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Inhaltsangabe Analyse Herbst 2007 - Tischri 5768

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Besetzung?

Professor Moshe Sharon

Von Professor Moshe Sharon*
Seit Jahren wird der Begriff „Besetzung” verwendet, um die israelische Verwaltung der vom haschemitischen Königreich eroberten Gebiete Judäa und Samaria zu bezeichnen; das gleiche gilt für den Gazastreifen, der während des Sechstagekriegs von Ägypten an Israel überging. In der verklausulierten Sprache der Medien und der Politik werden diese Regionen in Israel, wie in den meisten anderen Ländern weltweit, als „besetzte Palästinensergebiete“ bezeichnet. Als ob Israel im Jahr 1967 ein Land namens Palästina erobert und sich dessen Territorium angeeignet hätte!
Es ist erschütternd zu sehen, dass sich sowohl in Ost als auch in West nur wenige Leser und Radiohörer der Lüge bewusst sind, die diesem Begriff zugrundeliegen. Im Zusammenhang mit dem israelisch-arabischen Konflikt und im Nahen Osten allgemein fühlen diejenigen, die diese Bezeichnung verwenden, ihrem Wahrheitsgehalt nie auf den Zahn oder interessieren sich keinen Deut dafür. In den meisten Fällen ist diese Einstellung nicht auf eine gewisse Blauäugigkeit zurückzuführen, sondern erfolgt ganz bewusst und entspricht einer pro-arabischen politischen Grundhaltung.
Wenn der Gebrauch von eigentlich falschen Begriffen wie „Demokratie in den arabischen Staaten“, „freie Wahlen“, „Frauenrechte“ usw. ausschliesslich auf Unwissenheit in Bezug auf die arabische und islamische Kultur beruhen würde, wäre dieser Umstand zwar bedauerlich, aber durchaus nachvollziehbar. Dient jedoch die Verwendung dieser aus dem Wortschatz der westlichen Gesellschaft stammenden Konzepte als Fundament für wichtige politische Entscheidungen, wird das Ganze extrem gefährlich.
Einige sprachliche Gepflogenheiten basieren auf einer Mischung aus Ignoranz und Verdrehung historischer Tatsachen, genährt werden sie durch den Hass auf Israel und eine gehörige Portion Antisemitismus. Der Gebrauch des Wortes „Besetzung“ fällt in diese Kategorie; es wird ausschliesslich für Israel verwendet und gilt als tabu für alle anderen besetzten Regionen dieser Welt. So hat beispielsweise Deutschland ca. 115’000 km2 mit einer Gesamtbevölkerung von 9'621’000 Menschen verloren, als diese Regionen unter russische und polnische Herrschaft gelangten. Die Einwohner waren zum Teil vor den einmarschierenden sowjetischen Truppen geflohen und wurden nach Kriegsende teilweise des Landes verwiesen.
Doch rufen wir zunächst einige Fakten dieser „Besetzung“ in Erinnerung. Cisjordanien gehörte vor der Eroberung zu Jordanien und nicht zu irgendeiner nichtexistenten palästinensischen Staatsmacht; der Gazastreifen wiederum befand sich unter ägyptischer Kontrolle. Beide Länder besetzten diese Territorien während des israelisch-arabischen Kriegs von 1948 und übten ihre Herrschaft seither illegal aus. Die Jordanier haben gar die Region westlich des Jordans annektiert und sie „Westbank“, das westliche Ufer, genannt (Cisjordanien). Ägypten seinerseits siedelte eine Administration in Gaza an. So befanden sich zwar beide Regionen 19 Jahre lang unter arabischer Herrschaft, doch während der jordanischen und ägyptischen Besetzung kam niemand auch nur im entferntesten auf die Idee, hier einen Palästinenserstaat zu schaffen, obwohl ein derartiger Staat ohne weiteres hätte gegründet und anerkannt werden können, letzteres sogar von Israel.
Darüber hinaus sind die jordanische Besetzung von Cisjordanien und die ägyptische Administration im Gazastreifen von der internationalen Gemeinschaft nie anerkannt worden, und zwar aus gutem Grund: beide Staaten besetzten Territorien, die aufgrund internationaler Beschlüsse und Vereinbarungen und kraft internationaler Gesetzgebung zur nationalen Heimstätte der Juden gehörten. Das Recht auf diese Gebiete stand dem Staat Israel mehr zu als irgendeinem anderen beteiligten Land in dieser Region, und dies ist bis heute gültig.
Der legale Status des gesamten Gebiets von Palästina wurde in verschiedenen internationalen Abkommen eindeutig festgelegt. Die wichtigste Vereinbarung wurde nach der Konferenz von San Remo infolge der Auflösung des osmanischen Reiches im Verlauf des Ersten Weltkriegs verabschiedet: am 24. April 1920 beschloss der Oberste Rat der Alliierten, Palästina als Mandatsgebiet an Grossbritannien zu übergeben. Ein gemeinsam ausgearbeiteter Text wurde anschliessend am 24. Juli 1922 vom Völkerbundsrat ratifiziert, der Beschluss trat im September 1923 in Kraft. In der Präambel dieses Dokuments heisst es, dass „…die alliierten Hauptmächte ferner übereingekommen sind, dass der Mandatar verantwortlich sein soll für die Verwirklichung der ursprünglich am 2. November 1917 durch die Regierung Seiner Britischen Majestät erlassenen und von den erwähnten Mächten anerkannten Deklaration zugunsten der Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“. Diese Erklärung vom 2. November 1917 ist natürlich nichts anderes als die berühmte Balfour-Deklaration, die in dieser Form von der internationalen Staatengemeinschaft ratifiziert wurde. Des weiteren erklärte der Völkerbund in Artikel 2 des Dokuments: „Der Mandatar soll dafür verantwortlich sein, dass das Land unter solche politische, administrative und wirtschaftliche Bedingungen gestellt wird, welche die Errichtung der jüdischen nationalen Heimstätte, wie in der Einleitung niedergelegt, […] sichern“. Die Präambel bestätigt eindeutig: „…dass dadurch die Anerkennung der historischen Verknüpftheit des jüdischen Volkes mit Palästina und der Grundlagen für die Wiedererrichtung seiner nationalen Heimstätte in diesem Lande erfolgt ist“. Auf dieser Basis wurde das britische Mandat etabliert. Grossbritannien hat demnach seinen Auftrag nicht erfüllt und hat, im Gegenteil, die in diesem Dokument festgelegten Verpflichtungen ignoriert und alles getan, um die Schaffung einer nationalen jüdischen Heimstätte zu verhindern; 1947 beschloss die britische Mandatsmacht schliesslich, ihr Engagement einseitig aufzulösen, und verliess Palästina am 15. Mai 1948.
In der Zwischenzeit hatten die Vereinten Nationen (als Nachfolger des Völkerbunds) am 29. November 1947 die Teilung des westlichen Palästinas in zwei Staaten, einen jüdischen und einen arabischen, festgelegt. Diese Entscheidung wird von den Arabern nicht nur umgehend abgelehnt, es marschieren auch sieben arabische Armeen in Palästina ein, um den jungen, am 14. Mai 1948 gegründeten Staat Israel zu vernichten. Dieser erste Krieg Israels gegen sämtliche arabische Armeen endet mit einem Waffenstillstand. Auf der Landkarte wird eine Linie gezogen, sie hält die Position der gegnerischen Streitkräfte an der Front im Osten und Süden zum Zeitpunkt des Waffenstillstands fest: es ist die „Grüne Linie“. Sie war nicht als Grenze gedacht und weder Israel noch die Araber verliehen ihr mehr Bedeutung, als sie effektiv besass – eine Linie zur Festlegung der Positionen der jeweiligen Armeen nach einer Phase der bewaffneten Auseinandersetzung. Es verstand sich von selbst, dass sie in der einen oder anderen Richtung verschoben werden könnte, falls die Kriegshandlungen wieder aufgenommen würden, was 1967 der Fall war. Nach dem Krieg von 1948 wurden folglich einige Gebiete der nationalen jüdischen Heimstätte von Jordanien und Ägypten besetzt, da das jüdische Volk als einziges einen Besitzanspruch auf diese Territorien geltend machen kann.
Demnach wurde Israel enteignet, nicht die Araber, und am allerwenigsten die „Palästinenser“, die damals nicht einmal erwähnt wurden.
Der Krieg von 1967 schafft vor Ort eine neue Ausgangslage. Die aus dem Waffenstillstand von 1948 - 49 stammende Linie, die in Grün (und nicht in Blau oder Lila) auf den Landkarten erscheint, rückt aufgrund des Ausgangs dieses Kriegs weiter nach Osten an den Fluss Jordan und wird durch den Friedensvertrag 1994 mit Jordanien als internationale Grenze ratifiziert. Im Süden verschiebt sich die Grüne Linie nach dem israelischen Sieg über die Ägypter und wird 1979 im Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten als internationale Grenze anerkannt. Es gibt also gar keine Grüne Linie mehr! Sie wurde durch diesen erneuten Krieg annulliert und durch die Friedens­abkommen in eine „lila Linie“ verwandelt. All jene, welche die Grüne Linie beharrlich als unantastbar ansehen, hängen einer Illusion nach und ignorieren ganz bewusst die Realität. Sie haben hinter dieser hoch heiligen Linie ein palästinensisches Volk und einen Palästinenserstaat geschaffen; doch ihre wahren Motive beruhen weniger auf ihrer Sorge um das Wohl der Palästinenser als auf dem Wunsch, endlich mit der Vernichtung der nationalen jüdischen Heimstätte zu beginnen.
45 Jahre nach dem vom Völkerbund in San Remo verabschiedeten Dokument hat Israel völlig legal wieder von den Territorien Besitz ergriffen, die dem jüdischen Volk als nationale Heimstätte zustehen. Dass diese Inbesitznahme seiner eigenen Heimat als „Besetzung der palästinensischen Gebiete“ bezeichnet werden kann, übersteigt jede Vorstellung! Am tragischsten ist es allerdings, dass die Juden selbst letztendlich diese Terminologie verwenden und sie zum Dreh- und Angelpunkt ihrer nationalen Politik machen.
Obwohl alle in diesem Artikel erwähnten Tatsachen hinlänglich bekannt sind, scheinen die Beteiligten sie in gemeinsamem Einverständnis zu verdrängen. Daher ist es unerlässlich, sie so oft zu wiederholen, bis zumindest die im Hinblick auf die angebliche „Besetzung“ verbreiteten Lügen verstummen.
Dieselben Überlegungen gelten auch für die Forderung, die „besetzten“ Golanhöhen im Tausch gegen den Frieden an Syrien zurückzugeben. Auch in diesem Fall sind die Fakten bekannt, müssen aber beständig in Erinnerung gerufen werden. Syrien hat den Golan durch zwei Kriege verloren, die es selbst 1967 und 1973 gegen Israel angezettelt hat; ausserdem hat Syrien den Golan jahrelang als riesigen Militärstützpunkt missbraucht, um unaufhörlich Angriffe gegen israelische Dörfer im Jordantal und an den Ufern des Tiberias-Sees zu starten. Nachdem es dieses Territorium infolge einer eigenen Aggression verloren hat, kann Syrien nicht wieder Anspruch darauf erheben, so wie Deutschland die im Verlauf des Zweiten Weltkriegs verlorenen Gebiete nicht wieder zurückfordern konnte.
Falls Syrien wirklich den Frieden mit Israel will und diesen erwerben möchte, sollte nicht Israel „den Preis dafür bezahlen“ müssen, sondern Syrien selbst; es liegt auf der Hand, dass einzig Israel im politischen Basar des Nahen Ostens die „Frieden“ genannte Ware besitzt. Das Prinzip des Preises, den Syrien als Gegenleistung für den Frieden mit Israel zu zahlen hat, muss mit Nachdruck durchgesetzt werden; Syrien muss nicht nur auf die Gebiete verzichten, die es in den Kriegen von 1967 und 1973 verloren hat, sondern sollte auch die Bereitschaft zu weiteren Konzessionen zeigen als Beweis dafür, dass es den Frieden wirklich will.
Ein letztes Wort zum Thema Besetzung: wenn die Verwendung dieses Begriffs in der Geschichte des Nahen Ostens und Nordafrikas berechtigt ist, muss er auch auf die islamische Besetzung zutreffen. Im 7. Jahrhundert verliessen die Armeen des Islams Arabien und besetzten mit Hilfe von Waffengewalt riesige Gebiete, unterwarfen die jeweilige Bevölkerung, zerstörten im Namen Allahs und seines Propheten Kulturen und Sprachen. Ihre Nachkommen wollen heute Europa erobern!

*Professor Moshe Sharon, weltweit anerkannter Spezialist für arabische Sprache und Zivilisation und Professor für islamische Geschichte an der Hebrew University von Jerusalem.

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