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Inhaltsangabe Aktuell Frühling 1997 - Pessach 5757

Editorial - April 1997
    • Editorial

Chanukkah 5757
    • Ein kleines Licht genügt

Politik
    • Die Flucht nach vorne

Interview
    • Gespräch mit S.E. Arnold D. Koller

Aktuell
    • Wer profitierte vom Völkermord der Nazis ?
    • Begegnung mit S.E. Alfonse M. D'Amato
    • Das Gesetz ist wichtiger als Gesten

Judäa - Samaria - Gaza
    • Zwischen Hammer und Amboss
    • Maale Adumim

Kunst und Kultur
    • Die Bodmer Haggadah
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    • Jüdische Scherenschnitte

Reportage
    • Prag und Jerusalem
    • Das jüdische Leben in der Tschechischen Republik
    • Das jüdische Museum Prag
    • Terezin - Das Vorzimmer von Auschwitz

Portrait
    • Das magische Paar

Schicksal
    • Von Nedjo nach Princeton

Ethik und Judentum
    • Technologie und menschlisches Eingreifen

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Wer profitierte vom Völkermord der Nazis ?

Von Rabbiner Abraham Cooper *
Die grundlegenden Fakten standen denjenigen, die sich für die Wahrheit interessierten, schon immer zur Verfügung. Die Politik des Dritten Reiches in Deutschland, die den Völkermord an allen Juden Europas plante, stellt nicht nur das abscheulichste Verbrechen des 20. Jahrhunderts dar, sie stand auch für einträgliche Geschäfte - einträgliche Geschäfte für die Täter selbst, einträgliche Geschäfte für einige unbeteiligte Zuschauer und letztendlich eine wahre Goldgrube für die Sieger, für die in den meisten Fällen geopolitische Ziele und materielle Habgier wichtiger waren als die Bedürfnisse der verzweifelten Holocaust-Überlebenden und die legitimen Forderungen der Erben von Millionen von Opfern Nazideutschlands.
Das gegenwärtige Interesse an dieser Frage wurde durch einen sich zusammenbrauenden Skandal ausgelöst, bei dem die Schweizer Bankkonten von Holocaust-Opfern eine massgebliche Rolle spielten. Letztes Jahr beschäftigten sich hauptsächlich US-Senator Alfonse D'Amato (Rep.-NY), Vorsitzender des Bankenausschusses des Senats, und der Jüdische Weltkongress mit der Befragung von Schweizer Banken im Hinblick auf diese Konten. Das Wiesenthal Center führte unabhängig davon eigene Nachforschungen durch und ergriff in verschiedenen Bereichen die Initiative, so z.B. indem es einen Prozess zugunsten von Holocaust-Überlebenden anstrengte oder Gespräche mit bedeutenden Persönlichkeiten in drei Kontinenten aufnahm, um konkrete Ergebnisse zu erzielen und die ganze Wahrheit ans Licht zu bringen.

Die Enthüllung der Verbindungen Schweiz-Nazis

Senator D'Amato veröffentlichte ein Dokument des State Department von 1946, in dem bestätigt wurde, dass höchste Nazifunktionäre - darunter auch Hermann Göring und Josef Goebbels - diplomatisches Kuriergepäck der Schweiz verwendeten, um ihr gestohlenes, blutbeflecktes Vermögen nach Argentinien verschwinden zu lassen. Diese jüngste Entdeckung liess die Forderung der internationalen Gemeinschaft an die Schweiz, nun endlich mit vollständiger Offenheit die jahrzehntelangen Lügen und Ausreden zahlreicher Mitglieder ihrer Bankenkreise aufzudecken, noch stärker aufflammen.
Das Dokument besagt, dass "Vermögenswerte in Form von Aktien, Gold- und Silberbarren und Bargeld" von hohen Nazi-Offizieren "in die Hauptstadt Argentiniens gebracht wurden", wie beispielsweise von Hitlers Reichmarschall Göring, der diplomatisches Kuriergepäck benützte, um über US$ 20 Millionen aus seinem "Privatvermögen über die Dresdner Bank in Berlin und den Schweizer Bankverein in Genf nach Argentinien zu schaffen.".

Ein Versuch der Wiedergutmachung

Ein neuer Bericht, der im vergangenen September vom Auswärtigen Amt Grossbritanniens unter der Leitung von Aussenminister Malcolm Rifkind publiziert wurde, kommt zum Schluss, dass sich über 85% des von den Nazis hinterlegten Goldes in Schweizer Banken befunden hatten. Der 23 Seiten umfassende Bericht beschreibt ebenfalls die oft erbitterten Verhandlungen zwischen den Alliierten und der Schweiz über die Bekanntgabe und Rückerstattung dieser Vermögenswerte nach dem Zweiten Weltkrieg.
Im Herbst des vergangenen Jahres brachte auch ein schweizerischer Historiker Dokumente an die Öffentlichkeit, die aufzeigten, dass nicht zurückgeforderte Konten von Holocaust-Opfern dazu eingesetzt wurden, die Streitigkeiten der Schweiz mit Polen und Ungarn betreffend Kompensationszahlungen nach dem Krieg mit Hilfe geheimer Abkommen zu regeln. Ein weiteres, bis anhin geheimes Dokument der US-Armee bestätigte, alliierte Soldaten hätten am Ende des Zweiten Weltkriegs Säcke mit menschlichen Zahnfüllungen aus Gold in einem Nazi-Versteck in Westdeutschland gefunden. Diese und manch andere hässliche Geschichte über Geldgier und Lügenmärchen gossen Öl ins Feuer der internationalen Debatte. Es folgt nun ein kurzer geschichtlicher Abriss des immer weiter um sich greifenden Skandals.

Schweiz: Die Vorzugsbanken der Nazis

Im Jahr 1939 besass Deutschland ca. US$ 180 Millionen in Gold. Im Verlauf des Krieges wurden diese Goldreserven rasch aufgebraucht, Deutschland kam seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nach und erschöpfte die Kredite. Die Nazis plünderten dann bald die Staatsschätze der von ihnen besetzten Länder und eigneten sich den Besitz von Millionen von Menschen an, wobei die meisten ihrer Opfer Juden waren. Deutschland kaufte mit diesem Gold Rohstoffe und wichtige Devisen. Die Hauptroute führte über die Schweiz, doch auch andere neutrale europäische Länder akzeptierten deutsche Goldeinlagen.
Um die Herkunft ihrer Beute zu vertuschen, schafften die Nazis fast das gesamte geplünderte Gold wieder zurück nach Deutschland und schmolzen es ein. Unabhängige Nachforschungen des Wiesenthal Centers brachten urkundlich belegte Befehle aus dem Jahr 1942 zutage, die an das Lohnbüro der SS gerichtet waren und die Aushändigung aller Wertsachen aus den Konzentrationslagern der Nazis (Goldfüllungen, Eheringe und anderen Schmuck) zwecks Lieferung an die Reichsbank in Berlin verlangten. Als Gegenleistung - dies belegen Dokumente, die dem Nürnberger Gerichtshof vorgelegt wurden - überwies die Reichsbank Deutsche Mark an die SS zur Finanzierung des Krieges und schmolz das Gold für ihre eigenen Guthaben ein. Nicht weniger als 76 Züge, die vollständig mit dem persönlichen Besitz von Nazi-Opfern beladen waren (der Wert wird auf US$ 500 Millionen geschätzt), trafen während des Krieges in Berlin ein.
Während dieser Zeit waren sich Grossbritannien und die Vereinigten Staaten voll bewusst, dass die Schweiz gestohlene Goldguthaben akzeptierte. Eine genaue Kontrolle der Nazi-Goldtransfers durch die Alliierten hatte sogar schon vor dem Krieg begonnen. Eine von den Alliierten am 5. Januar 1943 abgegebene Erklärung behielt sich das Recht vor, "jeden Transfer... oder Handel mit dem Eigentum... welcher Herkunft auch immer, das in den besetzten Gebieten liegt oder lag... für ungültig zu erklären".
Die Schweiz fuhr unverzagt damit fort, im Verlauf des Jahres 1943 deutsche Goldsendungen zu akzeptieren. Erst Ende 1944 gab die Schweiz bekannt, dass alle ungarischen, slowakischen und kroatischen Guthaben in der Schweiz eingefroren würden. Im Februar 1945 blockierte die Schweiz deutsche Vermögenswerte und erklärte sich im März einverstanden, im Hinblick auf eine Rückerstattung an die rechtmässigen Besitzer ein Inventar der deutschen Guthaben im ganzen Land zu erstellen.
In der Zwischenzeit klagten die USA die Schweiz des illegalen Besitzes von gestohlenem Gold an und froren alle Schweizer Guthaben in den USA und in Deutschland ein. Nach der Konfrontation mit Beweismaterial, welches das Ausmass ihrer Nazi-Guthaben belegte, und aus Angst vor einer lagfristigen Blockierung ihrer Konten, erklärten sich die schweizerischen Unterhändler bereit, sich von 250 Millionen Schweizer Franken zu trennen, die aus dem in der Schweiz befindlichen deutschen Gold stammten. Die Regierungen der Alliierten nahmen dieses Angebot, knappe US$ 50 Millionen an und verzichteten damit auf jede weitere Forderung gegenüber der Schweiz im Zusammenhang mit deutschem Gold ! Anlässlich dieser Justizparodie gingen die Schweizer davon aus, mindestens US$ 400 Millionen in gestohlenem Gold von Nazideutschland angenommen zu haben, und behielten demnach ca. 7/8 des in ihren Banken hinterlegten deutschen Goldes.

Die Schweizer Banken machen Überlebende zu Opfern

Auch wenn die Geschäfte der "neutralen" Schweiz mit ihrem allmächtigen Nachbarn während des Zweiten Weltkriegs unter Umständen rechtfertigt werden können, ist das Verhalten gegenüber den Überlebenden seit dem Ende des Krieges mit einem einzigen Wort zu definieren : Habgier. Jahrzehntelang haben die Banken der Schweiz die Familien der Holocaust-Opfer, die vor dem Krieg Konten in der Schweiz eröffnet hatten, ihre Guthaben aber nie zurückfordern konnten, abgewiesen. Zunächst einmal verlangten die Bankiers als Beweis von den Überlebenden den Totenschein ihrer ermordeten Verwandten, die zumeist in unbezeichneten Massengräbern liegen oder in den Krematorien der Todeslager vernichtet wurden.
Angesichts des wachsenden Drucks der internationalen Gemeinschaft haben die Schweizer Banken endlich damit begonnen, ihre Karteien zugänglich zu machen und sind bereit, ca. US$ 32 Millionen zur Verfügung zu stellen, um die Forderungen der Überlebenden zu erfüllen. Sogar im Jahr 1996 entspricht diese Summe nicht einmal einem Bruchteil der ursprünglich eingezahlten Vermögen.

Das Center verlangt rasches Handeln

In einem Brief an Carlo Jagmetti, den schweizerischen Botschafter in den USA, drängen die Rabbiner Marvin Hier und Abraham Cooper darauf, dass die schweizerische Regierung folgende sieben Punkte erfüllt:
1. Einfrieren aller Vermögenswerte auf schlafenden oder fragwürdigen Konten und Bereitstellung umfassender Dokumentation im Hinblick auf die Abweisung einer Forderung, die 1962 aufgrund des Gesetzes betreffend das Vermögen der aus religiösen, rassischen oder politischen Gründen Verfolgten eingereicht wurde.
2. Detaillierte Angaben über alle Forderungen, die aus irgendeinem Grund von einer Schweizer Bank oder der Schweizerischen Bankiervereinigung abgelehnt wurden.
3. Veröffentlichung der Angaben darüber, welche Länder entweder mit Schweizer Banken oder der schweizerischen Regierung Vereinbarungen abgeschlossen hatten, welche die Überweisung aus den Konten mithinterlegten, getarnten oder geplünderten Vermögenswerten an Schweizer Unternehmen ermöglichten, und Bekanntgabe der genauen Höhe dieser Zahlungen.
4. Ausdehnung der Zuständigkeit der Kommission Volcker unter dem Vorsitz von Paul A. Volcker, dem früheren Vorsitzenden der Federal Reserve Bank der USA, auf alle Konten mit hinterlegten, getarnten oder geplünderten Vermögenswerten, um ausserdem die unumschränkte Zusammenarbeit mit allen Regierungsstellen, Privatbanken und Finanzinstitutionen der Schweiz zu verlangen und so alle Informationen über die drei Kategorien von Vermögenswerten zu erhalten.
5. Beauftragung eines Historikers oder einer Gruppe von Historikern, zusammen mit einem vollständigen Team, sämtliche Dokumente und Berichte aus Regierungsarchiven betreffend finanzielle Institutionen und ihre Geschäfte mit Deutschland zwischen 1933 und 1945 durchzusehen und darüber zu berichten.
6. Einverständnis über die Rechtsprechung der US-Gerichtshöfe, welche die Verantwortung der Schweizer Banken im Zusammenhang mit der Anklage der Kollaboration mit Deutschland während der Zeit von 1933 bis 1945 endgültig und vollständig rechtlich überprüfen sollen.
7. Einberufung einer "Kommission für die Wahrheit", die während eines Jahres allen Personen vollständige zivil- und strafrechtliche Immunität garantieren würde, die sich bereit erklären, offen und ehrlich die Beteiligung der Schweiz an finanziellen Geschäften mit Deutschland zwischen 1933 und 1945 zu diskutieren.

Nicht alle Wege führen in die Schweiz

Am Ende des Krieges hatte Deutschland ungefähr US$ 800 Millionen (heute ca. US$ 6 Milliarden) in Form von geplündertem Gold angehäuft. Riesige Mengen von Gold und anderen Wertgegenständen waren von amerikanischen Truppen in Deutschland entdeckt worden, wobei sich das grösste Versteck in den Zechen von Merkers bei Eisenach befand. Hier wurden aus Frankreich und Belgien gestohlene Gold- und Silberbarren, Dollarbeträge in Millionenhöhe in Form anderer Währungen, 7'100 Säcke mit Goldmünzen, mehrere zehntausend Zahnkronen aus Gold, Eheringe, Kiddusch-Becher und Pessach-Platten gefunden - in einem Gesamtwert von US$ 238 Millionen, der jedoch nur 20% des in Deutschland vermuteten Goldes darstellte. Die in Merkers und an anderen Orten gemachten Funde wurden in Frankfurt zusammengetragen und dann nach London und New York geschickt, bis sie durch die in Bälde geschaffene Tripartite Gold Commission verteilt konnten.

Die Tripartite Gold Commission lässt die Opfer warten

Die Tripartite Gold Commission (TGC) wurde 1946 gegründet, um das Nazi-Gold neu zu verteilen. Sie setzte sich aus Vertretern Frankreichs, Grossbritanniens und der USA zusammen, und es wurde beschlossen, nur Länder und keine Einzelpersonen als Opfer anzusehen. Darüber hinaus fand die Kommission es angebracht, die Ostblockstaaten als mögliche Empfänger von vornherein auszuschliessen.
Im Juni 1947 gab die TGC einen an alle Länder der Inter Allied Reparations Agency gerichteten Fragebogen heraus, in dem um Auskunft darüber gebeten wurde, ob während des Krieges ungerechtfertigte Goldzahlungen aus diesen Ländern erfolgt waren. Es stellte sich heraus, dass sehr viel mehr Gold verschwunden war, als für die Zurückerstattung zur Verfügung stand. Mit den von der Schweiz gezahlten US$ 50 Millionen und ungefähr US$ 280 Millionen in Gold auf deutschen Bankkonten, besass man ca. US$ 330 Millionen für die Neuverteilung.
Die Kommission schloss zwar viele Ostblockstaaten, die von den Nazis völlig zerstört worden waren, von diesen Zahlungen aus, teilte hingegen Österreich, das 1938 den Anschluss gutgeheissen und an der Seite der Nazis gekämpft hatte, ca. US$ 34 Millionen zu! Italien, das sich ebenfalls mit Nazideutschland zusammengetan hatte, erhielt US$ 6 Millionen. Die Alliierten legten US$ 25 Millionen beiseite, um die Lager für Vertriebene nach dem Krieg zu unterstützen. Die Familien der Opfer und die Überlebenden aber gingen leer aus.
Nun belegen aber freigegebene Dokumente des US-State Department, dass 2 Tonnen TGC-Gold immer noch bei der Federal Reserve Bank in New York liegen (US$ 28 Millionen) und dass die Bank of England das Doppelte dieses Betrags in Gold besitzt.

Rabbiner Hier schreibt an Clinton, Major, Chirac: "Enthüllt die gesamte Wahrheit".

In Briefen an den US-Präsidenten Clinton, den französischen Staatspräsidenten Chirac und den englischen Premierminister Major bat Rabbi Marvin Hier die Staatsoberhäupter, deren Länder der TGC angehörten, die immer noch geheimen Akten der Kommission zu veröffentlichen.
"Es ist überraschend, dass die Dokumente der Komission 50 Jahre später immer noch als geheim gelten und der Öffentlichkeit vorenthalten werden", schrieb Rabbiner Hier. "Es scheint haarsträubend, die Antworten dieses tragischen Rätsels in der Schweiz auffinden zu wollen, wenn die Vereinigten Staaten, Grossbritannien und Frankreich ebenfalls grundlegende Informationen zu diesem Thema besitzen."
"Auf welcher Grundlage erfolgte die Entscheidung, Österreich, dem willigen Teilstaat des Dritten Reiches, US$ 34 Millionen des Nazi-Goldes zu überlassen, wenn nur US$ 25 Millionen für die Unterstützung unzähliger Vertriebenen zur Verfügung standen. Die Behauptung der Österreicher, dieses Gold sei zu Beginn des Krieges von den Nazis aus ihrer Zentralbank nach Berlin geschafft worden, sollte durch das vollkommene Einverständnis dieser Nation mit Hitlers Politik zunichte gemacht werden."
"Was wusste die Kommission ausserdem über das Schweizer Gold oder andere Guthaben in Gold, die den Opfern des Holocausts gehörten ? Solange diese Akten geheim bleiben, kann die Wahrheit nie vollständig ans Licht gelangen."

Internationale Aktionen des Centers

Wie schon zu Beginn dieses Berichts erwähnt wurde, führt die Spur von der Nazi-Beute durch die ganze Welt, Argentinien eingeschlossen. Der Direktor für Europa, Shimon Samuels, und der Vertreter des Centers für Lateinamerika, Sergio Widder, trafen für die Nachforschungen des Centers nach Dokumenten betreffend Goldtransfers von Nazi-Agenten nach Argentinien mit Funktionären der Zentralbank in Buenos Aires zusammen. Zunächst stellte der stellvertretende Präsident der Bank, Martin Lagos, den Mitarbeitern des Wiesenthal Centers fünf Bände mit detaillierten Angaben über Einlagen zur Verfügung, die zwischen 1939 und 1949 von Banken in der Schweiz, Portugal und Spanien getätigt wurden. Es ist bekannt, dass die Nazis in diesen Ländern Briefkastenfirmen gründeten, um finanzielle Mittel nach Argentinien und in andere Länder zu schleusen.
In Frankreich wurde dem Center ebenfalls Zugang zu den Archiven des Finanzministeriums über die TGC gewährt, in welchen belegt wird, dass die Kommission 337 Tonnen verteilte. "Die Überweisungen werden auch heute fortgesetzt: am 29. Oktober wurden Albanien 1,5 Tonnen Gold zurückgezahlt", berichtete Shimon Samuels. "Dadurch bleiben noch mindestens 5,5 Tonnen, die vor der Auflösung der Kommission anfangs 1997 noch verteilt werden können."

Gestohlene Schätze

Der britische Parlamentsabgeordnete Greville Janner beklagt, dass von den Nazis gestohlene Kunstwerke im Wert von ungefähr US$ 23 Milliarden (Wert im Jahr 1996) in die Schweiz geschafft und den rechtmässigen Eigentümern grösstenteils nicht zurückerstattet wurden. In einer ähnlichen Anfrage hat Shimon Samuels die Museen Frankreichs, die eine Sammlung von mehreren tausend nachrichtenlosen Kunstwerken - Beutestücke der Nazis - besitzen, beschworen, die seit 1949 unter der Bezeichnung "Wiedergutmachung durch die nationalen Museen" nun 50 Jahre dauernde Gewahrsam dieser Schätze zu beenden.
Eine vor kurzem in Wien abgehaltene Kunstauktion zugunsten von Holocaust-Opfern (siehe Foto) führte nach langen Bemühungen Simon Wiesenthals, dem Österreich der Nachkriegszeit seine Verantwortung bewusst zu machen, endlich zu einem glücklichen Ende. Von 1955 bis 1969 hatte Wien unter Verstoss gegen den österreichischen Staatsvertrag nichts unternommen, um gestohlene Meisterwerke zurückzuerstatten, welche die amerikanische Armee bei der Befreiung in Alt Aussee bei Salzburg gefunden hatte.
Erst 1969, nach einer von Simon Wiesenthal koordinierten Kampagne, veröffentlichten die Behörden die Liste der in ihrem Besitz befindlichen Kunstwerke, und auch diese nur in Form eines unklaren Dokuments, das ausserhalb Österreich nicht verfügbar war. Eine bis 1970 geltende Frist für alle Forderungen galt als entgegenkommend, danach würden alle übrigbleibenden Werke an Wien zurückfallen.
In einem letzten erbärmlichen Versuch, die Rückgabe der Kunstwerke an die jüdischen Überlebenden des Holocausts zu verhindern, gaben österreichische Funktionäre bekannt, die Gegenstände würden in einer Auktion versteigert und der Ertrag an später zu bestimmende wohltätige Organisationen überwiesen werden. Im vergangenen Jahr hat die österreichische Regierung unter dem steigenden internationalen Druck endlich eingewilligt, die gestohlenen Kunstwerke der Obhut der jüdischen Gemeinschaft Österreichs anzuvertrauen.

Das Vermächtnis der Vichy-Regierung: offene Fragen

Neben dem gestohlenen Gold und den entwendeten Kunstwerken bleiben drängende Fragen im Hinblick auf gestohlene Besitztümer und den entsprechenden Handel zwischen Frankreich nach Ungarn und Rumänien ungeklärt. Dokumente der französischen Regierung zeigen, dass Tausende von Häusern unter Zwang zu nur 10% ihres Wertes verkauft wurden. "Auf der Grundlage gestohlener jüdischer Güter wurden riesige Vermögen aufgebaut", berichtet Shimon Samuels. "In Drancy, der Zwischenstation auf dem Weg nach Auschwitz, wurden FRF 20 Millionen konfisziert. Davon gingen 8 Millionen nach Deutschland und 12 Millionen an die französische Nationalbank".
In den 50er Jahren zahlte Deutschland schliesslich eine Wiedergutmachungssumme von 499 DM zugunsten jüdischer Überlebenden und ihrer Familien an Frankreich. Doch die französische Regierung teilte diesen Betrag zwischen jüdischen und nichtjüdischen Gruppen von Überlebenden auf.
"Wohnungen, Grundstücksurkunden, Unternehmen und Trusts wurden Agenten, die dafür beträchtliche Kommissionen einstrichen, zur Liquidierung übertragen", sagt Samuels nach der Durchsicht der Archive des Ministeriums. "Von 75'000 Deportierten kehrten nur 2'500 zurück, und allein in Paris wurden 27'000 Eigentumsrechte nie geltend gemacht."
Das Wiesenthal Center hat parallel dazu den Pariser Bürgermeister Jean Tiberi dringend aufgefordert, unabhängige Nachforschungen im Hinblick auf die Anklage durchführen zu lassen, dass im Besitz der Stadt befindliche Grundstücke von Juden beschlagnahmt wurden, die in die Todeslager der Nazis verschleppt wurden und nie zurückkamen. Bei seiner Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung kritisierte Samuels "das eingeschränkte Ausmass, in dem die von der Stadt Paris angekündigte Untersuchung betreffend die Anklage des Erwerbs von Besitztümern unter dem Arisierungsgesetz von Vichy" durchgeführt würde.
Der Verdacht, Paris besitze jüdisches Eigentum, wurde durch das kürzlich erschienene Buch "Private Estate" von Brigitte Vital-Durand noch angefacht. Es heisst dort, die Stadt besitze 150 Gebäude im mittelalterlichen Quartier Marais, die zum Teil Juden gehört hatten; andere Grundstücke seien ohne Abklärung ihrer Geschichte verkauft worden. Ein Teil des Marais war lange Zeit das jüdische Viertel von Paris.
In der Zwischenzeit hat das ungarische Parlament der Schaffung einer Stiftung mit Vermögenswerten zugestimmt, die sich die Deutschen und ihre ungarischen Kollaborateure angeeignet hatten und die nun an die Holocaust-Überlebenden verteilt werden sollen. Dieser Plan betrifft ebenfalls das Vermögen ungarischer Juden, das vielleicht in Schweizer Banken versteckt wurde. Doch in Rumänien handelt es sich hierbei um ein heisses politisches Eisen, das man sich gegenseitig zuspielt. Während der vor kurzem abgehaltenen Wahlen griffen die oppositionsfreundlichen Tageszeitungen Ziua und Romania Libera den US-Botschafter Alfred Moser heftig an und klagten ihn an, die herrschende Partei der Sozialdemokraten zu unterstützen, um als Gegenleistung eine Rechtsprechung zu erhalten, welche die Grundlage für die Rückerstattung des vom faschistischen und kommunistischen Regime Rumäniens konfiszierten Besitzes bildet.


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