Editorial
Von Roland S. Süssmann - Chefredakteur
Liebe Leserinnen und Leser,
Nein, wir sind nicht "alle Goldsteins" !
Nein, wir tragen keine Schuld ! Weder die israelische Bevölkerung, noch die jüdischen Einwohner von Judäa, Samaria, Ostjerusalem, Gaza und dem Golan, und auch nicht die Juden der Diaspora ! Es liegt nicht der geringste Grund vor, die in den Gebieten lebenden Israelis zu entwaffnen, sowie auch kein Grund besteht, die jüdischen Städte und Dörfer dieser Regionen aufzuheben!
Die isolierte Verzweiflungstat von Dr. Baruch Goldstein, der als Arzt in Hebron sowohl Juden als auch Araber unterschiedslos betreute, muss verurteilt werden, denn nichts kann das Blutvergiessen von Unschuldigen rechtfertigen.
Das Massaker von Hebron fand zu einem Zeitpunkt statt, da in Israel eine Atmosphäre des tiefen Unbehagens herrscht: ein Gemisch aus Befürchtungen, Ungewissheit und enttäuschten Hoffnungen, das Ergebnis einer Politik der Schwäche und der Zugeständnisse der Regierung Rabin. Sechs Monate nach dem schändlichen Handschlag zwischen Rabin und Arafat sieht die politische Situation Israels katastrophal aus. Die PLO ist um keinen Millimeter von ihrer Position abgewichen und hat kein einziges Komma in ihrer Charta verändert, in welcher über fünfundzwanzig Artikel direkt oder indirekt zur Zerstörung des israelischen Staates aufrufen. Das Kairo-Abkommen hat ihre Position nur verstärkt, ohne dass elementare Überlegungen betreffend grundlegende Voraussetzungen für die Sicherheit Israels berücksichtigt wurden.
Im Verlauf der vergangenen sechs Monate wurden Dutzende von Juden von arabischen Terroristen ermordet: zu ihnen gehörten auch die im fünften Monat schwangere Zipora Sasson, Mutter zweier Kinder, Mordechai Lapid und sein Sohn Shalom, sowie Chaim Mizrachi, der von militanten Anhängern der Fatah-Organisation Arafats mit blanker Waffe umgebracht wurde. Hat Israel in der Folge von der PLO Konzessionen eine politische Umorientierung oder gar eine erneute Verhandlung der miserablen Abkommen von Oslo gefordert ? Nein. Die Regierung hat sich einfach damit begnügt ihre Toten als "Opfer des Friedens" zu bezeichnen.
Gestern war der Mord an einem Juden noch ein Verbrechen. Und heute... ?
Wohin werden die Schuldgefühle der Regierung sie auf dem Weg der Kapitulation führen ? Wird sie erst dann zufrieden sein, wenn ein Terroristenstaat oder eine palästinensische islamische Republik auf den Ruinen der 150 jüdischen Städte und Dörfer im Herzen Israels entstanden sein wird ?
Der Kampf der jüdischen Bewohner der Gebiete ist derjenige des gesamten jüdischen Volkes. Diese israelischen Juden, die täglich von den Arabern und der Rabin'schen Verwaltung belästigt werden, haben bis heute Zurückhaltung und Würde an den Tag gelegt, und das Massaker von Hebron kann nur als isolierte Tat betrachtet werden. Die Männer und Frauen in Judäa, Samaria und Gaza kämpfen um die Anerkennung des jüdischen Anrechts auf das gesamte Gebiet von Eretz Israel. Verbietet man heute einem Juden, sich nach seinem Gutdünken in Israel irgendwo niederzulassen, geschieht dann nicht morgen dasselbe für uns in der Diaspora ?
Möchte die israelische Regierung die Tatsache vergessen, dass Israel dem gesamten jüdischen Volk gehört ? Mit einer für das weltweite Judentum erniedrigenden Geste, die einer auf der sozialistischen Ideologie und der Entjudaisierung beruhenden Politik entspringt, hat Rabin am Freitag, dem 4. März 1994, zum ersten Mal seit der Befreiung Jerusalems 1967 den Juden den Zugang zur Klagemauer verboten, während die Araber sich ihrerseits frei zu ihren Kultstätten begeben konnten. Da die Regierung ganz offensichtlich nicht in der Lage war, die Sicherheit zu garantieren, wäre es nicht angebrachter gewesen, die Moscheen auf dem Tempelberg zu schliessen ? Wieso wird den Juden untersagt, sich frei zum ihrem heiligsten Ort in Jerusalem, der Hauptstadt des jüdischen Staates, zu begeben ? Sollte die Regierung unbewusst Jerusalem wieder geteilt haben ?
Der Massenmord am Grab des Patriarchen hat uns, so tragisch er auch war, die Augen geöffnet. Er hat hervorgehoben, dass die territoriale Frage im Rahmen der arabischen Feindseligkeiten gegenüber Israel nur als Vorwand dient. Ihr eigentliches Wesen ist zutiefst von der Religion geprägt, und der Konflikt stellt eigentlich die Bekämpfung der Juden in grossem Ausmass dar. Die Fanatisierung der israelischen Araber, deren islamische Indoktrinierung zum ersten Mal konkret zum Ausdruck kam, besitzt etwas Beunruhigendes. Der alte Grundsatz, der den Juden im besten Fall nur ein eingeschränktes und kontrolliertes Wohnrecht und keinerlei Recht auf politische Unabhängigkeit zugesteht, trat mit grösster Heftigkeit zutage. Vergessen wir dabei nicht, dass genau die politischen Parteien dieser israelischen Araber mit ihren fünf Abgeordneten die Mehrheit der Regierung Rabin (61 Stimmen) in der Knesset sichern !
Haben die zahlreichen Zugeständnisse Rabins und vor allem die Tatsache, dass dem arabischen Terrorismus der Status der Legitimität verliehen wurde, das Verhalten der Nachbarstaaten verändert ?
Hat das so "gemässigte" Ägypten, das zwischen Israel und der PLO eine Vermittlerfunktion spielt, die Teilnahme israelischer Verlage an der Buchmesse in Kairo akzeptiert ? Nein.
Lässt das ruhige Jordanien, Partner eines "De facto"-Friedens, israelische Touristen nach Petra reisen ? Nein.
Zu Syrien, dem Rabin die Golanhöhen zurückerstatten will, muss man in Erinnerung rufen, dass es anlässlich der Begegnung von Assad und Clinton in Genf israelischen Journalisten den Zutritt zur Pressekonferenz verweigerte. Sowohl die amerikanische Regierung als auch das neutrale und uns wohlgesinnte Gastland Schweiz haben diesen Beweis von typischem Antisemitismus durchgehen lassen.
Ebenfalls in der Schweiz wurde von den Bundesbehörden zu Ehren des Terroristen Arafat ein bombastischer Empfang veranstaltet, der eines Staatsoberhauptes würdig gewesen wäre. Sind die Schweizer Opfer des Swissair-Flugzeuges, das von der PLO während des Flugs gesprengt wurde, bereits vergessen worden ? Zustimmendes und gewohntes Schweigen der jüdischen Würdenträger, die gegen diesen Besuch und seinen Pomp keinen Protest erhoben und sich beinahe als "Helden" wähnten, nur weil eine Begegnung zwischen ihnen und dem Terroristen und Judenmörder nicht statt fand !
Geben wir uns keinen Illusionen hin. Die arabische Welt kann heute einen Sieg feiern, denn es ist ihr gelungen, das jüdische Volk sowohl in Israel als auch in der Diaspora zu entzweien. Nur eine starke und einige Nation kann uns jedoch beschützen und uns helfen die äusseren... und inneren Gefahren zu überwinden.
Möge uns die Hoffnungsbotschaft von Pessach, dem Fest der Befreiung des jüdischen Volkes, Mut verleihen, damit wir diese schwierigen Zeiten mit positiver und konstruktiver Einstellung bewältigen können.
In diesem Sinne wünscht Ihnen das gesamte Team von SHALOM wunderschöne Festtage.

Roland S. Süssmann
Chefredakteur