Der biblische Honig | |
Von Roland S. Süssmann | |
Was gibt es Alltäglicheres, Simpleres
und Gewöhnlicheres als eine Dattel?
Aufgrund einer raschen Recherche wissen
wir nun, dass es mehrere hundert
Dattelsorten gibt, dass ihr Anbau gar
nicht so einfach ist und dass sie für den
Produzenten zahlreiche Risiken bergen,
vor allem finanzieller Art. Eine der weltweit
schönsten Anbauregionen für Datteln
liegt in der Wüste von Judäa nahe
beim Toten Meer. Der Reisende, dem das
Glück widerfährt, diese Region zu erkunden,
ist erstaunt angesichts der Zahl von
Palmenhainen am Ufer des salzigsten
Meeres der Welt, das sich am tiefsten
Punkt der Erdoberfläche befindet, nämlich
auf über 400 Metern unter Meer. Auf
diese Weise bewahrheitet sich die berühmte
arabische Redensart, dass «die Dattelpalme
die Füsse im Wasser und den Kopf
im Feuer (mit anderen Worten in der Sonne)
hat» auf das Schönste. Das Vorkommen dieser Obstbäume, die aufs Herrlichste blühen, erregte unsere Neugier. Wir wollten mehr darüber erfahren und beschlossen, uns an einen Fachmann in diesem Bereich zu wenden, an YAACOV NAKACHE, Direktor der «Eden Experimental Station» des nationalreligiösen Kibbuz Sde Eliahu, das im nördlichen Teil des Jordantals liegt, im so genannten Beit-Schean-Tal. Dieser Kibbuz ist ganz besonders interessant, weil er hauptsächlich im landwirtschaftlichen Bereich tätig ist und sich auf den biologischen Anbau spezialisiert hat. In diesem Rahmen hat der Kibbuz ein landwirtschaftliches Forschungszentrum gegründet, das sich in erster Linie mit bio-organischer Landwirtschaft auseinandersetzt, das sich aber auch für alle anderen Aspekte der Landwirtschaft interessiert, einschliesslich der Fischzucht. Was die Arbeiten betrifft, die in der experimentellen Abteilung unter der Verantwortung von Nakache durchgeführt werden, befassen sie sich vor allem mit der Entomologie in den Feldern und Obstbaumplantagen. Doch die Liste der Tätigkeiten der Forscher und vor allem ihres Erfindungsreichtums, den sie in dieser Institution an den Tag legen, ist so lang, dass sie hier nicht erschöpfend behandelt werden kann. Können Sie uns einen schnellen Überblick über die Dattelproduktion in Israel geben? Die Dattelpalme ist zweifellos der edelste Baum des Landes und wird zu Recht als Symbol verwendet, ausserdem ist seine Geschichte recht aussergewöhnlich. Er wurde nämlich vor weniger als hundert Jahren und zwar unter extrem harten Bedingungen hier eingeführt. Man muss sich klar machen, was es damals bedeutete, auf dem Rücken von Eseln und Kamelen Bäume zu transportieren, die bis zu 15 m hoch sein konnten. So brachte Yossef Weiss im Jahr 1924 über hundert Schösslinge aus Ägypten, die dann um den Tiberiassee herum angepflanzt wurden. Zwischen 1933 und 1938 importierten Ben Zion Israeli und Schmuel Stoler 7’000 Schösslinge aus Iran, Irak und Ägypten; man pflanzte die jungen Bäume im Kibbuz Kinereth an, und im Laufe des Jahres 1954 trafen schliesslich aus Iran und Irak 60’000 Schösslinge in Israel ein, die im Jordantal und im Tal von Beit- Schean angepflanzt wurden. Noch heute stehen an diesen Orten Bäume, die damals importiert wurden und heute immer Früchte produzieren. Dazu muss man wissen, dass ein Baum 150 Jahre lang tragen kann, dass aber das Problem in seiner Grösse liegt. In Israel, wo Arbeitskräfte recht teuer sind, ist es nicht möglich, Bäume von über 30 m Höhe zu haben, da die gesamte Ernte mechanisch erfolgt. Es ist absolut ausgeschlossen, wie im Maghreb Männer in die Bäume klettern zu lassen, um dort die Früchte von Hand zu pflücken. Man muss sich vor Augen führen, dass wir uns im Nahen Osten befinden, in einer Region, wo die Dattelpalme sehr viel mehr verkörpert als eine simple Nahrungsquelle. Dieser Baum stellt eine eigentliche Religion dar, wie ich von meinen arabischen Kollegen gelernt habe, er ist Teil der Folklore, ja sogar ein Lebenselixier. Eines Tages, als ich mich in Mauretanien aufhielt, sagte ein Marabu zu mir: «Siehst du, dieser Baum ist 150 Jahre alt». Angesichts meiner Verblüffung zeigte er mir ein Dokument, das tatsächlich vor 150 Jahren verfasst wurde und das besagte, dass dieser Baum von einem bestimmten Bauern gepflanzt worden war. Noch heute tritt das Eigentum an einem Stück Land erst dann in Kraft, wenn der Besitzer dort seinen ersten Baum gepflanzt hat. Dies gilt auch in Saudi-Arabien. In Irak und den Golfstaaten umfassen einige Plantagen bis zu zwanzig Millionen Bäume. In Israel haben wir nur 250’000 produktive Dattelpalmen. Die meisten israelischen Datteln sind für den Export bestimmt. Da wir letztendlich nur über ganz wenige Bäume verfügen, müssen wir alles tun, damit diese ihre Kapazität in Bezug auf den Ertrag maximal ausschöpfen. So ernten wir bei der beliebtesten Dattel, der Sorte Madjul, zwischen 100 und 150 Kilo Früchte pro Jahr. Wir achten daher streng darauf, dass unsere Bäume gesund sind, dass sie nicht von Schädlingen befallen werden, dass sie mit ausreichend Wasser versorgt sind usw. Diese Überlegungen sind das Hauptanliegen unserer Forschungsarbeiten, und daher ist die israelische Dattel qualitativ deutlich besser als die Früchte, die in arabischen Ländern produziert werden. Dazu muss man sagen, dass sie sich aufgrund der grossen Menge an Bäumen, über die sie verfügen, mit einem Ertrag von 15 bis 20 Kilo Früchten pro Baum begnügen. Wir bauen in erster Linie die Sorte Madjul an, doch für Europa kultivieren wir auch die Deglet-Nur, eine vor allem im Maghreb verwendete Varietät, die im 19. Jh. von den Franzosen nach Europa importiert wurde. Es ist eine interessante Tatsache, dass alles an der Dattel essbar ist, und dass der Kern in einigen Ländern, vor allem in Mauretanien und Algerien, gemahlen wird und als Kaffeepulver dient. Wenn ich sage, dass alles essbar ist, schliesst dies auch die Schale ein, denn in Israel werden die Datteln ohne chemische Produkte und folglich ohne Rückstände angebaut und entsprechen damit den europäischen und amerikanischen Normen, die unter der Abkürzung ISO 9002 bekannt sind. Ausserdem ist es in Bezug auf den Nährwert der Dattel in der arabischen Welt allgemein bekannt, dass «fünf Datteln und ein Glas Milch» ausreichen, um einen erwachsenen Mann während eines Tages zu ernähren. Was den europäischen Markt betrifft, wird vor allem von Datteln aus dem Maghreb überschwemmt. Wie bekämpfen Sie diese Konkurrenz? Wir haben drei Wochen Ernte-Vorsprung auf die Produkte des Maghreb. Diese Zeitspanne ist äusserst wichtig, denn wir erwirtschaften in diesen Wochen einen grossen Teil unseres Umsatzes. Darüber hinaus muss man wissen, dass unsere direkten Nachbarn trotz der Millionen Bäume, die sie besitzen, nicht genügend Früchte ernten; wir erhalten somit die Gelegenheit in ihre Länder zu exportieren, vor allem am persischen Golf. Einige arabische Länder wären manchmal sogar bereit, bis zu 30% unserer Produktion zu kaufen. Vergessen wir nicht, dass in diesen Regionen jeder Kern, der herunterfällt, einen neuen Baum hervorbringt, und dass in den meisten Fällen die daraus wachsenden Früchte nur eine mittelmässige Qualität einer anderen Varietät aufweisen und nicht sehr geschätzt werden. Bei uns stellt die Qualität ein wesentliches Kriterium dar und wir investieren viel Zeit und Geld, um eine umfassende Forschung zu betreiben. Wir haben eine eigentliche Wissenschaft daraus gemacht, denn in Wirklichkeit kämpfen wir mit grossen Problemen. Zunächst sind Arbeitskräfte, wie ich bereits erwähnte, hier viel teurer: deshalb haben wir ein ausgeklügeltes mechanisches System für die Ernte, aber auch für die Bestäubung eingeführt. Überall auf der Welt erfolgt die Bestäubung manuell, doch bei uns wird sie von einer Hummel übernommen, die wir dazu abgerichtet haben und deren Häuser wir über unsere Plantagen verteilt haben. In einem der Labors, für das ich verantwortlich bin, überprüfen wir die Qualität der Keimung des Blütenstaubs. Wir sind gezwungen, von unseren Bäumen sehr viel zu verlangen, denn wenn die Produktion unter 80 kg pro Baum sinkt, haben wir nichts davon. Woraus besteht Ihre Forschungsarbeit in Bezug auf die Datteln? Zunächst wählen wir die Dattelsorte aus, die wir anbauen möchten. Wir versuchen keine neuen Datteltypen zu schaffen, sondern wollen die bestehenden Varietäten verbessern. Wir wissen z.B., dass der Geschmack der Deglet Nur deutlich besser ist als derjenige der Madjul, dass letztere jedoch schöner ist und besser präsentiert. Wir bemühen uns also um den Anbau dieser Sorte, denn heute essen die Leute oft auch « mit den Augen». Wir forschen also im Zusammenhang mit der jeweiligen Sorte und wählen die Bäume aus, die auf unseren Plantagen die bessere Qualität und die reichere Ernte ergeben. Wir praktizieren auch Invitro- Befruchtung, allgemein «Vitroplan» genannt. Wir nehmen Embryos von Bäumen, die wir genetisch in unseren Labors zu Tausenden vervielfachen, was uns eine identische und gleich bleibende Qualität für unsere gesamte Produktion garantiert. Diese Technik wurde in Israel entwickelt und wir exportieren sie in die ganze Welt; sie stammt aus einem Forschungszentrum in Rosch Hanikrah, das sich auf diese Technik spezialisiert hat. Dieses Verfahren wird nicht nur für Dattelpalmen verwendet, sondern auch für zahlreiche andere Obstsorten. Wenn ich von Genforschung spreche, möchte ich jedoch diese Technik von der Genmanipulation unterscheiden, die wir nicht durchführen. Das Hauptziel unserer Arbeiten liegt in erster Linie darin, unsere Produktionskosten zu senken. Eine Tonne israelischer Früchte kostet nämlich mehr als die Früchte, die in einem arabischen Land produziert werden. Wir betreiben auch besondere Forschung, um die Mechanisierung der Produktion zu entwickeln, und zwar durch die Konstruktion von bis zu 25 Meter hohen hydraulischen Leitern. Eine israelische Fabrik stellt heute diese Maschinen her, die in die ganze Welt exportiert werden. Wie bekämpfen Sie Krankheiten und Schädlinge? Auch für diesen sehr weitläufigen Bereich bin ich verantwortlich und kann Ihnen daher einen kleinen Überblick geben. Unsere Palmenhaine sind auf vier verschiedene Regionen mit unterschiedlichen Klimabedingungen aufgeteilt. Sie unterscheiden sich auch durch ihre entomologische Fauna. Unser Ziel ist es, im Palmenhain ein umfassendes biologisches Gleichgewicht zu gewährleisten. Dazu ist es unerlässlich, Bedingungen zu schaffen, die dank einem fruchtbaren Boden, einer entsprechenden Bewässerung und einer passenden Düngung eine positive Vegetation begünstigen. Wir vermeiden den Einsatz von Pestiziden und verwenden diverse Techniken der mechanischen Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten. Der biologische Kampf, unsere grosse Errungenschaft, besteht daraus, die Entwicklung von natürlichen Feinden und Parasiten zu fördern, die wir in der Natur freisetzen, damit sie die schädlichen Insekten vertilgen. Wir haben übrigens hier im Kibbuz eine Produktionsstätte für Nutzinsekten gegründet, die den Menschen nicht behelligen und keine Verschmutzung verursachen. Auf diese Weise bringen wir wieder Insekten in den natürlichen Kreislauf zurück, die wir einst vernichteten und durch chemische Produkte ersetzten, die sich dann als ungesund für den Menschen und die Natur erwiesen. Wir züchten z.B. eine winzige Wespe, die gelernt hat, ihre Eier direkt in die Nester der schädlichen Insekten zu legen. So verhindert sie direkt die Entwicklung der Schädlinge, die vor ihrem eigenen Schlüpfen vernichtet werden. Wir haben auch ein aphrodisisches Parfum reproduziert, das vom Schmetterlingsweibchen abgegeben wird, das damit das Männchen während der Befruchtungsperiode anzieht, und das über eine Distanz von 5 km gerochen werden kann. Sobald die Männchen scharenweise eintreffen, locken wir sie in eine Falle, vernichten sie und verhindern somit, dass die Weibchen befruchtet werden. Es gibt unzählige Techniken sowohl auf biologischer als auch auf mikrobieller und viraler Ebene, und es gelingt uns, auf diese Weise unsere Bäume zu schützen. Ausserdem züchten wir Eulen, welche die Mäuse, Ratten und Fledermäuse fressen, die unseren Plantagen Schaden zufügen. Und zu guter Letzt möchte ich einen weiteren Aspekt unserer Forschung erwähnen, das Abrichten von Hunden, die in der Lage sind, schädliche Larven ausfindig zu machen, die unsere Palmen befallen, und die uns angeben, ob ein Baum krank ist. Diese Beispiele, die mit bescheidenem Aufwand und nur dank dem Genie der Forscher aus dem Kibbuz Sde Eliahu realisiert werden können, widerspiegeln auf perfekte Art die individuellen Beiträge, die zum Erfolg und zum ausgezeichneten Ruf Israels beitragen. Stellen Sie aus den Datteln viele Nebenprodukte her? Nein, denn unser Ziel ist es in erster Linie, den Export dieser herrlichen Frucht zu fördern. Wir produzieren aber einen Dattelhonig, der nichts anderes ist als der berühmte Honig, von dem schon in der Bibel die Rede ist, in dem Abschnitt über das «Land, wo Milch und Honig fliessen»! DAS KREUZ UND DAS BANNER Eine Reise nach Israel ist viel mehr als eine touristische Erkundungsfahrt oder ein gastronomischer Ausflug. Es gibt hier das gewisse Etwas, das alles anders macht: die Einwohner und ihre persönlichen, immer überraschenden, verwickelten und sehr ungewöhnlichen Lebensgeschichten. Dies trifft auch auf das Leben von YAACOV NAKACHE zu, der als unser Experte für Entomologie und bio-organische Landwirtschaft im Kibbuz Sde Eliahu fungierte. Yaacov hat seinen Vater nie gekannt und weiss nichts über ihn. Seine Mutter hingegen war die Tochter reicher Kaufleute und stammte aus der Familie Nekuschtan (wörtlich übersetzt: Ziselierer) aus Samarkand, die sich in Damaskus niedergelassen hatte und später vor den Pogromen in der syrischen Hauptstadt nach Paris floh. Da sie stark assimiliert war, schickte die Familie die Tochter in katholische Schulen, wo sie derart stark beeinflusst wurde, dass sie schliesslich zu diesem Glauben übertrat. Marcel wurde einige Monate vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geboren und kam sehr schnell in die Obhut verschiedener Familien und später katholischer Schulen, deren Unterricht jedoch nicht auf die ständige Verurteilung des «Juden als Gottesmörder» ausgerichtet und folglich weniger antisemitisch war als die anderen. Durch seine Erziehung in der katholischen Religion mit feierlicher Kommunion und Konfirmation ahnte Marcel nicht im Entferntesten, dass er jüdischer Abstammung war. Er bereitete sich vielmehr darauf vor Priester zu werden! Mit 17 Jahren, im Jahr 1958, kurz vor der Ordination, wurde er sich bewusst, dass seine Kameraden hinter seinem Rücken über ihn herzogen, wahrscheinlich weil sie neidisch darauf waren, dass er zu den 30 Auserwählten unter den 300 Kandidaten gehörte, die nun Priester und Missionare werden durften. Er wies sie also darauf hin, dass die üble Nachrede unchristlich sei, und einer der unterrichtenden Priester sagte zu ihm: «Wenn du so denkst, dann nur, weil du keine christlichen Wurzeln hast». Eine Woche später sollten die Priesteranwärter mit Seiner Exzellenz Tisserand zusammentreffen, um sich ihm zu unterwerfen, seinen Ring zu küssen und seinen Segen zu erhalten, ohne mit ihm zu reden. Doch Marcel war entschlossen, ihn zu fragen, ob er etwas anderes sein könnte als Christ. Se. Tisserand, der die Dossiers aller Schüler kannte, antwortete ihm ganz einfach: «Ja, du hast eine jüdische Mutter». Er kannte Marcels Mutter, die er getauft und während des Kriegs gerettet hatte. Kardinal Tisserand war bekannt dafür, während der Schoah zahlreiche Rabbiner gerettet zu haben. Anlässlich des Besuchs von Paul VI. in Israel traf ihn der kleine Marcel, der nun zu Yaacov geworden war, und das Wiedersehen wurde zu einem besonders ergreifenden Erlebnis. Während seiner Kindheit und Jugend hatte Marcel nur zwei Sorten Verwandte: Nonnen und Priester. Erschüttert durch die Enthüllungen des Kardinals, wandte er sich nicht nur von seinem bisherigen Glauben ab, sondern auch von denen, die seine Familie verkörpert hatten. Er irrte daraufhin von Religion zu Religion, von den orientalischen Kirchen zum Buddhismus, bis zu dem Zeitpunkt, da er seine Mutter wieder fand, deren Adresse leicht aufzutreiben war. Eines Tages rief ihn Rabbi Paul Roitmann an, der ihn mit Rabbi Saltiel aus Nizza zusammenbrachte. Letzterer schlug Marcel vor, nach Israel auszureisen. Marcel traute seinen Ohren nicht und konnte seine Gerührtheit angesichts dieses Vorschlags nicht verbergen. Als er seine Reaktion sah, glaubte Rabbi Saltiel, Marcel sei vom jüdischen Glauben erleuchtet worden, während er in Wirklichkeit annahm, er breche zu einer Pilgerreise auf den Spuren von Marias Sohn auf… Als er 1959 in Israel eintraf, besass er die Adresse des Kibbuz Gescher, dessen erster Freiwilliger er wurde. In dieser Eigenschaft wurde ihm die riesige Ehre zuteil, sich um die drei Schweine des Kibbuz zu kümmern! Angewidert beschloss er nach Frankreich zurückzukehren, doch als er in Haifa ankam, sucht er Rabbi Saltiel auf, um ihm seine Situation darzulegen. Der Rabbi bat ihn zu bleiben und sich mit seiner Empfehlung beim Kibbuz Sde Eliahu vorzustellen, wo er an einem Freitagabend eintraf, nachdem der Schabbat bereits begonnen hatte. Er trat völlig durchweicht und verdreckt, weil es in Strömen regnete, in den Speisesaal ein, wo alle am Singen waren. Hunderte von Blicken wandten sich ihm zu, und als wohl erzogener und höflicher Mensch nahm Marcel sofort seine Mütze ab. Jemand, der Französisch sprach, verstand, was vorging, und näherte sich ihm freundschaftlich, um ihm zu helfen. Marcel sah, dass alle Anwesenden ganz offensichtlich Gebete sangen, griff also zu seinem Messbuch und schlug es auf der ersten Seite auf, wo ein schönes Heiligenbild mit einem Kreuz prangte! So verlief die «unauffällige Ankunft» von Marcel in Sde Eliahu, wo er später heiratete und fünf Kinder zeugte, vier Töchter und einen Sohn. Heute, 35 Jahre später, gehört Yaacov zu den herausragenden Mitgliedern dieses religiösen Kibbuz, er ist ein international bekannter Entomologe, ein Mann, der die Forschung in Israel entscheidend gefördert hat. Ausserdem ist es ihm aufgrund seiner Vertrautheit mit der christlichen Welt gelungen, sich überall dort Anerkennung zu verschaffen, wo sein Know-how gefragt ist, seine wissenschaftlichen Publikationen (über 300) wurden sowohl auf Französisch als auch auf Arabisch und Chinesisch übersetzt. Yaacov fühlte sich schon immer vom unermesslich Kleinen angezogen. In einer der katholischen Schulen, die er in Frankreich besucht hatte, war ihm eine Auszeichnung immer enthalten geblieben: der 1. Preis im Zeichnen. Mit einem gehärteten Haar und ein wenig Tusche hatte er ein Haus auf ein Reiskorn gemalt. Später suchte er auch am Strand immer nach den winzigsten Muscheln. Und schliesslich wandte er sich den schädlichen und hilfreichen Insekten zu und entwickelte dank ihnen mehrere Aspekte einer Wissenschaft, die mit Hilfe seiner originellen und revolutionären Ideen einen erstaunlichen Aufschwung erlebt. Als Fachmann berät er sowohl im Bereich der Schädlingsbekämpfung auf den Baumwollplantagen in Madagaskar, in den Palmenhainen von Abu Dhabi, im Maghreb und in Saudi-Arabien, als auch im Bereich der Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion in diesen Ländern sowie in China und Indien. Marcel ist zu Yaacov geworden. Er hat das Kreuz losgelassen und einen neuen Banner gefunden… es ist blau und weiss! |