Über den Rückzug Hinaus | |
Von Roland S. Süssmann | |
Die «Hitnatkut», der Rückzug, wird von der israelischen Regierung als Euphemismus verwendet, um die Ausweisung von mehreren tausend jüdischen Familien aus ihren Häusern zu bezeichnen, die sich in Israel in der Region von Gusch Katif im Gazastreifen befinden, und löst zahlreiche Probleme und Fragen aus. Wie konnte es nur so weit kommen? Handelt es sich tatsächlich, wie Shimon Peres bestätigt, um eine erste Etappe mit dem Ziel, den jüdischen Staat auf das zu reduzieren, was Abba Eban die «Grenzen von Auschwitz» nannte, nämlich die Demarkationslinie von vor 1967? Wird Jerusalem, die ewige und unteilbare Hauptstadt des jüdischen Volkes, dann zur Hauptstadt eines neuen arabischen Staates? Und wie wird letztendlich die israelische Bevölkerung auf den Einschnitt reagieren, der zum Auseinanderbrechen der nationalen Einheit zu führen droht? Um wenigstens ansatzweise auf diese Frage zu antworten und die Tragweite dieses Dilemmas zu begreifen, haben wir mit PINCHAS WALLERSTEIN gesprochen, dem herausragenden Verantwortlichen der Siedlerbewegung im jüdischen Gebiet von Judäa, Samaria und Gaza (YESHA) und Gouverneur des Regionalrates des Bezirks Benjamin. Diese unmittelbar nördlich von Jerusalem gelegene Region zählt 25'000 Einwohner, die in 31 Städten und Dörfern auf einer Fläche von rund 120 km2 leben. Wir können uns vorstellen, dass bei der jüdischen Bevölkerung in Judäa, Samaria und Gaza heute Wut, Entrüstung und Sorge vorherrschen. Doch was geschieht denn nun wirklich vor Ort? Bevor ich auf Ihre Frage eingehe, möchte ich betonen, dass meine Antwort die Stimmung der gesamten Gegend widerspiegelt, denn ich besitze keinerlei Auftrag für eine politische Aktion, ganz zu schweigen von grossen politischen Erklärungen. Man muss sich vor Augen führen, dass das so genannte Rückzugsprogramm eigentlich drei negative Aspekte umfasst: den Beschluss der Regierung, alle jüdischen Dörfer im Gazastreifen und vier Orte in Samaria zu evakuieren; das «Dokument Weissglas» von März 2001, dass die territoriale Ausdehnung aller jüdischen Ortschaften in der Westbank langfristig einschränkt; und schliesslich den so genannten Sicherheitszaun. Dov Weissglas' Brief ist kein Regierungsbeschluss und wurde der Knesset nie vorgelegt. In seinem Geist verkörpert dieser Brief aber eine fast unwiderrufliche Verpflichtung der israelischen Regierung gegenüber den Vereinigten Staaten, in dem Israel eine Festlegung der Grenzen verspricht: jenseits dieser Linie wird sich nie wieder ein jüdisches Dorf in den Gebieten ausdehnen oder zusätzliche Gebäude errichten dürfen. Es geht in Wirklichkeit darum, die Entwicklung und Besiedlung von Judäa-Samaria aufzuhalten, da jenseits bestimmter Grenzen der Häuserbau für die Unterbringung von Juden verboten sein wird. Letztendlich muss man völlig blind sein um zu glauben, dass der so genannte Sicherheitszaun keinen politischen Charakter besitzt. Die Europäer - und nicht die Araber - wiederholen nämlich regelmässig, dass der Bau dieses Zauns im Falle eines Friedensvertrags nur in eine einzige Richtung erfolgen kann: nach Westen, d.h. ins Meer. Diese drei Parameter haben in der israelischen Gesellschaft und Politik eine neue Gegebenheit eingeführt und bedeuten im Klartext, dass der Staat Israel allmählich vom Gedanken Abstand nimmt, jenseits der Grünen Linie weiterzubauen, einschliesslich der Städte Ariel und Maale Adumim. Diese Situation setzt auch dem Projekt ein Ende, kompakte Siedlungsblocks zu schaffen, um die kleinen isolierten Ortschaften aufzuheben und die grossen Städte und ihre unmittelbar angrenzenden Agglomerationen zu retten. Die Durchführung eines solchen Plans würde von der internationalen Gemeinschaft natürlich sofort abgelehnt werden. Auch wenn Israel in dieser Frage nicht unbedingt den USA gegenübersteht, wird diese spätestens in 50 oder 70 Jahren wieder aufs Tapet kommen. Dann werden die USA und Europa sagen: «Obwohl das Dokument Weissglas oder die eigentliche Natur des von euch einseitig als «Sicherheitszaun» bezeichneten Bauwerks nie formell und juristisch anerkannt wurden, existiert in dieser Frage auf der Seite von Israel de facto eine internationale Verpflichtung und ihr habt euch gefälligst daran zu halten». Darüber hinaus wurde Ariel Sharon nicht mit dem Auftrag gewählt, die jüdischen Dörfer von Gusch Katif zu beseitigen. Ganz im Gegenteil, diese Idee stammte von seinem Gegner Abraham Mitznah, und es gibt Tausende von Zitaten Ariel Sharons, in denen er erklärt, dass jede Form des einseitigen Rückzugs eine Schützenhilfe für den Terrorismus darstellt. Er hat zwar nie gesagt, dass Israel seine Grenzen vom Jordan bis zum Mittelmeer aufrecht erhalten wolle, und er hat immer betont, dass man zugunsten von Ruhe und Frieden unbedingt «schmerzliche Opfer» erbringen müsse; dabei hat er die Natur dieser Opfer nie angedeutet, geschweige denn präzisiert. Zu guter Letzt enthält das Rückzugsprogramm eine extrem gefährliche Botschaft, deren Folgen noch jahrelang zu spüren sein werden. Wenn man nämlich die Idee akzeptiert, Tausende von Juden aus ihren Häusern zu vertreiben, in denen sie seit über dreissig Jahren leben, ohne gleichzeitig die Aufhebung eines einzigen illegal errichteten arabischen Dorfes zu erwägen, erklärt die israelische Regierung in Wirklichkeit, dass eine Ausweisung unter Gewaltanwendung von israelischen Bürgern nur für Juden gelten kann. Es handelt sich demnach um eine extrem komplexe Situation, da wir wissen, dass der Rückzug aus Gusch Katif einen gefährlichen Präzedenzfall darstellen wird, der auf lange Sicht zur Eliminierung der jüdischen Präsenz im gesamten Gebiet von Judäa und Samaria sowie in Ostjerusalem führen kann. Eine derartige Möglichkeit beinhaltet jedoch enorme strategische Risiken, ganz zu schweigen von den historischen und religiösen Beziehungen, die uns mit diesen Regionen verbinden. Gleichzeitig möchten wir, da wir uns der Gefahren einer nationalen Spaltung bewusst sind, um jeden Preis den Ausbruch von Gewalt zwischen den Anhängern und den Gegnern des Rückzugs verhindern. Wir sind auch absolut gegen jede Form der Gewaltanwendung, und sei es auch aus rein taktischen Überlegungen. Unsere einzige Möglichkeit ist die Förderung der demokratischen Debatte mit Hilfe von Demonstrationen und gemässigten Aktionen von zivilem Ungehorsam. Ausserdem wollen wir auf keinen Fall den nationalen Konsens verlieren, und falls Landeswahlen dem Rückzugsplan eine massive Unterstützung aus dem Volk verschaffen sollten, werden wir uns dem Willen des Souveräns unterwerfen. Bis heute weist aber nichts darauf hin - mit Ausnahme einiger Umfragen, die immer wieder unterschiedlich ausfallen -, dass der Rückzug von der Mehrheit der Bevölkerung befürwortet wird. Was können Sie ganz konkret unternehmen, um den Rückzug zu verhindern? Wir führen in der Öffentlichkeit eine bedeutende Aktion namens «von Angesicht zu Angesicht» durch, und jeden Abend gehen unsere Vorkämpfer im ganzen Land von Haus zu Haus, um mit den israelischen Mitbürgern zu diskutieren und ihnen unsere Position, die Gefahren der Hitnatkut und die Gründe für unseren Widerstand zu erklären. Mit dieser Aktion verfolgen wir zwei Ziele. Einerseits hoffen wir im Falle von Parlamentswahlen, dass wir genügend Menschen überzeugt haben, damit Ariel Sharon verliert und seinen Plan aufgeben muss. Andererseits ist der zweite Teil unseres Vorgehens subtiler und zielt auch auf die fernere Zukunft ab. Wie Sie sich denken können, sind die Befürworter des Rückzugs nicht untätig. Sie bekämpfen uns mit einer besonders hinterlistigen Kampagne, in der sie uns ins Abseits drängen und die jüdischen Bewohner der YESHA in ein schlechtes Licht rücken, indem sie sie immer mehr in die Kategorie von zweitklassigen Staatsbürgern abschieben, die eine Gefahr für Israel darstellen. Auf diese Weise werden viele falsche Gerüchte in der Presse und der Öffentlichkeit verbreitet. Lassen Sie mich diese Behauptung durch ein Beispiel veranschaulichen. Ende Februar erschien eine Meldung in der Presse, die besagte, die Rabbiner hätten den Bewohnern von Gusch Katif gestattet, die Hand zu erheben und die nichtjüdischen Soldaten anzugreifen, die mit ihrer Umsiedlung beauftragt seien. Ich brauche nicht zu betonen, dass kein Rabbiner je eine derartige Aufforderung geäussert hat und dass gleich am nächsten Tag ein Dementi erschien? sogar aus dem Mund des Nachrichtendienstes für innere Sicherheit. Doch das Übel war bereits geschehen, denn kaum 24 Stunden später erklärten einige Soldaten drusischer Herkunft der Presse: «Wenn ich einen bewaffneten jüdischen Einwohner der Gebiete sehe, eröffne ich sofort das Feuer und töte ihn». Ähnlich steht es um den berühmt-berüchtigten Bericht von Daliah Sasson, in dem die «illegale Vorhut» vordergründig verurteilt wird, der aber in Wirklichkeit zeigen will, dass die jüdischen Einwohner der Gebiete die Staatskasse schröpfen, um illegale Bauten zu errichten - ein weiterer Versuch, unseren Bemühungen die Legitimierung zu entziehen. Man muss sich klar machen, dass diese Schritte unternommen werden, um eine eventuelle zukünftige Ausweisung von Juden von YESHA akzeptabel erscheinen zu lassen und die Durchführung zu vereinfachen. Im Bewusstsein all dieser Elemente stehen wir heute vor der Frage, ob wir die notwendige Kraft und die erforderlichen Führungsqualitäten besitzen, um einen kühlen Kopf zu bewahren und der Versuchung der Gewaltanwendung zu widerstehen. Es geht nicht darum, «die andere Wange hinzuhalten», sondern um eine ruhige und intelligente Reaktion. In diesem Zusammenhang glaube ich, dass es unsere Pflicht ist, alles zu unternehmen, damit es in Israel nicht zu Spannungen zwischen Juden kommt; niemand kann nämlich voraussehen, wie sich diese entwickeln würden und welche Folgen dies aufgrund des unweigerlich daraus entstehenden nationalen Traumas hätte. Wir kennen aber die Absichten der Mitglieder der Unterstützungsfront für den Rückzug, die nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Wir hingegen sind uns bewusst, dass uns eine allerhöchste Verantwortung auferlegt wurde und wir daher alles tun müssen, um die Einheit und Ruhe des Landes zu bewahren. Was unternehmen Sie denn, um «einen kühlen Kopf» zu bewahren? In diesem bestimmten Punkt tragen wir meiner Ansicht nach eine nationale Verantwortung und müssen dem Vorbild unserer grossen Führungspersönlichkeiten folgen. Nehmen wir z.B. die Geschichte vom Schiff ALTALENA, das von Menachem Begin gechartert wurde und mit Waffen und 930 Kämpfern an Bord vor Jaffa vor Anker lag; letztere waren gekommen, um am Krieg gegen die arabischen Streitkräfte teilzunehmen, die in den jungen jüdischen Staat eingedrungen waren. Am 21. Juni 1948 gab Ben Gurion den Befehl, auf das Schiff zu schiessen. Zum Schluss wurde die Waffenladung von der provisorischen Regierung Israels beschlagnahmt und von der Armee im Unabhängigkeitskrieg eingesetzt. Menachem Begin gab seinen Leuten nur einen einzigen Befehl: Schiesst nicht, eröffnet kein Gegenfeuer. Er war sich bewusst, dass im Falle einer eigentlichen Schlacht der Bürgerkrieg in Israel unvermeidlich gewesen wäre. Die Operation der Altalena sollte den Mitgliedern von Begins Cheruth die Legitimierung entziehen, was wunderbar funktioniert hat, da bei der Gründung des Staates jedermann, der nicht die rote Karte der Arbeitspartei besass, keine Arbeit im Hafen von Haifa, in den Regierungsstellen und den Unternehmen erhielt, die der Gewerkschaft der Histadrut gehörten. Heute stehen wir am Anfang einer ähnlichen Entwicklung, doch wir unternehmen alles in unserer Macht Stehende, um zu verhindern, dass dies in Israel erneut passieren kann. Sie sehen, die Frage des Rückzugs übersteigt bei weitem den Aspekt der Evakuierung allein. Man muss nun wissen, dass die jungen Leute, die in YESHA leben oder sich mit uns identifizieren und in der Regel der nationalreligiösen Bewegung angehören, heute Schlüsselpositionen in zahlreichen Bereichen des israelischen Lebens innehaben, insbesondere als Offiziere in der Armee. Eine Marginalisierung dieses Teils der Gesellschaft käme einer nationalen Katastrophe gleich. Eine vor kurzem veröffentlichte Statistik hat nachgewiesen, dass die Zahl der nicht frommen jungen Leute, die keinen Militärdienst leisten, deutlich über derjenigen der gläubigen Juden liegt, die sich nicht der Armee anschliessen. Sind Sie, wenn Sie von Ihrer nationalen Verantwortung sprechen, der Ansicht, dass Sie auch eine Verantwortung gegenüber dem zionistischen Traum haben? Ja, denn ich war immer überzeugt, dass nur die Entwicklung der jüdischen Präsenz und die Erhöhung der Anzahl Siedlungen überall im Land uns die notwendige Kraft und die Stützpunkte geben würden, um der arabischen Bedrohung standzuhalten. Es ist eine Tatsache, dass die Bevölkerung von YESHA in den vergangenen Jahren sehr viel stärker angestiegen ist als diejenige im Negev oder in Galiläa. Ich möchte aber daran erinnern, dass die Idee, jüdische Siedlungen und landwirtschaftliche Betriebe im Gazastreifen zu schaffen, von Mosche Dayan und seinen Kollegen stammte. Die Bewegung zugunsten der Besiedlung von YESHA verkörpert eine Pioniertat, so wie die ersten Alijah-Bewegungen am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Erinnern wie uns daran, dass die Pioniere in Israel und im jüdischen Volk im Allgemeinen immer eine kleine Minderheit darstellten. Vor rund hundert Jahren, als die zionistische Bewegung hier Fuss zu fassen begann, liessen sich ca. 20'000 Juden in dieser Gegend nieder, während in derselben Zeitspanne fast 4 Millionen europäische Juden in die «Goldene Medine» zogen, nach Amerika. Sie leben in einem der Dörfer von Samaria. Was würde passieren, wenn morgen Ihr Sohn oder ein naher Verwandter als Armeeangehöriger den Befehl erhält, sie aus Ihrem Haus zu weisen? Ich bin absolut gegen die Idee, dass ein Soldat der israelischen Armee einen Befehl verweigern kann, auch wenn zahlreiche Rabbiner sagen, man solle sich lieber ins Gefängnis stecken lassen als zur Vertreibung von Juden beizutragen. Im Rahmen der Armee gibt es hingegen legale Möglichkeiten, dank denen man nicht gezwungen ist, an einer Aktion teilzunehmen. Viele Gründe geben mir aber Anlass zur Vermutung, dass es in dem Moment, da die Ausweisungsbefehle ausgesprochen werden, enorme Schwierigkeiten geben wird, und es würde mich nicht erstaunen, wenn sich viele junge Leute weigern würden sie zu befolgen. Ich habe auch keine Ahnung, wie unsere Bevölkerung reagieren wird. In den letzten vier Jahren hat sie sehr unter dem arabischen Terrorismus gelitten, doch sie hat einen kühlen Kopf bewahrt und in Würde weitergelebt. Wenn wir israelische Soldaten sehen, wie sie mit Gewalt jüdische Frauen und Kinder wegzerren, werden die von den Emotionen gesteuerten Reaktionen meines Erachtens extrem heftig ausfallen und vor allem unvorhersehbar sein. Aus Ihren Worten geht eindeutig hervor, dass sie alles tun wollen, um nationale Spannungen zu vermeiden, da Sie fürchten, dass diese letztendlich zu einer Art Bürgerkrieg führen, selbst wenn diese mögliche Entwicklung schwer vorstellbar ist. Sind Sie wirklich entschlossen, konsequent zu Ihren Überzeugungen zu stehen? Ich glaube ja, doch worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Es ginge darum, vor den Kameras der ganzen Welt dramatische Aktionen durchzuführen, so dass alle sehen, dass der zivile Frieden von den jüdischen Bewohnern von YESHA gerettet wurde. Wären Sie angesichts der Tatsache, dass all Ihre friedlichen Bemühungen gescheitert sind, dass es weder zu einem Referendum noch zu Wahlen kommt und dass die Hitnatkut wirklich unvermeidlich ist, bereit, nach Gusch Katif zu gehen und dort zur Verhinderung nationaler Spannungen einen freiwilligen Rückzug zu organisieren? Es müsste eine erschütternde Geste sein, wie diejenige von Menachem Begin auf der Altalena. Sie würden einen gigantischen Demonstrationszug organisieren, angeführt von den Torah-Rollen der Synagogen, gefolgt von den Särgen der Toten, die auf den Friedhöfen von Gusch Katif lagen, dann kämen die Kinder und Frauen, anschliessend die Rabbiner, und zum Schluss die Politiker, die Sie unterstützt haben, sowie als Schlusslicht die Männer mit den Umzugswagen. Und zuallerletzt würde eine Gruppe alle zurückbleibenden Häuser in Brand setzen. Wir haben keinerlei derartige Möglichkeit ins Auge gefasst. Ich denke vielmehr, dass eine erleichterte Abreise zu diesem Zeitpunkt all jene ermutigen würde, welche die jüdische Präsenz in Judäa, Samaria und einem Teil Jerusalems aufheben möchten. Glauben Sie, dass Ariel Sharon auf seinen Beschluss zurückkommen könnte? Ich fürchte, dass der Schaden bereits angerichtet wurde, zumindest auf politischer Ebene, sowohl national als auch international. Die Araber haben dies übrigens sofort begriffen. Wie in den ersten Monaten nach den Osloer Verträgen, als sie sich still verhielten, hört man auch heute nichts von ihnen, weil sie möglichst viele Vorteile aus der gegenwärtigen Lage schlagen wollen. Sie bemühen sich mit keiner einzigen versöhnlichen Geste die friedliche Koexistenz zu fördern. Die Tatsache, dass es weniger Anschläge gibt, bedeutet nicht, dass es «ein Schritt in die richtige Richtung» ist, es handelt sich nur um eine Taktik. Was könnten Sie als echte Geste der Araber akzeptieren, mit der sie einen Ansatz von gutem Willen zeigen, um in Frieden mit Israel zu leben? Zu Beginn seiner Existenz zählte Israel sehr viel mehr jüdische Flüchtlinge, Überlebende der Schoah oder Menschen aus den arabischen Ländern, die in Lagern innerhalb des Landes lebten als es arabische Flüchtlinge gab, die Israel 1948 verlassen hatten. Wir haben sie total integriert, und diese Lager sind schon vor Jahren geschlossen worden. Auf arabischer Seite hingegen, sei es in Gaza oder in der Westbank, ganz zu schweigen von Jordanien, Syrien oder Libanon, wurden die Flüchtlingslager, in denen die dritte Generation von «Flüchtlingen» schmachtet, beibehalten, sogar 12 Jahre nach den Osloer Verträgen. Dies beweist, dass die noch heute dort lebenden Menschen eine Art Bürger zweiter Klasse sind und als politische Waffe angesehen werden, die man im geeigneten Moment gegen Israel einsetzen kann. Die Tatsache, dass diese Leute in der Illusion belassen werden, sie würden irgendwann nach Jaffa, Tel Aviv oder Haifa zurückkehren, zeigt, das die PLO und die arabische Welt die Idee von der Vernichtung Israels keinesfalls aufgegeben haben. Ich werde erst dann an ihre ernsthaften Absichten uns gegenüber glauben, wenn die Lager abgeschafft werden. Die Aufhebung dieser Einrichtungen sollte übrigens eine Bedingung und Grundforderung sine qua non in jeder Verhandlung darstellen, die Israel in Zukunft führen wird. Kommen wir zum Schluss: Wie sehen Sie die Entwicklung der Besiedlung von YESHA? Ich bin kein Prophet. Ich weiss nur, dass wir heute weiterhin unsere Pflicht tun und unsere nationale und regionale Verantwortung wahrnehmen werden. In dieser Hinsicht ist das Programm für Zuzüge in Dörfer wie Beth El, Ofrah, Eli, Migron usw. im nächsten Sommer voll ausgebucht und es ist kein einziges Haus mehr frei. Regelmässig lassen sich israelische Familien und Immigranten in unseren Regionen nieder, was uns optimistisch stimmt und eine Quelle grösster Ermutigung darstellt! |