Ave Roma
Von Roland S. Süssmann
Die Juden in Rom können nicht oft genug daran erinnern, dass sie die Nachfahren der ältesten Gemeinde in der Diaspora sind. Sie sind nämlich weder Aschkenasim noch Sefarden... sie sind Italiener. Glaubt man gewissen Historikern, ist dies vermutlich auch wahr, da Jehudah Macabbi im Jahr 167 vor unserer Zeitrechnung einen Botschafter namens Eupolemus Ben Jochanan nach Rom geschickt hatte, um den Schutz des Reiches gegen die Gräko-Syrer zu erbitten. Später wurden in den Jahren 150 bis 139 vor unserer Zeit andere Delegationen von den hasmonäischen Anführern nach Rom entsandt. Und schliesslich verschleppten die Römer, als sie 63 Judäa eroberten, jüdische Sklaven in ihre Hauptstadt. Obwohl die Juden in Palästina oft sehr brutal behandelt wurden, ging man in Rom recht pfleglich mit ihnen um. Die bereits bestehende Gemeinschaft hatte überdies einen Fonds geschaffen, um die jüdischen Sklaven freizukaufen.

Julius Cäsar war bekannt für die Freundschaft, die er den Juden gegenüber empfand, er verlieh ihnen das Recht auf freie Wahl ihres Wohnorts im gesamten römischen Reich. Als er ermordet wurde, waren die Juden in Rom so tief betroffen, dass viele von ihnen die Nacht und den Tag vor seiner Beerdingung bei seinem Leichnam verbrachten und weinten. Auch sein Nachfolger Augustus war den Juden gegenüber freundlich gesinnt, er berücksichtigte sogar den Schabbat in den Zeitplänen für die Getreideverteilung. Die Verschleppung der Kriegsgefangenen, die zu Sklaven gemacht wurden, von Palästina nach Rom, stellte die Grundlage für die Entstehung einer Gemeinde dar, die mit der Zeit an Bedeutung gewann. In den Jahren 95-96 reisten Rabbiner speziell aus Palästina ein, um der jüdischen Bevölkerung von Rom geistlichen Beistand zu leisten. Im Jahr 212 gewährte der römische Kaiser Caracalla (mit richtigem Namen Marcus Aurelius Antoninus Bassianus) den Juden von Rom das Privileg, vollwertige Staatsbürger zu werden. In der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts fasste die jüdische Gemeinschaft in Rom wirklich Fuss und es entwickelte mit der Zeit sowohl im Handel wie auch auf intellektueller Ebene ein echtes jüdisches Leben. Im Verlauf der gesamten römischen Geschichte, von der klassischen Periode, über das christliche Reich, das Mittelalter und die Renaissance bis zum 19. und zum Anfang des 20. Jahrhunderts lebten Juden in Rom. Wie überall in Europa erlebte die jüdische Gemeinde Roms in ihrer Geschichte glückliche Zeiten der Blüte und eine ganze Reihe von Zeiten der Erniedrigung, der Ausgrenzung und der Verfolgung in jeder erdenklichen Form. 1555 beschloss Papst Paul IV., dass die Juden separat, in eigenen Vierteln leben mussten, getrennt von der übrigen römischen Bevölkerung. So entstand das berühmte Ghetto von Rom. Die Juden durften nachts nicht mehr ausgehen, man untersagte ihnen die meisten körperlichen Arbeiten, sie wurden aus den Fakultäten für Recht, Pharmazie und Kunst ausgeschlossen, ohne aber dafür Architekten, Notare oder Politiker werden zu dürfen. Die jüdischen Ärzte durften nur noch ihre eigenen Glaubensbrüder behandeln. Darüber hinaus waren die Juden verpflichtet, ein Kennzeichen zu tragen, eine gelbe Brosche. Jeden Sonntag wurden sie gezwungen, an den Messen in den Kirchen teilzunehmen. Es gab zahlreiche Erniedrigungen, und trotzdem haben die Juden ihre Identität bewahrt und verstärkt. 300 Jahre lang haben sie im Ghetto gelebt! Erst 1870 gab König Vittorio Emanuele III einen Erlass heraus, dass die Tore des Ghettos geöffnet würden und die Juden von Rom die vollwertige Staatsbürgerschaft erhielten, wodurch sie wieder in die italienische Gesellschaft aufgenommen wurden - sowohl in die Universitäten als auch in den höchsten Rangstufen der Armee und der Politik. Während des Ersten Weltkriegs kämpften zahlreiche Juden in der italienischen Armee. Die Zeit der Schoah kann hingegen nicht in wenigen Zeilen zusammengefasst werden. Es muss aber betont werden, dass die Historiker trotz der Rassengesetze und der rechtlichen Einschränkungen, die gegen die Juden erlassen wurden (Ausschluss von allen möglichen Institutionen usw.)im Allgemeinen davon ausgehen, dass sowohl die Bevölkerung als auch die Regierungsbeamten eigentlich alles zum Schutz ihrer jüdischen Nachbarn unternahmen. Zu Beginn des Kriegs lebten ca. 35’000 Juden in Italien, von denen 8’000 von den Nazis und ihren lokalen Komplizen ermordet wurden. Man schätzt, dass 80% der jüdischen Bevölkerung gerettet wurden. Es ist nicht uninteressant zu wissen, dass die 2’000 von den Deutschen verschleppten Juden Roms meist noch in ihren alten Wohnungen im Ghetto lebten. Für die Nazis war es aus diesem Grund äusserst einfach, sie aufzufinden.
Die zweitausendjährige Präsenz der Juden in Rom hat ausserdem eine besondere Tradition hervorgebracht, den «Minhag Romi» (von dem es heisst, er sei vor 2’200 Jahren direkt aus Palästina importiert worden), der vor allem beim Sprechen der Gebete sichtbar wird und in der Reihenfolge der aufgesagten Texte, in der Musik und in den Tonarten der Liturgie zum Ausdruck kommt. Es gibt auch eine besondere Sprache der lokalen Juden, eine Mischung aus römischem Dialekt und hebräischen Ausdrücken, eine Art Jiddisch mit italienischem Einschlag.
Dank diesem kurzen und oberflächlichen historischen Abriss verstehen wir das jüdische Leben im modernen Rom besser. Wir haben LEONE PASERMAN getroffen, den Präsidenten der Comunità Ebraica di Roma, der uns Näheres darüber berichten sollte.

Bevor wir uns dem jüdischen Leben in der Gegenwart zuwenden, wäre es interessant Ihre Meinung dazu zu hören, weshalb die Juden trotz der ständigen Unterdrückung durch die Jahrhunderte hindurch nie aus Rom vertrieben wurden?

Ich glaube, die Päpste wollten die Juden hier im Ghetto behalten, wo sie unter entsetzlichen Umständen lebten - einige tausende Menschen waren auf einer Fläche von 250 x 200 Metern zusammengepfercht - und dienten als abschreckendes Beispiel für die Strafe, die einen ereilte, wenn man den christlichen Glauben ablehnte. Dennoch ist es auffallend, dass sich viele Juden nach ihrer Vertreibung aus Spanien in Rom niederliessen. Seit dem 16. Jh. befanden sich fünf Synagogen im selben Gebäude, von denen drei spanisch waren: eine katalanisch, eine kastilisch und eine sizilianisch, da Sizilien und der Süden Italiens eine spanische Kolonie waren, aus der die Juden 1507 vertrieben wurden. Dies ist auch der Grund, weshalb es südlich von Rom fast keine Juden gibt, ausser ungefähr hundert Personen in Neapel.

Wie sieht es mit der jüdischen Gemeinde in Rom aus?

Sie setzt sich gegenwärtig aus ca. 14’000 Menschen zusammen, von denen die meisten in Rom geboren sind und aus Familien stammen, die seit langem hier leben. Ungefähr 1’500 bis 2’000 unserer Mitglieder sind Juden, die nach dem Sechstagekrieg aus Libyen hierher kamen. Im Grossen und Ganzen sind wir keine überalterte Gemeinschaft, letztes Jahr haben wir rund 60 Beschneidungen gefeiert, was insgesamt 150 Geburten entspricht. Dies bedeutet ebenfalls, dass wir mit der Bevölkerungsentwicklung dem nationalen Durchschnitt entsprechen...
Wir besitzen eine jüdische Schule, die täglich von 200 Kleinen im Kindergarten, 450 Kindern in den Primarschulklassen, 230 Jugendlichen in der Sekundarschule und weiteren 120 Schülern im Gymnasium besucht wird, wo letztere die Mittelschule abschliessen. Im Bereich von Primar- und Sekundarschule sind ca. 60% der schulpflichtigen Kinder bei uns eingeschrieben, doch auf gymnasialer Stufe ist dieser Anteil wesentlich kleiner. Wir verfügen über die üblichen sozialen Dienstleistungen, über ein Altersheim und ein jüdisches Krankenhaus. Im Moment beschränkt sich das Altersheim auf ein einziges Stockwerk im jüdischen Krankenhaus, das in das nationale Gesundheitswesen eingebunden ist und allen offen steht. Wir arbeiten aber gegenwärtig an einem Bauprojekt für ein Mehrzweckgebäude für ein Geriatriezentrum, das ein Heim, eine Pflegeabteilung, ein Begegnungszentrum mit einem weiten Angebot an Aktivitäten usw. umfassen soll.

Haben Sie nach dem Krieg die Vermögenswerte, insbesondere die Immobilien, der Juden zurückfordern können?

Es handelt sich hier um eine sehr unglückliche Geschichte, denn nach dem Krieg hat die jüdische Führung nicht nachdrücklich auf eine Rückerstattung dieses Vermögens bestanden. Unsere damaligen Verantwortlichen wollten nämlich zeigen, dass sie «Italiener wie alle anderen» waren. Alle hatten unter dem Faschismus und der deutschen Besetzung gelitten, und so waren sie der Ansicht, die Juden sollten nicht bevorzugt werden. Es gab zwar einige Gesetze, die verlangten, dass die Menschen ihre frühere Position wieder einnehmen konnten, doch in Bezug auf Guthaben und Immobilien wurden leider nicht die notwendigen Schritte unternommen. Seit einiger Zeit und vor allem, seitdem andere europäische Länder sich mit dieser Frage befasst haben, wurde in Italien eine Regierungskommission gebildet, deren Aufgabe darin besteht, die gesamte Angelegenheit zu prüfen. Dazu muss man auch sagen, dass es bis 1943 in Italien kaum zur Konfiszierung von jüdischen Vermögen gekommen war.

Glauben Sie, dass das jüdische Leben in Ihrer Gemeinde gegenwärtig einen neuen Aufschwung erfährt?

Ganz bestimmt. Einerseits haben, seit ich vor ca. drei Jahren zum Präsidenten gewählt wurde, viele Veränderungen stattgefunden, wobei die wichtigste daraus bestand, dass der Grossrabbiner von Rom nach fast fünfzigjähriger Amtsdauer ersetzt wurde, ausserdem auch der Schuldirektor und der Verantwortliche der Schochatim (Darbringer des rituellen Schächten). Andererseits bringen wir die Schule ins Ghetto zurück, eine ganz besonders bezeichnende und hoch symbolische Geste, denn wir kehren als Hausbesitzer in eine Gegend von Rom zurück, in der die Juden von 1555 bis 1870 keine Grundstücke erwerben durften. Unsere Gemeinde ist einzigartig, weil sie zu einem grossen Teil aus Werktätigen im eigentlichen Sinne des Wortes besteht. Die Mehrheit verkauft Postkarten und Souvenirs in der Nähe der Sehenswürdigkeiten, einige verkleiden sich als römische Legionäre am Eingang des Kolosseums und verdienen ihren Lebensunterhalt, indem sie sich mit Touristen fotografieren lassen. Es sind keine armen Leute, sie sind aber oft schon sehr früh von der Schule abgegangen und sind daher nicht sehr gebildet, sie fühlen sich sehr stark mit der jüdischen Gemeinschaft und mit Israel verbunden. So haben wir, in Zusammenarbeit mit der israelischen Botschaft, im Jahr 2000, als die Intifada einsetzte, zwei Wochen nach dem Beginn der Feindseligkeiten eine Solidaritätsveranstaltung organisiert. Unter der Anwesenheit von Schimon Peres und Silvio Berlusconi kamen zweitausend Menschen in die Synagoge, um ihre Solidarität und ihr Zusammengehörigkeitsgefühl kundzutun. Dies war auch der Fall, als der neue israelische Botschafter zum ersten Mal die Synagoge aufsuchte: es waren viele Menschen gekommen und sie zeigten ihm ihre Verbundenheit. Im selben Sinne erleben wir seit einigen Jahren einer Wiederbelebung des Glaubens, die nichts mit einem Anstieg der Orthodoxie zu tun hat, sondern mit dem spürbaren Ausdruck eines verstärkten religiösen Gefühls. Es gibt heute zehn koschere Metzgereien, eine ganze Reihe von Restaurants, einige Synagogen, von denen neun sowohl morgens wie auch abends einen Gottesdienst anbieten. Im vergangenen Juni hat Chabad seine neue Synagoge eingeweiht. Ich denke, dass gegenwärtig ungefähr 25% der Mitglieder unserer Gemeinde fromm sind, die anderen sind mehr oder weniger traditionalistisch. In Bezug auf Konvertierungen stehen wir einem Problem gegenüber, denn zahlreiche Paare, in denen die Frau keine Jüdin ist, möchten, dass ihre oft noch kleinen Kinder konvertieren. Unser sehr orthodoxes Rabbinat ist kaum bereit, sich diesen Anfragen gegenüber flexibel zu zeigen. Wir haben ein besonderes Programm entwickelt, in dem die Eltern sich verpflichten müssen ihre Kinder jüdisch zu erziehen, was damit beginnt, dass sie sie in die jüdische Schule schicken.

Verspüren Sie einen Anstieg des Antisemitismus?

Zweifellos. Er ist, wie überall, unentwirrbar mit der Israelfeindlichkeit verwoben. Wir werden mit dem «Antizionismus» der extremen Rechten konfrontiert, einer offen zur Schau getragenen Form des Antisemitismus. Dasselbe geschieht in der radikalen Linken, bei den Grünen und ehemaligen Kommunisten, die zwar nicht alle antisemitisch, aber unverhohlen und eindeutig antizionistisch sind. Am erstaunlichsten ist aber die Veränderung, die wir in diesem Bereich zurzeit im Vatikan erleben.

Johannes Paul II. besitzt doch den Ruf, in seinen Botschaften den Antisemitismus zu bekämpfen und alles zu tun, um die Kirche und die jüdische Welt einander näher zu bringen. Worauf spielen Sie also an?

Es ist sonnenklar, dass die vom Papst ausgelöste Bewegung, der dadurch gute Beziehungen zum Staat Israel und der jüdischen Gemeinde im weitesten Sinne knüpfen wollte, nur bis ins Jahr des Jubiläums anhielt, d.h. bis ins Jahr 2000! Seit seiner berühmten Reise nach Israel im März 2000 mussten wir einen Umschwung und eine endgültige Verriegelung der Türen feststellen. Ich glaube, dass der Papst einer sehr heftigen Opposition innerhalb des Vatikans gegenüber stand, vor allem nach der Rede, in der er im Namen der Kirche die Juden um Vergebung bat für alles Leid, das sie ihnen zugefügt hatte. Die jüdische Gemeinschaft von Rom fühlte sich durch die Seligsprechung von Papst Pius IX. gedemütigt, der im Laufe des 19. Jahrhunderts darauf bestanden hatte, dass die Juden weiterhin im Ghetto von Rom eingepfercht blieben, obwohl es die einzige Stadt in Europa war, wo diese Art von Einrichtung über hundert Jahre nach der Emanzipation der Juden in Frankreich noch existierte. Ich denke, dass der Papst eigentlich Pius XII. selig sprechen wollte, dass er aber aufgrund der sehr starken Widerstände seine Meinung änderte und Pius IX. wählte. Seither mussten wir eine Reihe von wenig sympathischen Erklärungen und Vorfällen über uns ergehen lassen, meiner Ansicht nach ist dies alles andere als ein gutes Zeichen. Ausserdem sind die aussenpolitischen Verantwortlichen des Vatikans offen israel- und amerikafeindlich eingestellt. Auch da ist eine Veränderung zu beobachten, denn im Allgemeinen besitzt der Vatikan seine eigene Terminologie und drückt sich sehr diplomatisch aus. Was aber Israel und die USA betrifft, kann man dies nicht mehr behaupten. Wir hören eindeutig feindliche Äusserungen, die eher ins Lager der Pazifisten gehören. Die Tatsache, dass der Papst Tarek Aziz empfangen hat, stellt eine unmissverständliche Erklärung dar. Diese ganze Dialektik findet selbstverständlich sofort Eingang in den Schulen und Kirchen, was direkt zum Anstieg des Antisemitismus im Land beiträgt.

Welche Zukunft sehen Sie für Ihre Gemeinde in Rom?

Seit über zweitausend Jahren gibt es hier jüdisches Leben und wir haben weitaus schwierigere Phasen durchgemacht als heute, wo wir trotz einem Anstieg des Antisemitismus einer Wiederbelebung der Lebenskraft des Glaubens beobachten können; dies kommt in der wieder erwachten Frömmigkeit zum Ausdruck, die ich bereits erwähnte und die recht überraschend ist. Ich habe gute Gründe zu glauben, dass unsere Gemeinde eine viel versprechende Zukunft vor sich hat, aber wer weiss... eine Überraschung ist sehr schnell eingetreten.

Deportationen in Rom

Die 1938 vom faschistischen Regime eingeführten Rassengesetze haben die Juden überrumpelt. Letztere waren zu vollwertigen Bürgern geworden, viele von ihnen hatten im Ersten Weltkrieg für Italien gekämpft. Im Gegensatz zu den reicheren Juden im Norden Italiens gehörte die Gemeinde von Rom zu den ärmsten und die meisten ihrer Mitglieder besassen nicht die Mittel wegzuziehen. Darüber hinaus waren sie davon überzeugt, dass die Präsenz des Vatikans Deportationen verhindern würde. Zu Beginn hatten die Deutschen Rom zur offenen Stadt erklärt, was innerhalb der jüdischen Gemeinschaft etwas Hoffnung aufkeimen liess. Ende September 1943 sagte der deutsche Kommandeur von Rom, Herbert Keppler, den jüdischen Honoratioren, sie könnten der Deportation entgehen, wenn sie innerhalb von 36 Stunden 50 Kilo Gold zahlen würden. Obwohl die Gemeinde dank jüdischen und nichtjüdischen Quellen 51 kg Gold zusammenbrachte, wurde sofort mit den Deportationen begonnen. Am 16. September 1943 umzingelte eine Sondereinheit der Polizei das Ghetto und verschleppte 2’000 Juden. In den darauf folgenden Tagen richteten sich die Deutschen in den Büros der Gemeinschaft ein, die im selben Gebäude lagen wie die Synagoge, beschlagnahmten die Register und stahlen alle Wertgegenstände und seltenen Bücher aus der Bibliothek. Der Bericht eines überlebenden Zeugen hilft uns, die damalige Situation besser zu begreifen: «Wir wussten nicht genau, was vor sich ging. Wir wurden zuerst in Lastwagen, dann in Zügen transportiert. Einigen von uns gelang die Flucht dank der Hilfe einiger Römer. Es gab in der Bevölkerung Menschen, die den Juden halfen, und jene, die auf der Seite der Deutschen standen, da diese für jeden ergriffenen Juden eine Prämie zahlten.» Die Ironie der Geschichte will traurigerweise, dass sich hinter dem Haus, an dem sich heute eine Tafel zur Erinnerung an die deportierten Juden befindet, von denen nur 15 von 2’000 zurückkehrten, eine archäologische Fundstelle aus dem alten Rom befindet, der «Portico d’Otavia». An dieser Stelle liess Vespasian den Siegeszug seines Sohnes Titus durchziehen, als dieser die Eroberung und Zerstörung Jerusalems feierte. In seinem Zug befanden sich auch jüdische Sklaven, welche die aus dem Tempel Salomons gestohlene Beute trugen, darunter auch die berühmte siebenarmige Menorah aus Gold.