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Inhaltsangabe Judäa - Samaria - Gaza Frühling 1997 - Pessach 5757

Editorial - April 1997
    • Editorial

Chanukkah 5757
    • Ein kleines Licht genügt

Politik
    • Die Flucht nach vorne

Interview
    • Gespräch mit S.E. Arnold D. Koller

Aktuell
    • Wer profitierte vom Völkermord der Nazis ?
    • Begegnung mit S.E. Alfonse M. D'Amato
    • Das Gesetz ist wichtiger als Gesten

Judäa - Samaria - Gaza
    • Zwischen Hammer und Amboss
    • Maale Adumim

Kunst und Kultur
    • Die Bodmer Haggadah
    • Schlicht und Ergreifend
    • Jüdische Scherenschnitte

Reportage
    • Prag und Jerusalem
    • Das jüdische Leben in der Tschechischen Republik
    • Das jüdische Museum Prag
    • Terezin - Das Vorzimmer von Auschwitz

Portrait
    • Das magische Paar

Schicksal
    • Von Nedjo nach Princeton

Ethik und Judentum
    • Technologie und menschlisches Eingreifen

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Zwischen Hammer und Amboss

Von Roland S. Süssmann
Die jüdischen Gebiete von Judäa, Samaria und Gaza stellen heute mehr denn je den wichtigsten Punkt bei den Verhandlungen zwischen der israelischen Regierung und der PLO dar. Die jüdische Bevölkerung dieser Regionen verkörpern demnach einen äusserst wichtigen Faktor. Die Araber, die von den Amerikanern und Europäern unterstützt werden, stellen immer höhere Forderungen, und die Frage, wie weit Israel nachgeben soll, drängt sich mehr denn je auf. Wir haben die Lage mit S.E. PINCHAS WALLERSTEIN erörtert, dem Präsidenten des Rates jüdischer Gemeinden von Judäa, Samaria und Gaza (YESHA: Yehuda-Schomron-Aza).


Benjamin Netanyahu ist seit etwa zehn Monaten im Amt. Hat der Regierungswechsel für Sie bedeutende Veränderungen bewirkt ?

Es hat sich in der Tat einiges verändert, zum Guten und zum Schlechten. Auf der rein ideologischen Ebene ist es für uns zunächst sehr viel einfacher, mit der Regierung zu verhandeln. Wenn unser Premierminister in Israel oder Washington eine Rede hält, ist es ein wahres Vergnügen, ihm zuzuhören. Jedesmal, wenn wir um ein Gespräch bitten, wird es uns gewährt und man hört unseren Sorgen aufmerksam zu. Doch genau aus diesem Grund befinden wir uns in einer sowohl merkwürdigen als auch komplizierten Situation. Betrachtet man die Zusammensetzung der Regierung, könnte man annehmen, dass die Interessen von Eretz Israel bestmöglich verteidigt werden: einerseits nennt man sie den "Falken von rechts", andererseits gehören ihr Persönlichkeiten wie Benjamin Netanyahu, Rabbiner Itzhak Levy, Raphael Eytan, Ariel Sharon und Limor Livnat an. Genau diese Regierung hat aber Hebron mit einer Mehrheit von fast 80 Stimmen in der Knesset fallenlassen, eine nie dagewesene Situation ! Dieselbe Regierung hat sich ebenfalls offen für den Prozess der "zusätzlichen Entwicklung" eingesetzt, was im Klartext heisst, dass sie den Arabern noch mehr jüdische Gebiete abtreten wird. In einer ersten Phase hat Israel 2% des Territoriums von Judäa-Samaria den Palästinensern überlassen. Dies mag verhältnismässig unbedeutend scheinen, doch es handelt sich immerhin um 112'000 km2. Dennoch glaube ich weiterhin, dass Shimon Peres und die Linke noch sehr viel mehr Gebiete abgetreten hätten, wenn sie an der Macht geblieben wären.


Wollen Sie damit ausdrücken, dass Sie gewissermassen in eine Falle gelockt wurden ?

Ja und nein. Wir befinden uns in einer schwierigen und gleichzeitig widersprüchlichen Situation. Für uns handelt es sich nicht um eine Entscheidung zwischen einer guten und einer schlechten Lösung, sondern zwischen einer schlechten und einer miserablen. Wir können aber nicht auf die Strasse gehen und gegen die Regierung demonstrieren, da sie uns auf ideologischer Ebene nahesteht, während sie vor Ort Entscheidungen trifft, die unseren Interessen widersprechen. Parallel zu den Abtretungen von Gebieten hat die Regierung unsere Regionen dem Regime der "nationalen Prioritäten" unterworfen. Dies heisst konkret, dass jedermann, der sich in Judäa-Samaria-Gaza niederlassen möchte, von einer Reihe von Vorteilen profitiert, insbesondere der Möglichkeit, Hypotheken zu erhalten, was seit der Machtübernahme des verstorbenen Itzchak Rabin nicht mehr der Fall gewesen war. Die Regierung hat selbst keine Bauvorhaben, doch sie gewährt jeder Person, die hier wohnen und bauen will, weitreichende Kredite. Dies stellt für uns natürlich eine bedeutende Unterstützung dar, denn ab nächstem Sommer werden zahlreiche neue Einwohner hier eintreffen. Ich denke, dass die endgültigen Grenzen von Eretz Israel dort festgelegt werden, wo sich eine grosse jüdische Bevölkerung etabliert hat.


Was können Sie konkret unternehmen, um den Schaden zu begrenzen ?

Man darf nicht vergessen, dass die rechtsstehenden Parteien Benjamin Netanyahu ab dem Zeitpunkt, da er sich voll für die Verwirklichung der Osloer Abkommen ausgesprochen hat, ihm angeschlossen haben, was die Linke selbstverständlich unterstützt und gutheisst. Es gibt also praktisch keine Opposition von rechts mehr. Seit zwei Monaten unternehmen wir bei Knessetabgeordneten wichtige Vorstösse mit dem Ziel, eine Art Druck auf den Premierminister auszuüben, ihn in die Enge zu treiben, damit er einen eigentlich nicht geplanten Weg einschlägt zum Wohle und im Interesse von Eretz Israel. So haben wir beispielsweise darauf bestanden, dass mit dem Bau von Har Chomah begonnen wird. Wir haben uns für diesen Ort entschieden, weil hier im Gegensatz zu anderen Bauvorhaben der administrative Teil bereits geregelt und die Rechtswege erschöpft waren. Eine einfache Absichtserklärung reicht heute nicht mehr aus, um Tatkraft an den Tag zu legen, man muss sofort mit Bauen anfangen. Darüber hinaus haben wir von der Regierung die unwiderrufliche Zusage für den Bau eines neuen jüdischen Quartiers im Süden Jerusalems erhalten; dieses Projekt ist unter dem Namen "Plan E-1" bekannt: es handelt sich um eine sehr grosse Region, die über eine rein jüdische Wohnzone Maale Adumim mit Jerusalem verbindet. Das Projekt ist sehr bedeutend, denn es wird dadurch unmöglich, sich von Bethlehem nach Ramallah zu begeben, ohne einen Vorort mit hauptsächlich israelischen Bewohnern zu durchqueren. Die zwei autonomen palästinensischen Regionen können folglich nicht miteinander verbunden werden. Aufgrund administrativer und juristischer Schwierigkeiten kann dieser Regierungsentscheid nicht vor zwei Jahren verwirklicht werden. Und schliesslich steht auch der Bau einer neuen Strasse zur Diskussion, die vom Norden Jerusalems über den Flughafen von Lod nach Tel Aviv führen soll. Dieses Projekt trägt den Namen "Strasse 45". Es ist geplant, dass in den vier kommenden Jahren 90% des Verkehrs von und nach Jerusalem über diese Strasse rollen wird, und dass die neue Bahnlinie zwischen beiden Städten dieser Strasse entlang verlaufen wird. Diese Entscheidungen haben nicht direkt mit den Osloer Abkommen zu tun, aber sie schaffen eine Reihe von Problemen für diejenigen, die einen Palästinenserstaat gründen möchten.
Wenn ich zusammenfassen müsste, was die ersten zehn Monate der Regierungszeit von Benjamin Netanyahu für uns verändert haben, würde ich zunächst die zahlreichen Schwierigkeiten erwähnen, mit denen wir konfrontiert wurden: es tut sich gar nichts, wenn wir nicht enorme Anstrengungen unternehmen. Wir geben uns keinen Illusionen hin: Benjamin Netanyahu wird alle Phasen der Osloer Abkommen anwenden, welche die Abtretung von jüdischen Gebieten vorsehen. Er hat mit dem Rückzug aus Hebron begonnen und setzt diese Politik mit dem Verzicht auf zusätzliches Land zugunsten der Araber fort. Ich weiss nicht, ob er in der Lage sein wird, die Osloer Abkommen in Friedensabkommen zu verwandeln, doch für uns ist es schwierig, auf eine Regierung zu vertrauen, die sich dem amerikanischen Druck dermassen unterwirft. Trotz allem bleibe ich jedoch optimistisch.


Wie erklären Sie sich die Einstellung von Benjamin Netanyahu ?

Anlässlich der Wahlkampagne hatte er trotz aller Rhetorik verstanden, dass er die Osloer Abkommen nicht so einfach vom Tisch wischen konnte. Er hat aber seine Ideologie nicht verraten und glaubt, sein Bestes zu tun, wovon wir wiederum nicht überzeugt sind. Der Premierminister denkt, dass Israel, wenn es immer noch von der Linken regiert würde, nun um 90% von Judäa-Samaria reduziert wäre. Für ihn kommt es also einem Sieg gleich, wenn er nur 60% dieses Territoriums abtritt, was natürlich nicht der Fall ist.


Es drängt sich heute eine grundlegende Frage auf, nämlich ob die Siedlungsbewegung in Judäa-Samaria letztendlich nicht eher eine grossangelegte politische Operation ist als eine Notwendigkeit für das Überleben des Staates. Denken Sie, dass die verschiedenen aufeinanderfolgenden Regierungen Israels Sie vielmehr benutzt, und nicht unterstützt haben ?

Ich glaube nicht, dass wir ausgenützt wurden, andererseits hat wohl keine einzige Regierung die Bedeutung dieser Siedlungsbewegung wirklich verstanden. Erst beim Studium der Karten der Osloer Abkommen (in Shalom Vol.XXV veröffentlicht) wird man sich bewusst, dass nur die jüdischen Städte und Dörfer der Gebiete, Israel ermöglicht haben Land zu besitzen, das aus strategischer Sicht, für das Grundwasser usw. von erstrangiger Bedeutung ist, und die Schaffung eines palästinensischen Staates vor den Toren Jerusalems zu verhindern. Heute steht die Evakuierung jüdischer Städte und Dörfer in diesen Gebieten übrigens nicht mehr zur Diskussion. Das Leben hier wird möglicherweise mit der Zeit schwieriger, vielleicht gar unerträglich werden, doch im Moment ist es noch nicht soweit.


Ende Juli 1998 sollten die Osloer Abkommen im Prinzip verwirklicht und abgeschlossen sein. Wie wird es dann weitergehen ?

Diese Frage ist sehr wichtig und bereitet allen Kopfzerbrechen. Zu diesem Zeitpunkt wird die Art und Weise, wie die Regierung die israelischen Interessen berücksichtigt, entscheidend sein. Wir haben eine Karte mit den jüdischen Städten und Dörfern sowie mit den Strassen, eine strategische Karte und einen Plan der Grundwasservorkommen erstellt. Wir haben sie übereinandergelegt und anschliessend die Karte der nach Oslo abgetretenen Gebiete hinzugefügt. Ich kann Ihnen versichern, dass fast nichts übrigbleibt, das wir aufgeben könnten, ohne dadurch das Leben der jüdischen Bewohner dieser Regionen und die lebenswichtigen Interessen Israels zu gefährden. Wir haben diese Karten mehreren Ministern vorgelegt, um so ihre Entscheidung in bezug auf die Territorien zu beeinflussen, die unbedingt unter israelischer Kontrolle bleiben müssen. Es handelt sich um ein sehr vages Projekt, in dem die Frage nach der Zukunft Israels und nach seinen Beziehungen zu den arabischen Nachbarn aufgeworfen wird.


Sie sagen, dass Sie trotz allem optimistisch bleiben. Aus welchem Grund ?

Ich sehe, was vor Ort passiert und stelle fest, dass alle zum Verkauf stehenden Wohnungen oder Häuser einen Käufer gefunden haben, unabhängig von ihrer Lage in Judäa-Samaria-Gaza. Ich habe gute Gründe zu glauben, das wir bis Ende Juli ein entscheidendes Anwachsen unserer Bevölkerung erleben werden. Trotz aller Schwierigkeiten entwickeln wir uns weiter und werden von einem wirtschaftlichen Aufschwung unterstützt, der uns Mut macht und glauben lässt, dass wir den Kampf, den wir führen, schliesslich gewinnen werden.


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