Auferstehung des Kalifats | |
Von Professor Moshe Sharon * | |
In einem Interview mit Karby Legget, das in der Ausgabe vom 23.-26. Dezember 2005 des Wall Street Journal veröffentlicht wurde, erwog Hassam al-Masalmeh, der Chef der Hamas-Gruppierung im Stadtrat von Bethlehem, eine Steuer, die ganz gezielt in dem auf den Ruinen Israels errichteten islamischen Staat erhoben werden sollte. Seine Worte lauteten: "Die Hamas plant diese Steuer irgendwann einzuführen. Wir stehen offen dazu - wir heissen jeden in Palästina willkommen, doch nur unter der Bedingung, dass er unsere Regeln akzeptiert." Al-Masalmeh bezog sich dabei auf eine Steuer, die im Verlauf der Jahrhunderte alle Nicht-Muslime zu entrichten hatten, die in einem islamisch regierten Land lebten, um den Status eines Dhimmi zu geniessen, d.h. als "geschützte" Minderheit akzeptiert zu werden. Falls man sich weigerte, diese Djizya genannte Steuer zu zahlen, war man als Nicht-Muslim, vor allem als Christ oder Jude, von diesem "Schutz" ausgeschlossen und riskierte dadurch sein Leben und seinen Besitz. Bei der Erhebung dieser Steuer oder Abgabe stützte man sich auf den Koran (Sure 9 Vers 29): "Kämpfet wider jene von denen, denen die Schrift gegeben ward (d.h. Juden und Christen), bis sie den Tribut aus der Hand gedemütigt entrichten", und folgte auch dem muslimischen Gesetz, der Scharia. Es besagt, dass alle Nicht-Muslime als zweit- oder drittklassige Bürger gelten und so zu Geiseln der muslimischen Herrscher werden. Die Hamas ist eine terroristische Bewegung, die der islamischen Ideologie gehorcht und sich eng am islamischen Recht orientiert. Dabei stellt sie keine winzige Randgruppe dar, sondern ist als fester Bestandteil einer stetig wachsenden und wieder erstarkenden islamistischen Bewegung konsequent militant, weltumfassend und attraktiv für immer zahlreichere Muslime, deren feste Überzeugung es ist, dass der Islam sich als globaler Staat durchsetzen wird, in welchem die Einführung des islamischen Rechts den Muslimen die Macht sichern und die Christen und Juden (den "Ungläubigen") zu minderwertigen Bürgern machen wird. Seit der Epoche von Mohammed gelten Juden und Christen als die Feinde des Islams und wurden so für immer zur Zielscheibe des islamischen Hasses. Vor kurzem stand Abu Hamza al-Masri, ein in Ägypten geborener muslimischer Geistlicher, in Grossbritannien wegen Aufruf zum Mord vor Gericht. Bis 2003 hatte Al-Masri als Prediger in der Moschee von Finsbury Park im Norden Londons gewirkt, mit der verschiedene Terrorverdächtige in Verbindung gebracht wurden, einschliesslich des mutmasslichen Drahtziehers vom 11. September, Zacarias Musawi, und des "Schuh-Bombers" Richard Reid. In einer 90-minütigen Videoaufnahme eines Vortrags, die am Dienstag, den 17. Januar 2006, während des Gerichtsverfahrens gezeigt wurde, sah man al-Masri, wie er seinen Anhängern mitteilt, Juden und Christen stünden auf einer Liste mit Feinden des Islams und seien daher Gegenstand des muslimischen Hasses. Im selben Stil forderte Sheikh Abd al-Aziz Fawzan Al-Fawzan, ein saudischer Professor für islamisches Recht an der al-Imam Universität, Muslime dazu auf, "positiven Hass" gegenüber Christen zu zeigen, weil diese Ungläubige seien, Allah als Element einer Dreieinigkeit sähen und Jesus anbeten würden. Er fügte noch hinzu, dass jeder, der behaupte, er würde einen solchen Christen nicht hassen, selbst kein Muslim sei. Was hat dies alles mit Religion zu tun? Es hat mit dem Islam zu tun. Doch der Islam ist keine Religion, wie sie die meisten Menschen aus dem Westen begreifen. Westliche Medien und Apologeten vergleichen den Islam mit dem Christentum, muslimische Gruppierungen in europäischen und amerikanischen Ländern werden als Glaubensgemeinschaften definiert. Diese Definition berechtigt sie zu allen "religiösen Dienstleistungen" gemäss den dort geltenden Gesetzen. In der Folge verlangen und erhalten sie staatliche Unterstützung beim Bau von Moscheen, sowie staatliche Gelder für Geistliche, für gesonderte muslimische Schulen und sogar für die Schaffung einer "Islamischen Universität" (in Rotterdam, Niederlande). Wäre der Islam eine Religion im üblichen Sinne des Wortes, nämlich ein System von Glaubensgrundsätzen und Ritualen um den Schwerpunkt der Beziehung zwischen Mensch und Gott, dann wären die Forderungen der muslimischen Gemeinschaften im Westen, dieselben Dienstleistungen zu geniessen wie alle anderen Religionen, durchaus gerechtfertigt und verständlich. Doch der Islam ist nicht einfach eine Religion im "engeren" Sinn. Er ist viel mehr als das. Er ist ein Rechtssystem, er besitzt eine soziale und politische Struktur, er stellt eine Lebensform dar. Der Islam beherrscht das Verhalten des Individuums, der Gesellschaft und des Staates in jeder Hinsicht. Er befasst sich mit Krieg und Frieden, bestimmt die Beziehungen zwischen Muslimen und dem Rest der Welt und legt, wie wir gesehen haben, auch die Einstellung zu Nicht-Muslimen fest, die das Pech haben, unter islamischer Herrschaft zu leben. Die besondere Natur des Islams wird durch ein bekanntes traditionelles Sprichwort am besten, weil genau und treffsicher, beschrieben: "Religion und Staat sind Zwillinge." Dies bedeutet, dass es im Islam einen Unterschied gibt zwischen Glaubensdingen und weltlichen Angelegenheiten, dass aber Staat und Religion nicht voneinander getrennt sind. Daraus folgt, dass eine Gemeinschaft von muslimischen Gläubigen als die Armee Allahs angesehen wird, deren hauptsächliche Daseinsberechtigung es ist, die Feinde Allahs zu bekämpfen, d.h. alle Nicht-Muslime, um einen möglichst grossen Teil der Erdkugel unter die Herrschaft Allahs zu bringen - mit anderen Worten unter die Rechtsprechung einer islamischen Regierung, deren Wegweiser der Koran, die Tradition des Propheten Mohammed und die islamische Scharia sind. Menschen aus dem Westen neigen dazu, bei der Beschreibung des Islams westliche Begriffe zu verwenden und folglich den Islam völlig falsch zu verstehen. Ein paar wenige Beispiele reichen aus, um dieses Missverständnis zu veranschaulichen. Eine Moschee als die "Kirche der Muslime" zu bezeichnen ist ein Fehler. Eine Moschee ist nicht nur ein Gebetshaus. Sie ist eine religiöse, soziale und politische Institution zugleich, während eine Kirche nur eine Stätte der Andacht ist. Die Moschee verkörpert seit jeher ebenso die Autorität des Herrschers wie diejenige des Gesetzes von Allah. Der Treue-Eid für jeden neuen Herrscher wurde in der Moschee geleistet, doch auch Rebellionen begannen in Moscheen. Der Schwur förderte einerseits den Gehorsam gegenüber dem Herrscher, löste andererseits aber auch Groll aus und liess Aufruhr gären und Revolutionen ausbrechen. "Der Koran ist die Bibel der Muslime." Falsch! Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen der Bibel, die über Jahrtausende entstanden ist und die Vielfalt literarischer Stilrichtungen und unterschiedlicher Botschaften enthält, und dem Koran, der von einem einzigen Mann in einem einheitlichen Stil verfasst wurde und nur die diversen Aspekte einer beschränkten Anzahl von Botschaften zeigt. "Der Freitag ist der Schabbat der Muslime." Falsch! Im Islam gibt es keinen Ruhetag, und der Freitag ist nichts weiter als der Tag des öffentlichen Gebets und der Zeitpunkt der öffentlichen Predigt. Und der Dschihad, der heilige Krieg, das Kernstück der islamischen Geschichte und des islamischen Glaubens, bekämpft nicht böse Absichten und Neigungen, wie es die Apologeten des Islams in einer politisch korrekten Sprache den ahnungslosen Westlern weismachen. Der Heilige Krieg (ein Widerspruch in sich: "hEILIGER KRIEG") ist ein echter, kein virtueller Krieg, eine blutige Angelegenheit - der ewige Krieg des Islams gegen die nicht muslimische Welt bis zu ihrer vollständigen Eroberung. Diese wenigen Beispiele betreffend die Missverständnisse des Westens drängen eigentlich die Definition des Islams als Kultur und nicht nur als Religion auf. Diese Kultur verwirklichte sich selbst am besten innerhalb eines Reichs, das mit Hilfe des Dschihads, des heiligen Kriegs, geschaffen wurde, nachdem die Gebiete anderer Völker erobert und deren Einwohner zu unbedeutenden Minderheiten herabgesetzt worden waren. In der Gegenwart besteht der grösste Traum der Muslime darin, dieses Reich wieder auferstehen zu lassen und das Ethos des Dschihads zu neuem Leben zu erwecken. Diese beiden Konzepte bestimmen die Haltung des Islams gegenüber Israel, gegenüber den Juden und Christen und gegenüber dem Westen im Allgemeinen. Israel verhindert im Nahen Osten die Wiederentstehung des islamischen Kalifats, eines Kaiserreichs, das sich über riesige, eroberte Gebiete erstreckt und wie in der glorreichen Vergangenheit den Geist des Dschihads am Leben und den eigentlichen Krieg im Namen Allahs aktiv erhält. Das Kalifat ist kein Traum, sondern ein Aktionsplan. Es wird als Ziel angestrebt. Diese Botschaft geht von der Al-Kaida Bin Ladens, von den Dozenten an den Hochschulen, von den Geistlichen in jeder Moschee überall in der islamischen Welt aus. Das Erreichen dieses Ziels beginnt mit einer Schwächung des christlichen Feindes von innen heraus, indem man seine eigenen staatlichen Institutionen und seine liberalen Medien benutzt, indem man das Opfer spielt, indem man seine Bürger terrorisiert, indem man seine Wirtschaft erstickt; kurz, indem man den Dschihad an allen Fronten führt. Irans Plan, sich Atomwaffen zu besorgen, die dschihad-konformen Erklärungen von diversen Splittergruppen der Palästinenser und der Al-Kaida sowie die offene Feindseligkeit der Muslime in England, Frankreich, Holland und anderen europäischen Ländern gegenüber ihren Gastgebern, die Erziehung muslimischer Kinder ab dem Kindergarten, den Gedanken des Märtyrertums zu pflegen und den Wunsch nach einem Märtyrertods (shahadah) zu hegen, sind alles Bestandteile des jahrhundertealten islamischen Plans. Es wird sich zeigen, ob der Traum vom Kalifat umgesetzt werden kann oder nicht, doch das Wissen darum, dass eine unglaublich grosse, dem Westen feindlich gesinnte Macht wie schon im Mittelalter am Werk ist, kann nicht mehr als theoretischer oder romantischer Traum abgetan werden, wie die meisten westlichen Medien glauben. Diese Macht ist eine Tatsache, denn da der Islam eine Armee der Gläubigen darstellt, hat er Position gegen das Haus des Kriegs bezogen, die Bezeichnung für den Rest der Welt, der sich noch nicht unter islamischer Herrschaft befindet. Konflikte waren schon immer der perfekte Nährboden für den Islam. Heute wird der Islam einmal mehr durch einen neuen, aufregenden Konflikt belebt und spielt mit dem hilflosen Europa Katz und Maus. Diese Auseinandersetzung wurde von Muslimen für Muslime geschaffen und muss so lange fortgesetzt werden, bis die Ungläubigen sich dem Gesetz Allahs gebeugt haben. Durch die Definierung des Islams als Religion geben die Europäer den Muslimen die Möglichkeit, die finanziellen Mittel der westlichen Staaten zu verwenden, um innerhalb eines jeden Landes die Infrastruktur einer islamischen Entität als Brückenkopf zu errichten und es von innen heraus zu erobern. Noch verstörender ist aber die Tatsache, dass die Milliarden von Dollars, die von der EU und den USA unter diversen Vorwänden in die Taschen muslimischer Terroristengruppen fliessen, nichts anderes sind als Djizya-Beträge, die von den Dhimmis in Europa an die muslimischen Herrscher bezahlt werden. Wie bereits die Djizya, das Geld, das Nicht-Muslime zur Gewährleistung ihrer minimalen Sicherheit abgeben mussten, so verkörpert auch die europäische Unterstützung eine kollektive Djizya-Zahlung der Europäer aus den Steuergeldern ihrer Staatsbürger, und zwar in der (falschen) Hoffnung, dass sie sich dadurch den Status eines Dhimmi erkaufen können. * Professor Moshe Sharon, weltweite Koryphäe für die arabische Sprache und Kultur und Professor für islamische Geschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem. |