Die zweite Teilung Palästinas
Von Zvi H. Hurwitz *
Die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern nähern sich ihrem Ende, und die ersten arabischen Wahlen in Judäa und Samaria werden geplant. Noch ist nicht bekannt, aus wievielen Abgeordneten sich der Rat der Palästinenser zusammensetzen wird und ob auch die in Ostjerusalem lebenden Araber das passive und aktive Wahlrecht erhalten.
Wenn der Rat mehr als 10 oder 12 Abgeordnete zählt (wie Begin in seinem ursprünglichen Autonomieplan vorgeschlagen hatte), werden wir die Schaffung eines palästinensischen Staates miterleben, dessen Zentrum in Ostjerusalem liegen und über einen ausgedehnten Sicherheitsdienst, eine Staatsflagge, ein Parlament, über Minister, eine eigene Währung, Briefmarken, Nummernschilder und alle anderen Attribute eines Staates verfügen wird. Da durch Israels Rückzug eine geographische Einheit geschaffen wird, kehren wir zwangsläufig zu den Grenzen von 1967 zurück, unter Berücksichtung der "geringfügigen Änderungen", welche die USA im ursprünglichen Plan Rogers vorgeschlagen hatten.
Dies bedeutet, dass wir Zeugen und Mitwirkende der zweiten Teilung von Eretz Israel sind. Die erste fand bekanntlich 1922 statt, als die Briten das Vertrauen missbrauchten, das der Völkerbund ihnen geschenkt hatte. Mit einem einzigen Federstrich verletzte Grossbritannien sein Mandat, betrog uns um drei Viertel des historisch uns zustehenden Landes, das zur "Wiederherstellung der Heimat des jüdischen Volkes" vorgesehen war, und schufen dort östlich des Jordans ein künstliches neues Land, das Emirat von Transjordanien, das später zum haschemitischen Königreich Jordanien wurde.
Viele tausend Israelis und jüdische Besucher aus dem Ausland, die heute den Fluss überqueren, um einige Tage in Jordanien zu verbringen und die bisher "verbotenen" geschichtlichen Stätten zu besichtigen - Akaba, Amman, Petra, Jerash und Nebo - stellen mit Erstaunen fest, dass sie eigentlich im östlichen Eretz Israel stehen, und dass es sich geographisch und topographisch um ein und dasselbe Land handelt.
Fast fünfzig Jahre nach der ersten findet nun also die zweite Teilung statt, welche den vereinten Bemühungen der extrem linksstehenden israelischen Regierung zu verdanken ist, welche die "besetzten" Gebiete gar nicht schnell genug loswerden kann, sowie der amerikanischen Administration, die von diesem Coup möglichst noch in den kommenden Präsidentschaftswahlen profitieren möchte.
Diese zweite Teilung Eretz Israels, die diesmal bis zum westlichen Ufer des Jordans reicht, steht in einem krassen Gegensatz zum politischen Prinzip, das die Mehrheit der gegenwärtigen israelischen Regierung zu einem früheren Zeitpunkt festlegte, dass es nämlich nie einen zweiten Staat zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan geben dürfe !
Jedem Geschichtsstudenten fällt es heute noch schwer zu verstehen, weshalb die zionistische Exekutive 1922 der Ansicht war, sie habe keine Wahl und müsse die Entscheidung Grossbritanniens akzeptieren, drei Viertel unseres Landes einigen hunderttausend Nomaden zu überlassen. Die Briten mussten sogar einen Herrscher aus dem Ausland beiziehen. Dies lässt sich nur dadurch erklären, dass das jüdische Volk damals nicht die Vision, die Kraft und das Selbstvertrauen besass, für seine Rechte zu kämpfen.
Heute sieht die Situation jedoch völlig anders aus. Israel ist ein souveräner Staat, mächtig, selbstsicher und erfolgreich, der überall in der Welt viele Freunde besitzt und in seiner gerechten Sache stark unterstützt wird. Wie kommt nun in dieser Epoche der langen Geschichte des jüdischen Volkes eine Regierung dazu, grosse Teile von Eretz Israel aufzugeben und abzutreten ?
Dies ist eigentlich nicht erstaunlich, da gleichzeitig zahlreiche Juden dem jüdischen Glauben und ihrem kulturellen Erbe bedenkenlos und ohne zu zögern den Rücken zukehren. Beide Entwicklungen sind anscheinend miteinander verbunden.
Wir sollten uns in dieser Situation hauptsächlich darum sorgen, ob sich die Palästinenser nach dieser schmerzlichen Kapitulation zufrieden geben und auf ihr eigentliches Ziel, die "Vernichtung des zionistischen Staates", verzichten werden. Wir dürfen nie vergessen, dass die PLO am 1. Januar 1964 als Dachorganisation für ein Dutzend Terroristengruppen entstanden ist, die bereits einige Jahre vor dem Sechstagekrieg gegen Israel tätig waren, d.h. als Israel die "besetzten" Gebiete noch nicht besass. Was strebten sie denn an ? Sie verurteilten ganz offensichtlich das Vorhandensein Israels als eine Verletzung der arabischen Nationalgefühle und -interessen. Auch heute noch gibt es arabische Gruppierungen, wie uns die Tragödie von Ramat Gan gezeigt hat, welche den "Friedensprozess nicht unterstützen" und weiterhin Juden ermorden.
Deshalb müssen wir uns die Frage stellen, ob es nach dieser zweiten Teilung von Eretz Israel eventuell zu einer dritten Teilung kommen könnte, um die Forderungen der Araber zu erfüllen, wie beispielsweise die Aufspaltung Jerusalems in zwei unabhängige Teile. Ist dieser Gedanke zu weit hergeholt ? Klingt er unwahrscheinlicher als die Bereitschaft, sich vom Golan zurückzuziehen ? Entspricht er nicht der Abtretung der Kontrolle über das Grabmal Rachels oder die Stadt Hebron ?
Die PLO hat sich auch abgesprochen, um ihre Position in Ostjerusalem zu verstärken. Ihre Freunde in der internationalen Staatengemeinschaft ermutigen sie, indem sie in provozierender Weise das Haus des Orients aufsuchen und Israel dadurch während des Friedensprozesses beleidigen, wie z.B. der österreichische Aussenminister Mitte Juli. Doch der PLO reicht eine Adresse in Ostjerusalem nicht aus. Sie machen auch Ansprüche in Westjerusalem geltend ! Im letzten Monat deckten Berichte die Wahrheit über die eigentlichen Absichten von Faisal Husseini auf, der als "Minister für Angelegenheiten Jerusalems in der palästinensischen Behörde" gilt.
Er gab gegenüber dem israelischen Fernsehen bekannt, dass mindestens 70% Westjerusalems den Palästinensern gehört und dass die PLO auf einer Rückerstattung bestehen würde. Er sagte: "Wir besitzen viele Grundstücke in Westjerusalem, mindestens so viele wie im Ostteil der Stadt".
Einige Tage später verlangte der WAKF (die religiöse Behörde der Muslims) der PLO die Rückerstattung von 10 Moscheen, die mitten in jüdischen Quartieren Jerusalems liegen. Diese Moscheen waren nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948 verlassen worden, als die arabischen Bewohner aus diesen Gebieten flohen. Sie liegen in Rechavia, Malcha, Ein Kerem, im Stadtzentrum und anderen Teilen der Stadt.
Aus der gegenwärtigen politischen Situation kann man schliessen, dass die Bereitschaft, Kalkilya, Tulkarem, Jenin, Ramallah, Bethlehem, Hebron, später vielleicht noch andere Städte, zu verlassen, noch nicht das Ende der Geschichte bedeutet. Es ist vielmehr der Anfang einer weitreichenden und gefährlichen Entwicklung der strategischen und sicherheitstechnischen Position Israels und unserer moralischen und rechtlichen Stellung in den Überbleibseln des Staates.