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Inhaltsangabe Politik Frühling 1999 - Pessach 5759

Editorial - Frühling 1999
    • Editorial

Pessach 5759
    • Vermittlung des Judentums

Politik
    • Alle im Zentrum
    • Die Zersplitterung der Knesset

Interview
    • Grundsätze und Realpolitik

Analyse
    • Treibsand

Judäa – Samaria – Gaza
    • Efrat

Kunst und Kultur
    • Hebräische Manuskripte aus dem Mittelalter in der British Library
    • Arthur Szyk
    • Die musikalische Sprache der Torah

Reportage
    • Athen und Jerusalem
    • Griechisches Judentum - Quo Vadis ?
    • Saloniki

Gesellschaft
    • Eine moralische Verpflichtung

Wirtschaft
    • Die Welt der Formen öffnet sich den Blinden

Tsedaka
    •  Bereitschaft - Kompetenz - Hingabe

Ethik und Judentum
    • Die Risiken der Prävention

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Die Zersplitterung der Knesset

Von Roland S. Süssmann
Eine der Besonderheiten der gegenwärtigen Wahlkampagne liegt in der hohen Zahl der gegeneinander antretenden Parteien. Die Rechte ist zerstritten, die Linke hat sich in Splittergruppen aufgelöst. Dasselbe ist bei den ethnischen Parteien zu beobachten, wie beispielsweise bei Schas, den marokkanischen Juden, bei denen eine Untergruppe entstanden ist, sowie bei der russischen Partei Israel Bealiah von Nathan Schtaransky, die ebenfalls auseinandergegangen ist. Dadurch entstand eine neue Partei, die von Avigdor (Yvet) Lieberman geleitet wird und den Namen Israël Beïtenou (unser Haus Israel) trägt. Gekrönt wird das Ganze von der Schaffung einer neuen Partei, die sich im Zentrum sieht, unter der Leitung von General Itzchak Mordechai, der vor kurzem von Benjamin Netanyahu seines Amtes als Verteidigungsminister enthoben wurde. Diese neue Partei beschrieb mir ein Gemüsehändler auf dem Markt von Machaneh Yehudah in Jerusalem folgendermassen : „Diese Partei gleicht einem Flüchtlingslager. Hier kommen alle zusammen, die von Zuhause verjagt wurden…. Vox populi… Vox Dei ! Der Gemüsehändler spielte auf die Leitung im Kollegialsystem dieser neuen Partei an, die sich neben General Mordechai aus dem ehemaligen Generalstabschef Amnon Lipkin-Schachak (sozialistische Ausrichtung), dem ehemaligen Finanzminister von Benjamin Netanyahu, Dan Meridor (revisionistische Ausrichtung) und Roni Milo, dem früheren Bürgermeister von Tel Aviv, (revisionistische Ausbildung) zusammensetzt.
Um dieses neue Element in der israelischen Politik besser kennenzulernen, haben wir zwei Politiker mit hochgesteckten Zielen getroffen : der eine strebt das Amt eines Ministerpräsidenten an, nämlich Dr. BENJAMIN ZEEV BEGIN, der andere, AVIGDOR LIEBERMAN, möchte ganz einfach als Abgeordneter in die Knesset gewählt werden, und zwar als Chef einer neuen Partei der russischen Juden.

Die Kandidatur von Dr. Benjamin Z. BEGIN

Die politischen Entscheidungen von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu werden bei weitem nicht von allen gutgeheissen. Daher hat Dr. Benjamin Z. Begin der Likudpartei den Rücken gekehrt und bewirbt sich als Chef einer neuen Partei namens Cheruth um das Amt des Ministerpräsidenten. In seinen Augen unterscheidet sich der Likud unter der Leitung von Benjamin Netanyahu kaum von der Ideologie und den Forderungen der Arbeitspartei, beide vertreten eine Politik, die seiner Ansicht nach für Israel gefährlich ist. Er ist zur Überzeugung gelangt, dass der Likud seine Grundsätze aufgegeben hat, die aus untrennbar miteinander verbundenen Ideen bestanden : das Recht des jüdischen Volkes auf sein Land, die sein territoriales Erbe darstellen - Eretz Israel - und die direkte und logische Verbindung dieses Rechts mit demjenigen eines jeden Juden, in Sicherheit in diesem Land zu leben. Er ist überzeugt, dass die Abtretung der jüdischen Gebiete an Arafat ein fataler Fehler ist und einer Flucht nach vorn gleichkommt. Durch die Unterzeichnung strategischer Abkommen mit dem Hamas hat Arafat bewiesen, dass er keineswegs beabsichtigt, mit Israel in Frieden zu leben. Benjamin Begin ist der Meinung, dass die Fortführung dieser Politik zwangsläufig zu heftigen Zusammenstössen und zum Anstieg des arabischen Terrorismus in Israel führen wird. Er ist ebenfalls davon überzeugt, dass Oslo ein grosser Fehler war, für den Israel mit Blut und jüdischem Boden teuer bezahlen musste. Die PLO hat bewiesen, dass sie sich absolut nicht geändert hat, und falls Begin an die Macht gelangen sollte, würde er die unglückselige Erfahrung der Osloer Abkommen sofort beenden. „Ich werde meinerseits alles unternehmen, um diesen unverantwortlichen Prozess einzustellen, der aus der Abgabe der Gebiete besteht, die bestenfalls zu Zufluchtsstätten für Terroristen werden, die dort ihrer Strafe entgehen.“ Begin geht davon aus, dass seine Kandidatur notwendig ist, ja sogar als einzige die Ziele des nationalistischen Lagers und seine verschiedenen Programme vertreten kann, sowie einen realistischen Ansatz darstellt, um die politischen und internen Probleme zu lösen, unter denen Israel heute leidet, und seine Sicherheit in den kommenden Jahren gewährleisten wird. Begin glaubt nicht, dass er durch seine Kandidatur die Rechte schwächen wird. Er ist vielmehr der Ansicht, dass er denjenigen, die „vom Likud enttäuscht“ sind, eine Alternative bieten kann, da ihnen sonst ein politisches „Zuhause“ und eine ideologische Ausrichtung fehlen würden und sie nicht gewusst hätten, für wen sie stimmen sollen.

Israël Beïtenou

Avigdor Lieberman wendet sich in erster Linie an diejenigen, die sich vom politischen Leben Israels übergangen fühlen. Er ist der Meinung, dass zahlreiche Menschen, vor allem die Vereinigungen der neuen Einwanderer, in der „Oligarchie der Macht“, wie er sie nennt, nicht zugelassen sind. Er möchte die Stimme derjenigen erhalten, die etwas zu sagen haben, die sich eine positive Entwicklung in zahlreichen Bereichen des israelischen Alltags erhoffen. Zum Thema Aussenpolitik und Friedensprozess hat Lieberman uns gegenüber erklärt : „Die Situation ist unhaltbar geworden. Die Palästinenser führen täglich einen Guerillakrieg gegen uns, sei es im Libanon oder in den Gebieten, in denen auch ich wohne. Die israelische Gesellschaft ist an einen hohen Lebensstandard gewöhnt und ist nicht in der Lage, diese beständigen Spannungen zu verkraften. Die Araber werden sich bald entscheiden müssen, entweder Frieden mit uns zu schliessen, und zwar zu unseren Bedingungen, oder Krieg gegen uns zu führen. Meine grösste Sorge ist jedoch nicht unsere Beziehung zu den Palästinensern, sondern die Tatsache, dass wir versuchen müssen, untereinander Frieden zu schliessen. Nur dank einer nationalen Einheit werden wir mit den internen und externen Schwierigkeiten fertigwerden können.“ Lieberman ist mit den internen Mechanismen der israelischen Politik bestens vertraut, da er als Generalsekretär des Büros des Ministerpräsidenten tätig war und Hand in Hand mit Benjamin Netanyahu zusammengearbeitet hat.

Zahlreiche Ideen, kritische Gedanken und Programme werden regelmässig geäussert. Neue politische Zusammenschlüsse kommen zustande, während andere, die als langjährig und unerschütterlich galten, auseinandergehen. Die diesjährigen Wahlen in die Knesset werden, wie wir sehen, mit vielen Überraschungen aufwarten !


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