Editorial - März 1994
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Jüdische Feiertage
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Politik
• Die Folgen eines Massakers
Interview
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Terrorismus
• Die Fackel wird ewig brennen
Porträt
• Der Hofnarr
Judäa - Samaria - Gaza
• Der "Friede" an Ort und Stelle
• Die letzten Juden von Jericho
Analyse
• Terrorismus und Illusionen
• Multilateralen Verhandlungen
Kunst und Kultur
• Jüdische Frauen als Schreiber und Drucker
• Arthur Segal (1875-1944)
Israel - Diaspora
• Israel und das Weltweite Judentum
Israel - Vatikan
• Eine "Zivilhochzeit"
Biographie
• Sir John Pitchard, His Life in Music
Ethik und Judentum
• Statistik und Wahrscheinlichkeit
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Von Von Roland S. Süssmann
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Zu jeder Zeit hat auch die tyrannischste Staatsmacht die Spässe eines Hofnarren geduldet, der zwar seine Grenzen kannte, sich jedoch ungestraft erlauben durfte, das auszusprechen, was die Höflinge und das Volk insgeheim dachten. Er war sich wohl bewusst, dass sein Kopf an dem Tag, wo er seine Grenzen überschritt, nicht mehr viel wert sein würde. Heute haben die Karikaturisten die Hofnarren von damals ersetzt. Mit einigen Bleistiftstrichen drücken sie die Gefühle der schweigenden Mehrheit, der Opposition, der Mitglieder der herrschenden Partei aus, die mit den Entscheidungen der Politiker nicht einverstanden sind.
Seit mehreren Jahren bringt ein aussergewöhnlicher Karikaturist mit seinen feinen, doch hintergründig boshaften Zeichnungen die Leser der Jerusalem Post zum Lachen, Lächeln und Nachdenken. Es ist OLEG SCHWARZBURG, der unter dem Namen OLEG bekannt wurde. Oleg wurde 1953 als Kind einer jüdischen Familie in einem entfernten Vorort von Wladiwostock geboren. Sein Vater war Arzt in der Berufsarmee. Der junge Mann studierte Medizin und spezialisierte sich auf Oto-Rhino-Laryngologie. An der Universität lernte er Tatyana kennen, eine hübsche junge Jüdin und Studentin der Gynäkologie, die er später heiratete. Aus ihrer Ehe gingen zwei Mädchen hervor, die heute 10 und 16 Jahre alt sind. Wie zahlreiche Juden, die damals in der UdSSR lebten, wollten Oleg und Tatyana sich eines Tages in Israel niederlassen. Sie erhielten die Möglichkeit nach der Öffnung des Landes in der Ära Gorbatschow. Am 4. Juli 1990 landeten Oleg und seine reizende kleine Familie auf dem Flughafen von Tel Aviv.
Ihre Integration in Israel war sehr schwierig und kompliziert. Neben dem Erlernen der Sprache übernahm Oleg einige kleinere Jobs, bevor er sich in einen Lehrgang für russische Ärzte des Spitals Hadassa einschreiben konnte, der ihnen nach einem Schlussexamen erlaubte, auf ihrem Gebiet in Israel tätig zu sein. Tatyana bestand die Prüfung mit Auszeichnung, doch Oleg scheiterte ganz knapp. Glücklicherweise besass er ein Hobby, das Zeichnen. Oleg hatte nie einen Kurs besucht, er zeichnet instinktiv und besitzt eine echte Naturbegabung. Da er also seinen Beruf nicht ausüben durfte, begann er sein Geld mit Zeichnungen zu verdienen. Eines Tages bemerkte er, an der zentralen Busstation von Jerusalem stehend, den Schriftzug der Jerusalem Post. Er trat entschlossenen Schrittes ein und verlangte den Chefredakteur zu sehen, der ihm aber mitteilte, er beschäftige bereits drei Karikaturisten und könne niemanden mehr einstellen. Oleg bestand darauf, ihm seine Zeichnungen zu zeigen. Der Redakteur fragte ihn, ob er noch andere Werke vorzuweisen habe, und am nächsten Tag wurde seine erste Karikatur in der berühmten Tageszeitung veröffentlicht. Es war der 18. Januar 1992, und seither bezeichnet Oleg dieses Datum als seinen zweiten Geburtstag.
Wir funktioniert die Arbeitsmethode OLEG ?
Ich arbeite zu Hause, lese die Zeitungen und höre mir die Erklärungen der Politiker an. Einige Leute denken, meine Zeichnungen entsprächen den Ansichten der Rechten, doch in Wirklichkeit trifft dies nicht zu. Ich beschränke mich darauf, die Aussagen und Handlungen der Politiker zu illustrieren. Als in Israel lebender Jude wünsche ich mir selbstverständlich den Frieden, doch ich bin strikte gegen die Abtretung auch nur eines Zentimeters unserer Gebiete. In meinen Skizzen steckt ein Maximum an Information, jedes kleinste Detail ist wichtig, der Ausdruck der Augen, die Haltung der Finger, die Falten der Krawatte und natürlich die Legende. An einer Zeichnung, mit der ich zufrieden bin, arbeite ich einen ganzen Tag. Bei der Jerusalem Post besitze ich das Privileg, eng mit Chefredakteur David Bar Ilan zusammenzuarbeiten, der viel Mut hat, meine Ansichten teilt und nicht vor der Veröffentlichung sehr kontroverser Karikaturen zurückschreckt, die ihm oft zahlreiche entrüstete Anrufe der politischen Behörden des Landes einbringen.
Wieso kommt in Ihrer Unterschrift immer ein Apfel vor ?
Aus biblischen Gründen. Erst als der Mensch den Apfel gegessen hatte, wurden ihm die Augen geöffnet... Es ist auch der Aspekt der verbotenen Frucht enthalten, mit dem ich mit einer gewissen Vorliebe spiele.
Es ist gewiss sehr schwierig, jeden Tag "aussergewöhnlich" zu sein. Woher nehmen Sie ihre Einfälle und ihre Kraft ?
Das Rohmaterial wird mir gewissermassen von den Politikern selbst geliefert. Sie sind sich der Lächerlichkeit, der Gefahr oder der Tragweite ihrer Worte nicht bewusst. Es reicht aus, ihren Debatten in der Knesset zuzuhören, die im Radio übertragen werden. Damit habe ich also keine Schwierigkeiten. Meine Kraft wird mir, wie Ihnen, auf einem Silbertablett von meinen Verleumdern und scheinheiligen Kritikern dargeboten...
Ein Buch mit den besten Zeichnungen von OLEG ist eben in englisch under dem Titel: "OLEG IN THE PEACE LAND" erschienen. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte and die Redaktion von SHALOM.
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