Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Das tiefsitzende Trauma, welches durch den Anschlag auf den Bus in Tel Aviv ausgelöst wurde, begann sich in der jüdischen Bevölkerung Israels abzuschwächen, als "Moloch" - der Friedensprozess - wieder frischen Blutzoll bei den Juden forderte. Am 22. Januar 1995 starben 21 junge Israelis auf entsetzliche Weise mit zerfetzten Körpern in Beit Lid. Der Horror dieses Attentats verkörpert, wie diejenigen in Jerusalem, Netzarim oder Kyriat Arba, nur eine Etappe auf dem blutigen Weg des arabischen Terrorismus, der unter der Fahne der PLO, des islamischen Dschihad oder der Hamas tätig ist. Die Botschaft der Mörder ist deutlich: sie lehnen jedes Abkommen, jeden Kompromiss und jeden Vertrag, in welchem die Daseinsberechtigung des jüdischen Staates akzeptiert und anerkannt wird, kategorisch ab.
Die jüngsten Vorfälle erinnern daran, dass sich der "bewaffnete Kampf" der Palästinenser nicht nur gegen die tapferen jüdischen Einwohner von Judäa, Samaria und Gaza richtet, sondern gegen alle Juden, egal wo sie wohnen. Diese Terrorkampagne wird nicht von einigen geistesgestörten Islamisten geführt, die sich im Rausch ihres religiösen Wahns befinden, sondern ist das Ergebnis einer offen zugegebenen Politik, die von allen arabischen Strategen entwickelt und verwirklicht wurde, ermutigt durch die Schwächen und Zugeständnisse der Regierung Rabin. Im Gegensatz zu den Behauptungen Rabins und Arafats verzögern diese Anschläge den Prozess der israelischen Konzessionen keinesfalls, sondern beschleunigen vielmehr die Zerstörungsbestrebungen gegenüber dem jüdischen Staat.
Ein weiteres äusserst beunruhigendes Element ist die Haltung Ägyptens, des wichtigsten Verbündeten des Terroristen Arafat, das immer grössere Aggressivität und Feindseligkeit gegenüber Israel an den Tag legt. Heute wird die gesamte, in der islamischen Welt verbreitete antisemitische Propaganda in arabischer Sprache in Ägypten hergestellt. Die Lektüre der arabischen, insbesondere der ägyptischen Presse ist sehr erbaulich, wenn man die Taktik und die Einsätze verstehen will. Die Artikel von Osama el-Baz, einem der engsten Berater von Mubarak, sind am vielsagendsten. Der Grundgedanke der arabischen Politik kann in vier Punkten zusammengefasst werden: Zunächst muss Israel von der internationalen Staatengemeinschaft ausgeschlossen werden, indem man beweist, dass die arabischen Länder, darunter auch die Terroristenorganisation PLO, den Frieden anstreben, während Israel ihn ablehnt. Dieses Ziel wurde bereits erreicht. Zweitens wird Israel in schwierige Verhandlungen verwickelt und muss Opfer erbringen, welche den jüdischen Staat letztendlich auf seine Grenzen vor dem Sechstagekrieg reduzieren, wodurch ein grosser Teil seines territorialen Verteidigungspotentials verloren geht. In einer dritten Phase wird die Intifada, diesmal in Galiläa, wiederbelebt. Diese Form der Gewalt soll Israel dazu zwingen, den israelischen Arabern im Zentrum des Galils, welche sich grösstenteil mit dem Hamas identifizieren, die Autonomie zuzugestehen. Und schliesslich gehen die Verfechter dieses auf dem Terrorismus aufgebauten Plans davon aus, dass das Überleben Israels nach seiner Reduzierung auf das territoriale Minimum des Teilungsplans von 1947 und nach der Rückkehr von über einer Million arabischer Flüchtlinge nur noch eine Frage der Zeit ist.
Alptraum, Horrorvision, übertriebener Pessismismus ? Nein, es handelt sich um die Ziele des Feindes die klar veröffentlicht sind. Warum kann der gegenwärtige Prozess, wenn er wirklich so viele Gefahren birgt und nur den Arabern mit den schlimmsten Absichten nützt, nicht aufgehalten werden ?
Eine Denkpause wäre jetzt angebracht ! Doch in Wirklichkeit ergreift man die Flucht nach vorn. Es wird alles unternommen, um das Scheitern des in Oslo in Gang gesetzten Prozesses zu verhindern. Rabin und Peres wechseln sich darin ab, sich vor oder nach jeder erniedrigenden Begegnung mit Arafat in Kairo dem Rais wegen der Langsamkeit des sogenannten Friedensprozesses zu entschuldigen. Gleichzeitig fleht Israel den syrischen Präsidenten Assad an, den Golan im Tausch für einen authentischen Frieden doch annehmen zu geruhen. Syrien hat nichts gegen die Wiedererlangung der Golanhöhen, denkt jedoch nicht im Traum an einen Frieden mit Israel. Sein eigentliches Ziel ist die Anerkennung durch die USA, und dabei stellt Israel nur ein unvermeidliches vorübergehendes Hindernis dar. Im Gegensatz zu Rabin stehen Hafez el Assad und die anderen Diktatoren der Region nicht unter dem Druck bevorstehender Wahlen und haben auch keiner öffentlichen Meinung Rechnung zu tragen. Die Zeit wird ihn folglich begünstigen. Erinnern wir aber auch daran, dass im Friedensvertrag mit Jordanien keine Massnahmen vorgesehen wurden, damit die palästinensischen Flüchtlinge vom haschemitischen Königreich aufgenommen werden. Diese Zeitbombe wird irgendwann den Vertrag platzen lassen.
Die Regierung Rabin rechtfertigt ihr Vorgehen mit der Behauptung, Israel sei nicht mehr isoliert und die erfolgte Annäherung an die arabischen oder islamischen Staaten sei ohne die Osloer Abkommen nicht möglich gewesen.
Wirklich ? China und Indien hatten zur Zeit des Likud diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen, seit langem bestehen heimliche Kontakte zur arabischen Welt. Die offizielle Bestätigung der Beziehungen zu einigen arabischen Ländern sind nicht auf eine plötzliche Zuneigung ihrerseits zu Israel zurückzuführen, sondern auf die Angst vor dem Iran und die Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus, der die feudalistischen und totalitären Regimes der Golfregion, Saudiarabiens, Ägyptens und des Maghrebs gefährdet. Die rein "defensive" Aufrüstung des Iran und vor allem die Stationierung von Missiles in der Meerenge von Hormus, mit denen jede Stadt und jeder militärische Stützpunkt der Golfstaaten erreicht werden können, wirken als Argumente überzeugend genug, um diese Länder zu einer Annäherung an das militärisch mächtige Israel zu veranlassen.
Sind demnach wirklich alle Schritte der Regierung Rabin grundsätzlich nur negativ ? Dies wird uns die Zukunft sagen, das Urteil wird die Geschichte fällen. Eines steht jedoch fest. Sämtliche Entscheidungen dieser Regierung, die Abkommen, die sie abgeschlossen hat, darunter auch die besonders erbärmlichen mit der Terroristenorganisation PLO, können rückgängig gemacht und mit einer Geste ungültig erklärt werden. Unabänderlich steht hingegen die Präsenz von fast 150'000 Juden fest, die sich mit ihren Familien auf jüdischem Land in Judäa, Samaria und Gaza niedergelassen haben und somit daran erinnern, dass Eretz Israel dem jüdischen Volk gehört.
Das Überleben des jüdischen Staates und die Zukunft des jüdischen Volkes sind glücklicherweise nicht nur von den Ungeschicklichkeiten einer vergänglichen Regierung abhängig. Die Überlebenskunst des jüdischen Volkes ist sprichwörtlich; Beweis dafür ist das Wiederaufblühen des Judentums in den Ländern Osteuropas. In der spirituellen Wüste des Postkommunismus erwachen die jüdischen Gemeinden zu neuem Leben und die jüdischen Schulen öffnen ihre Tore wieder. Während wir in Israel einem von der Regierung herbeigerufenen Verlust der jüdischen Identität beiwohnen, wird die Verstärkung des jüdischen Erbes in der Diaspora immer massiver. Dieser Ausdruck der wiedergefundenen Freiheit veranschaulicht wunderbar, wie aktuell die Botschaft von Pessach ist.
Das SHALOM-Team wünscht Ihnen frohe Festtage.
Roland S. Süssmann
Chefredakteur
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