Juden oder Parias in Israel ? | |
Von Roland S. Süssmann | |
Die Unterzeichnung des Abkommens Rabin-PLO konfrontiert die jüdischen Bewohner Jerusalems, Judäa-Samarias, des Gazastreifens und der Golanhöhen mit einer neuen Herausforderung. Es geht heute für sie darum, ihre Präsenz vor Ort zu verstärken und in einem Umfeld zu überleben, in dem die Regierung ganz bewusst Unsicherheit und ungenaue Informationen verbreitet. Zum besseren Verständnis der geistigen Einstellung, mit welcher die jüdischen Pioniere in den Gebieten leben, und der Art und Weise, wie sie mit dieser neuen Schwierigkeit fertigwerden wollen, sind wir Rabbi YECHIEL LEITER begegnet, dem leitenden Direktor des Rates der jüdischen Gemeinden in Judäa, Samaria und Gaza, genannt YESHA (Yehuda, Shomron, Aza).
Wie analysieren Sie die Unterzeichnung des Abkommens Rabin-PLO ? Wie in den meisten Fällen muss man auch hier zunächst die Vergangenheit begreifen, um zu verstehen, wie sich die Dinge weiterentwickeln können. Die berühmte Doktrin von Peres, wie sie von seinem Assistenten Yossi Beilin ausgearbeitet wurde, empfiehlt, dass die jüdischen Ortschaften in Judäa, Samaria und Gaza nicht von der israelischen Regierung evakuiert werden... dies soll die PLO besorgen. Yossi Beilin hat mehrmals offen verkündet: "Die Leute von YESHA ziehen das Land ihrem Leben vor... geben wir ihnen das Land und retten wir unser Leben." Was die Politiker jedoch nicht zugeben wollen ist die Tatsache, dass es in Wirklichkeit die Vermehrung der Ortschaften und der Anstieg der jüdischen Bevölkerung in den Gebieten sind, welche den jüdischen Staat stärken und bewahren. Für den Likud war die Besiedlungsbewegung von YESHA aus Sicherheitsüberlegungen gerechtfertigt. Für uns aber, die Bewohner dieser Regionen, handelt es sich einfach darum, das Recht der Juden, sich in Israel überall westlich des Jordans frei niederlassen zu dürfen, zur Anwendung zu bringen. Der Kunstgriff der Linken besteht darin, einen Plan mit territorialen Kompromissen vorgelegt zu haben, ohne das Land zu traumatisieren und ohne die Aufhebung der jüdischen Ortschaften vorgeschlagen zu haben. Dennoch kam es auf subtile Weise zu Einschränkungen im wirtschaftlichen, schulischen und sanitären Bereich. Man muss sich bewusst machen, dass das Abkommen zwischen Rabin und der PLO eigentlich das Ergebnis eines von Rabin persönlich vier Monate nach seinem Amtseintritt ausgelösten Prozesses ist. Während in Washington die Gespräche weitergeführt wurden, hatte Rabin heimlich Schlomo Gazit mit der Kontaktaufnahme zur PLO beauftragt, lange bevor sie sich am Rande des politischen und finanziellen Abgrundes befand. Durch diese Handlungsweise zahlte Rabin seine Schuld gegenüber der extrem linken Partei Meretz ab, die ihm gesagt hatte: "Wir werden eine gemeinsame Koalition bilden, du wirst dadurch Premierminister, doch dann musst du nach unserer Pfeife tanzen !" Die Thesen der extremen Linken Israels sind wohlbekannt, der Slogan "Gebiete gegen Frieden" war nur ein Vorwand. Die Aufgabe von jüdischem Land ist Teil einer Bewegung zur Assimilierung und zur Aufgabe der jüdischen Besonderheit. Es geht um die Anwendung der alten Theorie, dass der Hass gegen die Juden ausschliesslich auf die Merkmale des Judentums zurückzuführen ist, und dass man sich von dieser Last befreien muss, um in die Gesellschaft aufgenommen zu werden. Für die Assimilierungsbewegung des 19. Jahrhunderts in Europa war es unerlässlich, die jüdischen Traditionen aufzugeben, während sich dies für die israelische Linke durch den Verzicht auf jüdische Gebiete ausdrückt. Der dahinter stehende Gedanke ist absolut identisch. Aus diesem Grund hat sich das gesamte Rabbinat unabhängig von den jeweiligen politischen Positionen sowohl in Israel als auch in der Diaspora gegen das Abkommen ausgesprochen. Darüber hinaus muss man sich vor Augen führen, dass alle rhethorischen Elemente im Zusammenhang mit dem Vertrag und seiner Verwirklichung auf dem Konzept basieren, die Idee zu verbreiten, die Bewohner von YESHA seien in Wirklichkeit keine "authentischen Israelis oder echte Juden"; dadurch soll auch die These bekräftigt werden, die gegen uns ausgeübten Anschläge seien letztendlich nicht so wichtig und unser Blut und dasjenige unserer Kinder werde dem arabischen Terrorismus kostenlos zur Verfügung gestellt. Glauben Sie, dass die Regierung Rabin diese Regionen mit Waffengewalt evakuieren wird, falls der Plan nicht wie vorgesehen verläuft ? Ich denke nicht, denn Rabin hat wiederholt erklärt, dass "er im Gegensatz zu Menachem Begin keine Juden mit Gewalt evakuieren wird". Dies ist wahrscheinlich wahr. Er will es sich mit der Bevölkerung nicht verderben, denn er denkt bereits an die nächsten Wahlen. Dazu kommt die Tatsache, dass er sich auf die PLO verlässt, die schmutzige Arbeit an seiner Stelle zu verrichten. Er vergisst, dass zu Beginn der Intifada im Jahr 1987 alle, auch wir, überzeugt waren, dass innerhalb eines Jahres die Besiedlungsbewegung der Gebiete allmählich zurückgehen würde. Doch die Gewalt hat uns nicht vertrieben, ganz im Gegenteil, die jüdische Präsenz hat sich deutlich verstärkt. Die brutalen Anschläge haben uns damals nicht in die Flucht geschlagen und werden uns auch heute nicht einschüchtern. Was unternehmen Sie konkret, um sich zu schützen, um Ihre gegenwärtige Präsenz zu verstärken und eventuell die Zahl der in den Gebieten lebenden Juden zu erhöhen ? Wir haben ein Koordinationskomitee geschaffen, das sechs Aktionsgruppen umfasst in den Bereichen Politik, Steuern, Wohnraum, Technik und Logistik, Aussenpolitik und Information. Ziel des Wohnraumkomitees, geleitet von Yaacov Katz (siehe SHALOM Vol.18), ist es, alle leerstehenden, heute verfügbaren Wohneinheiten in den Gebieten möglichst rasch zu füllen. Diese Häuser wurden mit dem Geld der israelischen Steuerzahler erbaut, damit Juden sich hier niederlassen, doch die Regierung scheint nicht bereit zu sein, sie zum Verkauf auszuschreiben. Dies wird uns aber nicht daran hindern, Menschen in ihnen unterzubringen, die von der Regierung dann kaum vertrieben werden können. Mehrere hundert Familien stehen zur Zeit vor schwierigen Situationen, denn sie haben im Hinblick auf ihre Niederlassung in Judäa-Samaria ihr ehemaliges Haus bereits verkauft oder ihren Mietvertrag gekündigt. Die Regierung Rabin setzt - auf recht subtile Weise - alles daran, ihren Umzug in ihr neues Heim zu verhindern. Die fertiggestellten Häuser werden nicht an das Wasser- und Elektrizitätsnetz angeschlossen, die Zufahrtswege sind oftmals nicht ausgebaut worden, bestimmte Bauarbeiten wurden unterbrochen usw. Sobald einmal alle technischen Voraussetzungen erfüllt sind, errichtet die Regierung administrative Hindernisse, die erst nach langwierigen und umständlichen Schritten von den Gerichtshöfen aufgehoben werden, deren Langsamkeit bereits sprichwörtlich ist. Wir haben nun eine neue Dynamik ausgelöst. Wir stehen in beständigem Kontakt mit allen unseren Bekannten, die innerhalb der alten Grenzen von vor 1967 leben, damit sie unser Schicksal zur Kenntnis nehmen und sich bewusst werden, dass es letztlich auch ihres beeinflussen wird. Jedermann sollte erfahren, dass noch nicht alles verloren, dass nichts definitiv ist und dass wir die Flinte noch nicht ins Korn werfen. Der Erfolg oder das Scheitern des Abkommens Rabin-PLO hängt sehr stark von der Haltung der Araber und von ihrem Verhalten ab. Die israelische Öffentlichkeit wird sich nicht lange mit beruhigenden und zweideutigen Erklärungen von Peres und Rabin abspeisen lassen, wenn täglich überall in Israel jüdisches Blut vergossen wird. Gleichzeitig hängt der Erfolg oder das Scheitern des Abkommens auch von uns ab, von unserem Tun, unseren Aktivitäten und vor allem unserer Fähigkeit, den Israelis und der jüdischen Welt begreiflich zu machen, dass 45% der Gebiete sowie alle dort befindlichen natürlichen Rohstoffe der PLO überlassen wurden ! Dazu kommt selbstverständlich die Organisation einer Reihe von öffentlichen Demonstrationen vor der Knesset, dem Wohnsitz des Premierministers usw. Werden Ihre Demonstrationen und Ihr ziviler Ungehorsam nicht letztendlich zu einer Art Bürgerkrieg führen ? Meiner Ansicht nach ist die israelische Bevölkerung reif genug um zu verstehen, dass ein zeitlich befristeter, unsicherer, gefährlicher und vorgetäuschter Friede mit arabischen Terroristen es nicht wert ist, dass Juden einander bekämpfen und das Blut ihrer Brüder fliessen lassen. Dennoch sind wir bereit uns den Armeeknüppeln entgegenzustellen, Schläge einzustecken und uns so oft als nötig einsperren zu lassen, denn wir glauben, dass unsere Sache - diejenige des jüdischen Volkes und Israels - gerecht ist; wenn wir uns nicht selbst verteidigen, wird es niemand anderes an unserer Stelle tun. Dies alles wird jedoch sinnlos, wenn wir nicht parallel dazu an allen Fronten weiterarbeiten, d.h. für Demonstrationen, Wohnungsfragen und vor allem klare, überlegte und logische Information. Vergessen wir nicht, dass gemäss den Umfragen zwar 65% der Bevölkerung das Abkommen befürworten, dass aber 65% auch gegen die Schaffung eines palästinensischen Staates sind. Die Entstehung dieses Staates und die endgültige Teilung Israels sind jedoch noch keine unumstössliche Tatsache und können noch vermieden werden. Glauben Sie, dass Israel im Falle einer ernsthaften Krise den politischen Mut besitzt, die Armee wieder in Gaza oder Jericho einmarschieren zu lassen ? Leider wird Israel keine Wahl haben, denn die Bevölkerung des Gazastreifens setzt sich - im Gegensatz zu derjenigen von Judäa-Samaria - aus Flüchtlingen zusammen, deren einziger Wunsch die Rückkehr nach Jaffa, Akko usw. ist. Für sie verkörpert ein palästinensischer Staat in Gaza nur eine Etappe auf ihrem Rückweg in diese Städte und in Richtung Zerstörung Israels. Was werden wir tun, wenn die Bewohner des Gazastreifens israelische Ortschaften, die nur 3 km vom Zentrum Gazas entfernt liegen, mit Raketen zu beschiessen beginnen ? Wie lange werden wir dies dulden können ? Wird die Diaspora Sie moralisch und finanziell unterstützen ? Merkwürdigerweise kann man feststellen, dass die grossen jüdischen Organisationen, die vor allem in den Vereinigten Staaten finanzielle Mittel zusammentragen, nur eine Kategorie von Juden boykottieren: die Bewohner von Judäa-Samaria und Gaza, die im Herzen Israels in der Wiege des Judentums leben, in dessen Namen sie ihre Kollekten durchführen. Ich kann allerdings nicht verallgemeinern, denn zahlreiche Menschen geben uns als Einzelpersonen die Unterstützung, derer wir so sehr bedürfen. In dieser für die Zukunft Israels entscheidenden Zeit können Sie eine ausschlaggebende und wichtige Rolle übernehmen, indem Sie die Einwohner von Judäa, Samaria und Gaza finanziell unterstützen. Die israelische Regierung hat ihr Versprechen im Hinblick auf die Beibehaltung einer Präsenz jüdischer Gemeinden auf diesen Gebieten bestätigt. Diese Bevölkerung verkörpert das Rückgrat der zur Sicherung der Zukunft Israels unerlässlichen Präsenz. Sie können Ihren Scheck direkt an folgende Adresse schicken: ISRAEL COMMUNITY DEVELOPMENT FOUNDATION 16b, Rehov HaGolan JERUSALEM 97704 / Israel Tel.: 00972.2 810-624 Fax: 00972.2 814-072 |