Bauen und Entwickeln | |
Von Roland S. Süssmann | |
Das Herz Israels, die jüdischen Gebiete von Judäa und Samaria, zu denen auch die jüdischen Siedlungen im Gazastreifen hinzukommen (YESHA), stellen das eigentliche Hauptthema der Friedensverhandlungen mit der arabischen Welt dar. Als ob der Anteil dieser Gebiete, die an die PLO abgetreten werden, darüber entscheiden würde, ob der Frieden im Mittleren Osten einziehen wird. Alle wissen, dass die Friedensverhandlungen in Wirklichkeit für die Araber nur ein anderes Mittel darstellen, für die "Befreiung Palästinas", mit anderen Worten für die Zerstörung des jüdischen Staates zu kämpfen.
In Israel gibt es eine Handvoll mutiger Menschen, die sich von diesen Überlegungen nicht beirren lassen. Sie machen keine Politik, sondern schaffen vor Ort konkrete Tatsachen. Sie haben sich in der Organisation "AMANA" zusammengeschlossen, dem technischen Zweig des Rates der jüdischen Städte und Dörfer von Judäa-Samaria-Gaza, und sind in erster Linie für die Entwicklung des Wohnungs- und Strassenbaus usw. verantwortlich. An der Spitze dieser Organisation steht seit zahlreichen Jahren ein sowohl diskreter als auch effizienter Mann, der die Medien flieht und niemals ein Interview gibt, ZEEV CHEVER, besser bekannt unter dem Spitznamen "Zambish". Haben sich seit dem Machtantritt der rechtsgerichteten Regierung in Israel die Arbeitsbedingungen verändert, werden Sie bei Ihren Aktionen weniger behindert? Im Grunde stehen wir einem Gesprächspartner gegenüber, für den es klar ist, dass der Aufschwung der jüdischen Siedlungen unserer Regionen eine Notwendigkeit darstellt. Als die Linke an der Macht war, galt unsere erste Sorge der Erhaltung - um nicht zu sagen der Rettung - einer Reihe von Ortschaften. Unsere wichtigste Aufgabe war damals die Stärkung in diesem Sinne einiger jüdischer Dörfer, vor allem der kleinsten und schwächsten unter ihnen. Es wurde wirklich alles unternommen, um den Bewohnern das Leben zu erschweren, und wir glaubten ernsthaft daran, diese würden eines Tages diese Orte endgültig verlassen. Glücklicherweise hat dieser Exodus nie stattgefunden, und heute ist diese Art von Gefahr gebannt. Wir stehen gegenwärtig einer neuen Herausforderung gegenüber, nämlich derjenigen der Entwicklung. Unsere Haupttätigkeit besteht darin, immer mehr Wohnungen, neue Quartiere zu errichten, so viele Familien wie möglich in unsere Regionen zu bringen, neue Strassen zu bauen, Industriezweige zu schaffen und den von uns uns verwalteten Menschen das Leben zu erleichtern. Wir müssen die bestehenden Städte und Dörfer auf ein möglichst grosses Gebiet ausdehnen. Wie gehen Sie konkret vor, um diese Projekte alle zu verwirklichen? Wir zählen heute 150 Ortschaften, von denen die Hälfte direkt unserer Verantwortung unterstellt sind und die anderen verschiedene Formen der lokalen oder regionalen Verwaltung aufweisen. In beiden Fällen kommt es zu einer intensiven Zusammenarbeit für alles, was den tatsächlichen Aufschwung betrifft. Was die Ortschaften angeht, die sich nicht direkt in unserem Verwaltungsbereich befinden, so spielen wir für sie in erster Linie eine beratende Rolle, was letztendlich eine recht beachtliche Arbeit verkörpert, da wir in praktisch allen Etappen der Expansion präsent sind. Um diejenigen Ortschaften, die von uns verwaltet werden, kümmern wir uns in jeder Hinsicht: wenn wir beispielsweise die Entwicklung eines bereits bestehenden Dorfes planen, nehmen wir die Dinge in die Hand, vom Konzeptentwurf bis zur endgültigen Realisierung, das heisst bis zum Einzug der Familien. Hunderte von unbedeutenden Schritten müssen unternommen werden, das Erlangen der Bewilligungen (oft sehr kompliziert), die Planung, die Kontakte mit den Ministerien, irgendwelchen Unternehmen usw. Die Vergrösserung von 75 Dörfern verkörpert eine extrem komplexe Aufgabe, da diese nicht die Struktur besitzen, um derartige Ausdehnungsprojekte durchzuführen. In diesem Zusammenhang hat unsere Organisation eine ganz konkrete Rolle zu spielen, denn ohne einen unterstützenden Organismus wären diese Dörfer nie in der Lage, ein bedeutendes Expansionsprogramm in Angriff zu nehmen. Die Art und Weise, wie der Aufschwung zum Ausdruck kommt, variiert von einem Ort zum anderen. In einigen Fällen handelt es sich um ein konsequentes Programm, wie z.B. den Bau eines neuen Quartiers, in anderen sprechen wir einfach davon, einen neuen Vorposten der jüdischen Präsenz auf den Gebieten zu errichten, die administrativ gesehen zum besagten Ort gehören. Da diese Gebiete in der Regel völlig einsam sind, siedeln wir dort eine Gruppe von Menschen an, die eine kleine Viehzucht auf die Beine stellen, eine Tankstelle oder eine Schutzhütte für Wanderer errichten, kurz, eine jüdische Präsenz gewährleisten. Mit der Zeit wird sich dieser Ort weiterentwickeln und sich in ein weiteres Viertel einer bereits bestehenden jüdischen Siedlung verwandeln. Wir schaffen keine neuen Siedlungen, das ist gegen die Politik der aktuellen Regierung, doch wir entwickeln schon bestehende Ortschaften weiter, bis die Verwaltungsgrenzen erreicht sind. Wer erklärt sich damit einverstanden, sich in einem Wohnwagen auf einem einsamen Hügel niederzulassen? Meistens sind es die Bewohner des sich ausdehnenden Dorfes, Menschen, die in anderen Regionen des Landes leben und an dieser Art von Erfahrungen teilnehmen und eine Art Pioniertat vollbringen wollen. In Zusammenarbeit mit den lokalen Politikern verbessern wir allmählich ihre Lebensbedingungen, und mit der Zeit verwandeln sich diese kleinen Weiler in Quartiere, die direkt an die Dörfer angeschlossen werden, denen das Land gehört. Für diese Aktionen erhalten wir fast immer die Bewilligungen, denn wir handeln im Rahmen der Entwicklungsprojekte der Ortschaften. Es handelt sich folglich nicht um "wilde Besetzung", oder eine erzwungene Entscheidung. Sie sagen, Sie würden sich an die offizielle Politik der Regierung halten, die verlangt, dass keine neuen Orte gebaut werden; stellt Ihre Aktion der "Umsiedlung im Rahmen der administrativen Grenzen" nicht eine versteckte oder getarnte Form des Baus von neuen Ortschaften dar? Absolut nicht! Es ist eine Tatsache, dass wir keine neuen Siedlungen errichten. Ich möchte daran erinnern, dass alle Dörfer administrative Territorialgrenzen aufweisen, die weit über die bis heute bewohnten und bearbeiteten Gebiete hinausgehen. Wir tun nichts anderes, als diese Territorien zu bevölkern. Ich bedaure übrigens sehr, dass die Regierung trotz der grundlegenden Bedeutung der jüdischen Präsenz weder die Kraft noch den Mut aufbringt, sich klar und massiv für den Bau von neuen jüdischen Siedlungen auf diesen Gebieten auszusprechen. Wie finanzieren Sie Ihre Aktivitäten? Es gibt nicht nur eine Finanzierungsquelle. Weil einige Juden der Diaspora das Ziel und die Bedeutung unserer Tätigkeit erfasst haben, geben sie uns die nötige finanzielle Unterstützung, um Grundlagen zu etablieren und unsere Arbeit in Angriff zu nehmen. Wir besitzen das Recht auf bestimmte Regierungshilfen, auch wenn diese sehr mager sind , sowie auf die Einnahme lokaler Steuern. AMANA verfügt ebenfalls über einige Ressourcen, die aus ihren Aktivitäten im Immobilienbereich stammen und als Darlehen dienen können, jedoch für bedeutende Projekte nicht ausreichen. Eines der Schlüsselelemente der laufenden Verhandlungen mit den Arabern liegt in der Definition des nächsten "Rückzugs", was im Klartext den Verzicht auf noch mehr Gebiete zugunsten der PLO bedeutet. Welchen Prozentsatz an Gebieten sollte man Ihrer Ansicht nach vernünftigerweise abtreten, und welches sind vor allem die Regionen, aus welchen sich Israel noch zurückziehen kann? "Der ideale Prozentsatz"? Null! Der Eintritt dieser Möglichkeit wäre natürlich sehr negativ, und ich hoffe von ganzem Herzen, dass es nicht so weit kommen wird. Wir setzen sowohl auf politischer Ebene als auch auf derjenigen der Öffentlichkeitsarbeit alles ein, damit die Regierung keine Rückzugspolitik in Angriff nimmt. Man muss begreifen, dass jeder weitere territoriale Verzicht eine zusätzliche Gefahrenquelle sowohl für die Einwohner von YESHA als auch für die Sicherheit Israels selbst darstellt. Unser Premierminister spricht dennoch immer weiter von diesem vielbesprochenen "zusätzlichen Rückzug", und ich fürchte, dass dieser endgültig Wirklichkeit werden wird. Obwohl Sie sich der Tatsache bewusst sind, dass der Premierminister wahrscheinlich Gebiete abtreten wird, unterstützen Sie ihn weiterhin. Weshalb und bis zu welchem Punkt tun Sie dies? Vor ca. drei Monaten haben wir die Erklärung abgegeben, dass in unseren Augen die Regierung die destruktive Politik der einseitigen Konzessionen durch Israel weiterführt, falls die Regierung auf Gebiete verzichten sollte, ohne auf dem Prinzip der "Gegenseitigkeit" zu beharren, d.h. auf der Tatsache, dass die palästinensischen Araber ihre unterzeichneten Abkommen einhalten (letztmals anlässlich der Abkommen von Hebron). Dies wäre völlig inakzeptabel. Bis heute sieht es so aus, als ob die Regierung beschlossen habe, auf der Gegenseitigkeit zu bestehen, so dass wir ihr weiterhin zur Seite stehen können. Für Sie gibt es also eine Grenze dafür, was noch akzeptiert werden kann. Bei welchem Niveau der Konzessionen liegt diese Grenze? Ich möchte keine "akzeptable Grenze", einen sogenannten "Roten Faden", festlegen, denn dies würde bedeuten, dass wir bereits alle Gebiete vor dem "Roten Faden" aufgegeben haben und nur noch über das Land jenseits der Roten Linie verhandeln müssen. Wir meinen also, dass es keinen Roten Faden gibt und dass absolut kein weiterer Rückzug stattfinden sollte. Kümmert sich AMANA auch um den Bau von neuen Strassen? Ja, aber es handelt sich um Projekte, die wir in enger Zusammenarbeit mit dem Staat verwirklichen werden. Zu meinem grossen Bedauern muss ich sagen, das die heutige Regierung nicht viel unternommen hat, sehr viel weniger jedenfalls als ihre Vorgänger. Es stimmt, dass die Regierungen Rabin und Peres vor allem in dem Sinne gehandelt hatten, die Einführung der palästinensischen Autonomie zu vereinfachen, doch es gilt auch als Tatsache, dass jüdische Ortschaften, die zuvor isoliert und schwer zugänglich waren, heute an ein ausgezeichnetes Strassennetz angeschlossen sind. So verfügen Dutzende von Dörfern gegenwärtig über korrekte Verbindungen zum Zentrum des Landes oder zur Region von Jerusalem, und dieser Vorteil ermöglicht ihnen eine sehr viel umfassendere und raschere Entwicklung als damals, als sie vom Rest des Landes abgeschnitten waren. Die aktuelle Regierung tut nichts anderes als die Strassen zu verwenden, deren Bau von der Linken beschlossen worden war. Es laufen gegenwärtig keine neuen Projekte. Weshalb? Es gibt zwei Faktoren: einerseits die politische Sensibilität dieser Frage und andererseits die finanzielle Seite. Vergessen wir nicht, dass ein anständig gebauter, gut markierter und sauber abgeschlossener Kilometer Strasse heute ca. eine Million Dollar kostet. Wir haben ein Budget von acht Millionen bewilligt bekommen, was sehr wenig ist, wenn man weiss, dass die Regierung Rabin einen Finanzrahmen von fast zweihundert Millionen Dollar für die Strassen in Judäa-Samaria-Gaza gewährt hatte. Wie erklären Sie sich dies? Gemäss den Abkommen, die Israel mit der USA unterzeichnet hat, wird jede Summe, die von der israelischen Regierung in die Gebiete investiert wird, von der amerikanischen Finanzhilfe abgezogen. Die von Israel investierten Summen für den Bau von Umfahrungsstrassen um die Autonomiezonen herum, die durch die Osloer Abkommen (eigentlich Abkommen des Friedens und zugusten der arabischen Bevölkerung...), den palästinensischen Arabern zugesprochen wurden, waren Israel durch die Amerikaner zurückerstattet worden. Heute gilt diese Regel nicht mehr, und von diesem Standpunkt aus gesehen ist die Situation schlechter geworden. Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Situation ab heute bis zu den im Jahr 2000 geplanten Wahlen entwickeln? Es ist eine Tatsache, dass sich die jüdischen Siedlungen von Judäa-Samaria in einem tollen Aufschwung befinden. Die Ortschaften vergrössern sich und die Bevölkerung steigt an. Die meisten Ortschaften sind fest etabliert und geniessen bereits einen natürlichen Aufschwung dank dem Anstieg der lokalen Bevölkerung. Die Regierung baut nichts selbst, aber hindert uns auch nicht daran, selbst zu bauen, was wir natürlich tun. Heute gibt es fast keinen einzigen Ort, an dem nicht irgendwo Bauvorhaben im Gange ist. In bestimmten Fällen werden einige neu hinzugekommene Quartiere bedeutender sein als die Siedlung, wie sie heute existiert. Wir verfügen demnach über eine gesunde und solide Grundlage. Wir gehen davon aus, dass die jüdische Bevölkerung der Gebiete (ausser dem Jordantal) mit einer Geschwindigkeit von 10% pro Jahr zunimmt, was sehr beachtlich ist. Es ist ein langsamer und schwerfälliger Prozess, der nicht nur Wohnungsbau und Infrastruktur, sondern auch bestimmte Bevölkerungsbewegungen voraussetzt. Wir haben beispielsweise in einem wenig entwickelten Dorf beschlossen, fünfhundert Wohnungen zu errichten. Innerhalb von sechs Monaten wurde diese Gemeinde um fünfhundert Familien reicher, die es jetzt zu integrieren, zu beschäftigen, einzuschulen usw. gilt. Ist es in Ihren Augen möglich, dass die Regierung Netanjahu die Armee oder die Polizei damit beauftragt, das eine oder andere jüdische Dorf zu evakuieren, um dadurch Abkommen zu erfüllen, die von ihr unterzeichnet wurden? Bestimmt nicht. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Regierung die Entscheidungen trifft, welche das Leben der Einwohner in einigen Dörfern sehr erschweren können. Wenn die Regierung sich aus bestimmten Territorien zurückzieht und jüdische Gemeinden plötzlich ganz allein und isoliert dastehen, wird es für sie sehr hart. Deshalb beziehen sich unsere grössten Bemühungen heute auf den Bau und die Planung von Strassen, Zufahrts- und Verbindungsmöglichkeiten, so dass alle jüdischen Ortschaften untereinander verbunden sind. Wie sehen die Beziehungen zwischen den jüdischen und arabischen Einwohnern fast fünf Jahre nach der Unterzeichnung der Osloer Verträge aus? Die Qualität unserer Beziehungen ist unterschiedlich. Kleinere Vorfälle, wie z.B. Steinwürfe, kommen täglich vor, doch im grossen und ganzen würde ich die Situation als äusserlich ruhig und unterschwellig sehr explosiv bezeichnen. Wie wäre Ihre Situation, wenn die Linke wieder an die Macht käme? In dieser Hinsicht ist es sehr interessant, die Veröffentlichungen und Erklärungen der Linken zu lesen. Es ist selbstverständlich, dass die jüdische Präsenz in den Siedlungen von Judäa-Samaria-Gaza eine unwiderrufliche Tatsache darstellt. Die führenden Politiker geben zu, dass sie es nicht mit einigen "Verrückten" zu tun haben, die mit drei Zelten und zwei Wohnwagen auf einen Hügel ziehen. Alle ihre heutigen Pläne und vorgeschlagenen Lösungen schliessen die jüdischen Städte und Dörfer der Region ein. Es steht nicht mehr zur Diskussion, die eine oder andere unserer Siedlungen aufzuheben. Dies verkörpert einen bedeutenden Sieg, der nicht leicht zu erringen war. Vergessen wir nicht, dass wir zwischen 1992 und 1996 gezwungen waren, in der grössten Feindseligkeit und Aggressivität zu arbeiten. Wir waren zu den Parias der israelischen Gesellschaft geworden. Nach Ablauf dieser vier Jahre befanden sich nicht nur alle Siedlungen noch auf der Landkarte, sie waren gar gewachsen, hatten sich entwickelt und waren stärker geworden, und die Bevölkerung von YESHA hatte sich sozusagen verdoppelt. Ich weiss nicht, wie die Zukunft aussehen wird. Ich weiss jedoch, dass wir heute stark und fest verankert sind. Unsere Bevölkerung steigt immer mehr an, sie glaubt an das, was sie tut und zieht dadurch immer mehr Einwohner an. Wenn sich diese Einstellung weiterhin behaupten kann, gibt es keinen Grund, weshalb unser Aufschwung gebremst werden sollte, unabhängig von der jeweils amtierenden Regierung. |