Editorial - September 2009
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Am 29. Januar 2002 teilte George W. Bush die Welt in zwei Teile: in die Achse des Bösen, d.h. Iran und Nordkorea, und den Rest der Welt. Auch Barack (Hussein?) Obama zerlegte die Welt in zwei Lager: einerseits die grausamen Unterdrücker, andererseits die hilflosen Opfer. Und Israel gehörte zu den ersteren. Diese neue, für den jüdischen Staat extrem gefährliche Sichtweise öffnet allen möglichen Formen der Aggression Tür und Tor, vor allem einer bewusst rassistischen Forderung, nämlich jener, den Bau von jüdischen Ortschaften in Judäa und Samaria einzustellen, was in Kairo lakonisch mit den Worten angekündigt wurde: "Die Zeit ist gekommen, diesen Siedlungen ein Ende zu bereiten". In diesem Zusammenhang soll daran erinnert werden, dass eine der Stützen der südafrikanischen Apartheid aus dem Verbot für einen Teil der Einwohner bestand, den Wohnort frei auszuwählen. Heute möchte die Regierung Obama diese Politik auch auf die israelischen Juden übertragen, und zwar in ihrem eigenen Staat. Dies stellt nicht nur eine rassistische Handlung dar, sondern ist auch als antisemitischer Ansatz zu werten. Das Vorgehen des US-Präsidenten mag erstaunen, da er ja extra nach Ghana reiste, um seine Zugehörigkeit zum schwarzen Kontinent zu bestärken? doch wenn man seine Rede von Kairo analysiert, in der er seine Verbundenheit zum Islam nachdrücklich bekräftigt, liegt die Erklärung eigentlich auf der Hand.
Gleichzeitig zu dieser Brandmarkung Israels spielt Obama die politische Karte der Öffnung und des friedlichen Austauschs mit dem Iran aus. Doch das dort herrschende Regime lässt sich auf seine Angebote nicht ein und macht sich offen darüber lustig, geht brutal gegen die eigene Bevölkerung vor und setzt sein Aufrüstungsprogramm mit Missiles und im Weltraum unbeirrt und erfolgreich fort. Trotz internationaler Sanktionen ist es dem Iran gelungen, sich die notwendige Infrastruktur - wissenschaftliche Experten und Material - für den Bau von Missiles Kadr 1 mit einer Reichweite von 2'000 km und Missiles Sejil mit noch grösserer Reichweite zu beschaffen und somit Europa und alle Länder im Nahen Osten zu bedrohen. Der Iran hat seine ballistischen Missiles in Satellitenabschussrampen verwandelt, dank denen er Atomwaffen in die Atmosphäre schiessen kann. Uzi Rubin, der israelische Experte für derartige Raketen, der das gesamte Programm des israelischen Verteidigungssystems in Bezug auf Arrow-Missiles geleitet hat, ist überzeugt, dass der Iran heute in der Lage ist, einen mit solidem Kraftstoff betriebenen Flugkörper mit einer Reichweite von 3'600 km zu entwickeln!
Angesichts dieser Realität stellen sich nun zwei Fragen. Erstens: Was kann Israel unternehmen, um die iranische Aufrüstung zu stoppen? Sobald die Entscheidungsträger in Israel der Ansicht sind, der jüdische Staat werde effektiv vom Iran direkt bedroht, werden sie die entsprechenden Massnahmen einleiten. Israel hat die Verantwortung für sein Überleben oder seine Verteidigung noch nie einem Dritten überlassen und wird dies auch bei der Bedrohung durch den Iran nicht anders handhaben. Zweitens: Was kann bzw. muss Israel angesichts der riskanten Politik der Regierung Obama, die zudem von den Europäern kräftig unterstützt wird, unternehmen? In seiner historischen Rede vom 14. Juni 2009 gab Premierminister Benjamin Netanjahu einige Antworten auf diese Fragen. Die Welt erinnert sich natürlich nur an die Elemente, die ihr in den Kram passen, d.h. an "die Akzeptanz eines Palästinenserstaates durch einen israelischen Premierminister aus dem nationalistischen Lager". Vor der Erwähnung dieser Möglichkeit (war dies wirklich nötig?) zählte Benjamin Netanjahu eine Reihe von Forderungen auf, deren wichtigste die öffentliche und bedingungslose Anerkennung Israels als Heimat des jüdischen Volkes ist. Dies bedeutet, im Klartext, die vollständige und absolute Kapitulation der palästinensischen Araber und der gesamten arabischen Welt: den Verzicht auf alle politischen Grundsätze, die von den arabischen Staaten seit 1948 aufgestellt wurden und sowohl durch Gewalttaten wie auch durch hinterlistige Schachzüge zum Ausdruck kamen, sowie die Anerkennung eines unabhängigen jüdischen Staatsgebildes auf den Gebieten, die als arabisches Eigentum gelten. Kurz, das Ende des Konflikts.
Für Benjamin Netanjahu ist es - wie für jeden Juden - sonnenklar, dass Jerusalem nicht Verhandlungsgegenstand ist, ganz egal, was die westlichen Regierungen davon halten.
Erst nach der Aufzählung dieser Grundbedingungen sprach der Premierminister von einer eventuellen unabhängigen Entität für die Palästinenser. Und damit im Herzen Israels keine islamistische Basis entstehen kann, dürfte dieser Staat keine Armee besitzen, sein Luftraum unterstünde der ausschliesslichen Kontrolle durch Israel.
Noch ungeklärt ist dabei die wichtige Frage nach der Entwicklung des jüdischen Lebens in Judäa-Samaria. Auch in diesem Zusammenhang drückte sich der Premierminister eindeutig aus: "Wir müssen den Einwohnern dieser Ortschaften ein normales Dasein ermöglichen; die Mütter und Väter müssen ihre Kinder so erziehen können wie überall sonst auf der Welt. Sie sollen weder als Gegner des Volkes noch als Feinde des Friedens gelten. Sie sind, ganz im Gegenteil, ein fester Bestandteil unserer Bevölkerung?". Der Fortbestand der aktuellen jüdischen Siedlungen steht folglich nicht zur Diskussion, und somit wird es in Cisjordanien auch kein zusammenhängendes Territorium zwischen den von der PLO kontrollierten Zonen geben. Es kommt zu keinen weiteren Zwangsumsiedlungen von Juden, und die natürliche Entwicklung der Bevölkerung wird nicht gebremst. Die israelische Regierung lehnt es demzufolge kategorisch ab, in Israel eine Apartheid-Politik gegen jüdische Bürger durchzusetzen, ganz egal, wie viel Druck die USA ausüben.
Heute geht es also darum, ob die Regierung von Netanjahu den Mut haben wird, diese Grundsatzentscheidungen wirklich umzusetzen. Der Premierminister hat in Tat und Wahrheit zu einem riskanten Drahtseilakt angesetzt. Indem er unbedacht das Tabuwort "Palästinenserstaat" aussprach, hat er einen Teil seiner Wählerschaft, vielleicht gar seine Regierungsmehrheit verschreckt; da er es ablehnte, den Juden, die in Judäa und in Samaria leben möchten, mit einer rassistischen Politik zu begegnen, hat er sich die amerikanische Regierung zur Feindin gemacht, die aus unerfindlichen Gründen und willkürlich für dieses Thema als Hauptinstrument zur Beendigung des Nahostkonflikts entschieden hat. Zurzeit behauptet der Premierminister, er suche nach einem Kompromiss. In Wirklichkeit versucht er Zeit zu gewinnen.
Vor etwas über 20 Jahren erschien die erste Ausgabe von SHALOM. In 50 Heften haben wir rund 1'000 Exklusivberichte in mehreren Sprachen und illustriert mit knapp 5'000 tollen Fotos veröffentlicht und haben fast 20 Millionen typografische Zeichen geprüft und korrigiert! Wir wollen keinen historischen Blick auf die vergangenen Jahre werfen, sondern eine Feststellung machen: Angesichts der weltweiten Situation (fortschreitende Islamisierung in Europa, verstärkter Antisemitismus, labile Wirtschaftslage usw.) sehen die Juden in der ganzen Welt in Israel endlich ihren einzigen rettenden Strohhalm. Das Israel von vor 20 Jahren und das heutige Israel sind ganz anders, auch wenn einige grundlegende Probleme weiter bestehen. Im Jahr 2009 ist der jüdische Staat ultramodern und zugleich vermehrt seinen jüdischen Wurzeln verbunden. Sogar im weltlichen Tel Aviv ist es heute "in", koscher zu essen und Schabbat und die Feiertage in irgendeiner Weise zu begehen.
Israel besitzt alles, um seinen Weg erfolgreich zu meistern: Eine phantastische Bevölkerung, eine Armee, die noch nie so schlagkräftig war, eine florierende Wirtschaft und eine mächtige und entschlossene Regierung. Letztere ist nicht bereit, sich auf Kompromisse einzulassen, um weiterhin Illusionen aufrecht zu erhalten, die seit 16 Jahren durch eine Politik der Schwäche am Leben erhalten werden. Diese Politik führte u.a. zu den unseligen Osloer Abkommen und zur Vertreibung der Juden aus ihren Häusern in Gaza. Es ist unsere Pflicht, der Regierung bei der Erreichung ihrer Ziele zu helfen. Dazu sollten wir uns Psalm 27 vor Augen halten: "Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?". Er endet mit den Worten: "Harre des Herrn! Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!".
In diesem Sinne wünscht Ihnen das gesamte Team von Shalom ein gutes neues Jahr.

Roland S. Süssmann
Chefredakteur