Gaza zuerst?

Avner Shimoni. Foto: Bethsabée Süssmann
Von Roland S. Süssmann
«Wir müssen unbedingt aus Gaza raus» - «Ab September 2005 gibt es im Gazastreifen keine jüdische Präsenz mehr». Derartige und ähnliche Schlagworte tauchen täglich immer wieder in politischen Erklärungen und Gesprächen auf, seit Ariel Sharon seine Absicht angekündigt hat, dass Israel sich einseitig aus Gusch Katif, dieser winzigen Zone an der Mittelmeerküste des Gazastreifens, zurückziehen wird. Es soll ebenfalls zur Diskussion stehen, die in Gusch Katif lebenden Juden notfalls manu militari auszuweisen.
Vor Ort klingen diese Erklärungen sowohl zurückhaltend als auch entschlossen. Man darf allerdings nicht ausser Acht lassen, dass die Siedlungsbewegung der jüdischen Gebiete in Judäa-Samaria-Gaza (YESHA) über bemerkenswerte organisatorische Fähigkeiten verfügt. Ariel Sharon hat im Rahmen des Referendums innerhalb des Likudblocks eine erste Niederlage einstecken müssen, und zwar aufgrund einer sehr überlegt durchgeführten politischen Aktion der YESHA-Führung. Diese besitzt eine immense Motivation, eine unerschütterliche Ideologie, eine fest verankerte religiöse Überzeugung, die Unterstützung seiner Bevölkerung und die Stärke der Schwachen, die aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden. All diese Elemente werden dafür eingesetzt, um jede Parzelle von Eretz Israel zu behalten. Wenn diese Energien intelligent miteinander kombiniert werden, bewirken sie wahrscheinlich das Scheitern der Idee vom unilateralen Rückzug. Nicht nur die politischen Worte sind zurückhaltend, auch die Aktionspläne für den zivilen Ungehorsam sind es. Man versucht mit allen Mitteln, Gewalt zu vermeiden, damit dieser Streit demokratisch in der Arena der Knesset beigelegt werden kann.
Welche Männer und Frauen aber stecken hinter dem Erfolg von Gusch Katif, wer wird heute in gewisser Weise im Namen eines hypothetischen Friedens oder einer beschränkten Ruhephase zum Schafott geführt?
Aus rein statistischer Sicht zählt die Region gegenwärtig rund 8'000 Einwohner, darunter mehrheitlich Kinder. Was aber die rein menschlichen Eigenschaften der Bewohner von Gusch Katif betrifft, drängen sich ein paar Feststellungen auf. Zunächst stand die jüdische Besiedlung dieser Gebiete schon immer zuoberst auf der Schwarzen Liste der Linken, welche die in Judäa-Samaria-Gaza lebenden Juden marginalisieren und ausgrenzen wollten. Man zeigt mit dem Finger auf sie und nennt sie „Hindernisse für den Frieden“, doch die jüdischen Bewohner der Region, die von der Linken „besetzte Gebiete“ genannt wird, halten nun das Wundermittel in den Händen, um dem Nahen Osten und der ganzen Welt den Frieden zu bringen. Dieses Mittel lässt sich auf zwei einfache Gedanken reduzieren: die Region verlassen und ihre Häuser zerstören – dies würde die «liebenswerten» Araber überzeugen und sie dazu bewegen, in Frieden mit Israel zu leben. Die Tatsache, dass ein solches Vorgehen, das den Juden die freie Wahl der Niederlassung im eigenen Land verwehrt, den Terrorismus im Gegenteil fördern könnte, wird ganz einfach verdrängt. In Wirklichkeit sind diejenigen, die von der israelischen Linken, von einer gewissen internationalen Presse und einer Reihe von Ministerien und Kanzlerämtern als «Hindernisse für den Frieden» an den Pranger gestellt werden, die eigentlichen modernen Pioniere des Zionismus. Es handelt sich um eine Gruppe von mutigen Juden, die alle gefährlichen Angriffe auf sie ignoriert haben und seit Jahr und Tag einen hohen Preis zahlen, um nur deswegen in diesen abgelegenen und unzugänglichen Regionen zu leben, weil sie die jüdische Präsenz auf diesen Gebieten gewährleisten und ihren Teil zu den Bemühungen um Israels Sicherheit beitragen wollen. Die Bevölkerung von Gusch Katif macht da keine Ausnahme, und trotz des Abzugsplans erweist sich ihre Entschlossenheit als unerschütterlich, wenn nicht gar mehr. Man muss sich klar machen, dass eine politische Idee, deren Verwirklichung auf rein technischer Ebene äusserst gefährdet scheint und bei der nicht einmal feststeht, ob der Premierminister persönlich davon überzeugt ist, keinesfalls in der Lage ist, die Beherztheit, die Entschlossenheit und die Hartnäckigkeit der Einwohner dieses wunderbaren und winzigen Landstreifens am Mittelmeer zu untergraben. Man darf nicht vergessen, was diese Männer und Frauen seit September 2000, d.h. seit der Wiederaufnahme der Aggressionen durch die PLO von Arafat, durchmachen: über 4'000 militärische oder privat hergestellte Raketen wurden auf ihre Wohnungen, Gärten, Schulen und Kindergärten abgeschossen, dazu kommen unzählige Angriffe mit Maschinengewehren, Steinen und blanker Waffe, ausserdem Unterwanderungen und Terroranschläge, oft mit gleichzeitiger Geiselnahme, die in einem Blutbad enden, oder mit der kaltblütigen Ermordung von Frauen und Kindern usw.
Um besser zu begreifen, wie die Einwohner von Gusch Katif mit der Gefahr der möglichen Ausweisung leben, begaben wir uns vor Ort und sprachen mit den Verantwortlichen und Einwohnern, die uns alle dieselbe Botschaft vermittelten: «Wir werden nicht von hier fortziehen». Zum heutigen Zeitpunkt ist es unmöglich zu entscheiden, ob es sich um eine leere Floskel, um eine politisierte Form der Autosuggestion gemäss der Methode von Emile Coué oder um den Ausdruck einer echten Entschlossenheit handelt. Wir haben AVNER SHIMONI getroffen, den Bürgermeister des Bezirks von Gusch Katif, der uns erläuterte, mit welcher Einstellung er die Entscheidung der Regierung zu bekämpfen gedenkt, sich einseitig aus seiner Region zurückzuziehen und sie völlig zu zerstören.

Sie befinden sich heute in einer recht schwierigen Position, da Sie gezwungen sind, einen Regierungsentscheid zu bekämpfen und gleichzeitig völlig legal vorzugehen. Wie werden Sie das schaffen?

Bevor ich Ihre präzise Frage beantworte, möchte ich doch daran erinnern, dass wir seit vier Jahren an der Front stehen, und zwar in einem Krieg, den die Araber gegen Israel führen. In dieser Zeit wurde unsere Bevölkerung von Tausenden von Geschossen und allen möglichen brutalen und tödlichen Angriffen heimgesucht, die weder Frauen und Kinder noch Greise verschonten. Man muss sich vor Augen führen, dass einige unserer Häuser sich nur 50 Meter von Khan Yunis entfernt befinden, einer der grossen Siedlungen im Gazastreifen unter arabischer Verwaltung. Jedermann kann dort eine selbst angefertigte Rakete in seinen Garten oder auf das Dach seines Hauses stellen und sie in unserer Richtung abschiessen. Seitdem der Sicherheitszaun existiert, wurden wir weniger oft unterwandert, daher kommt es immer häufiger zu Raketenangriffen. Wenn ich behaupte, dass wir an der Front stehen, dann nur weil die Erfahrung in den letzten Jahren gezeigt hat, dass das, was bei uns geschieht, unweigerlich später in Judäa-Samaria stattfindet und dann im übrigen Land. Es ist nur eine Frage der Zeit. Auffällig ist die Tatsache, dass im Verlauf der vergangenen harten vier Jahre keine einzige Familie unsere Region aus Sicherheitsüberlegungen verlassen hat. Die wenigen Umzüge, die stattgefunden haben, erfolgten aus wirtschaftlichen oder beruflichen Gründen. Trotz dieser Abwanderung wuchs die Bevölkerung weiterhin an, in den letzten vier Jahren ist sie um 13% gestiegen.
Leider müssen wir seit sechs Monaten einen grossen Teil unserer Energie darauf verwenden, mit den Folgen des Regierungsentscheids betreffend unsere Ausweisung aus Gusch Katif fertig zu werden. Ich verhehle Ihnen nicht, dass wir zahlreichen Schwierigkeiten begegnen, angefangen von der vollständigen Einstellung der Regierungshilfe für Wohnungsbau, die wir früher erhielten. Auf der Ebene der politischen Aktivität haben wir mit der Abstimmung im Likud einen glänzenden Erfolg errungen, als der Plan betreffend den unilateralen Rückzug deutlich abgelehnt wurde. Dieser Sieg wurde uns nicht in den Schoss gelegt, sondern nachdem wir von Haus zu Haus gegangen waren und den Wählern erklärt hatten, welche Gefahren und Probleme in diesem Plan enthalten sind. Ariel Sharon hat zwar nach diesem Sieg seine Meinung nicht geändert, so wie er auch nichts von der Massendemonstration wissen wollte, die wir am 25. Juli 2004 veranstaltet haben und die aus einer Menschenkette aus 150'000 Personen in 80 km Länge bestand und von Nitsanit nach Jerusalem reichte. Wir stehen vor einer riesigen Herausforderung; wir müssen nämlich die israelische Öffentlichkeit überzeugen. Diese kennt seit Jahren, insbesondere in den letzten sechs Monaten, nur die eine Leier: «Wir müssen uns aus Gaza zurückziehen». Befragt man aber die Israelis, stellt sich bei den meisten heraus, dass sie die Realität vor Ort überhaupt nicht kennen. Sie sind überzeugt, wir seien insgesamt höchstens «drei Juden, die in zwei Wohnwagen zusammen mit einem räudigen Hund dort hausen». Was den berühmten Slogan «Wir müssen uns aus Gaza zurückziehen» angeht, möchte ich in Erinnerung rufen, dass wir uns in den Jahren 1994/95 bereits aus Gaza zurückgezogen hatten, als wir die Osloer Abkommen umsetzten. Unser Bezirk befindet sich nicht in einer von Arabern bevölkerten Region, demnach ist der Plan des Premierministers völlig sinnlos. Ich möchte hinzufügen, dass wir uns rechtlich gesehen aufgrund eines israelischen Regierungsbeschlusses hier niedergelassen haben und dass wir niemandem etwas weggenommen haben. Ausserdem ist es inakzeptabel, dass eine Regierung aus rein politischen Gründen entscheidet, uns wie Schachfiguren zu verschieben, sei dies nun einseitig oder im Rahmen eines verhandelten Abkommens beschlossen worden.

Grundsätzlich begreift jeder Ihre Einstellung und Ihre Weigerung, aus guten wie auch aus schlechten Gründen evakuiert zu werden. Doch in der Praxis hat bisher, wie Sie bereits erwähnten, keinerlei Form der Weigerung, einschliesslich des Referendums innerhalb des Likudblocks, die Regierung dazu bewogen, Ihre Position zu ändern. Es fragt sich nun, wie weit Sie gehen würden, um sich zu wehren. Im Klartext: Werden Sie die lokale Bevölkerung dazu aufrufen, gegen die rechtmässigen Streitkräfte zu den Waffen zu greifen?

Zunächst muss ich Ihnen sagen, dass es gegenwärtig nur einen Mann gibt, der sich wirklich mit Leib und Seele zugunsten des unilateralen Rückzugsplans einsetzt, nämlich Ariel Sharon. Sogar die Minister, die in der Regierung für dieses Programm gestimmt haben, taten dies nicht freudigen Herzens. Ich glaube und hoffe, dass an dem Tag, an dem Ariel Sharon aus seinem Amt zurücktritt, er von einem Minister der Rechten ersetzt wird, der diese Idee, zumindest was den einseitigen Rückzug angeht aufgibt. Im Hinblick auf einen Rückzug im Rahmen eines Abkommens hat uns die Erfahrung gezeigt, dass die Araber sich bis jetzt nie an die Abmachungen gehalten haben… was irgendwie ermutigend ist. Meiner Ansicht nach wird die entscheidende Schlacht zu diesem Thema ausschliesslich auf politischer Ebene ausgetragen werden, wie dies schon heute der Fall ist, und wir werden die Phase der physischen Konfrontation gar nicht erreichen. Heute wollen 95% der Bevölkerung hier wohnen bleiben, und ich urteile nicht über diejenigen, die gerne gehen würden. Ich fordere aber meine Bevölkerung unmissverständlich dazu auf, die Siedlungen nicht zu verlassen, die israelische Armee sei dazu da, unsere Feinde zu bekämpfen und nicht die Mitbürger. Meine Eltern wurden während der Schoah in Ungarn aus ihrer Wohnung vertrieben, doch mich wird hier niemand vertreiben. Dazu kommt ein weiterer wichtiger Punkt: das israelische Parlament hat noch keine Entscheidung bezüglich unsere Zwangsräumung getroffen. Wenn die Armee aber gegen uns vorgehen soll, müsste das Programm zumindest in ein Gesetz verwandelt werden. Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und behaupten, dass die Bevölkerung den Entscheid der Knesset nicht akzeptieren wird, wenn er mit einer Mehrheit von 8 Stimmen gefällt würde, d.h. dank den Stimmen der arabischen Abgeordneten, und folglich weder in moralischer noch in rechtlicher Hinsicht umgesetzt werden könnte.

Gehen wir davon aus, dies sei der Fall und es gebe letztendlich keinen Rückzug. Weshalb setzten Sie sich dann so vehement gegen diesen Plan ein?

Man muss sich klar machen, dass es sich hierbei um einen extrem gefährlichen Präzedenzfall handelt. So wie er heute präsentiert wird, könnte man glauben, der Rückzug betreffe nur unseren Bezirk Gusch Katif und nach unserer Evakuierung werde jede Form der Zwangsräumung von Juden eingestellt. Doch dies ist falsch. Betrachtet man die Karte, stellt man fest, dass der gesamte Norden der Region von Gusch Katif nur mit drei jüdischen Dörfern besiedelt ist und dass es kein einziges arabisches Dorf gibt. Dieses Vorgehen soll einen Präzedenzfall schaffen: wenn Israel die Juden in Gaza der Grenze von vor 1967 entlang evakuiert, öffnet dies den Weg zu Zugeständnissen ganz anderer und viel wichtigerer Art, zunächst in Judäa-Samaria, einige Jahre später auch in Galiläa, wo wir gezwungen wären uns, hinter den Grenzverlauf von 1948 zurückzuziehen, ganz zu schweigen von Jerusalem.
Abschliessend möchte ich betonen, dass der unilaterale Rückzugsplan nicht nur für uns gefährlich ist, die wir hier in Gusch Katif leben, sondern für die gesamte israelische Bevölkerung. Ich werde alles unternehmen, damit er nicht verwirklicht wird. Ich bin strikte gegen den Einsatz von ziviler Gewalt gegen die Ordnungskräfte der Regierung, doch ich bin überzeugt, dass wir dieses Stadium der Konfrontation nicht erreichen werden und dass der Plan letztendlich von allein in Vergessenheit gerät. Leider wird dies zum Preis unglaublicher Schwierigkeiten und unnötigen Leids geschehen.


GESCHICHTE UND REALITÄTEN
Schon immer empfand das jüdische Volk eine tiefe Verbundenheit mit der Region von Gaza. Dieses Gebiet gehört zunächst zur Region Israels, die dem Stamm Juda zugeteilt wurde. Es sind hier Spuren der wichtigsten Personen aus der Bibel zu finden, wie z.B. von Abraham, Isaak und Samson, um nur die bekanntesten zu nennen. Die Hasmonäer wiederum hatten in der Stadt Gaza ein bedeutendes Judenviertel gegründet, in dem während der gesamten Zeit des Zweiten Tempels das jüdische Leben blühte und pulsierte. Zahlreiche archäologische Funde belegen das Ausmass einer mehreren tausend Jahre alten jüdischen Präsenz auf diesen begehrten Gebieten. Zur der Zeit, als die Juden aus Spanien vertrieben wurden, liessen sich viele Flüchtlinge in Gaza nieder, wo nicht wenige einflussreiche Juden Ferienhäuser gebaut hatten. Man kann daher sicher völlig zu Recht behaupten, dass die jüdische Präsenz in Gaza praktisch 2’500 Jahre zurückreicht und bis 1929, als sie aus der Stadt vertrieben wurden, sowie bis 1948 andauerte, als sie Kfar Darom verlassen mussten. Einige Zeit nach dem Sechstagekrieg ergriff die israelische Regierung der Arbeitspartei die Initiative, die ehemaligen jüdischen Siedlungen von Gusch Katif wieder aufleben zu lassen, und so siedelte sich dort mit der Zeit eine junge jüdische Gemeinschaft an. Trotz enormer Probleme waren diese Männer und Frauen entschlossen, diese sandbedeckte weite Fläche in landwirtschaftlich fruchtbares Land und einen blühenden Garten zu verwandeln. Das hebräische Wort «katif» bedeutet nämlich «Ernte». Von 1948 bis 1967 überliessen die Araber diese für ihre Fruchtbarkeit berühmten Gebiete ihrem Schicksal, so dass die Juden nur ödes, unbebautes Land vorfanden, als sie sich wieder hier niederliessen. Heute gehören die Techniken, welche die Landwirte von Gusch Katif verwenden und zum Teil erfunden haben, zu den modernsten der Welt. Man trifft eine Vielzahl von Gewächshäusern, Baumschulen, Gewürz- und Gemüseplantagen an, insbesondere Tomaten, darunter die bekannte «Kirschtomate», bei der 75% der weltweiten Produktion aus Gusch Katif stammen. Dazu kommen grosse Rinderherden, die ebenfalls gemäss modernen und allerneuesten Methoden gezüchtet werden. Zur Erinnerung: Geografisch gesehen liegt diese Gegend nur einen Steinwurf von Aschkelon und Beer Schewa entfernt, wo einige Kinder auch zur Schule gehen. Das lokale Bildungs- und Erziehungswesen umfasst Kinderkrippen, Kindergärten, alle Schulklassen bis zur Matur, eine Reihe akademischer Institute für die Ausbildung von Lehrern, eine grosse Jeschiwah, Studienzentren usw. Dazu kommt die Tatsache, dass heute über 500 junge Leute aus allen Ecken Israels ihre Ausbildung in den verschiedenen Lehranstalten von Gusch Katif abschliessen. Einige dieser Institute kombinieren Studium und Militärdienst für die Elite der Kampfeinheiten.


LEBEN RETTEN
Das aussergewöhnliche Vorgehen der israelischen Armee im Kampf gegen den Terror dient auf der ganzen Welt als Vorbild. Trotz aller Bemühungen kann aber Tsahal nicht überall gleichzeitig präsent sein. Aus diesem Grund allein hat die Gemeinde von Gusch Katif eine Gruppe von Freiwilligen geschaffen, die direkt mit der Armee kooperieren und deren Ziel es ist, die Sicherheitsmassnahmen für die in diesem Bezirk lebenden Israelis zu verstärken. Unter der Leitung von Ami erfüllt diese Einheit zahlreiche Funktionen: Bergung von Verletzten, Einrichtung von Sicherheitsvorkehrungen, Bau von bestimmten Schutzzäunen usw. Ihre Devise lautet: «Leben retten an jedem Ort, auf jeder Strasse, zu jedem Preis und bedingungslos». Aufgrund ihrer Mobilität treffen die Hilfskräfte in der Regel lange vor der Armee am Ort eines Attentats oder eines anderen arabischen Angriffs ein und leiten alle notwendigen Schritte ein, um Leben zu retten oder die Angreifer zu bekämpfen. Diese kleine, unabhängige Einheit ist in 25 Sicherheitszentren aufgeteilt und zählt rund 15 feste Angestellte, die ungefähr 200 Freiwillige führen. Ihr stehen 11 Rettungsfahrzeuge zur Verfügung, von denen 4 gepanzert sind, sowie ca. 20 Fahrzeuge für den Transport der Bevölkerung, die meisten von ihnen ebenfalls gepanzert. Nicht selten retten Amis Leute auch Soldaten. Sie greifen nämlich immer in den ersten zwanzig Minuten nach der Tragödie ein, was der Zeitspanne entspricht, welche die Armee für das Eintreffen vor Ort benötigt. Finanziert wird die Tätigkeit dieser Gruppe teilweise von der Regierung, denn ihre Bedürfnisse sind natürlich viel teurer als die Subventionen oder die Summen, die von den Einwohner von Gusch Katif direkt gespendet werden. In einer kurzen, aber lebhaften Diskussion mit Ami haben wir ihm die Frage gestellt, die allen auf der Zunge liegt: «Sie verfügen über eine gute Waffenausrüstung. Werden Sie sich im Fall einer gewaltsamen Evakuierung gegen die israelische Armee wenden?». Amis Antwort ist ganz einfach: «Lassen Sie uns kurz rechnen. Für die Umsiedlung der Einwohner eines einzigen Hauses in Yitzhar mobilisierten Polizei und Armee 1’600 Leute. Hier zählen wir 2'000 Häuser, die alle von Menschen bewohnt werden, die zum Bleiben entschlossen sind. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir dieses Stadium nicht erreichen werden und dass die öffentliche Meinung und die politische Führung zum Schluss kommen werden, dass der Plan nicht durchführbar ist. In dieser Zeit erfüllen wir hier weiterhin unsere Pflicht in unserer Umgebung und zum Wohl unserer Mitbürger.» Die von Ami geleitete Gruppe veranstaltet regelmässig Ausbildungskurse für junge Leute ab 14 Jahren, damit sie effizient lebensrettende Massnahmen bei Juden ergreifen können.