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Inhaltsangabe Editorial - September 1996 Herbst 1996 - Tischri 5757

Editorial - September 1996
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Editorial

Von Roland S. Süssmann - Chefreadakteur

Liebe Leserinnen und Leser,

"Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein." (Psalm CXVIII)

Der Sieg Benjamin Netanyahus und die Bildung einer national ausgerichteten Koalition - das einzige und wirkliche "Lager" des Friedens - stellen nicht nur den Triumph der Rechten über die Linke dar, sie sind sehr wohl auch eine gesellschaftliche Wahl, die massive Ablehnung aller durch die Arbeitspartei vertretenen Werte durch die jüdische Wählerschaft: Der Entjudaisierungsprozess und der im geheimen Rahmen des Osloer Komplotts ausgeklügelte "Rabin/Peres/Arafat"-Plan, der sogenannte "Friedens"-Plan.

Was ist denn geschehen? Aller Logik zufolge hätte Schimon Peres die Wahl am 29. Mai 1996 gewinnen sollen. Der Medienapparat arbeitete Tag und Nacht für ihn; Clinton war nach Israel gekommen, um ihn zu unterstützen; die Likud-Kampagne war unorganisiert; kurz, er hatte alle Trümpfe in der Hand... und er hat verloren. Die Gläubigsten unter uns sehen darin die Wiederholung einer der Konstanten in der jüdischen Geschichte, nach welcher der Allmächtige unmittelbar eingreift, wenn die jüdische Nation von der Gefahr bedroht wird, vernichtet zu werden: Es klingt glaubhaft. Eine greifbarere Analyse zeigt, dass sich die Wahl 1992 nicht eigentlich auf den "Friedens"-Plan der Arbeitspartei bezog: Dieser wurde uns hinterher als der "einzig gangbare Friedensprozess" aufgedrängt. Die israelische Wählerschaft wurde daher nie aufgerufen für die Abtretung der meisten Gebiete oder für die Niederlassung von 50'000 arabischen bewaffneten Terroristen vor den Toren Tel-Avivs, Jerusalems und Haifas abzustimmen. Sie hat sich auch nie für die allfällige Aufgabe des Golans oder für die Einrichtung eines palästinensischen Staates mitten im Herzen Israels mit Hauptstadt Jerusalem ausgesprochen. Im Gegenteil, 1992 behauptete die Basis der Arbeitspartei, all das würde nie zustande kommen!

Die Israelis, sagte mir Itzchak Shamir, bringen ihre Unzufriedenheit massiv in den Wahlurnen und nicht auf der Strasse zum Ausdruck. Dies ist am 29. Mai 1996 der Fall gewesen, als die grosse Mehrheit der israelischen Juden der Rechten ihr Vertrauen geschenkt haben. So haben sie die Politiker daran erinnert, dass Israel zwar eine Demokratie, aber vor allem der jüdische Staat ist, dessen Sicherheit und Zukunft ausschliesslich in jüdischen Händen zu liegen haben. Diese Realität mag wohl nicht immer angenehm sein, um so weniger als die Koalition zu einem Grossteil aus Vertretern der religiösen Parteien besteht. Dieses Phänomen hat eine Art Schrecken in einigen Kreisen ausgelöst, die sich hingegen vor riskanten, in der Knesset durch eine dank den arabischen Stimmen erreichte Mehrheit ratifizierten Entscheidungen bezüglich des Überlebens des jüdischen Staates selbst nicht gefürchtet hatten. Die grosse Anzahl der religiösen Parlamentarier verkörpert einen bedeutenden Misserfolg für das reformierte und liberale Judentum. Diese Wahl weist nach, dass die israelische jüdische Wählerschaft beschlossen hat, die Normen der Orthodoxie in wichtigen Bereichen, wie der Bekehrung, der jüdischen Identität, der Ehe, der Scheidung und besonders der Erziehung verstärkt aufrechtzuerhalten. Die traditionellen Werte stehen erneut auf der Tagesordnung, und Themenbereiche wie die Religion, der Zionismus, die Schoah oder die Nation, die systematisch ins Lächerliche gezogen worden waren, haben wieder ihren Platz gefunden.

Auf politischer Ebene muss man wohl zugeben, dass Benjamin Netanyahus Position nicht beneidenswert ist, das Erbe wiegt schwer und ist nicht leicht zu verwalten. Er hat sich damit abgefunden, in den abstossend sauren Apfel zu beissen und mit dem Terroristen Arafat zusammentreffen. Während meiner Treffen mit Benjamin Netanyahu vor seiner Wahl sagte er mir gegenüber, er würde Arafat nur treffen, wenn dies die israelische Sicherheit erforderte. Eine solche Zusammenkunft bleibt nichtsdestotrotz eine Schande und es stellt sich die Frage nach den Folgen, die sie nach sich ziehen wird. Die Symbolik spielt im Mittleren Osten eine grosse Rolle aber ein solches Zusammentreffen - eine Schwäche die keinesfalls entschuldigt werden kann - bedeutet nicht, dass sich Benjamin Netanyahu und dessen Regierung die Politik der Rabin/Peres-Verwaltungen zu eigen gemacht hätten, weit gefehlt. Zur Zeit stimmt es, ist die Ausweisung der 50 000 bewaffneten arabischen Terroristen kaum vorstellbar, die sich dank der Arbeitspartei in den palästinensischen Bantustani niedergelassen haben, ohne einen regionalen Krieg auszulösen.

Heute hat Israel einen Premierminister, auf dessen Entscheidungen wir zum Teil stolz sein können. Ich denke dabei insbesondere an seine historische Rede vor dem versammelten amerikanischen Kongress. Benjamin Netanyahu hat als Jude gesprochen und nicht, wie seine unmittelbaren Vorgänger, als Fürsprecher oder Verteidiger Arafats. Er hat angekündigt, dass es auf keinem Fall mehr darum geht, Juden auszuweisen, jüdische Dörfer in Judäa-Samaria von der Karte zu löschen und sogar über Jerusalem zu verhandeln. Das Wohlergehen der Palästinenser oder die Verwirklichung einer absurden Schimäre mit dem Titel "Der neue Mittlere Osten" bilden keine Prioritäten mehr. Israel hat sich wieder einen Premierminister ausgesucht, dem die Entfaltung des jüdischen Staate sowie die Verstärkung der Beziehungen mit den Juden der Diaspora am Herzen liegt.

Die Linke hat sich vom Schock ihrer Niederlage noch nicht erholt und sinnt nach Revanche. Schimon Peres setzt seine Untergrundarbeit fort und trifft mit arabischen Staatsoberhäuptern zusammen. Seine Zusammenkünfte mit dem Terroristen Arafat, dem König Marokkos (der abgelehnt hat, den Premierminister und David Levy zu empfangen) bezwecken ein einziges Ziel: Benjamin Netanyahu an die Wand zu drängen, bis er endlich die gefährliche und zerstörerische Politik wieder aufnimmt, die seit 1992 geführt wurde und einen sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht vollen Misserfolg darstellte. Der Linken ist sogar die Einhaltung der eigenen Thesen nicht gelungen, da die jüdische Bevölkerung in Judäa-Samaria-Gaza unter der Regierung der Arbeitspartei um ungefähr 50% gestiegen ist! Gegenüber Israel ist die Haltung der arabischen Welt unverändert geblieben.

Natürlich möchten viele, dass der Premierminister rascher handelt, drastischere Entscheidungen trifft und entschlossener durchgreift. Euphorie ist nicht angesagt, es herrscht aber Erleichterung vor. Benjamin Netanyahus Reaktionen angesichts der Schwierigkeiten, seine Handlungen und nicht seine Reden werden uns zeigen, ob Israel einen wirklichen Staatsmann oder einen einfachen Politiker gewählt hat.

In seiner ersten Investiturrede sagte Ronald Reagan: "Ich appelliere an eure besten Hoffnungen und nicht an eure stärksten Befürchtungen; an euer Vertrauen und nicht an eure Zweifel". In diesem Sinne wollen wir diese neue Seite der Geschichte Israels beginnen und das gesamte SHALOM-Team möchte Ihnen ein ausgezeichnetes neues Jahr wünschen.

Roland S. Süssmann
Chefredakteur - September 1996




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