sondern im Gepäckraum der Linienflugzeuge. Wenn wir also das Flugzeug nehmen, sitzen wir nicht nur über unserem eigenen Gepäck, sondern auch auf mehreren Tonnen Fracht, ohne dass wir dazu nach unserer Meinung und unserem Einverständnis gefragt werden.
So werden zwar Koffer und Handgepäck (mehr oder weniger gründlich) kontrolliert, doch von den Gütern im Frachtraum werden nur 2% bis 3% wirklich geprüft. Der Rest beruht auf dem Vertrauen in Bezug auf den im Fachjargon so genannten «known shipper» - den bekannten Absender. 2005 trat ein neues Reglement in Kraft, das verlangt, dass der Absender der Fracht jährlich kontrolliert wird. Ein Bin Laden kann sich aber durchaus eine angesehene Transportgesellschaft leisten, die in einem europäischen Land erfolgreich tätig ist, und schon wird das System geknackt. Andererseits muss man wissen, dass auch 85% der illegalen Drogen mit dem Flugzeug transportiert werden.
Damit unsere Technologie verständlich wird, möchte ich ein Szenario beschreiben, das jedem Reisenden vertraut ist. Beim Durchlaufen der Sicherheitskontrolle wird jede zweite oder dritte Tasche, sobald sie durchleuchtet worden ist, beiseite genommen und auf der Innen- und Aussenseite leicht mit einer Art kleinem Besen abgebürstet, der anschliessend in eine Maschine gestellt wird. Zweck dieses Verfahrens ist es, Überreste von Sprengstoff zu entdecken. Man geht nämlich davon aus, dass jemand, der sich vor dem Einchecken am Flughafen mit gefährlichem Material befasst hat, mit grösster Wahrscheinlichkeit noch Reste dieser Sprengstoffpartikel am Griff seines Handgepäcks hinterlässt. Man muss sich vor Augen führen, dass es in den USA ungefähr 1,25 Milliarden Flugpassagiere pro Jahr gibt und dass jede Kontrolle rund USD 4,-- pro Passagier kostet, wovon USD 3,20 allein für die Lohnkosten abgehen. Dazu kommt das Problem der Wartezeit, die bis zu 3 Minuten pro Person dauern kann. Der Terrorismus verkörpert eine Plage, die nicht von heute auf morgen verschwinden wird und mit der die ganze Welt allmählich zu leben lernt. Aus diesem Grund haben die USA im Jahr 2005 50 Milliarden Dollar in Schutz- und Präventionsmassnahmen investiert. Neben den Flughäfen müssen ja auch Hafenanlagen, öffentliche Orte usw. mit technologischen Mitteln und speziell ausgebildetem Schutzpersonal gesichert werden. Diese Ausgaben werden nicht von den staatlichen Haushalten gedeckt, sondern mit den Steuern bezahlt, die von den Handelsgesellschaften erhoben werden.
Auf dieser Ebene werden wir nun tätig, die grosse Herausforderung besteht aus der Erkennung der Sprengstoffe in jedem Bereich. Ich beginne mit der Untersuchung des Handgepäcks. Die gegenwärtigen Kontrollen sind langwierig, kostspielig und im Grunde oberflächlich. Wir möchten sie durch ein automatisches Verfahren ersetzen, das schnell, günstig, äusserst effizient und vor allem fast unabhängig von jeglichem menschlichem Eingriff ist (und folglich auch jedes Risiko eines Irrtums ausschliesst).
Wie wollen Sie dies bewerkstelligen?
Wir führen das Handgepäck in eine Maschine ein, die den heute in den Flughäfen üblichen Durchleuchtungsgeräten sehr ähnlich ist. Das Gepäck wird isoliert und mit einer kompakten Plastikhülle bedeckt, so dass alle Überreste in der Grösse eines winzigen Staubkorns durch die mikroskopisch kleinen Löcher, die wir in das Gepäck machen, angesaugt werden können. Es handelt sich eigentlich um die uralte Technik der Putzfrauen, die den Staub aus einem Kopfkissen entfernen. Danach werden die Rückstände sofort untersucht und analysiert, ob es sich um Sprengstoff oder Drogen handelt. Mit Hilfe von nicht invasiven und harmlosen Methoden ermöglicht es unsere Technologie mit anderen Worten, mikroskopisch kleine Proben von Partikeln oder Dämpfen zu entnehmen, die von verdächtigen Substanzen ausgehen. Dieses System kann auf das geringe Volumen des Handgepäcks angewendet werden, aber auch auf Koffer, Autos und grosse Einheiten von Frachtpaletten. So können wir in einer Ladung von 2,5 Tonnen Rückstände in der Grösse eines Fingerabdrucks erkennen. Die gesamte Operation dauert nicht einmal 20 Sekunden. Ausserdem ist unsere Technik so konzipiert worden, dass sie in bereits bestehende Erkennungssysteme integriert werden kann. Es ist schon klar, dass keine Maschine den Menschen ersetzen kann, doch sie reduziert bei jedem Kontrollposten die Anzahl der anwesenden Mitarbeiter von 7 auf 3 Personen. Vergessen wir nicht, dass die effizienteste Art der Terrorbekämpfung aus dem zwischenmenschlichen Kontakt und der raschen Einschätzung des Gegenübers und seiner Haltung besteht.
Sie nehmen da einen riesigen Markt in Angriff. Welche anderen Anwendungen sind möglich?
Ich habe das Handgepäck erwähnt, doch diese Technik kann auch in den Seehäfen, für Frachtcontainer, Zugreisende usw. angewendet werden. Zudem möchten wir diese Technologie an Zollstellen, in Gefängnissen und auch an Schulhauseingängen installieren, um Drogen u.a. zu finden. Unsere Maschine findet auch beim Transport von landwirtschaftlichen Gütern Anwendung. Anfang Dezember hat eine israelische Gesellschaft eine Ladung Sojasprossen im Wert von USD 3,5 Millionen verloren, nur weil einige verfaulte Sprossen die ganze Fracht verdorben haben. Der Erfinder unserer Technik wurde übrigens von Nestlé kontaktiert, damit sein Gerät auch bei der Überprüfung von Kakaobohnen eingesetzt wird, welche die Firma in Lateinamerika für den europäischen Markt einkauft.
Wie werden Sie Ihre Technologie weiterentwickeln?
Wir befinden uns noch im Stadium des Handgepäcks, dessen Überprüfung mit der Zeit auf Bahnhöfe, Hotel-, Museums-, Theater- und Kinoeingänge ausgedehnt werden könnte. Danach werden wir allmählich zu den Koffern übergehen, später zur Fracht und gar zu Autos, die nur in einen Tunnel einfahren müssen, wo Luftsauger verdächtige Partikel ausfindig machen können. Während dieses kurzen Verfahrens kann der Fahrer sogar sitzen bleiben. Die Amerikaner interessieren sich sehr für dieses Projekt, denn auf diese Weise wird es ihnen im Irak möglich sein, zahlreiche Sprengstoffanschläge mit Autos zu verhindern. Im Bereich des Warentransports auf dem Seeweg stehen wir heute vor einer Situation, in der sich viele Unternehmen vergewissern wollen, dass ihre Waren nicht durch arabische oder muslimische Länder geleitet werden, weil sie befürchten, dass dort Sprengstoff in der Fracht platziert wird. Gegenwärtig entwickeln wir eine Art «Black Box», die in den Containern installiert werden kann und die regelmässig und automatisch die Partikel überprüft sowie die Ergebnisse dieser Analysen speichert. Bei der Ankunft kommt diese Box in einen Detektor, so dass man sehen kann, welche Art von Material im betreffenden Container transportiert wurde. Bei verdächtigen Resultaten kann der Container dann isoliert und entfernt werden.
Abschliessend möchte ich sagen, dass der Kampf gegen den Terrorismus erst am Anfang steht. Der Erfindungsreichtum der Terroristen ist endlos und reicht vom Gewaltakt mit Hilfe von Explosionen bis zur Vergiftung von landwirtschaftlichen oder pharmazeutischen Produkten, kann sich aber auch auf die Einschüchterung durch das massive Versenden toxischer Substanzen beschränken, wie dies die Anthrax-Fälle in den USA zeigten. Unsere Technologie bietet in all diesen Situationen eine rasche und effiziente Lösung bei der Erkennung von verdächtigen Substanzen, die man einfach in einen Briefumschlag stecken kann.
Bis heute wurde keine einzige der von TraceGuard entwickelten Maschinen in einem Flughafen installiert. Es laufen noch diverse Tests und das erste Gerät dürfte sehr bald in der Öffentlichkeit ausprobiert werden. Forschung und Entwicklung finden in Israel statt, die Produktion wird zu Herstellern überall auf der Welt ausgelagert, die bereits auf diesem Gebiet tätig sind und bei denen die Technologie von TraceGuard einfach in bereits bestehende und von ihnen hergestellte Produkte integriert würde. Der Verkauf hingegen würde von den USA aus stattfinden.
|