Rechte und Pflichten

Raw Israel Meir Lau. Foto: Bethsabée Süssmann.
Von Roland S. Süssmann
Auch dieses Jahr werden wieder, wie jedes Jahr, viele an Rosch Haschanah und an Jom Kippur den Weg zur Synagoge einschlagen, auch diejenigen unter uns, denen das Judentum fast fremd geworden ist, und werden dort einen kurzen Moment verweilen oder auch Zeit für ein langes Gebet finden. Dabei verfolgen wir alle dasselbe Ziel: Wir hinterfragen unser Leben, lassen das Jahr Revue passieren, legen unsere schlechten und unsere guten Taten in die Waagschale, fassen eventuell gar gute Vorsätze, bitten aber in erster Linie den Herrn, unser Flehen zu erhören, vor allem unseren sehnlichsten Wunsch nach Leben und Gesundheit. Jahr für Jahr findet diese Fürbitte in ähnlicher Form und in ähnlichen Worten statt, und doch unterscheidet sie sich jedes Mal aufgrund unserer jeweiligen Realität und unserer aktuellen Bedürfnisse. Kurz vor Anbruch des Jahres 5770 wollten wir uns in unseren Gedanken und Überlegungen anleiten lassen und baten Raw ISRAEL MEIR LAU, Oberrabbiner von Tel Aviv und früherer aschkenasischer Grossrabbiner Israels, um geistliche Unterstützung.

Welches ist Ihrer Ansicht nach das grösste Problem unserer Zeit, das auch unsere Gedanken zu Neujahr beherrschen sollte?

Natürlich sucht jeder von uns die Synagoge in erster Linie mit der Absicht auf, für sein eigenes Wohlbefinden, für seine Gesundheit, seine Familie und seinen beruflichen Erfolg zu beten. Doch bei der Beantwortung Ihrer Frage möchte ich über die Ebene des einzelnen Individuums hinausgehen und auf nationaler Ebene ansetzen. Zu Beginn des nun abgelaufenen Jahres sorgten hauptsächlich zwei Bedrohungen bei uns für Besorgnis. Da war zunächst der Iran, der eine grosse Gefahr für unsere weitere Existenz darstellte. Vergessen wir nicht, dass der Präsident dieses Staates öffentlich erklärte, Israel habe keine Daseinsberechtigung in dieser Region und die Schoah habe nie stattgefunden, wir hätten sie nur erfunden, um einem anderen Volk das Land wegzunehmen. Während des ganzen Jahres hing die iranische Bedrohung über unseren Köpfen wie eine Gewitterwolke und die Gefahr ist noch nicht gebannt. Das zweite grundlegende Problem war wirtschaftlicher Art und hing mit dem Ausmass der Finanzkrise und ihrer Auswirkungen zusammen. Der Kommunismus brach gegen Ende der 80er Jahre zusammen und den Kapitalismus schien zu Beginn des 21. Jahrhunderts dasselbe Schicksal zu ereilen. Innerhalb einer Nacht haben unzählige Menschen alles verloren, einschliesslich der Ersparnisse für ihre alten Tage oder des kleinen Vermögens, das als Erbe für ihre Kinder bestimmt war. Auf wundersame Weise war die israelische Wirtschaft kaum betroffen und hat die Krise fast unbeschadet überstanden. Dies waren die beiden grössten Gefahren, auf die wir uns noch vor einem Jahr einstellten. Vor einem Monat nun entdeckten wir, dass die unheilvollste Bedrohung, der wir gegenüber stehen, in Wirklichkeit nicht aus Teheran oder aus einem Finanzinstitut in Paris, London, Zürich oder New York kommt, sondern mitten unter uns weilt. Es handelt sich um ein riesiges Problem pädagogischer, gesellschaftlicher und moralischer Art: um sinnlosen Hass, Gewalt, Mord. Noch nie wurde unser Volk mit so viel sinnlosem Blutvergiessen bei und von unseren Landsleuten konfrontiert. Das Szenario ist so gruselig wie in Clockwork Orange, doch es ist leider kein Film, sondern grausame Realität. Besonders erschreckend ist die Kaltblütigkeit, mit der innerhalb weniger Wochen so zahlreiche Morde begangen wurden. Ich denke da an den Vater, der seine 4-jährige Tochter erwürgte, um sich an der Mutter, seiner Exfrau, zu rächen. Der Mann ist weder Alkoholiker noch Drogensüchtiger, er wurde nicht aus seiner Heimat vertrieben, er war nicht in eine Schlägerei verwickelt, er wurde auch nicht provoziert. Es handelte sich um einen ganz normalen, in Israel geborenen und aufgewachsenen Mann, den Nachbarn von nebenan. Er hat jedoch seine Tat minutiös Schritt für Schritt vorbereitet. Da entfaltet unser Gebet "Erbarme Dich unser, wie sich ein Vater seiner Söhne erbarmt", das wir an Rosch Haschanah sagen, seine ganze Bedeutung und seine ganze Aktualität. Das Wohlwollen der Eltern gegenüber ihren Kindern war als Symbol immer Bestandteil unserer Gebete. Ich erwähne diesen einen Fall, denke dabei aber auch an den Grossvater, der seine Enkelin Rose Pizam mit der aktiven oder passiven Mittäterschaft der Mutter ermordete, die das Kind anschliessend in einem Nylonsack in den Fluss Jarkon warf. Der Prophet Jesaja (49, 15) hatte diese absurde Situation vorausgesehen, in der eine Mutter ihr Kind "vergisst", wobei das Verb "vergessen" eindeutig für "töten" steht: "Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergässe, so will ich doch deiner nicht vergessen!". Und er antwortet, dass eine derartige Möglichkeit innerhalb des jüdischen Volkes nicht zulässig sei. Er fordert uns auf zu reagieren. Auf dieses speziellen Umstand müssen wir unsere Gebete zu Jahresbeginn richten, damit der Herr uns den Mut, die Willenskraft und die Einsicht schenkt, der allgemeinen Nachlässigkeit, die zu dieser Gewalt führt, Einhalt zu gebieten.
In solchen Situationen reicht das Gebet allein natürlich nicht aus. Wir müssen handeln. Es gibt ganz konkrete Schritte, die zu unternehmen sind und die zur Aufgabe unserer politischen und juristischen Institutionen gehören. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass zwischen dem Zeitpunkt eines Verbrechens und seiner Verurteilung immer viel zu viel Zeit verstreicht. Als damals die kleine Rose verschwand, hielt das ganze Land den Atem an und wollte wissen, was wirklich passiert war, wer den Mord begangen hatte und wie man sie wiederfinden könnte. Heute erinnert sich kaum jemand mehr an ihren Namen. Die Strafen müssen ein Exempel statuieren und abschrecken. Neben diesen technischen und praktischen Fragen stehen wir nun aber vor einem wesentlich schwerwiegenderen Problem, nämlich dem völligen Fehlen des Bewusstseins, dass ein Leben, vor allem das Leben eines Mitmenschen, heilig ist. Ich erinnere hier daran, dass Selbstmord im Judentum als Verbrechen gilt. Niemand hat das Recht, sein Leben zu beenden, da wir weder dessen Schöpfer noch dessen Eigentümer sind. Wie können wir uns also das Recht anmassen, das Leben eines anderen Menschen anzutasten? Dazu möchte ich auf eine gravierende Schwachstelle in unserer religiösen Erziehung hinweisen, es geht um die Ermordung von Abel durch seinen Bruder Kain. Über dieses Verbrechen wird immer nur flüchtig oder nebenbei gesprochen. Die Talmudmeister haben darüber diskutiert, warum Kain wirklich so handelte. Einige sagen, es sei ein materielles Problem gewesen (die Hälfte der Erde habe Kain nicht genügt), andere denken, er habe wegen einer Frau getötet, nämlich wegen einer ihrer Schwestern. Heute bringt man sich in gewissen Kneipen in Israel auch wegen einer Frau um, und dies allein deswegen, weil diese traumatische Erfahrung im Religionsunterricht fast vollständig verdrängt wird. Doch mit dem ersten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit brachte der Bruder immerhin 25 % seiner Mitmenschen um. Dies mag zunächst recht belanglos erscheinen, ein banales Familiendrama. Doch dieser Mord hatte schreckliche Folgen, kein einziger der Nachfahren von Kain hat überlebt. Wir stammen alle von Seth ab, dem dritten Sohn von Adam und Eva. Wir dürfen demnach nie vergessen, wie wichtig es ist, die Heiligkeit des Lebens zu vermitteln, da die Konsequenzen auf kurze, mittlere oder lange Sicht ansonsten fürchterlich sind.

Finden Sie es nicht erstaunlich, dass etwas so Grundlegendes, Selbstverständliches, Simples und Logisches wie die Heiligkeit des Lebens unterrichtet werden muss?

Das Selbstredende funktioniert immer besser, wenn man es ausspricht. Im vorliegenden Fall geht es darum, etwas unaufhörlich zu wiederholen, das ansonsten unwiederbringlich verloren ginge. Sehen Sie, eines der Schlüsselelemente der Feste Rosch Haschanah und Jom Kippur ist das Konzept der Teschuwah, der Reue. Sie ist bei unseren Verfehlungen gegenüber dem Herrn nur dann möglich, wenn wir mit unseren Mitmenschen korrekt umgehen. Doch die Verachtung des menschlichen Lebens stellt eine direkte Beeinträchtigung unserer Beziehung zu G'tt und zu unseren Mitmenschen dar. Neben dem Thema des Respekts ist darin ein Element enthalten, das in einem direkten Zusammenhang mit dem Glauben steht und eng mit seinem Schwinden, um nicht zu sagen mit seiner Abwesenheit einhergeht. Je weiter wir uns vom Glauben entfernen, mit jeder Generation wieder etwas mehr, desto mehr verliert das Menschenleben zweifellos an Wert und wird letztendlich völlig wertlos. Abraham hat als erster eine Abhängigkeit zwischen der Abwesenheit von Glauben und G'ttesfurcht einerseits und Mord andererseits hergestellt. Als man ihn dazu befragte, warum er verschwiegen habe, dass Sarah seine Frau sei, und warum er sie als seine Schwester ausgegeben habe, erwiderte er: "?gewiss ist keine Gottesfurcht an diesem Orte und sie werden mich um meiner Frau willen umbringen". (Genesis 20,11)

Wie erklären Sie es sich, dass es bei uns so weit kommen konnte?

Dafür gibt es viele Gründe, einer davon besteht aus der Tatsache, dass wir in einer Gesellschaft leben, in welcher der Voyeurismus keine Grenzen mehr kennt. Die Gewalt ist allgegenwärtig: in der Presse, im Kino, im Internet, zu Hause, über das Fernsehen, im Theater und in der Literatur. Die Kinder sind dieser Art von Information ständig ausgesetzt, was sich unmittelbar auf ihr Denken, ihr Handeln, ihr Verhalten und ihr Benehmen auswirkt. Zur Veranschaulichung möchte ich ein Beispiel aus den Filmklassikern Der Pate 1 und 2 zitieren. In diesen Filmen werden die jungen Zuschauer je 89 Minuten lang mit Gewalt zugedröhnt und erhalten zum Schluss während einer Minute eine Pseudo-Moralpredigt, in der erklärt wird, dass sich "Verbrechen letztendlich nicht auszahlt". Während den 89 Minuten davor wird ihnen aber beigebracht, dass man jemanden, der einen nervt oder stört, nur umzubringen braucht, um ihn loszuwerden. Diese Botschaft kriegen unsere Kinder von klein auf mit. Und dieses Verhalten treffen wir dann auf unseren Strassen, im Alltag und im Beruf an.

Sie sprechen die Permissivität in sämtlichen Medien an. Sind Sie nicht der Meinung, dass sich diese nicht ausschliesslich auf die Informationskanäle beschränkt?

Wir stehen hier eigentlich vor zwei grundlegenden Problemen. Das eine betrifft den Gesetzgeber, das andere die Erziehung. Wie kann es denn angehen, dass für 13-jährige Teenager ganz legal Partys organisiert werden, an denen Alkohol ausgeschenkt und oft auch Wodka in kleinen Fläschchen verteilt wird? Da müsste man auf gesetzlicher Ebene ganz hart durchgreifen. In Bezug auf die Erziehung wird alles unternommen, um "Freiheit" zu garantieren: Meinungsfreiheit, individuelle Freiheit usw. Meines Erachtens müssen wir sofort handeln. Es ist höchste Zeit, dass wir die übertriebene Demokratie einschränken, unter deren negativen Folgen und Konsequenzen wir bereits heute leiden. Sonst droht uns eine Katastrophe. Es ist immer öfter nur von Rechten die Rede: "Rechte des Einzelnen, des Staatsbürgers, der Frau, des Kindes, des Menschen usw.". Doch wer spricht von den Pflichten? Von den simplen Regeln, die noch gestern selbstverständlich waren und in kleinen Gesten des Alltags zum Ausdruck kommen? Es geht dabei nicht um Höflichkeit, sondern um Respekt, d.h. um das Aufstehen im Bus, wenn eine ältere Person oder eine schwangere Frau zusteigen etc.

Treten die von Ihnen erwähnten Probleme nur in Israel auf oder betreffen sie die gesamte jüdische Welt?

Heutzutage gibt es keine Diaspora mehr. Wir leben sozusagen in einem globalen "Schtetl". Die Beziehungen zwischen Israel und der restlichen jüdischen Welt sind eng verwoben. Früher gab es zwei jüdische Gruppen, Israel und alle anderen Länder. Heute hat sich das sehr verändert. Sao Paulo, von Israel aus am anderen Ende der Welt, kann mit einem Direktflug von EL AL problemlos in 15 Stunden erreicht werden. Das jüdische Leben, das früher abgeriegelt hinter dem Eisernen Vorhang stattfand, ist heute zum Greifen nah, und der Austausch im Rahmen des Weltjudentums ist so intensiv wie noch nie, sowohl auf religiöser als auch auf akademischer oder persönlicher Ebene. Folglich treten alle oben erwähnten Probleme betreffend unsere Gesellschaft und die Erziehung zum Respekt vor den Mitmenschen in der gesamten jüdischen Welt im gleichen Ausmass auf. Leider begünstigt die Leichtigkeit der modernen Kommunikation die Entwicklung der Gewalt und der Verachtung des Mitmenschen überall auf der Welt.

In welchem Zusammenhang steht diese Tatsache mit den Gebeten der "Jamim Noraim", der gefürchteten Tage, am jüdischen Neujahr?

Damit wir zum Handeln befähigt und durch unsere Gebete erfüllt werden können, müssen wir begreifen, was wir im Gebet sagen. Die Bitte beispielsweise "Unser Vater- Unser König, erbarme dich unser, unserer Kinder und Säuglinge", die in den Zeiten der Verfolgung verständlich war, erhält nun plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Wenn nämlich ein Vater in Tel Aviv friedlich zusammen mit Frau und Tochter, einer Medizinstudentin, am Strand auf einer Bank sitzt und ermordet wird, weil er nach dem Angriff einer alkoholisierten Bande, die wahrscheinlich auch antisemitisch denkt, seine Tochter und ihre Ehre verteidigt, dann erfüllen sich die Worte, die wir oft nur mechanisch und nur als Lippenbekenntnis aufsagen, mit einer ganz besonderen und sehr machtvollen Botschaft: "Awinu Malkenu Kotweinu BeSefer Chaim Towim - Unser Vater - unser König, trag uns in das Buch des guten Lebens ein". Noch viel wahrhaftiger ist es, wenn wir im Gottesdienst unzählige Male wiederholen: "Zocherenu LeChaim - Erinnere dich an uns ein Leben lang, oh König, der alles liebt, was Leben hat, und trag uns in das Buch des Lebens ein durch Deine Gnade, lebendiger G'tt!". Auf einmal passen wir unser Gebet an unsere aktuelle Situation an: Die Schweinegrippe kommt bedrohlich auf uns zu, Tausende von Toten werden prognostiziert, der Iran und sein psychopathischer Präsident wollen uns vernichten, ein Vater ermordet kaltblütig sein eigenes Kind. Vor diesem Hintergrund beten wir um Leben, Überleben und ein gutes Leben. Eines unserer feierlichsten Gebete ist zweifellos jenes, in dem es heisst: "Dieser wird leben und jener wird sterben, dieser zu seiner Zeit und jener vor seiner Zeit", und gleichzeitig erfahren wir, dass ein unschuldiger 17-Jähriger im Rahmen einer Vergeltungsaktion in der israelischen Unterwelt durch eine Kugel im Kopf getötet wird, die eigentlich gegen einen der Gangster gerichtet war. Unsere Gebete sind also voller tieferer Bedeutung, sie sind extrem aktuell und gehen weit über die liturgische Tradition hinaus. Sie sind nicht energielos und träge, sondern voller Leben.

Sie wirken bei Anbruch dieses neuen Jahres nicht besonders optimistisch. Warum?

Nein, das Gegenteil ist der Fall. Wir haben weitaus schlimmere Zeiten durchgemacht. Wir besitzen einen unabhängigen und wunderbaren jüdischen Staat. Verteidigung, Parlament, Justiz, Polizei und vor allem Bildung und Erziehung liegen in unserer Hand. Wir haben alles, was es zum Erfolg braucht, doch in der Zwischenzeit sind Probleme in Bezug auf Erziehung, Gesellschaft und Moral aufgetreten, die immer gravierender werden. Natürlich werden wir sie überwinden, doch zu welchem Preis? Gleichzeitig dürfen wir aber nicht vergessen, dass das Wunder zu den Grundlagen des jüdischen Volkes gehört. Ben Gurion fasste dies auf amüsante Weise zusammen: "Gerade weil ich Realist bin, glaube ich an Wunder?".

Würden Sie uns abschliessend noch eine besondere Neujahrsbotschaft für die Leserinnen und Leser von Shalom mitgeben?

Wir leben in einer Zeit, in der die Telekommunikation einen vorherrschenden Platz in unserem Leben einnimmt. Sie enthält zwar negative Elemente sowie grosse Gefahren, kann aber auch eine Quelle unermesslicher Hoffnung sein. Sie dient nämlich als Brücke zwischen dem Juden, der in Europa wohnt, und dem Juden, der in Israel lebt. Ich wünsche mir, dass die Leserinnen und Leser von Shalom die uns zur Verfügung stehenden Instrumente der Telekommunikation nutzen, um ihre Verbindung zu Israel im Allgemeinen und mit der israelischen Bevölkerung im Besonderen zu verstärken. Mögen sie ein Gefühl des familiären Zusammenhalts entwickeln, damit wir uns gegenseitig als Brüder empfinden, und zwar nicht nur aus juristischer Sicht, sondern auch ganz konkret. Wir müssen uns heute endlich bewusst werden, dass wir alle mit denselben Problemen kämpfen und dass wir gemeinsam nach einer Lösung suchen müssen. Vergessen wir nicht, dass wir alle Kinder des einen und einzigen G'ttes sind, aber auch die Kinder eines einzigen Mannes, denn wir sind alle "Bne Israel" - die Söhne Israels, wie Jakob ebenfalls genannt wurde. Wir beenden das Segensgebet im kommenden Monat mit den Worten: "Derjenige, welcher für unsere Vorväter Wunder vollbrachte, sie aus der Knechtschaft befreite und in die Freiheit führte, wird uns bald erretten und uns alle aus allen vier Himmelsrichtungen der Erde zusammenführen; und das gesamte Volk von Israel wird zu Freunden und sagt Amen!". Seit 60 Jahren erleben wir nun die Verwirklichung des ersten Teils dieses Gebets, denn wir sind aus 104 verschiedenen Ländern in unsere alt-neue Heimat, den Staat Israel, zurückgekehrt! Der zweite Teil, die allgemeine Freundschaft unter uns, ist noch nicht Realität geworden. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam erleben dürfen, wie dieses wunderbare Gebet Wirklichkeit wird. Mit diesem Gedanken segne ich die Leserinnen und Leser von Shalom und bitte darum, dass der Herr uns alle für ein positives Jahr in das Buch des guten Lebens einträgt.
Le Schanah Towah Tikatewu. Amen!