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Inhaltsangabe Interview Herbst 2001 - Tischri 5762

Editorial - Herbst 2001
    • Editorial

Rosch Haschanah 5762
    • Die Quellen der Hoffnung

Politik
    • Israel ohne politische Strategie

Interview
    • Pragmatismus und Optimismus
    • Terror und Strategie
    • Der Echte «neue Mittlere Osten»
    • Vollblutaraber !

Judäa – Samaria – Gaza
    • Kfar Adumim

Kunst und Kultur
    • Schätze
    • Mischa Alexandrovich
    • Simeon Solomon ( 1840-1905)

Wissenschaft und Forschung
    • Eine Rakete im Bauch !

Junge Leader
    • Der Chefkoch Avi Steinitz

Litauen
    • Unmögliche Palingenese
    • Neue Blüte oder Überlebenskampf?
    • Die Schule Schalom Aleïchem
    • Spitzenleistungen und Vernichtung
    • Paneriai
    • Ein Zeichen aus dem Jenseits
    • Ein lebendiges Zeugnis
    •  Weder Wilna - noch Wilno - sondern Wilne !
    • Mamme Luschen in Wilne!
    • «Dos is geven unser Glick !»
    • Litauen Quo Vadis ?
    • Litauische Zweideutigkeit
    • Erinnerung in Bildern

Ethik und Judentum
    • Zwischen Vorsicht und Panik

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Pragmatismus und Optimismus

Von Roland S. Süssmann
Der 13. Mai 1940 war einer der schwärzesten Tage des Zweiten Weltkriegs. An diesem Tag verkündete Sir Winston Churchill, der Nachfolger von Arthur Neville Chamberlain, als Premierminister in London vor dem House of Common: «Ich habe nichts anderes zu bieten als Blut, mühsame Arbeit, Schweiss und Tränen.» Auf diese Worte des damaligen englischen Premierministers spielte der einzige Staatsmann unserer Zeit, General ARIEL SHARON, Premierminister des Staates Israel an, als er mir in einem exklusiven und intensiven 70-minütigen Gespräch sagte: «Trotz unserer gegenwärtigen Schwierigkeiten blicke ich der Zukunft mit Zuversicht entgegen. Wir werden diesen Kampf nur dank unserem Mut, unserer Geduld, der Beherrschung unserer Kraft und unserer Entschlossenheit gewinnen.»
Es kann nicht das Ziel einer ausführlichen, detaillierten und gründlichen Situationsanalyse mit dem israelischen Premierminister sein, die genauen Aktionspläne der Regierung in der Presse auszubreiten oder ihre langfristige Strategie zu enthüllen. Nein, dieses sehr ungewöhnliche Interview soll die grossen Linien aufzeigen, die der Premierminister bei seinem Vorgehen verfolgt, und die wesentlichen Grundsätze in Erinnerung rufen, die den aktuellen Kampf des jüdischen Staates prägen.

In einem Editorial im August schrieb die israelische Tageszeitung Haaretz, die für ihre linksorientierte Einstellung bekannt ist, dass die gegenwärtigen Spannungen sehr viel schneller beigelegt wären und der Friedensprozess neu angekurbelt würde, wenn die jüdischen Städte und Dörfer in Judäa, Samaria und Gaza nicht existierten, da diese einen wesentlichen Grund für die Auslösung des aktuellen Konflikts darstellen. Erscheint Ihnen diese Überlegung richtig? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum?

Sie ist absolut haltlos. Man muss sich zunächst klar machen, dass die Männer und Frauen, die in diesen Regionen leben, in Wirklichkeit die Soldaten unserer Nation sind, die sich in den vordersten Positionen und Stellungen des Landes befinden. Sie verteidigen unsere am meisten gefährdeten Gebiete. Ohne sie würde uns grosse Gefahr drohen. Ihre Präsenz verkörpert nicht nur eine Art des wirksamen Schutzes für alle, sie verhindert zudem auch die Schaffung eines Palästinas, das sich von den Grenzen des Iraks bis in die Vororte von Tel Aviv erstrecken würde. Aus diesem Grund fordere ich jeden Juden auf, diese Bevölkerung nachhaltig zu unterstützen. Man muss sich bewusst sein, dass Israel ohne diese Männer und Frauen, die durch ihre Präsenz in den Gebieten ein schwieriges Leben auf sich zu nehmen gewillt sind, seit langem wieder in die Grenzen zurückgedrängt worden wäre, wie sie vor dem Sechstagekrieg bestanden, und dass wir dadurch extrem geschwächt wären. Kein einziger Jude, sei es in Israel oder in der Diaspora, könnte noch mit hocherhobenem Kopf leben, wie wir dies heute tun.

Bei Ihrer Wahl waren alle davon überzeugt, dass Sie zur Wiederherstellung der Ruhe eine Reihe von massiven Angriffen gegen die Araber anordnen würden, die in den Gebieten leben. Und nun vertreten Sie jedoch eine Politik der drastischen Zurückhaltung. Weshalb?

Wir sind der Ansicht, dass dies die einzige Erfolg versprechende Haltung in dieser Situation ist, und ich kann behaupten, dass unsere Vorgehensweise bis heute tatsächlich erfolgreich war. Wir befinden uns jedoch in einem extrem schwierigen Kontext, den wir nicht leicht und vor allem nicht schnell überwinden können, in dem eine Politik der Zurückhaltung nicht nur angebracht ist, sondern auch die einzige Möglichkeit ist, unser Ziel zu erreichen.
Bei jeder meiner Aktionen, bei jeder meiner Entscheidungen denke ich daran, dass ich nicht nur die Verantwortung für meine Mitbürger, d.h. die israelische Bevölkerung, trage, sondern für das gesamte jüdische Volk auf der ganzen Welt. Ich erwarte folglich von jedem Juden, dass er sich auch für Israel verantwortlich fühlt. Es ist bekannt, dass alles, was uns hier zustösst, sich direkt auf das Leben der Juden in der Diaspora auswirkt, und aus diesem Grund ist die aktive Solidarität heute wichtiger denn je. Ich bin persönlich nicht im geringsten bereit, in die Falle zu tappen, die uns die PLO aufstellt, die uns in einen umfassenden regionalen Krieg hineinziehen will, dessen Folgen unvorhersehbar sind. Ich habe ausserdem allen Grund zur Annahme, dass keiner der unmittelbar angrenzenden arabischen Staaten sich in ein unüberlegtes militärisches Unterfangen gegen uns stürzen möchte.


Wie gedenken Sie die Welle des arabischen Terrors aufzuhalten, die gegenwärtig Israel heimsucht und die neben den Menschen auch den Tourismus tötet?

Das Kabinett hat beschlossen eine Reihe von Massnahmen zu ergreifen, vor allem präventiver Art, die wir um jeden Preis durchziehen wollen. Ich werde die Einzelheiten unserer militärischen Aktionspläne nicht an dieser Stelle enthüllen, doch ich möchte die Gelegenheit ergreifen, um den Juden der ganzen Welt mitzuteilen, dass der einzige Weg das Land tatkräftig zu unterstützen darin besteht, Israel zu besuchen. Solidarität zeigt sich nicht in Worten, sondern in Taten. Natürlich wünsche ich mir und rufe auch dazu auf, dass sich die Juden in Israel niederlassen. Wie ich Ihnen in meinem Brief mit den Pessach-Wünschen schrieb, möchte ich, dass eine Million Juden nach Israel ziehen. Dies ist eines der Hauptziele meiner Regierung, das meiner Meinung nach durchaus zu verwirklichen ist. Wir sind bereit alles zu tun, um jenen die Eingliederung in die israelische Gesellschaft zu erleichtern, die sich für ihre Alyah entscheiden, was auch die Beilegung der internen Probleme Israels beinhaltet, insbesondere die Verringerung der Kluft, die sich zwischen den verschiedenen Elementen unserer Gesellschaft auftut.
Werfe ich einen kurzen Blick auf die jüdische Welt, dann stelle ich fest, dass die jüdische Gemeinschaft in Südamerika, die mehrere hunderttausend Mitglieder umfasst, eine schwere wirtschaftliche Krise durchmacht, dass in Südafrika noch 80'000 Juden leben und dass Frankreich, wo heute fünf Millionen Moslems leben und wo der Antisemitismus ansteigt, eine wunderbare Gemeinschaft von 750'000 Seelen aufweist. Und schliesslich wohnen in der ehemaligen UdSSR gemäss dem Rückkehrgesetz immer noch eine Million Juden. In Anbetracht all dieser Faktoren wirkt die Einwanderung von einer Million Menschen keineswegs illusorisch.

Welches wäre Ihrer Ansicht nach das beste Mittel, die Auswanderung dieser Gemeinschaften nach Israel zu unterstützen?

Der Schlüssel liegt bei der Förderung und Entwicklung der jüdischen Erziehung und Bildung, beim Studium der Bibel, beim Erlernen der hebräischen Sprache, der jüdischen Geschichte und der Geschichte des Landes Israel. Die Juden müssen überzeugt sein, dass wir einen Anspruch auf dieses Land besitzen. Ich möchte daran erinnern, dass es zu jeder Zeit eine kontinuierliche jüdische Präsenz hier gegeben hat und dass die erste Volkszählung, die 1840 in Jerusalem durchgeführt wurde, bereits ergab, dass die Mehrheit der Bewohner Juden waren. Für mich ist die Tatsache, ein Jude zu sein, das Wichtigste, und ich bin immer sehr stolz darauf gewesen. Ich hoffe, dass meine Glaubensbrüder und –schwestern sowohl in der Diaspora als auch in Israel diese Empfindung teilen.

Woran denken Sie genau, wenn Sie von Solidarität sprechen?

Die gegenwärtige Situation betrifft natürlich alle, erfüllt uns gar mit Besorgnis, und viele Themen regen zum Nachdenken an. Es gibt jedoch einen wesentlichen Punkt, der uns allen am Herzen liegen sollte, nämlich das Problem Jerusalem. In dieser Frage ist es die Pflicht eines jeden Juden, unsere Rechte nachdrücklich zu verteidigen. Ich spreche wohlweislich von Pflicht, denn Jerusalem gehört uns ja nicht, wir wurden nur als zeitweilige Hüter eingesetzt, um die Stadt unversehrt an die nachfolgenden Generationen zu übertragen. In diesem Sinne erwarte ich von jedem Juden, dass er uns bei jeder Aktion, jedem Vorgehen unterstützt, mit dem wir Jerusalem als vereinigte Hauptstadt Israels erhalten wollen, das Herz des jüdischen Volkes mit dem Tempelberg im Zentrum.

Der Tempelberg ist aber bis heute für Juden gesperrt. Wann glauben Sie, dass er wieder allgemein zugänglich sein wird?

Erst seit der Befreiung Jerusalems 1967 sind alle heiligen Stätten für jedermann frei zugänglich. Dieses Recht gilt beim Tempelberg auch für die Juden. Ich denke aber, dass gewisse noch ungelöste Probleme mit Fingerspitzengefühl behandelt werden müssen, und ich zweifle nicht daran, dass die Juden sich eines Tages wieder problemlos und ungehindert auf den Tempelberg begeben können.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt war Ihr Vorgänger bereit, den Golan wieder an Syrien abzutreten. Haben Sie ein Programm für die massive Besiedlung dieser Anhöhen ausgearbeitet?

Israel ist bereit, mit jedem arabischen Staat zu verhandeln, ganz ohne Vorbedingungen, und dies gilt natürlich auch für Syrien. Auf dem Golan geht in der Zwischenzeit das Leben weiter, und dazu gehört auch seine Entwicklung.

Neben den militärischen Problemen muss Israel auch mit einer wirtschaftlichen Krise fertig werden. Was werden Sie unternehmen, um ihrer Herr zu werden?

Wir haben zahlreiche Veränderungen vorgesehen, die gegenwärtig umgesetzt werden. Zunächst werden wir vermehrt privatisieren und die Bürokratie drastisch verschlanken, um neue Investitionen im Land zu fördern, insbesondere im Bereich der Spitzentechnologie. Man muss aber verstehen, dass die militärische und politische Situation es erfordert, dass das Land über bedeutende Ressourcen verfügt; daher ist es im Moment nicht denkbar, die Einfuhren deutlich einzuschränken. Die neuen Massnahmen müssen schrittweise durchgesetzt werden. Darüber hinaus müssen sehr grosse Ausgaben getätigt werden, um die wichtigsten Infrastrukturen des Landes zu verbessern.

In diesem Zusammenhang muss man einräumen, dass Galiläa ein wenig im Rückstand ist. Werden Sie eine Autobahn zwischen Haifa und Tiberias bauen lassen?

Wir haben unser Entwicklungsbudget in zwei Bereiche aufgeteilt. Der erste Teil ist der Erziehung vorbehalten und dient in erster Linie der Vermittlung und dem Unterricht der zionistischen Werte an die Schüler. Bei derselben Gelegenheit möchten wir unseren Studenten die beste und modernste wissenschaftliche Ausbildung anbieten, damit wir jeder Form der Konkurrenz durch die fortschrittlichsten Länder standhalten können. Der zweite Teil des Budgets betrifft die Entwicklung der Infrastruktur des Landes, dazu werden mehrere Projekttypen untersucht. Wie ich bereits sagte, kann all dies nur ganz allmählich geschehen. Wir dürfen ja nicht vergessen, dass wir die gegenwärtige weltweite Rezession und vor allem den Zusammenbruch der Welt der Spitzentechnologie spüren, in der zahlreiche israelische Gesellschaften aktiv beteiligt waren. Dazu kommen die extrem hohen Kosten für die Beibehaltung der Sicherheitsvorkehrungen angesichts des arabischen Terrors. Wenn ich in dieser Hinsicht von der weltweiten jüdischen Solidarität spreche, denke ich, dass die Juden zu einem Besuch in Israel verpflichtet sind, sei es nur um unsere Wirtschaft zu unterstützen. Zu diesem Thema bereite ich zur Zeit ein Solidaritätsmeeting des Weltjudentums vor.

Sie haben die Präsenz von fünf Millionen Moslems in Frankreich und den Anstieg des Antisemitismus angesprochen. Sind Sie sehr besorgt über das rasante und weltweite Fortschreiten der Islamisierung?

Wenn wir von einer unmittelbaren Gefahr für die Stabilität im Mittleren Osten oder in der Welt sprechen, meinen wir damit den Terrorismus, sowohl auf lokaler als auch auf internationaler Ebene. Das Zentrum des weltweiten Terrors befindet sich in unserer Region, daran beteiligt sind Bin Laden, der in Afghanistan lebt, der Hisbollah und die Iraner, die sich mit der direkten Unterstützung Syriens ihr eigenes unabhängiges Zentrum für Terror im Libanon errichten. Längerfristig werden wir von einer anderen Form der Gefahr bedroht, es handelt sich um die Entwicklung von effizienten Vernichtungswaffen, die zur Zeit im Irak und Iran ausgearbeitet werden. In diesem Bereich treffen wir hier in Israel die notwendigen Vorsichtsmassnahmen, doch ich glaube, dass sich dieser Kampf auch auf internationaler Ebene organisieren sollte. Es wäre sinnvoll, wenn eine internationale Koalition der freien Welt für den Kampf gegen den Terror entstehen würde. Es wäre ebenfalls notwendig im Irak wieder Inspektionen (ernsthafter Art diesmal) einzuführen, um zu verhindern, dass dieses Land über Atomwaffen verfügt. Man darf sich keinen Illusionen hingeben, die Iraker und die Iraner besitzen das erforderliche Know-how zur Herstellung von nuklearen Waffen und ausserdem erhalten sie bedeutende Unterstützung aus Nordkorea und Russland.

Seit Ihrem Amtsantritt sind Sie mit den meisten wichtigen Staatschefs zusammengetroffen. Sie haben ihnen sicher die Risiken und Gefahren dargelegt, wie Sie es eben getan haben. Haben Ihre Gesprächspartner Verständnis gezeigt?

Die ganze Welt versteht die Gefahren des Terrors und alle wünschen sich einen stabilisierten Mittleren Osten. Ich habe deutlich erklärt, dass Israel bereit ist, zu Gunsten eines echten, authentischen, vollständigen und dauerhaften Friedens sehr schmerzliche Zugeständnisse zu machen. Israel ist jedoch nicht gewillt, in Bezug auf Fragen seiner Sicherheit die geringsten Konzessionen zu machen oder Risiken einzugehen, welche die Existenz des Staates gefährden. Ich habe ebenfalls betont, dass wir die Bedeutung der Stabilität im Mittleren Osten sehr wohl einsehen, die in unserem Interesse und in demjenigen Europas liegt. Doch wir werden den Preis für diese Stabilität nicht bezahlen, das kommt nicht in Frage. Meine Beziehungen zu anderen Ländern und Staatschefs beruhen auf einem einzigen Kriterium: Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Ja heisst ja, doch nein heisst auch endgültig nein. Ich denke das, was ich sage und setze es in die Tat um, ich sage auch, was ich denke. Dies wird von allen geschätzt, auch wenn meine Ansichten nicht allen gefallen, ich vertrete aber die Interessen des Staates Israel. Ich kann auch nicht behaupten, dass mir das gefällt, was ich in der Welt sehe. Wenn wir Morde in Israel verhindern wollen, müssen wir Präventivmassnahmen ergreifen, was wir mit grösster Zurückhaltung tun. Weil wir aber so handeln, werden wir verurteilt. Wenn jedoch die Palästinenser ihre Verbrechen begehen, werden beide Seiten verurteilt! Wir stehen folglich vor einer völligen Asymmetrie.

Sie verteidigen das gute Recht Israels auf Selbstverteidigung demnach in einer recht feindlich eingestellten internationalen Umgebung. Können Sie aufgrund Ihrer klaren Worte jede Form der Druckausübung abstreiten?

Meine Erklärungen sind ausreichend durchsichtig und dokumentiert, damit sie auf ein Mindestmass an Verständnis stossen. Dies wird nicht immer geschätzt. So habe ich anlässlich meines Besuchs in Ankara, als ich daran erinnerte, dass der Tempelberg die heiligste Stätte des Judentum ist, einige Gesichter erbleichen sehen, jemand hat mir sogar zugeflüstert, ich solle mich «vorsichtiger ausdrücken», weil wir uns in einem moslemischen Land befänden. Die Türken haben meine Offenheit allerdings geschätzt, so wie auch die Tatsache, dass ich stolz auf meine Nation bin und unsere Rechte verteidige. Was den Kampf gegen den Terror angeht, habe ich übrigens jedem einzelnen meiner internationalen Gesprächspartner erklärt, einschliesslich dem amerikanischen Staatssekretär, wie die verschiedenen Etappen aussehen, die eine Beendigung der Gewalt ermöglichen würden. Es gibt nur ein Mittel, um Arafat dazu zu bringen, konkrete Massnahmen gegen den Terrorismus zu ergreifen: man muss Druck auf ihn ausüben und ihn isolieren. Die freie westliche Welt sollte nicht mit einem Terroristen verhandeln, sondern ihm klar zu verstehen geben, dass sie jede Form des Terrors ablehnt. Ich habe auch erklärt, dass wir es nicht mehr zulassen würden, dass Terroranschläge, insbesondere in Jerusalem, ungestraft bleiben.

Dennoch ist Ihre Aktion im Haus des Orients und in Abu Dis von der internationalen Gemeinschaft verurteilt worden. Wie haben Sie diesen aussergewöhnlichen Schritt gegenüber Ihren Gesprächspartnern in der Weltpolitik rechtfertigt?

Ich habe erklärt, dass alle Aktivitäten des Hauses des Orients einen direkten Verstoss gegen das israelische Gesetz darstellen und alle mit der PLO unterzeichneten Abkommen verletzen. Es handelt sich nicht um eine Eskalation der politischen Spannung, sondern einfach um die Durchsetzung des Gesetzes. Sowohl im Haus des Orients als auch in Abu Dis haben wir Waffen, Sprengstoff und eine grosse Zahl anderer besorgniserregender und gefährlicher Elemente gefunden, die uns das bewiesen, was wir seit langem vermuteten, dass diese Häuser nämlich Zentren des Terrors waren. Wir sind nicht bereit, dies länger zu akzeptieren.
Ich habe ebenfalls daran erinnert, dass Länder wie Ägypten, Syrien und Saudiarabien die Präsenz von radikalen oder fundamentalistischen Terroristengruppen innerhalb ihres Staatsgebiets nie zugelassen haben. Wir wissen, dass die Anhänger dieser Gruppierungen auf brutalste Weise eliminiert wurden, wie dies von Israel oder den Vereinigten Staaten niemals akzeptiert würde.
Ich höre viele Dinge über die Klagen der arabischen Länder betreffend unsere Politik. Dabei sind es gerade sie, vor allem Ägypten, die durch ihre täglichen hasserfüllten, judenfeindlichen und antiisraelischen Hetzreden in der Regierungspresse die Araber der Gebiete dazu aufrufen, noch vermehrt Gewaltakte gegen uns durchzuführen. Ich habe der Welt jedoch ausführlich dargelegt, dass eine Verurteilung Israels den Arabern das Gefühl verleihen würde, dass wir die Schuldigen sind, und sie dadurch ermutigen würden. Dies würde unweigerlich zu einer Verzögerung bei der Wiederbelebung des politischen Prozesses führen, der eine Lösung in der Zukunft vorbereiten soll. Für uns kommt es nicht in Frage, den Terrorismus zu belohnen, und solange er existiert, werden wir nicht verhandeln. Bis heute hat Arafat sein Versprechen, dem Terror Einhalt zu gebieten, überhaupt nicht eingehalten. Er hätte das Blutbad in der Pizzeria in Jerusalem sehr wohl verhindern können, indem er diejenigen verhaftete, die den Auftrag erteilten, wir hatten ihm die Namen mitgeteilt. Wir wollen diese Situation nicht mehr hinnehmen.

Dürfen wir nun eine persönliche Frage stellen: mir wurde wiederholt das Privileg zuteil, im Büro des israelischen Premierministers empfangen zu werden. Bei keinem einzigen Ihrer Vorgänger habe ich in der Bibliothek hinter dem Schreibtisch den Talmud oder den Schulchan Aruch (Kodifizierung der jüdischen Gesetzgebung) gesehen. Wieso umgeben Sie sich mit diesen Werken?

Diese heiligen Bücher befinden sich, wie Sie sehen, parallel zur Landesflagge. Es handelt sich selbstverständlich um das Symbol für die jüdische Erziehung und Identität. Sie haben bestimmt auch bemerkt, dass die Umschläge sich in ausgezeichnetem Zustand befinden, was zeigt, dass ich im Moment leider keine Zeit habe sie zu studieren. Ich hoffe, dass ich aber eines Tages viel Zeit darauf verwenden kann.
Sie sagen mir, ich sei der erste Premierminister, dem Sie begegnen, der sich mit heiligen Büchern umgibt. Ich bin auch der erste, der überall auf der Welt seine Reden mit den Worten beginnt «In erster Linie bin ich ein Jude», und der jeden Besucher folgendermassen empfängt: «Willkommen in Jerusalem, der Hauptstadt des jüdischen Volkes seit 3000 Jahren, der vereinigten und untrennbaren Hauptstadt des Staates Israel, in deren Zentrum sich die heiligste Stätte der Juden befindet, der Tempelberg». Dies mag unwichtig erscheinen, doch glauben Sie mir, es ist von Bedeutung und wird geschätzt.
Abschliessend möchte ich sagen, dass wir in einer extrem komplizierten Situation leben und einen sehr harten Kampf aufgenommen haben, den wir gewinnen werden. Wir sind auf die Solidarität des gesamten jüdischen Volkes angewiesen, das verstehen muss, dass Israel nicht ein «israelisches Projekt» ist, sondern ein Unterfangen, das die Juden in aller Welt betrifft. Alles, was hier geschieht, wirkt sich auf das Leben jedes Juden aus, egal wo er wohnt, und deshalb müssen die Juden der Diaspora uns unterstützen, nach Israel auswandern und solidarisch sein, zumindest indem sie Israel besuchen und in Israel investieren.


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