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Inhaltsangabe Terrorismus Frühling 1994 - Pessach 5754

Editorial - März 1994
    • Editorial

Jüdische Feiertage
    • Pessach 5754

Politik
    • Die Folgen eines Massakers

Interview
    • Gestern - Heute - Morgen
    • Jerusalem - Eins und Unteilbach

Terrorismus
    • Die Fackel wird ewig brennen

Porträt
    • Der Hofnarr

Judäa - Samaria - Gaza
    • Der "Friede" an Ort und Stelle
    • Die letzten Juden von Jericho

Analyse
    • Terrorismus und Illusionen
    • Multilateralen Verhandlungen

Kunst und Kultur
    • Jüdische Frauen als Schreiber und Drucker
    • Arthur Segal (1875-1944)

Israel - Diaspora
    • Israel und das Weltweite Judentum

Israel - Vatikan
    • Eine "Zivilhochzeit"

Biographie
    • Sir John Pitchard, His Life in Music

Ethik und Judentum
    • Statistik und Wahrscheinlichkeit

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Die Fackel wird ewig brennen

Von Prof. Herman Branover
Mordechai Lapid und sein Sohn Shalom, möge G'tt ihren Tod rächen, wurden am Abend des 6. Dezembers 1993 (23. Kislev 5754) durch einen brutalen Terroranschlag getötet; drei weitere Kinder der Lapids erlitten Verletzungen. Das grausame Verbrechen geschah in der Nähe von Kiryat Arba, als die Familie auf den Bus wartete, mit dem Shalom zu seiner Jeschiwa zurückkehren wollte.
In unserer Zeit, in der unsere Generation unter den Qualen der Verwirrung leidet, mögen hochtrabende Worte übertrieben erscheinen aus Angst, dass sie nicht richtig verstanden werden. Es ist jedoch unmöglich, von Mordechai Lapid und seiner Familie zu berichten, ohne in eine Sprache der Bewunderung, des Lobes und der vollsten Anerkennung zu verfallen. Jahrelang verkörperte diese Familie das Symbol für jüdischen Heldenmut, für Hingabe und klarste moralische Grundsätze. Selbst heute weist uns diese zutiefst getroffene Familie den Weg. Der Name Lapid bedeutet auf Hebräisch "Fackel", und Mordechai war im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht. Schon allein seine Anwesenheit, ganz zu schweigen von seinen Taten, vertrieb die Finsternis und erleuchtete all jene, die ihm begegneten.
Mordechai traf unter dem Namen Marc Bloom und voller Idealismus und Opferwillen vor über zwanzig Jahren aus Riga, Lettland, in Israel ein. Der Weg bis zu seiner Ankunft in Israel war jedoch lang und hart. In dieser Zeit entdeckte Marc die Bedeutung seiner wahren Heimat Israel, einige Zeit später auch das Judentum, und er begann sein Leben nach den Grundsätzen der Thora auszurichten. Kurz darauf fing er an, sich für das Recht der Juden auf Zugang zu diesen geistigen Werten und auf Auswanderung nach Israel einzusetzen.
Er war von Natur aus ein Aktivist und focht bei den sowjetischen Behörden und beim KGB heftig um das Recht, im Rumbulawald bei Riga ein Denkmal für die 50'000 dort von den Nazis getöteten Juden zu errichten. Darüber hinaus besass er natürliche Führungsqualitäten und gehörte einer kleinen Gruppe furchtloser, überzeugter Juden an, die sich für die Gründung einer Stiftung einsetzten, mit deren Hilfe Tausende von Juden in den 70er Jahren ihre Alijah durchführen konnten. Grossgewachsen, kräftig und gutaussehend war er, sprach ruhig und freundlich. Als schüchterner und bescheidener Mensch versuchte er nie die Führung zu übernehmen, und dachte nicht einmal im Traum daran andere zu beeindrucken. Aus diesem Grund strömten die Leute zu ihm und akzeptierten willig seine Führerschaft.
Schliesslich verbrachte er mehrere Jahre im Gefängnis, als er sich anlässlich eines Konzerts eines jüdischen Gastmusikers zur Verteidigung eines jüdischen Mädchens mit einem Polizisten anlegte.
Nach seiner Gefängnisstrafe erhielt er die Erlaubnis, seinen Traum zu erfüllen und seine Alijah durchzuführen. Nach seiner Ankunft nahm er den Namen Mordechai an und verwandelte Bloom in Lapid. Er heiratete Miriam, eine schöne, idealistische junge Frau aus einer alteingesessenen, guten israelischen Familie, welche die Errichtung jüdischer Niederlassungen bereits in den Tagen vor der Unabhängigkeit und später im noch jungen Land Israel unterstützte.
Es erschien dem jungen Paar selbstverständlich, in die Fussstapfen von Miriams Eltern und Grosseltern zu treten; sie setzten sich für ihre eigene Niederlassung und für die Ansiedlung anderer Juden in Judäa und Samaria ein, so wie frühere Generationen für die Gründung von Petach Tikva, Rischon LeZion und Ortschaften in Galiläa und im Negev ausschlaggebend gewesen waren.
Das Paar begann sehr rasch das Gebot "seid fruchtbar und mehret euch" zu erfüllen und blieb nicht lange allein. Gemäss ihrem Pioniergeist empfanden sie es nicht als Hindernis, ihre Kinder in Zelten aufzuziehen, in sommerlicher Hitze und in der Kälte des Winters, den Elementen ausgesetzt und ein Leben echter "Chalutzim" führend. Ihre Kinder wuchsen in Zelten ohne Wasser oder Strom auf, Sicherheit und Bedrohung spielten dabei eine untergeordnete Rolle. Sie glaubten an ihren Auftrag und bemühten sich darum, ihre wachsende Familie zu ernähren und zu bekleiden, was von Mordechai und Miriam grosse Anstrengungen forderte. In einer Zeit, da die meisten von uns Israelis bequem in Wohnungen lebten und weltliche Dinge unsere Aufmerksamkeit beanspruchten, beschützten Mordechai und Miriam uns und die Zukunft Israels unter Einsatz ihres Lebens.
Später liess sich die Familie in Kiryat Arba in Judäa nieder, wo sich ihre Lebensbedingungen etwas verbesserten; ihr Idealismus blieb weiterhin ungebrochen, und ihre mit vierzehn Kindern gesegnete Familie strahlte Glück und tiefe Zufriedenheit mit dem Leben aus, obwohl die Schwierigkeiten bei der Versorgung der Familie und die Bedrohung durch eine feindliche Umgebung nicht geringer wurden. Alle Menschen, welche die Familie Lapid kennenlernten, waren sofort von der von ihr ausgehenden natürlichen Wärme und dem Eindruck von ausserordentlicher moralischer Geradlinigkeit überwältigt, sowie von starken, fast mit Händen zu greifenden Gefühlen für Ahawat Israel, der Liebe und Unterstützung für unsere jüdischen Brüder, die mit der Thora eng verknüpft sind.
Alle Kinder der Familie Lapid, vom ältesten Sohn Meir, der heute 21 Jahre alt ist und in der Armee dient, bis zum zweijährigen Assaf, werden nach den von der Familie gelebten Idealen erzogen. Der 19-jährige Shalom, der gleichzeitig mit seinem Vater getötet wurde, war nicht nur ein hervorragender Jeschiwa-Schüler, sondern auch ein erfahrener Aktivist und ein begabter Redner und Autor. Angesichts seiner Artikel und Reden über das Schicksal des israelischen Volkes und über die Heiligkeit des Landes Israel fällt es einem schwer zu glauben, dass der Autor erst 19 Jahre alt war.
Mordechai war ein talentierter Ingenieur, Miriam eine gute Musikerin. In Anspruch genommen durch den beständigen Kampf für die Zukunft ihres Volkes, vernachlässigten sie ihre Berufe. Mordechai arbeitete jedoch in den Nächten intensiv an einem philosophischen Buch - einem Buch über das Schicksal der Juden und über das Judentum in der Welt der modernen Wissenschaft. Er beschäftigte sich zehn Jahre lang mit dem Manuskript, stellte es fertig und brachte endlose Verbesserungen an.
Die Mörder von Mordechai und Shalom begingen eine Tat, die ein normal denkender Mensch nicht begreifen kann. Sie haben eine Familie zerstört, die jeder anderen jüdischen oder nichtjüdischen Familie nur als Beispiel dienen konnte. Womit die Mörder jedoch nicht rechneten, war die Tatsache, dass die Flamme der Lapid'schen Fackel auch nach der entsetzlichen Tat nicht erloschen ist. Für die Menschen, die sie kennen, und für die gesamte Nation wird die Flamme immer heller brennen, denjenigen leuchten, die ihre Mission verstanden haben, und anderen helfen, die Wahrheiten zu finden, nach denen Mordechai so freudig und mutig suchte.
Nach der schrecklichen Tragödie beschlossen Miriam und Meir, dass selbst ihre bisherige Lebensweise nicht mehr ausreichte. Die ganze Familie, darunter auch der kleine Assaf, marschierte zu Fuss von Kiryat Arba nach Jerusalem und zurück, sprach mit den Menschen und verteilte zahlreiche Flugblätter über die dringende Notwendigkeit, die endlosen Konzessionen an die Feinde der Juden einzustellen, da sie zu totaler Kapitulation und Selbstzerstörung führen.
Danach setzten sie ihre friedlichen, aufklärerischen Märsche nach Jerusalem bis in die Nähe der Wohnung des Premierministers fort und lebten während dieser Zeit in einem Zelt auf einer zentralen Strasse der Hauptstadt. Miriams und Meirs grundsätzliche Botschaft besagt, dass die Tragödie der Lapids untrennbar mit der gegenwärtigen Tragödie unseres Landes verbunden ist. Ein grosser Teil der israelischen Bevölkerung und der Juden in der Diaspora billigten aktiv oder passiv die Politik der Regierung, die zur Kapitulation führt und die Feinde zu immer höheren Forderungen und verstärktem Terrorismus ermutigt. Wie konnte ein weises Volk die unsinnige Idee der Selbstzerstörung akzeptieren ? Wie können wir uns masochistischerweise selbst antun, was keine andere Nation der Welt tun würde ? Wie konnte es soweit kommen, dass die Medien die jüdischen Siedler in Judäa und Samaria als Kriminelle darstellen ? Weshalb werden diese Helden, die letzten Patrioten und Zionisten, in Comics in so ekelhafter Weise gezeigt, dass Goebbels "Stürmer", falls er heute noch existierte, sie gewiss mit Freude veröffentlichen würde ? Und schliesslich die wichtigste Frage: wie geschah es, dass bei den Juden ein so überwältigender Hass gegen alles traditionell, ursprünglich und typisch Jüdische entstehen konnte ?
Es wäre falsch, die gegenwärtige Regierung allein dafür verantwortlich zu machen. Die Elemente der heutigen Katastrophe wurden im Verlauf mehrerer Generationen und unter verschiedenen Regierungen der Rechten und der Linken zusammengetragen.
Die neue, auf Weltlichkeit und kosmopolitischen Grundsätzen beruhende Erziehung, welche jahrzehntelang in den Schulen Israels vorherrschte, schuf eine amorphe Konsumgesellschaft, in der nicht nur der berühmte jüdische Idealismus, die Hingabe an eine Aufgabe und an den Glauben verloren gingen, sondern auch der gesunde Menschenverstand. Das jüdische Volk lebte während Jahrhunderten in einem Zustand ständiger Verteidigung, doch es wusste, wofür es kämpfte und auf wen es sich verlassen konnte. Daher waren die Juden auf die Dauer siegreich und überlebten alle ihre Feinde. Heute sind sie blind geworden und zum Nachgeben bereit. Die Israelis sprachen immer in abfälligem Ton über die "Mentalität der Diaspora", doch heute triumphiert das eigentliche Diaspora-Denken in Israel selbst.
Dies alles erklärt ebenfalls den Hass gegen die Siedler, gegen traditionelle Juden usw. Eigentlich gleicht diese Ablehnung dem jahrhundertealten, wohlbekannten Syndrom, dass ein zu einer anderen Religion konvertierter Jude zum überzeugtesten Antisemit wird...
Mordechai und Shalom bemühten sich ihr Leben lang, dies zu erklären. Dies verkünden heute auch Miriam und Meir. Und darin besteht der wichtigste Appell der Lapids. Lasst euch nicht in Streitigkeiten zwischen linken und rechten Parteien mit all ihren Anschuldigungen ein. Darum geht es doch nicht. Sowohl die Linke als auch die Rechte sind im Unrecht, und die Zerstrittenheit ist das Allerschlimmste.
In dieser schwierigen Zeit, wo die Nation mit der Bedrohung ihrer eigentlichen Existenz konfrontiert wird, besteht die lebenswichtige Notwendigkeit, uns wieder unserer immerwährenden Aufgabe, dem Geist der Makkabäer und den Lehren der Thora zuzuwenden. Wenn uns dies gelingt, wird gegenseitige Liebe den gegenseitigen Hass ersetzen, und Israel wird niemanden mehr fürchten müssen ausser dem Allmächtigen.



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