Editorial - Dezember 1994
• Editorial
Chanukkah 5755
• Mit seiner Zeit leben
Politik
• Zusammenschluss der Schwachen
Interview
• Die Diaspora sollte aufmerken
• Offenheit und strikte observanz
Jerusalem - Judäa - Samaria - gaza
• Wird Jerusalem die jüdische Souveränität entzogen ?
Erinnerung
• Liberation
Kunst und Kultur
• Gerettete Schätze
• Eugene Zak (1884-1926)
Wirtschaft
• Israel - Welches Wirtschaftswachstum ?
Israel - Japan
• Was kauft der japanische Konsument ?
Israel - China
• Israel in Schanghai
Erziehung
• Deplazierter 'Kulturkampf'
Reportage
• Israel in Goma
• Ein streng koscheres Retortenbaby
Analyse
• Das Verhältnis der Juden Südafrikas zum ANC
Ethik und Judentum
• Wem gehört das Kind ? Welches ist seine Religion ?
Shalom tsedaka
• Eine unnÖtige qual
Ein Name; eine Strasse; wer ist es ?
• Saul Tschernikowsky (1875-1943)
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Zusammenschluss der Schwachen
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Von Emmanuel Halperin, unserem Korrespondenten in Jerusalem
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Die Regierung Rabin erfreut sich scheinbarer Erfolge und eines erfolgreichen Scheins: sie unternimmt riesige Anstrengungen, um sich selbst und nebenbei auch alle anderen davon zu überzeugen, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen hat. Doch die bis zum äussersten im Medienrummel aufgebauschten, unter dem Gesamtbegriff "Dynamik des Friedens" stattfindenden Inszenierungen vermögen nicht mehr lange darüber hinwegzutäuschen, dass das Unterfangen auf tönernen Füssen steht. Die realistischen Aussichten auf Erfolg sind mager, dies ist nicht mehr zu übersehen und lässt sich nicht länger vertuschen. Überzeugen wir uns davon, indem wir die verschiedenen Protagonisten etwas näher in Augenschein nehmen.
Clinton: Die Scheinwerfer der amerikanischen Festspiele, die hier Ende Oktober veranstaltet wurden, sind nun erloschen. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat seine Nummer abgezogen und einen guten Eindruck hinterlassen, ohne dadurch wirklich etwas gewonnen zu haben. Seine empfindliche Wahlniederlage im Kongress wird ihn zweifellos zwingen, sich intensiver mit den innenpolitischen Problemen seines Landes, d.h. mit seiner eigentlichen Aufgabe und seinem früheren Versprechen, zu befassen, um seine enttäuschte Wählerschaft zurückzuerobern. Eine geschwächte, weniger entschlossene US-Administration wird auf die widerspenstigen Machthaber der arabischen Länder, wie beispielsweise Assad oder die radikalen Palästinenser, kaum Einfluss haben, was wahrscheinlich den gegenwärtigen Friedensprozess zum Erlahmen bringen wird. Darüber hinaus wären die Republikaner, die im Kongress wieder die Mehrheit besitzen, über das Projekt betreffend die Stationierung eines amerikanischen Expeditionskorps auf dem Golan - Hauptelement eines eventuellen Abkommens über den Rückzug der Israelis von diesem Hochplateau - bestimmt nicht begeistert.
Rabin: Der Premierminister ist sich bewusst, wie wenig sich die israelische Öffentlichkeit für seine Politik der Konzessionen begeistern kann. Hätte seine Partei sich nach Ablauf der Hälfte ihrer Amtszeit demselben Wahltest unterziehen müssen wie die Demokraten in den Vereinigten Staaten, wäre das Resultat kaum weniger enttäuschend ausgefallen. Die regierende Arbeitspartei besitzt trotz allen Anstrengungen zur Festigung ihrer Stellung im Parlament nicht die Mehrheit. Sollten zu allem Unglück weitere Attentate, ähnlich wie in Tel Aviv, verübt werden, könnten sich die Aussichten von Rabin auf ein Verbleiben an der Macht in Luft auflösen. Seine gesamte Politik hängt nun wirklich an einem seidenen Faden.
Arafat: Das palästinensische Lager weist grosse Schwächen auf. Je mehr Zeit vergeht, desto deutlicher erweist es sich, dass die von der PLO in Gaza und Jericho eingesetzten Behörden ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind, ihre Versprechungen nicht einhalten können und ihre Unfähigkeit und fehlende Autorität als Instrument einsetzen, um neue Konzessionen zu erlangen. Die finanzielle Unterstützung der internationalen Gemeinschaft versickert, die Bevölkerung leidet und lässt sich immer mehr vom Sirenengesang der islamischen Fundamentalisten verführen. Die israelische Regierung hat sich jedoch zum progressiven Rückzug ihrer Truppen aus den Bevölkerungszentren von Judäa und Samaria verpflichtet, damit dort Wahlen abgehalten werden können. Die Armee behauptet vergeblich, das Abkommen von Oslo sei undurchführbar und müsse von Grund auf abgeändert werden: die allmähliche Übertragung der Befugnisse findet bereits statt, denn für Israel ist es eine Ehrensache zu beweisen, dass der Weg nun frei ist. In Wirklichkeit ist er es nicht.
Hussein: Der König hat auf geschickte Weise von der Situation zu profitieren gewusst und von den Amerikanern erhalten, was ihm am Herzen lag. Sein freundschaftlicher Umgang mit Saddam Hussein wurde ihm verziehen, seine Schulden sind gar aufgehoben worden. Dies war es wohl wert, eine kleine Unannehmlichkeit auf sich zu nehmen und öffentlich zuzugeben, was sowieso seit langem allgemein bekannt war, nämlich dass zwischen Amman und Jerusalem keine Streitigkeiten vorliegen und dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern seit Jahrzehnten (mit der bedauerlichen Ausnahme des Golfkriegs) meistens korrekt verliefen. Hunderttausende von Israelis bereiten sich jetzt darauf vor, die Ruinen von Petra zu stürmen, umso besser. Doch auch in diesem Fall ist das Abkommen äusserst anfällig. Die Minorität der Beduinen Jordaniens fürchtet die palästinensische Beherrschung; die Palästinenser des Landes, die vom Hamas physisch und psychisch bedrängt werden und eine überwältigende Mehrheit ausmachen, beabsichtigen durchaus, ihre Stimme zu erheben. Schon in der Vergangenheit wurde das haschemitische Königreich mehr als einmal totgesagt, doch diesmal sind die politischen Fallstricke so zahlreich vorhanden, dass König Hussein (ohne Zweifel der beliebteste Politiker in Israel) grosse Mühe haben wird, seinen erneuten Drahtseilakt erfolgreich abzuschliessen. Man lächelt sich vielleicht in aller Aufrichtigkeit zu, doch die entspannte Atmosphäre erweist sich als trügerisch.
Assad: Syrien ist geschwächt, isoliert. Der syrische Präsident weiss, dass er am Ende ist, doch mit dem endgültigen Abgang hat er es nicht besonders eilig. Seine Feindseligkeit gegenüber Israel ist grenzenlos. Dieser gewiefte Stratege war bis heute gezwungen, sich den gegebenen Umständen anzupassen und den Amerikanern schönzutun. Er hat in keinem wichtigen Punkt nachgegeben, ist nur in unverbindlicher Weise auf die Friedensgespräche eingegangen und hat es somit Bill Clinton überlassen, sein Schweigen gemäss den Wünschen Washingtons auszulegen. Israel kann nicht auf den gesamten Golan verzichten, Assad darf es sich nach der Logik seiner Ideologie nicht erlauben, auch nur einen Zentimeter abzutreten. Solange das Regime des Baas die Macht behält, wird die Pattsituation folglich bis auf weiteres fortbestehen. Israelis und Amerikaner versuchen die syrische Lösung durchzusetzen, ihr kurzfristig Glaubwürdigkeit zu verleihen. Doch ein höherer Offizier des israelischen Nachrichtendienstes hat nicht gezögert, seine Meinung einigen Parlamentariern kundzutun: Assad ist nicht vertrauenswürdig, man darf seinem Wort keinen Glauben schenken. Dem syrischen Präsidenten stand eine ganz simple Möglichkeit zur Verfügung, seinen guten Willen zu beweisen: im Südlibanon führt Israel täglich Krieg, dabei gibt es Tote und Verletzte. Dieser Krieg ist zwar nicht geheim, aber irgendwie schamhaft, er wird nur im äussersten Notfall erwähnt. Syrien hält die Fäden in der Hand und könnte den Hisbollah ohne weiteres zum Schweigen bringen. Es geschieht jedoch nichts dergleichen.
Hassan II.: Der König von Marokko ist ein glücklicher Mann. Alles was Rang und Namen hat in der Welt der Politik und der Finanzen strömte zu ihm nach Casablanca, die Wirtschaftskonferenz erwies sich als unbestrittener Medienerfolg. Was ist davon übriggeblieben ? Wo sind die Verträge, Projekte ? Die Begeisterung der Utopisten, die von einem grossen israelisch-arabischen Markt träumen, kann zwar Berge versetzen, doch diese existieren ausschliesslich in ihrer Phantasie. Es gibt nur wenige potentielle Wirtschaftspartner für Israel in der arabischen Welt, Komplementarität ist kaum vorhanden, und soweit die Gesetze des Marktes funktionierten, taten sie dies unabhängig vom Boykott bereits seit Jahren.
Hamas: Dieser Zusammenschluss der Schwachen stärkt die Extremisten des Islams mehr als alles andere. Letztere wissen, dass sie mit einigen geschickt plazierten Bomben dieses ganze, geduldig zusammengezimmerte Gebäude in die Luft jagen können, denn es handelt sich um ein Kartenhaus.
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