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Inhaltsangabe Reportage Herbst 1998 - Tischri 5759

Editorial - Herbst 1998
    • Editorial

Rosch Haschanah 5759
    • Furcht und Freude

Politik
    • Man kennt den Schuldigen

Interview
    • Zeugnis der First Lady Israels I.E. Sarah Netanyahu
    • Jerusalem

Junge Leader
    • Tzachi Hanegbi

Judäa-Samaria-Gaza
    • Zwischenstation in Beth El

Analyse
    • Der Jom-Kippur-Krieg - 25 Jahre danach

Kunst und Kultur
    • Jüdische Bekleidung
    • San Francisco
    • Generationen von Liedern

Reportage
    • Jeruschalayim und Bucuresti
    • Überleben
    • Rumänische Begegnungen
    • Dynamik und Effizienz

Shalom Tsedaka
    • S.O.S. Orthodoxe Frauen

Ethik und Judentum
    • Schmerzen lindern - Mit welchem Risiko ?

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Dynamik und Effizienz

Von Roland S. Süssmann
Fast alle sind sich darüber einig: die jüdische Gemeinde Rumäniens stirbt langsam aber sicher aus ! Wie steht es denn eigentlich um die Jugend ? Um mehr darüber in Erfahrung zu bringen, haben wir die Person getroffen, die von einigen "die Königin von Bukarest" genannt wird, TOVA BEN NUN, die Generaldirektorin der Jewish Agency in Rumänien. Tova Ben Nun ist jung, schön und voller Energie und stürzt sich "mit Feuereifer" in die jüdische Gesellschaft Rumäniens. Sie ist überall da präsent, wo und wann sich dies als notwendig erweist, und hat daraus einige "Mützen" gemacht, die sie diskret unter einen Hut namens "Aktivität der Jewish Agency für Israel in Rumänien" bringt.
Neben der Jewish Agency vertritt Tova zwei jüdische Organisationen von grösster Bedeutung, die "World Jewish Restitution Organization" und die "Lauder Foundation". Seit kurzem kümmert sie sich ebenfalls um die Stiftung, welche die aus der Schweiz stammenden Mittel verteilen soll, die für die in Rumänien ansässigen Überlebenden der Schoah bestimmt sind.
Wenden wir uns zunächst der wichtigsten Aktivität zu, derjenigen der Jewish Agency. Tova Ben Nun traf 1993 mit der Hauptaufgabe in Rumänien ein, möglichst viele junge Leute davon zu überzeugen, sich in Israel niederzulassen, ihre Aljah zu machen. Als erstes bildete sie eine Gruppe von jungen Führungskräften, die sie bei der Erfüllung dieser Aufgabe unterstützen konnten. Dazu bereiste sie ganz Rumänien, wobei sie ihrem Besuch in allen Gemeinden eine Ansage im israelischen Rundfunkprogramm in rumänischer Sprache "Kol Zion La-Golah" vorausgehen liess, das merkwürdigerweise in den abgelegensten Winkeln Rumäniens gehört wird. Sie wurde überall sehr herzlich von den jungen Leuten empfangen. Alle stellten ihr unvermeidlicherweise dieselbe Frage, welches der Zweck ihrer Reise sei und was sie von ihnen erwarte. In jeder Gemeinde suchte Tova zwei oder drei junge Leute aus, die eine vollständige Liste sämtlicher in ihrer Gemeinde und den benachbarten Dörfern lebenden Juden erstellen sollten. Zwei Monate später organisierte sie die ersten demokratischen Wahlen, um die "Leader" der neuen Bewegung "Tnuat Alyia Romania" zu wählen, die sie in Rumänien gegründet hatte. Mit Hilfe zahlreicher sozialer Aktivitäten fördert diese Organisation die Alijah mit sehr grossem Erfolg. Dazu gehören Sportveranstaltungen (Maccabi), israelische Volkstanzgruppen, ein Internetclub, Seminare, Debatten, Reisen, Ausflüge, eine Clubzeitung, Hebräischkurse, das Feiern jüdischer Festtage usw. Diese Veranstaltungen sind alle in einer einzigen Organisation namens "Tnuat Alyia Club" zusammengefasst. Diese Art Club existiert heute fast überall und nur in Rumänien, und wir haben denjenigen in Bukarest aufgesucht, wo wir jungen lokalen Führungskräften begegnet sind. Wir waren ebenso angenehm überrascht, als auch völlig verblüfft. Wir lernten eine Gruppe junger Juden kennen, die alle unglaublich dynamisch, motiviert und offensichtlich überaus intelligent waren, darüber hinaus jedoch völlig in der Aufgabe aufgingen, für die sie sich einsetzen, d.h. die Förderung des Kontakts zwischen Juden, die Verstärkung der Freundschaft und vor allem den gemeinsamen Aufbruch in ein neues Leben in Israel !
Seit Tova 1993 ihre Tätigkeit aufnahm, haben sich 1139 junge Leute zwischen 0 und 45 Jahren in Israel niedergelassen.

RONALD S. LAUDER FOUNDATION
Wie wir gesehen haben, versteht es Tova Ben Nun all jene zu motivieren und zu ermutigen, denen sie begegnet; in diesem Sinne eröffnete sie in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der "Lauder Foundation" den ersten jüdischen Kindergarten in Bukarest, der von 57 jüdischen und nichtjüdischen Kindern besucht wird. Als Juden gelten diejenigen Menschen, die es gemäss den Kriterien des Rückkehrgesetzes in Israel sind und nicht gemäss denjenigen der jüdischen Rechtsprechung (Halacha). Rufen wir in Erinnerung, dass diese Stiftung von Ronald Lauder ins Leben gerufen wurde, dem Sohn von Estée Lauder, der damit die jüdische Erziehung in den Ostblockländern fördern wollte. Der Unterricht findet in Englisch statt, Rumänisch gilt als zweite Fremdsprache und Hebräisch als dritte. Die erste Klasse der neuen jüdischen Primarschule von Bukarest ist für den Schulanfang 1998-99 eröffnet worden.

WORLD JEWISH RESTITUTION ORGANIZATION
Zweck dieser allgemein "W.J.R.O." genannten Organisation ist es, sowohl die Grundstücke der Gemeinde als auch diejenigen der Privatpersonen zurück zu gewinnen, die den Juden von den Faschisten in den 40er Jahren und ab 1947 von den Kommunisten gestohlen wurden. Die Arbeit von Tova Ben Nun in diesem Bereich besteht zunächst aus der Erstellung einer Liste der beschlagnahmten Güter. Dazu hat sie eine Gruppe von Forschern eingesetzt, die überall in Rumänien herumgereist sind, um in den Archiven der Gemeinden und in den Grundbüchern die Verzeichnisse der registrierten Güter zu suchen, die früher Juden oder jüdischen Gemeinden oder Organisationen gehört hatten. Es handelt sich um eine langwierige, komplizierte und mühselige Arbeit, und bis heute wurden erst sechs Grundstücke ihren jüdischen Besitzern zurückerstattet. Die Verwaltung dieser Liegenschaften und ihres Ertrags untersteht einer Institution, die eigens zu diesem Zweck gegründet wurde, der "Charity Foundation", die sich aus Vertretern des jüdischen Gemeindebundes in Rumänien und der "W.J.R.O." zusammensetzt. Diese Stiftung wird von Tova Ben Nun geleitet, die sich ebenfalls um alle administrativen Fragen in diesem Zusammenhang kümmert.
Das Problem der Rückerstattung privater Grundstücke erweist sich als bedeutend komplizierter. Zahlreiche Besitzer kamen nicht aus der Deportation zurück, und die Überlebenden besassen keine Dokumente. In vielen Fällen gibt es kein Archiv mehr, nicht einmal ein Gebäude, nur ein Grundstück. Oft findet man Dokumente aus dem Jahr 1941, die mit dem Vermerk versehen sind "Besitz eines Juden". Dieser Satz wurde im Grundbuch den Grundstücken beigefügt, die Juden gehörten, die kurz vor der Deportation standen. Diese Angabe hinderte die Besitzer daran, ihre Gebäude zu verkaufen, die Juden wurden zurückgehalten mit dem Ziel, ihres Besitzes beraubt und dann erst verschleppt zu werden. Diese Dokumente sind aufschlussreich aber auch sehr erschütternd. Bei der Lektüre wird man sich bewusst, wieviele Juden ausschliesslich durch ihre Aktivität im Immobilienbereich zum wirtschaftlichen Aufschwung des Landes beigetragen haben. Sie hatten Hunderte von Gebäuden und Wohnungen gekauft. In bestimmten Fällen fand Tova Ben Nun gar offizielle Unterlagen mit Fotos. Eines von ihnen stellt das Gebäude einer jüdischen Schule dar. Es steht immer noch und es ist wahrscheinlich, dass die "Charity Foundation" es zurückerlangen wird, doch all jene, die hier zur Schule gegangen sind, leben heute nicht mehr...
Im Hinblick auf die Verteilung der schweizerischen Vermögenswerte an die Überlebenden der Schoah hat Tova Ben Nun eine Liste mit fast 6000 Namen von Juden vorbereitet, die während des Zweiten Weltkriegs in Rumänien lebten und nun bestenfalls die lächerliche Summe von 400.- Dollar erhalten werden. Dieses Geld wird nicht nur den rumänischen Juden ausgezahlt, die aus der Deportation zurückkamen, sondern auch allen anderen, die anhand von Dokumenten beweisen können, dass sie während des Kriegs in Rumänien gelebt haben und heute noch hier wohnen.

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