Liebe Leserinnen, liebe Leser,
«Amerika ist im Krieg»! Mit diesen Worten begann Präsident Bush die Einleitung zum alle vier Jahre erscheinenden Bericht «The National Security and Strategy of the USA», der Mitte März vom Weissen Haus veröffentlicht wurde. Der Feind, den man bekämpft, ist kein Land, sondern «der Terrorismus der von einer aggressiven Ideologie des Hasses und des Mordes genährt wird». Der wichtigste Aspekt dieser Studie besteht daraus, dass die einleitenden Worte von G. Bush nicht nur für die Vereinigten Staaten gelten, sondern auf die freie Welt im Allgemeinen und auf Israel ganz besonders zutreffen, vor allem nach dem Amtsantritt der Hamas am 25. Januar 2006.
Dieser Sieg hat nur jene überrascht, die an die seit den Osloer Abkommen vorgetäuschte Mässigung der Araber glauben wollten. Es ist nun Zeit, dass wir aufhören uns selbst zu belügen.
Es war immer klar, dass die lokale Bevölkerung sich nie mit den Worten der Politiker der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) identifiziert hat, deren für die Ohren des Westens bestimmte Botschaft die Illusion aufrecht zu erhalten versuchte, ein «territorialer Kompromiss», ja vielleicht sogar ein «Friedensvertrag», sei möglich, nachdem Israel mindestens die Hälfte von Jerusalem abgetreten und unter dem Euphemismus des «Rechts auf Rückkehr» die Invasion des jüdischen Staates durch 4 Millionen «palästinensischer Flüchtlinge» akzeptiert habe. Die arabischen Einwohner von Cisjordanien und Gaza haben sich hingegen immer in der Botschaft wieder erkannt, die jeden Freitag erneut in den Moscheen verbreitet wurde und welche die Existenzberechtigung des jüdischen Staates rundweg ablehnte; dadurch wurde zum Kampf für die Zerstörung Israels und seine Ersetzung durch eine islamische Theokratie aufgerufen, zunächst zwischen Mittelmeer und Jordan, später auch in Jordanien und im Irak (wo 10'000 im Iran ausgebildete Terroristen eingeschleust wurden), wobei als letztes Ziel der Anschluss an den Iran angestrebt wird. Die Existenz Israels allein stellt einen Schutzwall für den Westen dar, verhindert diese Entwicklung - und garantiert die Erhaltung der individuellen Freiheiten.
Sofort nach dem Wahlsieg der Hamas gaben sich die europäischen Regierungen einen beschützerischen Anstrich, sie bestätigten die Existenzberechtigung Israels (als ob dies nötig wäre), verkündeten lautstark, die Nichtanerkennung des hebräischen Staates sei «inakzeptabel» und es sei undenkbar, mit einer Terrororganisation zu verhandeln, die sich für die Zerstörung Israels stark mache, selbst wenn diese rechtmässig gewählt worden sei. All diesen Worten sind keine Taten gefolgt: es wurden weder in London noch in Madrid, Paris oder Bern Botschaften der PA endgültig oder vorübergehend geschlossen. Eine Woche vor dem Amtsantritt der Hamasregierung beeilte sich die EU, deren Vertreter zu einem offiziellen Treffen nach Strassburg einzuladen. Doch erstaunt uns die Haltung der Europäer und ihre Komplizenschaft mit jenen, deren Lebensziel die Vernichtung Israels ist, wirklich? Dieser Schulterschluss zwischen den Europäern und den Feinden des jüdischen Volkes findet nicht erst heute statt. Wurden nicht vor knapp 65 Jahren in Europa 6 Millionen Juden, darunter 1,5 Millionen Kinder, ganz schamlos ermordet? Und hat man in jüngster Vergangenheit erlebt, dass ein europäisches Land die diplomatischen Beziehungen zum Iran unterbricht, nachdem der iranische Präsident offiziell hatte verlauten lassen, Israel müsse auf der Weltkarte ausradiert werden? Nichts von alledem ist eingetreten, der Westen entdeckte auf Anhieb Anzeichen der Mässigung in den Erklärungen der Hamas! Wenn Israel fordert, es sei nun höchste Zeit «eine Terrororganisation wirklich beim Namen zu nennen» und sie aus der internationalen Gemeinschaft auszuschliessen, schallt es postwendend zurück: «Die Hamas wurde auf demokratischem Weg gewählt». Doch die Demokratie ist kein Wahlverfahren, sie hängt von der Natur jener ab, die an den Wahlen teilnehmen. Nach dem Vorbild der Nazis verbirgt die rechtmässig gewählte Hamas ihr Endziel nicht im Geringsten. Dazu erklärte Nathan Scharansky am Tag nach den Wahlen vom 25. Januar 2006: «Freie Wahlen beweisen an sich nicht das Vorhandensein von Demokratie. Eine Abstimmung, bei die Wähler nur zwischen einer Terroristenorganisation und einer korrupten Diktatur entscheiden können, reicht als Beleg für Demokratie nicht aus». Es ist aber eine Tatsache, dass das sehr deutliche Resultat dieser effektiv freien Wahlen der Hamas die Respektabilität und die internationale Anerkennung verschafft hat, über die sie zuvor nicht verfügte.
Heute stellt sich alle Welt die Frage, wie Israel reagieren wird. Die Hamas fühlt sich nicht an die Abkommen gebunden, welche die PA unterzeichnet hat, seien sie nun in Oslo, Wye oder Scharm-el-Scheik zustande gekommen, auch die «Roadmap» bildet da keine Ausnahme. Daraus folgt, dass die Vision, die George Bush in seiner Rede von Juni 2002 in Bezug auf die Schaffung eines «lebensfähigen und demokratischen Palästinenserstaates, der in Frieden und Sicherheit Seite an Seite mit Israel lebt» beschrieb, heute folgendermassen übersetzt werden kann: «Schaffung eines weiteren autokratischen, fundamentalistischen und den Terror unterstützenden arabischen Staates auf den Ruinen von Israel». Das gesamte Konzept eines palästinensischen Staates, der noch gestern als Wunderlösung zur Regelung des arabisch-israelischen Konflikts angesehen wurde, ist nun also genau da angekommen, wo es hingehört: auf dem Abstellgleis.
Israel hält nun wirklich alle Trümpfe in der Hand. Die Hamas stellt keine grössere militärische Bedrohung dar. Folglich muss sich Israel jetzt zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden. Die erste besteht darin, das Trugbild der Einseitigkeit fortzusetzen, die zweite umfasst, gemäss den Forderungen vor Ort, die Fortsetzung des Kampfes während den nächsten 50 bis 100 Jahren, ohne Territorium abzutreten, ohne politische Zugeständnisse zu akzeptieren und indem es sich den Schwierigkeiten stellt und gleichzeitig ein einziges Ziel verfolgt: die Entwicklung eines mächtigen jüdischen Staates. Zurzeit gilt als bewiesen, dass das einzige «einseitige» Element der Politik des einseitigen Rückzugs die Vertreibung der Juden aus ihren Häusern und die Abtretung von jüdischem Gebiet an eine arabische Terrororganisation war. Im Grunde war es doch eine Art Tausch: Gebiete gegen. Kassamraketen. Seit dem Debakel von Gaza wurden über 400 Raketen dieses Typs auf den Negev, auf Sderoth und die Region Aschkelon abgeschossen, insbesondere neben die Pipeline und das Elektrizitätswerk, das 30% des Landesinneren versorgt. Das Vakuum, das Israel in Gaza hinterlassen hat, wurde sehr schnell durch terroristische Elemente gefüllt, die den verschiedenen internationalen islamistischen Gruppierungen angehören - der Hamas, der Al-Kaida, dem Hisbollah und diversen palästinensischen Splittergruppen. Wenn man davon ausgeht, dass die neue israelische Regierung sich für die Fortsetzung der einseitigen Rückzüge in Judäa und Samaria entscheidet, besteht kein Zweifel daran, dass die Katastrophe von Gaza sich sehr bald wiederholen wird, mit dem einzigen Unterschied, dass die Terroristen aller Art und die Kassamraketen dieses Mal nur wenige Kilometer von Jerusalem entfernt stehen werden, 11 km vor dem Flughafen Ben Gurion und vor den Toren Rananas.
Ehud Olmert verkündet lautstark, er würde den Terrorismus mit eiserner Hand bekämpfen, und möchte sich gleichzeitig aus den meisten jüdischen Gebieten von Judäa und Samaria zurückziehen. Die israelischen Wähler haben ihm jedoch ganz klar kein Mandat anvertraut um eine Politik der Einseitigkeit zu führen. Kadima beruft sich auf die Ideologie von Ariel Sharon. Es stimmt, dass er der Mann aller Kämpfe und aller Hoffnungen war, aber auch jener aller Widersprüche - Retter, Erbauer und Zerstörer zugleich.
Ich erinnere mich, wie er uns bei jeder unserer Begegnungen sagte: «Ich bin in erster Linie Jude und werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Eretz Israel zu schützen». Hoffen wir, dass diese Worte der neuen Regierung als Wegweiser dienen, denn Israel steht, wie Amerika, im Krieg: es kämpft um seine Existenz und um das Überleben des jüdischen Volkes.
Das gesamte Team von SHALOM wünscht Ihnen schöne Pessach-Feiertage.
Roland S. Süssmann
Chefredakteur
Madrid 2006.
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