Editorial - April 1996
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Pessach 5756
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Der Weg in die Katastrophe
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Von Professor Mosche Sharon *
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Schimon Peres und Arafat versuchen eine Ware zu verkaufen, die sie gar nicht besitzen: "Frieden" und einen "Neuen Mittleren Osten". Arafat unterschreibt Verträge, die er nicht im geringsten einzuhalten gedenkt. Nächstes Jahr wird der gesamte, auf Trugschlüssen und Lügen aufgebaute "Friedensprozess" voraussichtlich in sich zusammenbrechen.
Am 13. September 1993 schüttelten Yitzchak Rabin und Yassir Arafat sich anlässlich der Unterzeichnung der "Grundsatzerklärung" für Frieden zwischen Israel und der PLO, die später unter der Bezeichnung "Erstes Osloer Abkommen" bekannt wurde, vor dem Weissen Haus die Hand.
Darauf folgte einige Monate später (im Mai 1994) die Unterzeichnung eines Vertrages in Kairo, der Arafat die Herrschaft über Gaza und Jericho zuerkannte, und am 28. September 1995 ratifizierte Rabin in Washington das Zweite Israelisch-Palästinensische Interimsabkommen, in dem Arafat die beinahe gesamte "Westbank" abgetreten wurde. Die dritte Verhandlungsphase zwischen Israel und Palästina wird sich mit der endgültigen Beilegung des israelisch-palästinensichen Konfliktes befassen und sollte im Mai 1996 beginnen.
Nach dem endgültigen Abschluss der Verhandlungen erhoffen sich die Palästinenser die Erreichung folgender Zielsetzungen:
1. den Rückzug der israelischen Streitkräfte innerhalb der vor dem Waffenstillstand von 1967 gültigen Grenzen;
2. die Umsiedlung aller 150'000 in Judäa und Samaria lebenden Juden und die Übergabe von über 144 im Verlauf der letzten 27 Jahre dort erbauten Städten und Dörfern an die Palästinenser;
3. die Schaffung eines palästinensischen Staates in diesen Gebieten;
4. die Öffnung der Grenzen dieses Staates für Zehntausende von palästinensischen Arabern und ihre Niederlassung in den Häusern der vertriebenen Juden.
Drei Hauptfragen, die den eigentlichen Kern des Konfliktes bilden, werden die Palästinenser zu ihrem Vorteil ungeklärt lassen: das Anrecht mehrerer Millionen Nachkommen der "Flüchtlinge von 1948" auf eine Rückkehr nach Israel, die Bestimmung der endgültigen Grenzen zwischen Israel und dem palästinensischen Staat und die Forderung nach der Kontrolle über Ost-Jerusalem.
Geht Israel auf einen einzigen dieser Punkte, geschweige denn auf alle drei, ein, bedeutet dies das Ende Israels. Lehnt es sie ab, besitzen die Palästinenser und Araber einen Vorwand, um die Friedensabkommen zu verwerfen. Dann wird Israel entdecken, dass es wichtige Sicherheiten umsonst geopfert hat, und wird in seinem schmalen Käfig am Rande des Mittelmeeres wieder um seine Existenz kämpfen müssen.
Jede verantwortungsbewusste israelische Regierung hätte diese drei Punkte als erstes am Verhandlungstisch aufgeworfen und erst danach entschieden, die Stellung auch nur eines einzigen Soldaten zu verändern.Die gegenwärtige Politik, die sich nur mit nebensächlichen Fragen befasst und die von Israel mit dem Verzicht auf strategischer und nationaler Sicherheiten schwer bezahlt wird, ist der sicherste Weg in die Katastrophe. Sie entspricht genau der arabischen Strategie, den Konflikt mit den Juden offen zu lassen und den jüdischen Staat in der Zwischenzeit schrittweise zu vernichten.
Als Gegenleistung für Israels Zustimmung zum Grundsatz der palästinensischen nationalen Rechte und zum Rückzug aus dem grössten Teil von Judäa-Samaria und aus Gaza verpflichtete sich Yassir Arafat, seinen Teil des Abkommens einzuhalten, zumindest was die drei folgenden Punkte betrifft: erstens die Aufhebung der palästinensischen Charta, zweitens die Einstellung sämtlicher Terrorakte gegen Israel und drittens den Einsatz aller Informations- und Ausbildungsmöglichkeiten zur Vorbereitung der palästinensischen Öffentlichkeit auf die neue Zeit des Friedens, in Übereinstimmung mit der Präambel des Ersten Osloer Abkommens, gemäss welcher die israelische und die palästinensische Partei vereinbarten, "alles in ihrer Macht stehende in Hinsicht auf ein Zusammenleben in Frieden, gegenseitiger Achtung und Sicherheit zu unternehmen".
Die Palästinenser haben keine einzige dieser Verpflichtungen eingehalten. Die palästinensische Charta wurde weder aufgehoben noch abgeändert. Der palästinensische Terror nahm um ein Vierfaches zu: seit der Unterzeichnung der Abkommen in Oslo und in Kairo haben palästinensische Terroristen über 180 unschuldige Israelis umgebracht. Die antiisraelische Werbung wird auf allen Ebenen verstärkt, und das Bildungssystem verbreitet weiterhin Hass gegenüber Israel und den Juden. In Israel ist Friede als offizielles Schulfach überall eingeführt worden, und die Medien haben ihre bedingungslose Unterstützung desselben angeboten. Ferner verspricht Israels Premierminister Shimon Peres den Bürgern von Israel Frieden und Sicherheit sowie einen "Neuen Mittleren Osten".
Anhand überholter marxistischer Theorien entschied Peres, dass alle Missstände im Mittleren Osten auf Armut zurückzuführen seien. Sobald alle reich und zufrieden sind, werden sich demnach Liebe und Friede durchsetzen, und die Araber werden keinen Grund mehr haben die Juden zu hassen. Das "Evangelium nach Peres" verkündet also, dass in dieser kriegs- und hassgeplagten Region ein neuer Wirtschaftsplan und ein Paar Milliarden Dollar ausreichen, um ein messianisches Zeitalter herbeizuführen. Dabei übersieht er geflissentlich einige "unwichtige" Punkte, wie beispielsweise den Islam, die Geschichte, die despotischen arabischen Regierungssysteme sowie die kulturellen und sonstigen Unterschiede der israelischen und arabischen Gesellschaften, die zwischen den arabischen Moslems und den Juden wie ein dunkler Abgrund klaffen.
Wäre es Peres mit seinem Trugbild eines "Neuen Mittleren Osten" nicht so ernst gewesen und hätten ihn einige westliche Mächte nicht so ernst genommen, hätte man diese Ideen wohl als Scherz aufgefasst. In ihrer heutigen Form sind sie jedoch äusserst gefährlich. Sie verkörpern nämlich eine inexistente Ware, die Peres beharrlich verkaufen will.
In Wahrheit wird der grösste Teil der arabischen Welt von Diktaturen beherrscht und kennt die Agitation starker islamischer Bewegungen, welche die derzeitige Situation im Mittleren Osten völlig normal finden. Sie haben gewiss nicht auf einen israelischen Juden gewartet, der ihnen beibringen soll, wie sie ihr Leben zu führen haben. Anfang September 1995 erklärte der ägyptische Präsident Hosny Mubarak, die Araber seien mit dem "alten Mittleren Osten" ganz zufrieden und durchaus in der Lage, ihre Probleme ohne die unerwünschte Hilfe von Peres zu lösen.
Darüber hinaus haben Peres' Ideen zur Wirtschaftsentwicklung im Mittleren Osten die arabischen und islamischer Antisemiten mit zusätzlichen Waffen versorgt, da sie auf "den jüdischen Wunsch nach Kontrolle über die Weltwirtschaft und auf das gierige Grapschen der Juden nach arabischem Reichtum" pochen konnten. In der Einleitung zur Übersetzung von Peres' Werk über den "Neuen Mittleren Osten" weist der ägyptische Verleger darauf hin, dass das Buch die Echtheit der "Protokolle der Weisen Zions" belegt, d.h. der antisemitischen Broschüre aus dem 19. Jahrhundert, die einen teuflischen jüdischen Plan zur Beherrschung der Welt aufdeckte.
Peres' Ideen sind für die Juden in Israel nicht weniger gefährlich. Letztere wollen daran glauben, dass am Ende dieses dornenreichen Weges der wunderbare "Neue Mittlere Osten" leuchtet, der ihnen ewige Sicherheit und Ruhe garantiert. Dieses Einstellung der öffentlichen Meinung, die von den nichtssagenden Erklärungen der Medien gefördert wird, veranlasst die Menschen ihren Schutzwall zu verringern und die Realität durch ihre Träume zu ersetzen. Die Erzeugung falscher Hoffnungen in der israelischen Öffentlichkeit und die Schaffung einer Atmosphäre trügerischer Ruhe kann sich als fatal erweisen, wenn das Land mit seinem verringerten Staatsgebiet und seinen praktisch nicht zu verteidigenden Grenzen einer nunmehr unvermeidlichen grossen Militärkrise gegenübersteht.
Auch Arafat kann die Ware nicht liefern, die er seinen Anhängern ständig versprochen hat. Er verpflichtet sich, nicht nur Jerusalem für sie zu erobern, sondern auch die "Rückkehr" einiger Millionen Nachkommen der arabischen Flüchtlinge von 1948 nach Israel selbst zu gewährleisten. Es ist schwer vorstellbar, dass irgendeine israelische Regierung der Schaffung einer Situation zustimmen wird, die einem Todesurteil für den jüdischen Staat gleichkommt.
Im Gegensatz zu Peres hat es Arafat aber nicht eilig, die versprochene Ware zu liefern. Er kann weiterhin alle nur denkbaren Zugeständnisse von Israel in Empfang nehmen, ohne seine Versprechungen für die Zukunft einzustellen. Tagtäglich zeigt Arafat, dass er in der Lage ist, sich von den Abkommen das auszusuchen, was er halten und was er ignorieren will, ohne sich irgendwelchen Sanktionen auszusetzen. In der Zwischenzeit kann er ungewöhnliche Resultate vorweisen: Israel ist auf dem Rückzug und als Gegenleistung für die tatsächlichen Konzessionen Israels hat er bisher nichts als Worte geboten. "Worte werden nicht verzollt", sagt ein arabisches Sprichwort.
Die palästinensische Charta, der Plan für die Zerstörung Israels, ist immer noch in Kraft, aber auch nach einer eventuellen Abänderung bekräftigt sie die Strategie Arafats. Noch im August 1994, d.h. einige Monate nach der Unterzeichnung des ersten Osloer Abkommens, verpflichtete sich Arafat in einer in Tunesien gehaltenen Rede gegenüber den PLO-Mitgliedern in der ganzen Welt, kein einziges Wort an der Charta zu verändern solange er lebe. Noch am 19. September 1995, nur neun Tage vor der Unterzeichnung des Interimabkommens, erklärte er in einem Interview mit der arabischen Zeitung "Al-Dustur", dass das Osloer Abkommen der Erfüllung des 1974 durch den Palästinensischen Nationalen Rat verabschiedeten Plans entspricht. Dieser Plan sah die "schrittweise" Vernichtung Israels vor.
Trotz der ausdrücklichen Verpflichtung zur Einstellung des Terrorismus und zur Auslieferung der Verantwortlichen von Terroranschlägen an Israel, die Arafat in den verschiedenen Abkommen einging, sind Gaza und Jericho zu Zufluchtsstätten für palästinensische Judenmörder geworden. Nach der Unterzeichnung des Osloer Abkommens lag die durchschnittliche Zahl getöteter Juden bei 80 Menschen pro Jahr, während in den ganzen 5 Jahren der Intifada 125 Juden umgebracht worden waren, d.h. im Durchschnitt 25 pro Jahr. Arafat hat gelernt, dass einige Worte in englischer Sprache, mit welchen er die Ermordung unschuldiger Menschen "verurteilt", ihn immer wieder von seiner Verantwortung in bezug auf die von ihm eingegangene Verpflichtung befreien, derartige Verbrechen zu unterbinden. Gleichzeitig wendet er sich in arabischer Sprache an sein Volk und fördert bei ihnen auf diese Weise Kampfeswillen und Hass. Am Tag nach dem Massaker am 22. Januar 1995 von 20 Soldaten in einem Bus nahe der "Beth Lid Junction" (in der Nähe von Natanyah), betonte er in einer vom palästinensischen Fernsehen ausgestrahlten Ansprache: "Wir werden töten und getötet werden! Wir werden töten und getötet werden! ... unsere Brüder, die Helden des Djihads". In anderen Reden danach und bis zur Verfassung des vorliegenden Artikels hat Arafat nacheinander jeden Terroristen gepriesen, der Juden entweder in Israel oder im Ausland ermordet hat, und ihn als Helden hingestellt.
Den Palästinensern, die ihm die Unterzeichnung der Abkommen mit den jüdischen Ungläubigen vorwerfen, versichert er, dass das Abkommen mit Israel dem vom Propheten Mohammed mit dem Quraysh-Stamm in Hudaybiyyah eingegangenen Vertrag entspricht.
Im Jahre 628 unterzeichnete der Prophet Mohammed in Hudaybiyyah mit seinen Feinden, dem Stamm der Qurayish, den Herrschern über Mekka, ein Waffenstillstandsabkommen über zehn Jahre. Zwei Jahre später hatte er ein grosses Heer gebildet, und als er begriff, dass die Qurayshiten im Vertrauen auf die Einhaltung des Abkommens ihre militärische Macht aufgegeben hatten, bediente er sich des erstbesten Vorwandes, um das Abkommen aufzuheben, den Quraysh-Stamm anzugreifen und Mekka zu erobern.
Arafat liegt dieser geschichtliche Präzedenzfall besonders am Herzen. Seitdem er den Hudaybiyyah-Vertrag zum ersten Mal am 23. Mai 1994 in Johannesburg erwähnte, wiederholt Arafat immer wieder dieselbe Idee, die eigentlich beweist, dass er in den Abkommen mit Israel nichts anderes sieht als einen provisorischen Waffenstillstand mit den Ungläubigen, einen taktischen Zug im ewigen Djihad.
Nichts sähe Arafat lieber, als dass die Israelis ein unvorsichtiges Verhalten wie die Quryshiten an den Tag legten, und bisher haben sie ihn in dieser Hinsicht nicht enttäuscht.
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