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Inhaltsangabe Shalom Tsedaka Frühling 2004 - Pessach 5764

Editorial - April 2004
    • Editorial [pdf]

Pessach 5764
    • Verantwortung – Grosszügigkeit – Freiheit [pdf]

Politik
    • Besinnung auf sich selbst [pdf]

Exklusives Interview
    • Gaza - eine realistische Idee ? [pdf]

Bericht
    • Mitgefühl Ja - Mitleid Nein [pdf]

Junge Leader in Israel
    • Yuval Steinitz [pdf]

Judäa – Samaria - Gaza
    • Alfe Menasche [pdf]

Umfrage – Ergebnisse
    • „Und der gewinner ist…“ [pdf]

Shalom Tsedaka
    • Zu Essen und zu Trinken… [pdf]

Reportage
    • Die Falaschas Muras [pdf]
    • Krav Maga [pdf]

Medizin
    • Es ist mitternacht Dr. Chouraqui! [pdf]

Deutschland
    • Jerusalem und Berlin [pdf]
    • Jude in Deutschland – nicht deutscher Jude [pdf]
    • Eine riesige Herausforderung [pdf]
    • Jüdische Gemeinde zu Berlin [pdf]
    • Die Jüdische Oberschule [pdf]
    • Beit Midrsasch d’Berlin [pdf]
    • Juden in Berlin [pdf]
    • Die Villa am Wannsee [pdf]
    • Die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 [pdf]
    • Das jüdische Museum Berlin [pdf]
    • Entschlossenheit Und Strafverfolgung [pdf]

Gesellschaft
    • Konflikt der Gesetze ? [pdf]

Ethik und Judentum
    • Gefangene zurückkaufen? [pdf]

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Zu Essen und zu Trinken…

Von Roland S. Süssmann
Wenn jemand einem der Gründerväter des Staates Israel gesagt hätte, 56 Jahre nach der Entstehung der Nation werde die Armut bei einem Teil der Bevölkerung so gross sein, dass man Organisationen zur Verteilung von Nahrungsmitteln, soziale Restaurants, Volksküchen usw. gründen müsse, hätte er nicht ein Wort davon geglaubt. Genau dies geschieht aber heute im ganzen Land. Um diese Situation mit ganz konkreten Bildern zu unterlegen, sind wir mehreren Verantwortlichen der Organisation OROT CHESSED begegnet, die in den ärmsten Gebieten Israels tätig ist.
Diese seit vier Jahren aktive Vereinigung ist in neun Sektionen unterteilt, die an neun verschiedenen Standorten jeweils mit Freiwilligen zusammen arbeitet. Dazu kommen rund vierzig Ortschaften, in denen bestimmte Einwohner zu besonderen Anlässen zum Bezug von Nahrungsmitteln berechtigt sind. Am Vorabend von Pessach beispielsweise werden die Pakete in 150 Ortschaften verteilt, und am vergangenen Pessach-Fest haben 16'000 Familien auf diese Weise eine Lieferung erhalten. Jede Woche werden rund 1000 bis 1200 Pakete verschenkt, neben den 1500 warmen Mahlzeiten, die pro Tag verteilt werden. Im Gegensatz zu anderen Organisationen hat Orot Chessed beschlossen, die Würde der bedürftigen Menschen zu schützen und keine «Wohltätigkeitsrestaurants» zu eröffnen, weil die Gäste eines derartigen Lokals sich schämen könnten und lieber Hunger leiden würden, als dort gesehen zu werden.
An jedem Standort stehen die lokalen Mitarbeiter von Orot Chessed in direktem Kontakt mit den Sozialämtern der Stadt, mit den Rabbinern und Lehrern, kurz mit all jenen, die über die finanzielle Not einer Familie Bescheid wissen und deren Bedürfnisse an die Organisation weiterleiten können. Dieser Ansatz ist extrem wichtig, denn viele bedürftige Menschen sprechen in der Öffentlichkeit nicht gern über ihr Problem. Zu Beginn waren die Verantwortlichen der Sozialämter recht skeptisch, sie dachten, die Verteilung von Nahrungsmittelpaketen könnte in einem gewissen Ausmass die Empfänger vielleicht dazu «ermutigen», selbstgefällig in ihrem Elend zu verharren, da ihnen ja «die gebratenen Tauben von allein in den Mund» flögen. Die Erfahrung hat aber bewiesen, dass die unterstützten Personen sich nicht nur alle Mühe geben, ihre vorübergehenden Probleme möglichst schnell zu bewältigen, sondern dass sie sich auch als einsatzfreudige, effiziente und dankbare freiwillige Mitarbeiter erwiesen. Diese Tatsache wird durch ein interessantes Beispiel veranschaulicht: in Kiriat Gat, wo zahlreiche aus Äthiopien stammende Juden leben, waren einige Jugendliche von der Schule aufgefordert worden, am Packen von Lebensmittelkartons teilzunehmen. Plötzlich meinte einer der Jugendlichen: «Ich weiss, dass einer der Kartons, die wir hier gerade vorbereiten, zu meiner Familie kommt!». Dazu muss gesagt werden, dass während gewisser Perioden im Jahr bis zu 1000 Freiwillige in der Organisation mitarbeiten.
Darüber hinaus hat Orot Chessed in Kiriat Malachi und in Ofakim eine Kleiderbörse eingerichtet, wo sich die Menschen, die sich Kleider kaufen möchten, Kleidungsstücke aussuchen und mit 1 Schekel pro ausgewähltes Teil bezahlen können. Diese «Läden» werden ebenfalls von Freiwilligen betreut, die sich nicht nur um das Sammeln der Kleider kümmern, sondern auch um das Sortieren und die notwendigen Flickarbeiten.
In Bezug auf die ausgegebenen warmen Mahlzeiten ist es interessant zu wissen, dass dieser Aspekt der Nahrungsmittelverteilung auf zwei verschiedene Arten abläuft: in den Küchen der Organisation, aber vor allem in direkter Zusammenarbeit mit der Armee. Auf Anregung des Abgeordneten Uri Ariel (siehe SHALOM Vol. 30), Verantwortlicher des Finanzausschusses der Armee in der Knesset, wird «überschüssige» Nahrung am Abend von Wohltätigkeitsorganisationen an bedürftige Familien verteilt. Dieser «Überschuss» entsteht dadurch, dass die Armee jeden Tag eine bestimmte Anzahl von Mahlzeiten vorbereitet, je nachdem, wie viele Soldaten in den verschiedenen Stützpunkten anwesend sind. Folgende Zahlen zeugen vom Umfang dieser Aktion: Auf einem der grössten militärischen Stützpunkte des Landes werden täglich ca. 15'000 bis 18'000 Portionen zubereitet. Doch oft entspricht die Zahl der Anmeldungen nicht der Anzahl anwesender Soldaten, da einige von ihnen auswärts tätig sind, frei haben oder erkranken. Aus diesem Grund bleiben schliesslich zahlreiche Mahlzeiten übrig. Eine alte Regel besagt, dass die Armee keine Reste aufbewahrt und das Essen nicht wieder aufwärmt. Was am Tag der Zubereitung nicht verzehrt wird, wandert sofort in den Mülleimer. Zur Vermeidung dieser Verschwendung kommen die übrig bleibenden Portionen in geschlossene Alu-Behälter und werden von Freiwilligen verteilt, die sie in den Stützpunkten abholen. Diese Aktion hat sich dermassen ausgeweitet, dass einige Stützpunkte sogar zusätzliche Mahlzeiten kochen, damit die Familien, für welche das Essen aus der Armeeküche oft die einzige Nahrungsquelle darstellt, nicht am Hungertuch nagen müssen.
So enthält diese an sich recht traurige Situation auch einen Hoffnungsschimmer: die riesige Welle der Solidarität innerhalb der israelischen Bevölkerung gegenüber den bedürftigen Familien. Es haben sich nämlich unzählige Männer und Frauen, aber auch viele Jugendliche als Freiwillige gemeldet, um ihren Brüdern und Schwestern in einem schwierigen und oft erniedrigenden Lebensabschnitt zu helfen.

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