Illusionen - Tatsachen - Gefahren
Von Roland S. Süssmann
Als ITZCHAK SHAMIR, dieser aussergewöhnliche Staatsmann, der die Geschichte des jüdischen Volkes geprägt hat, noch an der Macht war, zeichnete er sich durch seine grosse Zurückhaltung aus. Er sprach wenig oder gar nicht, ging äusserst diskret vor und erreichte so seine Ziele, selbst wenn er dafür heftig kritisiert, angegriffen und beleidigt wurde. Der heute achtzigjährige Likudabgeordnete in der Knesset spielt in seiner Partei eine einflussreiche Rolle und verkörpert für zahlreiche Israelis ein Vorbild oder gar ein ganzes Gedankengebäude. Zwei Jahre nach dem schmachvollen Handschlag zwischen Itzchak Rabin und dem Terroristen Arafat haben wir den ehemaligen Premierminister gebeten, die Situation Israels zu analysieren. Itzchak Shamir befand sich in bester Form, als er uns zu einem fast zweistündigen exklusiven Gespräch in seinem Büro in Tel Aviv empfing. Im folgenden lesen Sie eine Zusammenfassung der Höhepunkte dieser Unterredung.


Wie sieht zwei Jahre nach der Unterzeichnung der Osloer Abkommen Ihre Bilanz des sogenannten "Friedensprozesses" aus ?

Es steht sehr schlecht um Israel und das gesamte jüdische Volk. Vor zwei Jahren hätte es sich niemand träumen lassen, dass wir uns heute in einer so schwierigen und gefährlichen Situation befinden würden. Damals besassen wir im Hinblick auf unsere Sicherheit eine ausgezeichnete Position. Der Terrorismus war am Aussterben, da die PLO in einer Krise steckte und kurz vor ihrer endgültigen Auflösung stand. Vor den Osloer Abkommen waren zahlreiche militante PLO-Mitglieder davon überzeugt, dass sie nach 30 Jahren Existenz nicht mehr erfolgreich sein könnten, ganz im Gegenteil. Der Staat Israel hatte im Bereich der Politik, der Wirtschaft und der Alija riesige Fortschritte gemacht, insbesondere dank der Einwanderung der sowjetischen Juden. Die Araber haben schon immer das massive Eintreffen von Juden in Israel befürchtet, weil dies das Ende ihrer Hoffnungen und Ziele bedeutete. Ich möchte daran erinnern, dass wir zu meiner Zeit auf internationaler Ebene das Ende der politischen Isolation Israels erlebten. Es war uns gelungen, die Uno-Resolution "Zionismus gleich Rassismus" aufheben zu lassen, und Israel war von China, Indien, der UdSSR und dem gesamten kommunistischen Staatenblock anerkannt worden. Angesichts dieser Tatsachen hatten zahlreiche führende Persönlichkeiten der PLO den Rücken gekehrt, und immer mehr Araber, frühere Sympathisanten der PLO, hatten sich bei unseren Sicherheitskräften gemeldet und erklärt, sie wollten sich Israel gegenüber loyal verhalten. Diese Situation hatte zu einer schweren finanziellen Krise der PLO geführt und das offizielle Auseinanderfallen dieser Terroristenorganisation stand bevor. Zu diesem Zeitpunkt schlug die Regierung Rabin den Verantwortlichen der PLO die Osloer Abkommen vor. Durch dieses Vorgehen hat Rabin die PLO in letzter Minute gerettet; aus diesem Grund akzeptierte letztere alle Bedingungen, die ihr Israel auferlegte. Meiner Ansicht nach handelt es sich hier um einen in der Geschichte einmaligen Fall: ein Volk beschliesst, seine schlimmsten und gefährlichsten Feinde zu retten. Genau dies ist der Hintergrund der Osloer Abkommen.


Besass Israel einen Grund, so zu handeln ?

Nicht im geringsten. Diese Vorgehensweise ist äusserst negativ und beinhaltet viele Gefahren. Ich denke, die Verfechter dieser Abkommen, Peres und Beilin, waren der Meinung, die Auflösung der PLO würde für den Likud und alle Gleichgesinnten einen umfassenden Sieg darstellen. Dies hätte ebenfalls das Ende der Arbeitspartei und der israelischen Linken bedeutet. Indem sie die PLO vor dem Niedergang rettete, sicherte die Linke ihr Überleben und den Fortbestand ihrer Regierung. Hierin besteht der einzige Grund, das alleinige Motiv zur Erklärung dieses Vorgehens und der Politik, welche die israelische Regierung gegenwärtig führt. Auch heute noch würde ein Sieg des Likud und die Auflösung der PLO das Ende der dominierenden Stellung der Linksbewegung in Israel nach sich ziehen. Diese Abkommen haben dem Staat Israel nichts gebracht. Der Schritt, den unsere Spitzenpolitiker vollzogen haben, brachte uns in eine extrem gefährliche Situation.

Was meinen Sie damit ?

Die PLO hat ihre Einstellung gegenüber Israel nicht verändert und bleibt weiterhin eine Terroristenorganisation. Sind Sie sich der Risiken bewusst, die aus der Abtretung von Gebieten an diese Terroristenorganisation und vor allem aus der Übertragung der Verantwortung für die Sicherheit der jüdischen Einwohner Israels in weiten Teilen des Landes entstehen ? Ausserdem gefährdet der Prozess den Status von Jerusalem. Die Regierung Rabin hat sich einverstanden erklärt, mit der PLO Verhandlungen zu diesem Thema aufzunehmen. Im Likud war es immer ausgeschlossen, darüber auch nur zu sprechen. Als Menachem Begin in Camp David mit Sadat verhandelte, hatte er deutlich festgehalten, dass Jerusalem keinesfalls Gegenstand der Gespräche sei. Selbst Präsident Carter hatte dies akzeptiert, ohne jedoch anzuerkennen, dass Jerusalem die ewige und unteilbare Hauptstadt Israels ist. Heute steht Jerusalem zur Diskussion. Wir hatten im Gegensatz zur gegenwärtigen Regierung nie zugelassen, dass die arabische Bevölkerung der Stadt an Wahlen im Hinblick auf die Autonomie teilnimmt, denn Jerusalem stellt israelisches Territorium dar und die dort lebenden arabischen Einwohner können keinerlei Form der Autonomie erlangen. Dazu kommt die Tatsache, dass die PLO entgegen den jüngsten Abkommen offizielle Büros in Ostjerusalem eröffnet hat, wodurch der Charakter des Ostteils der Hauptstadt eindeutig arabisch geprägt wird.


Was halten Sie von der Entwicklung der Verhandlungen mit Syrien ?

Zur Zeit des Likud wäre es niemandem auch nur einen Augenblick in den Sinn gekommen, der Golan könne an Syrien zurückgegeben werden. Weshalb, aus welchem Grund ? Seit dem Sechstagekrieg haben die Ereignisse bewiesen, dass die Präsenz der israelischen Armee auf dem Golan die sicherste Garantie für den Frieden darstellt. Heute will die israelische Regierung den Golan wieder abtreten, damit Syrien, das nicht im geringsten von seiner Einstellung abgewichen ist, erneut in Israel einfallen kann. Gibt es irgendeine stichhaltige Erklärung für eine Aufgabe der Positionen Israels ? Vergessen wir nicht, dass der Golan unsere einzige strategische Festung verkörpert, und dass ein heute stattfindender Angriff Syriens auf Israel Damaskus unmittelbar bedrohen würde. Selbstverständlich lässt sich Syrien angesichts dieser Perspektiven nicht auf einen militärischen Vorstoss ein.
Soweit zu den sicherheitstechnischen Fragen. Was stellen wir jedoch fest, wenn wir die Entwicklung auf erweiterter politischer Ebene betrachten ? Es trifft zu, dass Israel von diesem oder jenem Aussenministerium vage Komplimente erhielt. Aber in Wirklichkeit sind sich alle westlichen Regierungen bewusst, dass die strategische und militärische Stellung Israels immer schwächer werden wird, und sie verstehen nicht wieso. Dasselbe gilt für die Vereinigten Staaten. Der neue zusammengesetzte amerikanische Senat, der von einer sehr mächtigen republikanischen Gruppierung kontrolliert wird, hat vor kurzem den Transfer der amerikanischen Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem vorgeschlagen. Damit würde sich ein alter Traum aller Regierungen Israels seit der Staatsgründung verwirklichen. Die Regierung Rabin widersetzt sich diesem Umzug, da sie Arafat nicht verärgern will ! Die Osloer Abkommen werden als ein fataler Irrtum in die Geschichte eingehen, den ein Volk zugunsten seines eigenen Niedergangs begeht. Wir könnten uns keine unheilvollere Regierung denken als die gegenwärtige, und meiner Ansicht nach sollte sie nicht weiter bestehen dürfen: sie muss zurücktreten.


Falls das israelische Volk sich jemals in einem Referendum zur Golanfrage äussern dürfte, wie wird es auf die Frage "Frieden mit dem Golan oder Frieden ohne den Golan" antworten ?

Ich glaube nicht, dass es auf den Golan verzichten würde. Jeder Israeli kennt die strategische Bedeutung des Golans sowie die Folgen einer Abtretung. Die Israelis sind nicht dumm. Sie sind sich bewusst, was der Frieden mit Israel für Syrien bedeutet. Vor vier Jahren hatten die Syrer an der Madrider Konferenz teilgenommen, ohne vorher Bedingungen aufzustellen. Sie waren gekommen, um mit uns zu sprechen, ihre Positionen und ihre Argumente zu erklären. Heute weigern sie sich, mit uns zu reden. Assad lehnt jede Begegnung auf politischer Ebene ab, ganz zu schweigen von einem eventuellen Gipfeltreffen. Die Verhandlungen finden auf der Ebene des Generalstabs statt und besitzen keinerlei politische Bedeutung. Diese Art von Gesprächen findet in der Regel nach einer Kapitulation statt. Wenn Syrien nicht einmal bereit ist, uns auf annehmbarer Ebene als Gesprächspartner zu akzeptieren, können wir nicht davon ausgehen, dass es mit uns Frieden schliessen möchte.


Sind die Errungenschaften der PLO in den Gebieten nicht mehr rückgängig zu machen ?

Doch, selbstverständlich ! Die Regierung möchte uns weismachen, dass sie unumstösslich sind und dass die abgeschlossenen Abkommen auf denjenigen beruhen, die Menachem Begin im Hinblick auf die palästinensische Autonomie in Camp David unterzeichnet hatte. Dies ist grundsätzlich falsch. Man muss natürlich verstehen, dass Menachem Begin zwar von Autonomie sprach, aber als Ziel die Existenz und Präsenz Israels in allen Teilen des Landes vor Augen hatte. Heute findet das Gegenteil statt. Es wird alles unternommen, um unsere Präsenz in bestimmten Regionen Israels aufzuheben. Die Regierung behauptet, diese Entscheidungen seien nicht mehr rückgängig zu machen, doch dies stimmt nicht. Im Rahmen der Abkommen von Camp David war in einem Artikel vorgesehen worden, dass nach fünf Jahren Autonomie erneute Verhandlungen mit den Palästinensern aufgenommen würden, um den endgültigen Status der Gebiete festzulegen. Menachem Begins ausdrückliche Absicht bestand darin, in diesem Moment die Souveränität Israels über das gesamte israelische Gebiet zu verlangen. Die Palästinenser hätten dies möglicherweise abgelehnt, doch das war unwichtig, da Israel die Kontrolle über das ganze Land ausübte und der Uno und allen Regierungen der Welt gegenüber hätte erklären können: "Wir haben unsere Pflicht erfüllt. Wir haben die Verhandlungen gemäss Resolution 242 aufgenommen, doch diese sind erfolglos verlaufen. Folglich dehnt Israel seine Unabhängigkeit ganz legal auf das gesamte Landesgebiet aus". Diese Vorgehensweise hätte sich deutlich von der heutigen unterschieden und wäre ohne weiteres durchführbar gewesen.


Hätte der Likud, falls er die kommenden Wahlen gewinnt, wirklich die Absicht, den gegenwärtigen Prozess umzulenken ?

Ich denke ja, doch es lässt sich heute nur schwer sagen, was wir genau unternehmen würden, da dies von der zukünftigen Situation abhängig wäre. Unsere Grundsätze sind allen bekannt, und die Öffentlichkeit weiss, dass keine Partei ihren eigenen Prinzipien zuwiderhandelt.


Wie analysieren Sie in diesem Zusammenhang die Spaltung, die nach dem Austritt David Levys innerhalb des Likud stattgefunden hat ?

Man kann nicht eigentlich von einer "Spaltung" sprechen. Es handelt sich um eine kleine Gruppe, die sich ideologisch durchaus mit dem Likud identifiziert. David Levy möchte die Nummer eins sein und dieses Ziel um jeden Preis erreichen. Darin besteht die einzige Divergenz zwischen dem Likud und David Levy. Ich hoffe, unsere Wählerschaft versteht dies und die Situation bewirkt nicht eine Verschiebung des Gleichgewichts der politischen Kräfte. In meinen Augen stellt es aber bestimmt keine positive Entwicklung statt.


Was halten Sie vom Friedensvertrag mit Jordanien ?

Ich habe nichts gegen diesen recht wertlosen Vertrag einzuwenden. Es ist bekannt, dass Jordanien in der Region nur einen geringen Stellenwert besitzt. Die Haltung Jordaniens ist ohne Bedeutung. Der grösste Teil der jordanischen Bevölkerung steht nicht hinter König Hussein, er nennt in der ganzen arabischen Welt keine Freunde sein eigen. Im Grunde sind alle arabischen Länder gegen ihn, Ägypten, Saudiarabien, Syrien und die Palästinenser. Niemand mag ihn oder unterstützt ihn. Es ist ein kleines Land und wir können dieses Abkommen akzeptieren. Ich möchte daran erinnern, dass wir während der Amtszeit des Likud sehr gute Beziehungen zu Jordanien pflegten. Wir besassen selbst während des Golfkriegs einen "de facto"-Frieden. In dieser Zeit war ich mehrmals mit dem König zusammengekommen und es herrschte vollstes Einverständnis zwischen uns, insbesondere auf dem Gebiet der Sicherheit. Es gab keine Schwierigkeiten. Und schliesslich hat die gegenwärtige Regierung den "de facto"-Frieden in einen formellen Frieden umgewandelt. Das ist eigentlich kein grosser Verdienst...


Wir beurteilen Sie die Entwicklung der arabischen Welt in Bezug auf Israel ?

In Ägypten gewinnt die Bewegung der Fundamentalisten an Bedeutung. Doch dies ist nicht der einzige Faktor, der die arabische Welt beeinflusst. Auch in Syrien, das dieser Bewegung nicht angehört, herrscht ein extremer arabischer Nationalismus. Das Regierungssystem ist - analog zum Irak - als autokratisch, wenn nicht gar als faschistisch zu bezeichnen. Es sind Israels Todfeinde, deren einziges Ziel, ganz unabhängig von der Versöhnungspolitik des jüdischen Staates, die Vernichtung Israels ist.


Ist der Rückzug der israelischen Armee aus den arabischen Städten und Dörfern in Judäa-Samaria Ihrer Ansicht nach technisch durchführbar ?

Es wäre eine Katastrophe. Wir hatten uns bereit erklärt, mit den Palästinensern der Gebiete zu verhandeln, um ihnen im Rahmen der Autonomie ein System zu geben, das ihnen die Lösung ihrer spezifischen Probleme ermöglichen sollte, mit Ausnahme der Aussenpolitik, die Teil der Unabhängigkeit eines Staates ist, und der Sicherheitsfragen. Wir hatten beschlossen, die Sicherheit nie den Palästinensern zu überlassen. Die Diskussionen betrafen die eventuelle Übertragung bestimmter Abteilungen der zivilen Sicherheit an die arabischen Gemeinden und Städte. Wir sind damit nicht durchgekommen, obwohl wir der Schaffung einer zivilen und lokalen Polizei zugestimmt hatten. Es stand aber nie zur Debatte, diesen Terroristen die Kontrolle über die Sicherheit zu überlassen. Das Vorgehen der Regierung Rabin ist ein tragischer Fehler ! Die Abtretung der Verantwortung für die Sicherheit in Gaza an die PLO, hat in Tel Aviv, Jerusalem, Beth Lid, Ramat Gan usw. direkt zu den grausamsten Terrorakten geführt, die Israel je erlebt hat. All diese Anschläge konnten nur deswegen in Gaza vorbereitet werden, weil wir dort die Kontrolle verloren hatten.


Vor der Aufgabe von Gaza hiess es überall: "Verlassen wir Gaza, es ist ein Wespennest". Glauben Sie nicht, dass der Rückzug aus Gaza an sich positiv zu bewerten ist ?

Diese Einstellung ist lächerlich. Der Rückzug der Armee aus Gaza war ein schwerwiegender Fehler. Es war unerlässlich, den Palästinensern gewisse Freiheiten zu verleihen, wie beispielsweise die Gemeindeverwaltung oder das Schulwesen. Es war jedoch ausgeschlossen, ihnen die Kontrolle über die Sicherheit zu verleihen, denn es geht um unsere Sicherheit und nicht um diejenige der Araber. Die neuen Abkommen zwischen Peres und Arafat sehen erneut den Verzicht auf die Sicherheit der Städte und Regionen zugunsten der PLO vor. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass wir neue Zentren für Terrorismus schaffen ! Wir befinden uns heute in einer relativ ruhigen, aber prekären Phase. Es bestehen, wie jedermann weiss, Abkommen zwischen der PLO und dem Hamas, damit letzterer sich bis zum Abzug der israelischen Armee ruhig verhält. Es besteht kein Zweifel daran, dass in wenigen Wochen oder Monaten der Hamas seine terroristischen Aktivitäten wieder aufnimmt.


Alle von Ihnen zitierten Schäden sind deutlich zu erkennen und es ist ziemlich offensichtlich, dass die israelische Bevölkerung ihr Ausmass erfasst hat. Trotzdem ist es merkwürdig, dass sie fast keine Reaktionen zeigt, dass die Protestkundgebungen nur wenig Menschen anziehen und dass immer dieselben Demonstranten daran teilnehmen. Wie erklären Sie sich dies ?

Es ist sehr schwierig, die unterschiedlichen Positionen der verschiedenen Bevölkerungsschichten zu beurteilen. Als einzige Möglichkeit und wirksamster Test gelten die Wahlen. Unsere Bevölkerung ist nicht bereit, zahlreich an Demonstrationen teilzunehmen. Jeder behält seine Ansichten für sich und gibt ihnen anlässlich der Wahlen Ausdruck. Wir sind eine echte Demokratie, und glücklicherweise gibt es keine Anarchie. Dazu kommt das für uns alle geheiligte Prinzip, dass wir einen Bruderkrieg ablehnen. Wir möchten die konkrete Einheit unserer Bevölkerung bewahren und setzen uns nicht für bewaffneten Widerstand ein. Darüber hinaus ist es von höchster Bedeutung, dass die Instrumente der Souveränität und der Unabhängigkeit, wie z.B. die Armee und die Institutionen, intakt bleiben. Die Opposition kann nichts anderes unternehmen als der Bevölkerung die Gefahren und Risiken so zu erklären, dass sie anlässlich der nächsten Wahlen die gegenwärtige Regierung nicht bestätigt.


Welches wird die Position der israelischen Araber sein, falls der Prozess in seiner gegenwärtigen Form weitergeführt wird ?

Die israelischen Araber verkörpern eine grosse Gefahr, denn sie sympathisieren mit den Zielen der Palästinenser. Solange die wirtschaftliche Lage positiv ist, werden sie wohl kaum schwere Fehler begehen, da sie sich der Konsequenzen bewusst sind. Ihre Reaktionen sind unvorhersehbar, doch wir bereiten uns auf jede Möglichkeit vor.


Wie wird Ihrer Ansicht nach die Situation bis zu den Wahlen von 1996 aussehen ?

Sollte die Regierung versuchen, vor den Wahlen unumstössliche Tatsachen zu schaffen wie z.B. die Abtretung des Golans, kann die Entwicklung der Situation heute überhaupt nicht vorausgesehen werden. Vergessen wir nicht, dass die heutige Regierung in der Knesset nur über eine sehr knappe Mehrheit verfügt und diese den Arabern verdankt. Es ist hart zu glauben, dass grundlegende Entscheidungen, welche die Frage der Existenz Israels betreffen, von arabischen Stimmen abhängig sind.


Gibt es einen Grund für Optimismus, und wenn ja, welchen ?

Der Hauptgrund für meinen Optimismus beruht auf der Tatsache, dass ich ein felsenfestes Vertrauen in das ewige Bestehen Israels habe. Dieses Prinzip ist unerschütterlich. Es leuchtet natürlich ein, dass der Staat gefährdet ist, sobald die Kontrolle über die Sicherheit der PLO übertragen oder der Golan an Syrien abgetreten wird !


Zahlreiche Juden der Diaspora machen sich angesichts der jüngsten Entwicklungen grosse Sorgen. Was können die im Ausland lebenden Juden unternehmen ?

Ich kann ihre Besorgnis sehr gut verstehen. Jeder Jude muss seine Meinung zum Ausdruck bringen und dafür sorgen, dass sie der israelischen Bevölkerung bekannt ist. Sobald die Israelis wissen, dass sich die jüdische Diaspora überall in der Welt wegen der gegenwärtigen Politik Sorgen macht, wird sich dies auswirken. Die Juden der Diaspora können am demokratischen Prozess im Land selbst nicht teilnehmen, doch es ist ihre Pflicht, ihre Ansichten laut und deutlich kundzutun. Sie müssen die israelische Bevölkerung bitten, das Land für das gesamte jüdische Volk zu retten, da Israel allen Juden gehört. Wissen Sie, was am dramatischsten ist ? Israel hat es geschafft, die Araber zu besiegen, die Juden der UdSSR und Äthiopiens zu befreien und sich allen äusseren Gefahren zu widersetzen. Es ist jedoch fast ein Ding der Unmöglichkeit, gegen eine bewusste nationale Verblendung anzukämpfen. Hier liegt der Hauptgrund für unsere Befürchtungen, denn wir wissen sehr wohl, wo diese Haltung hinführen kann.